Archiv: 2014 M 41-Pamirhigway

Nach der Tour ist vor der Tour

Mittwoch, den 17. Dezember 2014

Vorschau auf die Seidenstraße und Pamir-Tour 2016

Kurz vor dem Start meiner Wintertouren in Südostasien habe ich es nun doch noch geschafft, meine Berichte nachzuschreiben, nun kann ich am Sonntag guten Gewissens wieder aufs Rad steigen und den Ho Chi Minh Pfad herunterrollen, jetzt habe ich auch wieder den Computer dabei und werde meine Leser täglich und zeitnah mit Informationen versorgen.

Im Pamir ging und geht das leider nicht. Zum einen ist die Internetanbindung in den letzten 500 Jahren im Pamir nicht wesentlich verbessert worden, zum anderen muss bei den Pamir Touren jedes Gramm Gewicht raus und da fliegt das Laptop dann eben aus der Packliste.

Die diesjährige 2014er Tour war diesmal ganz anders als im Vorjahr! Vor allem wettertechnisch hatten wir mehr Glück. Es gab kaum Gegenwind und das wirkte sehr motivierend. 2013 hatte es uns manchmal fast vom Fahrrad geweht, dazu war es dann auch recht kalt. Ordentlich eingemummelt standen wir 2013 auf vielen Pässen, mit allem, was wir hatten, 2014 dann Fotos vom gleichen Ort mit kurzer Hose. Auch die Regenjacken konnten bis auf dem Tag zum Song Kul im Gepäck bleiben. Sollte es daran gelegen haben, dass wir fast einen Monat später unterwegs waren, möglicherweise. Ich werde es bei weiteren Planungen im Hinterkopf behalten.

Von Vorteil ist es wirklich die Strecke zu kennen, denn nun kam man den Wassertransport optimieren und die schönsten Zeltplätze heraussuchen. Ein paar Probleme gab es durch den Ramadan, da einige Teestuben geschlossen hatten.

Anstrengend war es auch in diesem Jahr, doch wegen des besseren Wetters waren wir sogar schneller unterwegs als im Vorjahr. Der neue „Rekord“ mit den über 2000 Höhenmetern war nicht notwendig und kommt nicht in den Plan für 2016, man ist danach einfach zu sehr geschlaucht.

Auch 2016 wird es einige Änderungen an der Route geben. Auf der Strecke von Taschkent nach Duschanbe werden wir 2016 zum einen versuchen den Anzob Pass zu fahren um den iranischen Horrortunnel zu umgehen, dafür wird es aber auch am Iskander Kul einen Ruhetag oder besser einen Tagesausflug zu Fuß in die Berge geben. Auch werde ich im Zentralpamir erstmals das Vanj Tal in Angriff nehmen und es wird einen weiteren Abstecher von Murgab geben, zum Rang Kul und Sor Kul.

Doch der Reihe nach, aus der Pamir Reise wird nun ein Vierteiler, den ihr einzeln oder zusammen fahren könnt und unter dem Thema: „Die Seidenstraße-Minarette und Schneeberge“ laufen:

Teil 1:  Seidenstraße Klassisch

20 Tage ( bis Taschkent) oder 30 Tage bis Duschanbe), 800 (1400) km, anspruchsvolle Radtour mit Etappen bis zu 100 km und bergig, bei vorwiegend heißem Wetter. Termin: ca. 15. Mai 2016 bis 15. Juni 2016, maximal 5 Teilnehmer

Buchara, Samarkand ,Taschkent und Duschanbe  sind vier spannende Städte an der Seidenstraße, die sich zu einer Radreise zusammen fassen lassen. Leider wird Buchara nur von der Air Rossia angeflogen, was ich aufgrund meiner schlechten Erfahrungen und des noch schlechteren Service vermeiden will, deshalb Anflug über Taschkent mit Türkish Airlines und mit dem Zug nach Buchara. Neben den alten Städten geht es durch das Nurata Gebirge und durch den Zaamin Nationalpark. Nach knapp drei Wochen erreichen wir Taschkent, von hier besteht aber die Möglichkeit noch nach Dushanbe weiter zu fahren und den ersten Pamir Ausläufer auf gut asphaltierter Piste zu überqueren und einen Abstecher zum Iskander Kul zu machen. Anschließend dann geht es auf eine 80 Kilometer lange Abfahrt nach Duschanbe.

Teil 2: Der Pamir Highway

30 Tage von Duschanbe nach Osh, zu Radeln sind 1600 km zumeist in sehr bergigen Regionen, deshalb ist die Tour auch sehr anspruchsvoll, Einstieg auch schon in Taschkent möglich,  Termin: 15. Juni 2016 bis 15. Juli 2016, maximal 5 Teilnehmer

Von Duschanbe aus geht es relativ schnell in die Berge, wo uns ein gigantisches Panorama über den Pamirt erwartet, dann geht es an der afghanischen Grenze entlang bis nach Chorog, der Hauptstadt von Gorni Badachshan. Erstmals verlassen wir den M 41 Pamir Highway und fahren weiter an der afghanischen Grenze entlang durch das malerische Vansch Tal, bevor wir uns den ersten 4000er Pässen nähern. In Murgab habe wir Zeit uns zu erholen, um dann einen Abstecher in die Vogelresevate des Rang Kul und Sor Kul zu machen und wieder nach Murgab zurück zu kehren. Dann steht uns der Akbaital pass bevor und die Fahrt zum Karakol, dem Schwarzen See, der sich in einem 5 Millionen Jahre altem Meteoritenkrater gebildet hat. Ab Sary Tasch haben wir dann für die letzten Berge wunderbaren Asphalt unter den Rädern und genießen die grünen Weiten und Höhen Kirgisiens. Von Bischkek geht es dann mit dem Flieger über Bischkek wieder nach Hause.

Teil 3: Kirgisien-Männer mit spitzen Hüten

24 Tage von Osh nach Bischkek, 1200 Kilometer und wieder viele Berge, ebenfalls sehr anspruchsvolle Radtour in Kirgisien, Termin: ca. 15. Juli bis 10. August 2016

Nach der Klimatisierung in Osh ist der einzige Walnussurwald in Arslanbob unser erstes Ziel, 200 Jahre alte Bäume vor einer tollen Bergkulisse. In diese radeln wir dann 2 Tage später hinein und werden nicht nur tolle Ausblicke und Panoramen haben, sondern auch in wunderschönen, grünen Tälern radeln. Anstrengend wird es, da nicht alle Straßen asphaltiert sind, aber dafür ist der wunderschöne Song Kul See noch fast frei von Touristen. Hier gibt es nur unendlich grüne Weite mit See, vielen Pferden und ein paar Jurten. Es wird sich mehrfach die Möglichkeit bieten, dort auch in einer solchen zu übernachten. Auf dem Weg nach Bischkek geht es noch einmal über einen hohen Pass, dann haben wir noch drei Tage zum Ausspannen in der schönsten der zentralasiatischen Hauptstädte.

Teil 4: Das Himmelsgebirge

30 Tage von Bischkek durch die kasachische Steppe in die chinesische Provinz Xinjiang, drei Tage bis eine Woche Verlängerung in Beijing ist möglich, 1200 Kilometer, anspruchsvolle Radtour, Termin: 10. August 2016 bis 10. September 2016 mit Verlängerungsoption in Beijing

Von Bischkek geht es über die historische Ruinenstadt Balasgun mit dem imposanten Burana Turm zum traumhaften Issy Kul, an dessen Südufer wir drei Tage entlang radeln werden. Von Karakol fahren wir weiter zu den ersten Ausläufern des Tien Shan Gebirges und durch die grünen Steppen Kasachstans bis zu chinesischen Grenze. Von hier erreichen wir einen der schönsten Gebirgszüge des Tienschan. Touristen werden wir hier kaum treffen, dafür grüne Hochebenen mit Schafherden, schöne Seen, Schnee bedeckten Bergen am Horizont. Erst am Himmelssee können wir und langsam wieder an die Zivilisation gewöhnen und in Ürumqi, der Hauptstadt der Provinz Xinjiang erwartet uns dann ein positiver Kulturschock, mit tollen Restaurants, modernen Shoppingmalls und uigurischen Basaren.

Auf dem Weg nach Hause gibt es die Möglichkeit in Beijing halt zu machen und mit den Rädern nicht nur die chinesische Hauptstadt erobern, sondern auch einen Abstecher zur Großen Mauer machen.

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Schon beim Schreiben juckt es mich, sofort das Rad zu nehmen und zu starten und bis 2016 ist es noch soooo lange hin. Vor allem freue ich mich auf den letzten Abschnitt, da hier ein ganzer Abschnitt im touristischen Niemandsland liegt. Dabei sind die Landschaften mehr als grandios, hatte ich doch das Glück hier schon 2007 Aufklärung für unsere damalige Athen-Beijing Tour zu betreiben. Natürlich ist es auch möglich, die gesamte Tour zu fahren, also von Buchara bis Ürumqi, vom 15. Mai bis zum 15. September 2016. Die Klassische Seidenstraße wird wieder ein heiße Tour mit Temperaturen um die 35 Grad, aber mit zeitigem Aufstehen lässt sich das gut bewältigen. Wieder werden wir auf den Touren ohne Begleitfahrzeug unterwegs sein und auch ein leichtes Zelt und Schlafsack mitführen. Im Gegensatz zu vielen anderen Anbietern, die sich mit Zertifikaten und Umweltsiegeln schmücken dürfen ist unsere Tour wirklich umweltfreundlich, wir unterstützen die lokale Wirtschaft und keine großen touristischen Agenturen. begrenzt ist die Teilnehmerzahl wieder auf 5 Personen, also lasst euch rechtzeitig vormerken!

 

33. Tag bis 37. Tag: 6.8.2014 bis 10.8.2014

Montag, den 15. Dezember 2014

Der letzte Ritt

Vom Song Kul nach Chaek und zurück auf den M41, letzter Pass mit Tunnel und ab nach Bischkek, 85 km (1365 hm hoch, 1827 hm runter), 96 km (893hm), 145 km (1010 hm hoch, 2633 hm runter :) alles wieder bei Sonne und heißen bis 38 Grad

Der Abstecher zum Song Kul hat sich gelohnt, auch wenn es der See und die Leute hier verdient hätten, dass man ein wenig länger bleibt  und nicht schon wieder auf die Räder springt und weiter radelt. Es gibt weniger Jurten als hier erwartet und glücklicherweise auch noch weniger Touristen als erwartet. zwar hatte uns gestern eine ganze Kolonne von Jeeps überholt, aber die haben irgendwo, weit entfernt am anderen Seeufer ihr Lager aufgeschlagen. Mit uns sind also dann hier noch die beiden Kanadier und das war es auch schon.

Wir versuchen den Abschied vom See über eine weniger befahrene Route, das heißt aber, das der schmale Track sich irgendwann in mehrere Spuren aufteilt und dann irgendwann ganz verschwindet. Auf dem Gras lässt es sich allerdings auch erstaunlich gut fahren, die Richtung in die wir müssen, lässt sich in der weiten Landschaft gut erkennen und so halten wir auf den niedrigen Pass am Horizont zu. Ab und zu begehen wir noch ein paar Kirgisen auf dem Pferd und passieren ein paar Jurten, aber viel Betrieb ist nicht. Lediglich große Pferdeherden weiden verstreut in der Landschaft.

Am Ende der grünen Steppe wird der Weg noch einmal recht steil und wir haben 100 Höhenmeter ordentlich zu keuchen, dann können wir noch einen letzten Blick zurück zum See werfen und uns auf den Weg nach unten machen.

Die Abfahrt ist schon unangenehm steil und der weg sehr ausgefahren mit viel Rollsplit. Hier möchte ich echt nicht nach oben fahren, an einigen Stellen geht es steiler als 10% nach oben. Das ist vermutlich auch nicht mehr mit jedem Auto zu schaffen. Weiter unten wird es dann aber gemütlicher und es ist noch einmal ein sehr idyllisches Tal, mit viel Grün, einem lustigen Bach und vielen Blumen, wo man eigentlich gerne noch bleiben möchte, um sich einfach nur mit einer Blume im Mund nur in die Sonne zu legen. Doch dafür ist es eigentlich schon wieder zu warm. Gestern nach dem Regenguss sackte die Temperatur auf vielleicht drei Grad durch, auf den Hügeln links und rechts zeichnete sich auch ab, dass es der Guss hier als dünner Schnee herunter gekommen ist. Am Morgen war es auch recht frisch, aber jetzt geht es wieder tieferen Gefilden entgegen und es sich schon wieder über 30 Grad und vielleicht sogar etwas mehr, als wir gegen Mittag wieder auf die größere Straße kommen.

Wir kommen recht gut voran, es geht ja auch immer noch leicht abwärts. Viel Landwirtschaft gibt es in dem weiten Tal hier unten und auch recht viel Ortschaften, der Verkehr ist ruhig, eine schöne Gegend zum Radeln, mit der Versorgung gibt es keine Probleme. Am Abend zelten wir in Chaek am Rande der Ortschaft, dort gibt es einen Bewässerungskanal zum Baden und einen kleinen Bach für das Wasser zum Kochen. Heute haben wir schon wieder 4 Radler getroffen und am nächsten Tag werden es noch mehr, da kommt uns eine ganze Gruppe entgegen und noch viele Pärchen und dann noch mal eine große Gruppe. Kirgistan ist wirklich sehr beliebt und das nicht ohne Grund. Auch mich hat das Land wieder überzeugt und ich werde mich irgendwann ernsthaft daran setzen eine reine Kirgistan Tour zu konzipieren. Allerdings wird auch das wieder nur eine Tour für erfahrenen Radler, denn die Berge sind recht anspruchsvoll und die Straßen nicht die besten, so auch heute wieder. Wir haben den ganzen Tag ohne Asphalt immer leicht berghoch zu fahren. Das Tal ist ohne Zweifel idyllisch, aber es wird noch einmal recht anstrengend, vor allem die letzten Kilometer, kurz vor dem Wiedertreffen des Pamir-Highways, gibt es noch einmal bissige Hügel und ein paar mehr Fahrzeuge, die uns dann ordentlich einstauben. Außerdem wird es nach einem recht grünen Tag zunehmend trockener und ich habe langsam Angst, dass es den geplanten Flusslauf nicht gibt. Doch ein Lob den Kartographen, das Bächlein ist das, wo es sein sollte, wir biegen einen Kilometer in die Pampa ab, finden eine schöne Wiese und ich mache uns dann erst einmal einen starken Kaffee, dazu dann ein ausgiebiges Essen, die Vorräte können und müssen geplündert werden, wenn alles klappt sind wir morgen Abend in Bischkek und das ist unsere letzte Nacht unter freiem Himmel. Wir genießen noch einmal den unglaublichen Sternenhimmel und die Ruhe hier draußen und gönnen uns auf den letzten Abend wieder „sto gramm“, also ein kleines Becherchen Wodka auf die gelungene Tour. Schade, dass sich Hubert schon in Duschanbe verabschieden musste, ihm hätte die Tour sicher auch gefallen.

Letzter Tag, letzte Kletterei, noch einmal geht es knapp über die 3200 Meter drüber, ein Pass ist es nicht mehr, denn es gibt einen Tunnel. Vorher schraubt sich die Straße in Serpentinen nach oben, es gibt ordentlich Verkehr, denn wir sind auf der Hauptstraße die Osh mit der Hauptstadt Bischkek verbindet. Nach zweieinhalb Stunden Kletterei sind wir dann am Tunneleingang, letztes Jahr hatten wir hier einen Bus für die stinkende Durchfahrt gekapert, diesmal gehen wir es mit kühnem Schwung an. Diverse Reiseführer warnen vor dem Tunnel, wegen der Abgase, auch seien hier vor Jahren schon Radler vom Rad gefallen. Die Gefahr besteht wirklich, hauptsächlich aber, wenn man von der anderen Seite kommt und den Tunnel nach oben fahren muss. Wir rollen gelassen hindurch, dass der Tunnel kurz vorher für eine halbe Stunde für den Verkehr gesperrt war, kam uns entgegen, ebenso wie nur wenige Autos und damit weniger Abgase.

Dann geht es in die rauschende Abfahrt, leider wird es nicht das ganz große Vergnügen denn auch der Wind rauscht ordentlich und natürlich in die verkehrte Richtung, so dass wir dann doch recht müde in eine Raststätte zum Mittagessen einrollen.  Als sich dann unten auf Kara Balta zu das Tal weitet, ist auch der Wind weg, wir versuchen uns erfolgreich mit einer Abkürzung und sparen ein paar Kilometer auf der stressigen Hauptstraße nach Bischkek. Doch irgendwann müssen wir auch auf diese, doch das Ziel rückt näher. Ordentlich heiß ist es heute wieder, knappe 38 Grad zeigt das Thermometer, als wir auf die Hauptstadt zufahren. Rechts grüßen noch einmal die Berge und bei dem vielen Verkehr und der Hitze möchte man am liebsten gleich wieder nach rechts abbiegen und dafür auf eine Piste in Serpentinen nach oben keuchen……..oder doch nicht, denn wir rollen schon gegen 17 Uhr in Bischkek ein und stoppen gleich noch in einem Lokal. Hier gibt es ein geniales Steak mit guten Pommes, dazu kaltes Bier und ein Stück Schokoladentorte, davor noch eine geeiste Tomatensuppe. Kein Problem, wir kommen selbst bei dieser Orgie nicht auf die heute verbrauchten Kalorien.

Angenehm müde fahren wir dann ins Backpackerhotel und ziehen den stickigen Zimmern das Zelten im Garten vor. Auch hier parken wieder viele Räder und es gibt einen Kühlschrank mit kaltem Bier, so fehlt es nicht an Gesprächsgrundlagen.

Der nächste Tag wird wieder heiß und stickig. Eigentlich wollen wir nur schnell zum Markt und ein paar Verpackungsmaterialien besorgen, aber das ufert zu eine kleinen Odysee aus, letztlich bekommen wir keine Kartons, aber genug „Knallfolie“, um die Räder hinreichend zu verpacken. Den Rest des tage haben wir dann keine Lust mehr auf Sightseeing, sondern eher noch einmal auf ein leckeres Steak und so halten wir es dann auch…….

 

24. Tag bis 32. Tag: 28. Juli bis 5.8.14

Sonntag, den 14. Dezember 2014

Zum Song Kul

Von Sary Tasch nach Osch und Dschalalabad, dann Abzweig zum Song Kul, noch einmal Berge, schlechte Straße, Pässe und heiße Temperaturen, 100 km, (980 hm), 78 km (850 hm), 115 km (850 hm), 66 km (1450 hm), 80 km (1500 hm), 68 km (1380 hm), 66 km (1420 hm), 58 km (1653 hm), bei vorwiegend schönem Wetter und bis 38 Grad, erst am Song Kul Regen und Temperaturen um die 3 Grad

Wir sind in Kirgisien und wir haben den Zentralpamir hinter uns gebracht, also haben wir ein wenig gefeiert, die Karten ausgepackt, ein wenig gerechnet uns sind gleich am nächsten Morgen wieder zeitig losgefahren. Wenn nix schief geht, können wir noch einen Wunsch Reinolds erfüllen, nämlich den Song Kul See besuchen. Vorher müssen wir aber erst einmal über das Alai Gebirge nach Osh, wir haben aber weiterhin Glück mit Wind und Wetter. So ist der 3603 Meter hohe Taldyk Pass auf besten chinesischem Asphalt ein Klaks und dann  geht es 2000 Meter runter nach Gülchö in einem wunderschönen Tal, in dem aller 20 Km die Landschaft wechselt, es gibt rote Berge, steile Schluchten, etwas Wald, viele Wiesen und viele Dörfer.

Radeln ist hier ein Luxus, vor allem in unsere Richtung. Unterwegs treffen wir heute wieder jede Menge Radler, einen Polen, ein paar Russen und einen Taiwanesen und übernachten in einer kirgisischen Jurte. Keine richtig richtige, sondern eine touristische, aber die Familie ist sehr nett, die Tochter lernt Deutsch in Osh, man spricht Englisch und das Essen, ein Reisgericht mit Huhn ist mehr als lecker, zum Frühstück gibt es hausgemachte Sauerkirsch-Konfitüre. Dann trennt uns vor Osch nur noch ein Pässchen und auch den schaffen wir am späten Vormittag, es geht noch einmal 800 Meter hoch auf 2389 Meter und dann runter bis nach Osh, die Stadt liegt dann nur noch auf 900 Metern Höhe und die Temperatur steigt von morgendlichen 12 Grad am Pass wieder auf weit über 35 Grad bei der Einfahrt in Osh. In Chorog hatte ich ein neues Guesthouse empfohlen bekommen und dort ist es auch recht nett. Viele Backpacker und Radfahrer steigen hier ab, die eigentlich auch alle in den Pamir wollen, aber wie schon geschrieben, im zentralen Teil des Gebirge trifft man dann komischerweise Niemanden mehr. Dafür treffen wir die beiden Deutschen aus Rushan wieder, die die „Abkürzung“ zum Karakol See gefahren waren, wie erwartet war die Strecke sehr anstrengend, fast ohne Versorgungsmöglichkeit, aber sehr schön. Am nächsten Morgen brechen wir gemeinsam auf und radeln nach Norden in Richtung Bischkek. Am Abend, nach einer netten lokalen Einladung zu drei Bier in einem Dorf, müssen wir uns dann schon wieder trennen, die beiden folgen dem M41 nach Bischkek, der kirgisischen Hauptstadt, wir biegen ab nach Dschallalabad und fahren wieder den Bergen entgegen. nach einer sehr warmen Nacht in der Ebene beginnt dann wieder die Kletterei und auch der Asphalt verschwindet nach 50 Kilometern. Zum Glück gibt es wenig Verkehr, denn die Pisten sind recht staubig. Landschaftlich ist es traumhaft, es gibt überall viele grüne Wiesen und Berge und weiter oben dann große Haine von Walnussbäumen. Am Abend finden wir dann das einzige „Restaurant“ an der Strecke, ein alter Baucontainer mit der üblichen Suppe und Brot, dafür gibt es am Bach schöne Zeltplätze. Am nächsten Tag schraubt sich die Piste dann wieder auf knappe 3000 Meter Höhe und gibt dann ein gigantische Panorama auf die Naryin Ebene frei. Unten liegt das Städtchen Kasarman mit recht ordentlichen Läden und einem sehr angenehmen Homestay.

Die beiden Tage danach sind wieder Großkampftage mit ordentlichen Höhenmeter, unser „erholsamer“ Abstecher zum Song Kul See artet in schwere Arbeit aus, die Straße hackt ordentlich hoch und runter, zwischen Kasarman und Ak Tal gibt es unzählige Anstiege und Abfahrten und zwei Pässe, am späten Nachmittag wird es wolkig und wir fahren zwei Mal haarscharf an der Gewitterfront vorbei. Das ist natürlich ein tolles Spektakel, wie die dunklen Wolken über die Berge jagen. Seit dem Nachmittag radeln wir zusammen mit einem kanadischen Pärchen, die auch zum Song Kul wollen, das gibt etwas Abwechslung und schöne Gespräche. In Ak Tal tanken wir dann wieder ordentlich Lebensmittel und werden dann von einer Familie eingeladen und verbringen einen schönen Abend, bevor wir uns dann auf den Weg zum See machen.

Noch einmal ist ein langer Pass zu fahren, ordentlich geht es in Serpentinen in eine tollen , waldigen Tal hinauf, eigentlich müsste man hier noch einen Ruhetag machen, denn das Tal am Flüsschen ist wirklich idyllisch. Doch wir schrauben uns unermüdlich nach oben, noch einmal auf 3346 Meter Höhe und dann liegt vor uns eine weite grüne Ebene und in der Ferne leuchtet schon Blau der See. Kurz vor dem Pass und danach haben wir heute das erste Mal Regen, ab und zu kommt ein Schauer herunter und es wird empfindlich kalt. So sind wir recht froh, als wir dann den See erreichen. Hier gibt es einige vereinzelte Jurtencamps und es ist kein Problem eine Übernachtung zu finden, die meisten Familie haben ein Jurte für Touristen aufgestellt, am Abend kommt dann noch einmal die Sonne heraus aus den Wolken und taucht den blauen See in warmes Licht. Runder herum bis zum Horizont weiden überall Pferde, ein schönes Fleckchen Land hier oben auf 3000 Meter Höhe. nachts werden wir dick in Decken eingepackt und am Morgen scheint die Sonne wieder fröhlich. Wir möchten gern noch bleiben, aber die Strecke hierher hat einen Tag mehr Zeit gebraucht, als geplant und so müssen wir am nächsten Morgen schon wieder weiter nach Bischkek.

21. bis 23. Tag: 25. Juli bis 27. Juli 2014

Samstag, den 13. Dezember 2014

Akbaital Art-der höchste Pass

Von Murgab nach Sary Tasch über den Akbaital Pass, den höchsten Pass im Pamir mit 4655 Metern, 51 km (600 hm), 85 km (800 hm) und 98 km (700 hm hoch, 1445 hm runter), Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad

Heute können wir extra-lange schlafen und ausgiebig frühstücken und dann noch einmal bummeln gehen, um frisches Brot und Gemüse aufzutreiben. letzteres ist im Pamir schwer, denn angebaut wird hier nichts, jede Tomate und jede Gurke und jede Zwiebel wird über die Pässe transportiert, bis hierher, meist aus Duschanbe, also die Strecke, die wir gefahren sind. So sieht dann das Gemüse auch aus, ab und an findet sich aber noch ein Gurke oder ein paar Tomaten ohne Flecken.

Am späten Vormittag brechen wir auf, dem höchsten Punkt unserer Reise entgegen. letztes Jahr hatten wir hier ordentlich mit Gegenwind zu kämpfen, in diesem Jahr haben wir einen leichten Rückenwind, keine Graupelschauer, sondern schönsten Sonnenschein. Hinter Murgab wird es wieder trocken, auch wenn sich ein paar 100 Meter neben der Straße ein kleiner Bach windet. Es geht sehr gemütlich nach oben, vielleicht so mit 2% Steigung, nur manchmal ein wenig mehr. Nur aus der Ferne sind noch einmal Siedlungen zu sehen, ansonsten ist alles recht kahl und öde. Nur in der zweiten und dritten Reihe der berge grüßen einige Eis bedeckte Gipfel, die weit über 5000 Meter hoch sind.

Wir suchen uns wieder eine schöne Wiese auf ziemlich genau 4000 Metern Höhe, da bleiben uns morgen dann nur noch knappe 700 Höhenmeter bis zum Pass. Von der Höhe bekommen wir eigentlich nichts mir, schlagen die Zelte am Flüsschen auf und genießen die Zeit, bis die Sonne verschwindet. Wir haben aus Murgab noch Kartoffeln mitgenommen und so gibt es heute Bratkartoffeln und dazu einen Salat, alles gebrutzelt in dem französischen Olivenöl aus Chorog. Dann haben wir eine ruhige Nacht vor uns, über uns wieder der Sternenhimmel ganz nahe und es ist so frisch, dass man sich gerne im Schlafsack richtig einmummelt.

Am nächsten Morgen dann ein starker Kaffe und nicht zu früh geht es in den Großkampftag. Die Straße ist seit Murgab recht in Ordnung und wir nur langsam löchriger und steiler, je näher wir den richtig hohen Bergen kommen, die vor uns auftauchen. nach ein paar kurzen Stichen erreichen wir dann eine ehemalige Straßenbaustation und das Schild, dass die nahende Passhöhe anzeigt. Natürlich ist hier wieder Fototermin und Reinold bringt seinen Liechtenstein Aufkleber an. Dann beginnt der Sturm auf den Gipfel, oder besser die Passhöhe, jetzt mit satten 7 bis 9% Steigung und der Asphalt ist auch weg und nun macht sich die Höhe doch bemerkbar. Also sammeln wir noch einmal Kräfte und schieben einen Snickers nach, dann noch zweimal Keuchen und dann sind wir oben. Der Pass ist keine Schönheit, ein schlammige Schneise durch den Berg, aber dahinter tut sich eine grandiose Sicht auf mit einem tollen Gebirgsmassiv und einem weiten Tal, in das wir hinunter müssen. und wir sind nicht allein hier oben, uns kommen heute zum ersten Mal auch Radler entgegen, ein Pärchen aus Neuseeland und etwas später treffen wir dann einen verrückten Japaner mit Klapprad und Fahrradanhänger für seinen Koffer. Erst einmal machen wir dann oben ein Schwätzchen und nutzen die Möglichkeit, mal wieder zusammen aufs Foto zu kommen, wenigstens hier oben auf dem höchsten Punkt der Reise, dem Ak Baital Pass mit 4665 Metern Höhe!

Hinter dem Pass kommt dann einer der nervigsten Pisten im Pamir, in unsere Richtung geht es zwar abwärts, aber die Straße ist über 30 Kilometer eine „Wellblechpiste“ und es gibt keine Möglichkeit  irgendwohin auszuweichen, trotzdem sind wir ständig dabei, die Spur zu wechseln, weil man denkt, auf der anderen Seite könnte es für ein paar Meter ein wenig besser sein. Dafür ist die Sicht grandios, dafür muss man aber absteigen und sich nach hinten umdrehen, um die tolle Range mit über 6000ern zu Gesicht zu bekommen, dann kann man sich wieder dem Wellblech zuwenden. Nach zwei Stunden Holperei, möchte man einfach nur noch, dass es irgendwann wieder aufhört. Tut es dann glücklicherweise auch. In einer Senke kreuzt hier ein kleiner Fluss, von Menschen weiterhin keine Spur, unterwegs gab es einmal eine verlassenen Siedlung, wohl auch eine alte Straßenbaustation oder Kaserne. Seit gestern sind wir schon mächtig in der Nähe Chinas. Das Land liegt zwar laut Karte oder GPS noch ein paar Kilometer weg, aber ein Grenzzaun ist rechts ab und zu zu sehen. in Murgab hat uns ein Mann erklärt, dass die Chinesen hier weite Landstriche angemietet haben, was sie mit der Einöde wollen hat er aber nicht gewusst.

Nach einer Rast und einem kleinen Picknick, steigen wir wieder aufs Rad und genießen den schlechten Asphalt, es geht noch einmal zwei oder drei Hügel nach oben und dann öffnet sich das Panorama zum Karakul See. Der legt noch ganz in der Ferne dunkelblau in der Ebene, dahin führt eine schnurgerade Straße, mehr als 20 km geht es ohne Biegung und Kurve leicht nach unten in die Senke. Rundherum auf mehrere Seiten hohe und vereiste Gebirgszüge, der Weg ins nächste Dorf ist der reine Genuss. In Karakul kommen wir wieder schon recht zeitig an, es bleibt Zeit für einen Bummel am See, dem Besuch des kleinen Ladens, in dem es nicht viel Brauchbares für uns gibt. Untergekommen sind wir in einem Homestay, das Essen ist recht gut und die Leute freundlich.

Bis zum See sind es ungefähr 500 Meter, es ist ein leicht salziger See und das Ufer ist mit einer Salzkruste bedeckt, das heißt es gibt keine richtig schönen Zeltplätze am See, denn hier in der tollen Landschaft wäre so ein Zeltcamp schon eine gute Idee. Auch fehlt es an Trinkwasser für eine Zeltübernachtung.

Ob es in dem See, der auf knapp 4000 Metern Höhe liegt, Fische gibt oder nicht, kann keiner richtig beantworten, vielleicht ein paar kleine, erzählt der Wirt, (die  Karakul-Bachschmerle, Noemacheilus Iacusnigri, die bis 5,2 cm groß werden kann….sagt Herr Wikipedia) .In den 80er Jahren haben die Russen versucht, hier Fischlaich aus anderen Salzseen einzubringen, ohne großen Erfolg. Dafür soll es einen Drachen im See geben, a la Nessie, der sei von einigen Leuten schon gesehen worden und es gebe auch einen Film davon, natürlich schön verwackelt im extremen Gegenlicht, erzählt unser Gastgeber. Vielleicht handelt es sich ja auch um ein Alien, denn der See ist der Grund eines Kraters, der durch einen Meteoriteneinschlag  vor 5 Millionen Jahren entstand. Bei den 380 Quadratkilometern, die der See groß ist, wäre schon genug Platz für eine Drachenfamilie, aber von was leben die fossilen Echsen, wenn es kaum Fische gibt, von Jungfrauenopfern ist auch nix bekannt.

Der nächste Tag ist noch einmal Kampftag, denn es gibt noch einmal einen hohen Pass, den Kysyl Art mit 4336 Metern Höhe, aber davor liegen noch zwei kleine Pässe, die Straße ist ordentlich schlecht, dann kommen noch einmal 15 Kilometer Wellblechpiste und ein richtig übler Gegenwind. Am frühen Nachmittag sind wir dann an der Grenzstation und bekommen Probleme, denn wir haben keine Zollbescheinigung, die wir vorlegen können. Und so lässt uns der Beamte dort mehr als eine Stunde zappeln, mal wird diskutiert uns wieder zurückzuschicken, dann ist man erst einmal wieder mit etwas anderem beschäftigt. ich entschließe mich, unsere Pässe mit jeweils einem 10 Dollar Schein auszustatten und sie wieder in die schäbige Beamtenstube zu tragen, als mir der „Chef“ entgegenkommt und mir erklärt, man habe sich entschlossen ( oder herabgelassen) uns passieren zu lassen. Ich kann gerade noch die Dollarnoten wieder aus den Pässen fischen und 30 Sekunden später haben wir dann die Ausreisestempel im Pass. An der Baracke klebt dann schon der Liechtenstein Aufkleber Reinolds und wir keuchen noch die letzten 100 Höhenmeter zur Passhöhe hoch. Auch diese pass ist keine Schönheit und es weht auch ein kühles Lüftchen, so dass wir uns recht schnell in die Abfahrt stürzen. Von der anderen Seite ist der Pass nicht sehr angenehm zu fahren es geht für uns recht steil runter und die Piste ist auch nicht die beste.

Unterwegs treffen wir dann wieder auf einen Radler, ein Schweizer, superteures Rad, das noch super sauber ist, tolle Ausrüstung, alles noch niegelnagelneu und glänzend. Wir fragen ihn, wie lange er schon unterwegs sei und bekommen die Antwort: „Na so 10 Minuten!“ Er hatte sich bis zu der Kurve, die wir wenig später erreichen im Taxi fahren lassen und eben vor 10 Minuten seine Radtour begonnen; na dann noch Gute Reise :)

Nach unten wird es wärmer und wärmer, wieder ein weites Tal, das Transalai-Tal und dann liegt der Hauptpamir hinter uns und Kirgisien vor uns. Das war es also schon wieder das „Dach der Welt“, doch noch ist die Reise lange nicht zu Ende. Erst einmal ist es wieder toll den Blick zurück zu genießen, noch einmal leuchten die Pamirriesen und ganz so hoch werden wir so schnell nicht wieder kommen. Vor uns dann das weite Tal und es ist seit 2 Wochen das erste Mal wieder richtig Grün. Anfangs waren es nur kleine Wiesen rechts und links des Baches, dann schon die Berghänge und nun hier unten die ganze Landschaft. Darauf dann kleine weiße und braune Punkte, Schafe und Pferde.

Die Einfahrt nach Kirgisien ist unspektakulär, wir müssen den entsprechenden Posten im Schlafsaal wecken, dann haben wir 20 Sekunden später den Stempel im Pass und rollen weiter in die grüne Ebene. Am Ende der Ebene liegt Sary Tasch, ein kleines Städtchen, wo wir am späten Nachmittag ankommen. Essen gibt es im Homestay und der Laden ist recht gut ausgestattet, besonders genial die kleinen 100 Gramm Becherchen mit Wodka, genau die richtige Ration um gut schlafen zu können.

 

17. Tag bis 20. Tag: 21.7.14 bis 24.7.14

Mittwoch, den 10. Dezember 2014

Aufs Dach der Welt

auf dem Pamir Highway von Chorog über den Koy  Tezek( 4290m) und Neizatsch Pass(4137m) nach Murgab, 90 km (1300 hm), 90 km (1800 hm), 108 km (850 hm), 25 km ( 100 hm) bei Sonne, etwas Wind aus allen Richtungen und maximal 30 Grad

Das Dach der Welt ist das nicht eigentlich der Himalaya, die Antwort heißt: Jein! Eigentlich nicht, aber inzwischen doch. Bis ins vorletzte Jahrhundert war der Pamir das besterforschte asiatische Gebirge und wurde von den Geologen und Kartographen als das „Dach der Welt“ bezeichnet, da es geologisch der Knotenpunkt des Tien Shan Gebirges, des Kunlun, Karakorum und des Hindukusch ist. Als das Interesse für Tibet zu und das am Pamir abnahm, wurde dann der Begriff auch für den Himalaya übernommen, wir dürfen also mit einiger Kulanz also auch den Himalaya als „Dach der Welt“ bezeichnen.

Also heißt es nun am Morgen für uns: „Dann mal rauf aufs Dach!“ Halb sieben kommen wir los und tatsächlich findet sich ein kleiner Laden der schon geöffnet hat, zwar gibt es keine Salami, aber auch eine andere Wurst, die recht haltbar aussieht. Und natürlich auch noch ein paar Mars und Snickers. Das Zeug fasse ich ja zu Hause überhaupt nicht an und Reinold hätte sich vor der Tour schon gar nicht vorstellen können, seinen Energiebedarf mal mit Cola und Snickers zu decken. Aber die geschätzten 6000 Kalorien, die wir hier jeden Tag verbraten, müsse ja irgendwo herkommen, vom Fladenbrot jedenfalls nicht.

Ich habe in diesem Jahr meinen „Kühlschrank „auch noch ein wenig weiter entwickelt, im letzten Jahr war es nur ein feucht gehaltenes Handtuch auf dem Gepäckträger, in das ich die zu kühlenden Sachen eingewickelt hatte, da sind dann aber bei holprigen Abfahrten einige süße Sachen verloren gegangen, deshalb habe ich extra einen Baumwollbeutel dafür abgestellt, dieser wird jetzt ständig feucht gehalten und braucht je nach Sonneneinstrahlung aller ein bis zwei Stunden einen Guss Wasser. Damit ist es sogar möglich bei 38 Grad Butter durch die Landschaft zu transportieren und auch die Schokoriegel bleiben schön fest und die Wurst hält sich drei oder vier Tage.

Ab Chorog geht es dann gemächlich und stetig hoch, so richtig anstrengend ist es nicht, auch ist die löchrige Straße zumeist noch recht gut zu fahren. Am Anfang gibt es gleich noch einmal einen Kontrollpunkt, ich glaube inzwischen der vierte und wir kommen wieder ohne Probleme durch. Reinold, der ja in Liechtenstein eine Druckerei leitet, hat eine Unmenge an Aufklebern dabei und verteilt die gleichmäßig über das ganze Land. Es ist eine Liechtensteinsche Flagge und der Satz: „Zu spät, der erste Liechtensteiner war schon hier!“ So stellt sich auch heraus, dass sich unsere Wege schon einmal gekreuzt haben, nämlich in Laos in den Bergen am Nam Ou Fluss, dort war mir nämlich ein ebensolcher Aufkleber vor ein paar Jahren schon einmal aufgefallen.

Nach zwei Stunden Strampelei wird es Zeit für ein zweites Frühstück und da eignet sich wunder bar ein Truckerrestaurant. Auf dem Umschlagplatz dahinter sind vielleicht an die 30 chinesische und tadschikische Trucks geparkt und hier wird fleißig umgeladen, die Chinesen fahren dann wieder zurück  nach Murgab und weiter nach Kashgar in der Provinz Xinjiang. Es ist ein wunderschönes Tal hier, es mangelt nicht an klarem Wasser zum Auffrischen des Trinkwassers und zum Kühlen des Füße.

Die Dörfer und Siedlungen werden nach oben hin wieder kleiner und man kann ab und zu noch die traditionellen Lehmhäuser der Pamiris sehen. Die Häuser sind Fensterlos und rechteckig flach, nur oben befindet sich ein sechseckiges Fenster im Dach, vor allem von innen ist diese Holzkonstruktion interessant. Wir bekommen sie noch zu sehen, denn wir klappern meine „Bekannten“ vom letzten Jahr ab, das heißt wir lassen uns an der gleichen Stelle wie im vorigen Jahr einen tee anbieten. Die Freude ist riesig, als ich dann die Farbfotos auspacke und wir solle dann gleich zum Übernachten da bleiben, auch wenn die Frau des Hauses gar nicht da ist, aber wir wollen noch ein wenig Höhe gewinnen, bevor wir uns morgen auf den ersten 4000er Pass stürzen.

Eigentlich hatte ich in der Hochebene rund um das Dorf Vangala auch wieder eine Wiese im Visir, aber wir verfehlen diese, landen aber ebenso idyllisch auf einer ebenso schönen grünen Fläche hinter einem Gehöft, direkt an einem eiskalten, klaren Wasserlauf. So haben wir am Abend die nette Gesellschaft der Mädels aus den drei umliegenden Gehöften und machen wieder schöne Fotos mit der ganzen Familie. Leider werde ich sie wohl erst 2016 abliefern können, was natürlich auch gleich die Aufforderung an alle Interessierten Radler ist, sagt rechtzeitig Bescheid, denn es wird wieder ein solche Tour geben und eben wohl 2016 im Sommer.

Wenn es abends nicht doch frisch werden würde, man könnte sich nicht vorstellen, dass wir hier schon auf einer Höhe von mehr als 3000 Metern sind, da sollte der morgige Pass keine große Hürde sein. Wir brechen nicht ganz so zeitig auf, es wird hier oben ja auch nicht mehr ganz so heiß, ich denke es werden heute so 28 Grad gewesen sein, zuerst vorbei an der Stelle, wo es im letzten Jahr die Straße weggespült hatee, zu Besuch bei der Familie des taubstummen Jungen, wo wir auch wieder Bilder abliefern. Schon gegen Mittag sind wir in Jelondi, zu früh, auch wenn die heißen Quellen vielleicht verlockend wären, wir wollen heute noch den Pass, zumal auch der Wind, nicht wie im letzten Jahr nicht gegen uns ist. Als es hinter Jelondi in die Serpentinen geht ist der lausige Asphalt dann ganz weg und über 300 oder 400 Höhenmeter geht es dann recht straff mit 10% Steigung nach oben. Hier gibt es noch mal eine ehemalig Straßenstation, wir bekommen Tee und frische Butter und frische Brot angeboten. Reinold rührt die Butter glücklicherweise nicht an, mir schlägt sie recht schnell auf den Darmtrakt und ich markiere dann wohl fast jede zweite Biegung. Über die Holperstrecke kämpfen wir heute nach unserem Mammuttag zum ersten mal wieder ein wenig, aber das Ende naht und wir sind auf einem weiteren Hochplateau, wo genau nun der Koy Tezek Pass mit seinen fast 4300 Metern ist. Natürlich sind wir außer Atem, aber die große Höhe macht sich kaum bemerkbar, unsere ersten Bergerfahrungen seit Taschkent und Duschanbe kommen uns nun zu gute. besonders Reinold hatte sich Sorgen gemacht, da er in ebendieser Gegend schon im Jeep saß mit Zeichen von Höhenkrankheit und heute glücklicherweise gar nichts.

Auf der anderen Seite rollt es dann in ein trockenes Tal hinunter, die Aussicht in alle Richtungen ist grandios, die Weite und die Einsamkeit in dieser Gegend einzigartig und faszinierend, immer wieder anziehend und abschreckend. Die Vorjahreserfahrung nutzend, bleiben wir unten in der Senke am einzigen Wasserlauf und erliegen nicht wieder der Versuchung, den nächsten kleinen Zwischenpass noch vor dem Abendbrot mitzunehmen, denn dahinter kommt für die nächsten 50 Kilometer kein Wasser mehr. Und die Wiese hier unten, fast die einzige hier in der trockenen Eben ist auch sehr einladend. In der letzten Sonne wage ich noch ein schnelles Vollbad im eisigen Wasser, dann werfe ich den Kocher an und koche uns eine leckere Mahlzeit. meist ist es die Standardmahlzeit mit Nudeln-Rot, dazu gebratene Wurst mit viel Zwiebel und Knoblauch, damit es schön warm im Schlafsack bleibt, dazu noch einen schönen dicken Kaffee und dann kann man wunderbar schlafen.

Wundervoll ist es aber noch ein wenig wach zu liegen und durch den offenen Zelteingang in den Sternenhimmel zu schauen, der hier viel klarer und viel näher ist, als bei uns daheim. Wenn man in Berlin die Milchstraße mehr erahnen muss ist das weiße Band hier nicht zu übersehen, ab und zu huscht eine Sternschnuppe nieder, aber im Moment bin ich glücklich uns so verglühen die meisten wunschlos als Grüße aus der Galaxie. Beste Grüße zurück vom Rande unseres Sternensystems, kommt uns mal besuchen, es gibt noch ein paar schöne Ecken auf diesem Planeten.

Auch der nächste Tag ist entspannt, auch wenn sich die Strecke bis Alichur, der nächsten größeren Siedlung elendig hinzieht. Der einzige Wasserlauf unterwegs, den es im letzten Jahr noch gab ist ausgetrocknet, nur in der senke glitzert dunkelblau ein See mit weißen Rändern einer dicken Salzkruste. In Alichur bekommen wir in einer Teestube eine gute, dicke Suppe, dann geht es ganz gemächlich an einem dünnen, klaren Wasserlauf nach oben, ganz gemächlich, immer am Rande einer weiten Ebene entlang und hier bekommen wir heute auch eine Yakherde zu sehen, allerdings bleiben die zotteligen Tiere auf sicherer Entfernung zu uns. Auch heute ist der Pass kaum wahrzunehmen und wir sind wieder 4137 Metern Höhe, bevor es dann abwärts in Richtung Murgab geht. Auf halbem Wege nach unten stoppen wir auf einer wunderschönen Blumenwiese und genießen den Nachmittag in der Sonnen. Nach dem Bad im Fluss kann man sich wieder aufwärmen und noch ein kleines Nickerchen machen, wirklich einer der schönsten Zeltplätze hier auf der Tour, auch wieder direkt an einem klaren und eiskalten Bach. In der Nähe gibt es eine verlassenen Siedlung und so bleiben wir hier den ganzen Abend komplett unbehelligt.

Erst ein paar Kilometer weiter am nächsten Morgen treffen wir wieder auf Leute, diesmal schon auf Kirgisen, die hier ihre Jurten aufgebaut haben, neben ihrer Viehwirtschaft bewirten sie auch noch vorbei kommende Trucker und Radler. Wir bekommen frische Brot und eine Suppe mit Kartoffeln und Lammfleisch, „Schurpa“, eigentlich das einzige Essen, welches hier im Hochland serviert wird. Von hier ist es dann noch ein Katzensprung bis nach Murgab, wo wir schon am späten Vormittag einrollen. Wir kehren wieder im gleichen Guesthouse ein, in dem ich schon im vorigen Jahr abgestiegen war und streunen noch ein wenig durch die „Stadt“. 7.000 Einwohner wohnen hier auf 3.600 Metern Höhe und es gibt sogar ein richtiges Hotel, eine Leninstatue, mehrere recht gut sortierte Läden, ein wirkliches Restaurant mit Plov und Schaschlik und Bier, sowie einen Basar, der aus einer langen Reihe von Containern besteht, also jede Menge zu sehen für einen langen Nachmittag. Abends bekommen wir ein leckeres Mahl in unserer Herberge und können in der extra für uns angeheizten Sauna schwitzen. Auch haben wir heute andere Touristen getroffen, sechs Motorradfahrer aus Konstanz und noch ein weibliches Radlerpärchen aus Holland, die sogar im gleichen Guesthouse wohnen, aber weder gesellig, noch gesprächig sind, nun die Charaktere der Reisenden sind eben verschieden. Interessant ist, dass uns auf der ganzen Strecke niemand mit Rad entgegen kam, wie schon im letzten Jahr stellt sich die Frage warum man immer nur in Chorog und dann später in Osch auf so viele Radfahrer trifft und nur ganz selten auf der Straße. Wie auch immer, das ist eins der unwichtigen Geheimnisse, das nicht unbedingt gelüftet werden muss.