22. Tag: Montag, der 20. August 2012

Ein Tag zum Heiraten

18 km mit den Rädern durch die Stadt, Bummeln und Entspannen, abends Abschied von zwei unserer Reisenden bei Wolken und Sonne um die 17 Grad

Kalt ist es draußen immer noch, aber wenigstens hat es in der Nacht nicht noch einmal geregnet. Nach dem Frühstück bringen wir Carolas Fahrrad auf Vordermann und drehen dann eine kleine Proberunde durch die Stadt.

Heute haben wir uns dann den Aussichtspunkt am sowjetisch-mongolischen Ehrenhain als erstes vorgenommen. Von oben hat man wirklich einen wundervollen Panoramablick über die Stadt. Im Süden wird gebaut wie der Teufels es entstehen überall Apartmenthäuser für die sich entwickelnde Mittelschicht. Die Häuser sehen recht schick aus, die Logistik lässt zu wünschen übrig, die Straßen sind holprig und löcherig wie überall in der Stadt. Im Zentrum entsteht etwas, was man im Ansatz eine kleine Skyline bezeichnen könnte, die sich rund um den Suchbaatar Platz befindet, im Westen blasen zwei Heizkraftwerke dunkle Wolken in den Himmel, die sich gerade bei dieser Wetterlage über die gesamte Stadt verteilen.

Rund um die Stadt verteilt sind die Jurtenviertel, hier gibt es viele Holzhütten, aber in den kleinen umzäunten Grundstücken steht zumeist noch eine Jurte. Strom hat man in diesen Vierteln, aber es mangelt an einer Wasserversorgung und Abwasser. Das Trinkwasser wird daher von den Leuten in 20 Liter Kanistern auf dem Moped herangefahren oder die Kids ziehen und schieben einen Handwagen mit schwerem Kübel vor sich hin. In der ganzen Stadt findet man kaum ein gemütliches und grünes Fleckchen und ich frage mich, wie es die Menschen, die aus den unendlichen wundervoll satt grünen Steppen hierher drängen aushalten im grauen Staub der trockenen Tage und im schlammigen Matsch der feuchten Tage.

Glück haben wir auf unserem Weg in die Stadt zurück, denn auf einem Sportplatz findet gerade die mongolische Meisterschaft im Bogenschießen statt. Geschossen wird nicht wie in Europa auf Zielscheiben, sondern auf eine Art Pyramide aus Strohballen. Auch vertrauen die Schiedsrichter unbegrenzt den Künsten der Schützen, denn meist stehen ein Dutzend Leute direkt im Zielbereich nur einen oder zwei Meter von den Zielpyramiden entfernt. Bei den älteren Männern ertönt dann immer noch ein Gesang aus dem Zielbereich, der je nach der Treffgenauigkeit des Schützen, dann auch mal in Jubel ausartet. Wunderschön ist, dass alle Schützen in traditionellen Kostümen antreten, Männer wie Frauen. Wie ich das einschätze liegt die Zielentfernung bei den Männern um die hundert Meter, bei den Frauen sind es 85 oder 90 Meter. Auch einig junge Männer und Frauen sind dem Nationalsport treu geblieben, dafür mangelt es an Zuschauern, wir drei Radler sind die einzigen Ausländer im sportlichen Halbrund. Wir verbringen hier mehr als eine Stunde, ohne dass es langweilig wird.

Bevor ich mich am Nachmittag an den Computer setze fahren wir noch einmal über den Suchbaatar Platz im Zentrum, der heute gut bevölkert ist. Nach dem Mondkalender ist heute ein guter Tag zum Heiraten und so lösen sich hier die Pärchen und ihre jeweils umfangreiche Begleitung im Viertelstundentakt vor dem Parlament und der Tschingis Khan Figur ab. Ältere Leute erscheinen alle in traditionellen Kostümen, während Braut und Bräutigam in weißem Kleid und Anzug geheiratet haben.

Am Abend ziehen wir noch einmal in das traditionelle Restaurant mit Musik. Für Michael und Doro ist es heute der letzte Abend, morgen geht es wieder zurück nach Deutschland bzw. in die Schweiz, währen wir, verstärkt durch Carola, auf unseren zweiten Abschnitt der Tour starten.

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