115. Tag: Montag, der 8. August 2011

Zu Gast in der Jurte

Ruhetag im Jurtencamp mit Ausschlafen, Spaziergang und Besuch einer Nomadenfamilie, Sauna und Massage

Es macht wesentlich mehr Spaß zeitig Aufzustehen, wenn der Wecker nicht klingelt. Ich mache mir einen schönen Kaffee und setze mich an den Computer und bearbeite Bilder, während die ersten Sonnenstrahlen mich an der Nase kitzeln. Vor der Jurte ein Traum von einer Sommerwiese, Blumen über Blumen und die Grillen zirpen und surren.

Nach dem späten Frühstück macht ein Teil der Gruppe einen Spaziergang durch den Wald auf die Hügel hinter dem Camp, einmal etwas anderes als zu radeln. Einige dösen in der Sonne und lesen oder Schreiben, so wie ich und machen noch ein Schläfchen.

Das Mittag war zwar dann nicht sehr mongolisch, Hühnchen oder Fisch mit nudeln, aber trotzdem sehr lecker. Danach ziehen wir los, um eine Nomadenfamilie in der Umgebung zu besuchen. Wir tingeln etwas müde durch die stechende Nachmittagssonne und suchen aus pragmatischen Gründen eine Jurte, die nicht zu weit entfernt ist. Wir lernen eine nette Familie kennen, der es besser geht, als derjenigen, die wir vor zwei tagen besucht haben. Vor der Jurte steht ein Traktor, den sich ein paar Nomadenfamilien teilen, um damit ein gemeinsames Feld zu bearbeiten, auf dem hauptsächlich Kartoffeln angebaut werden. In der Jurte, wieder eine spartanisch eingerichtete Sommerjurte, lebt das Ehepaar mit den vier Kindern, drei Jungen und ein Mädchen im Alter zwischen 3 und 12 Jahren. Die Großmutter lebt im Winter in einer Jurte in der Hauptstadt, dort wohnen dann auch die Kinder, wenn sie die Schule besuchen müssen. Die Familie besitzt ein Kamel, 30 Pferde, mehr als 70 Schafe und 20 Kühe. Als wir auftauchen sind die Kids gerade damit beschäftigt mit einer an einem Stock befestigten Schlinge Schafe einzufangen, die dann von den Eltern mit einer groben Schere geschoren werden. Die Wolle wird dann an einer zentralen Aufkaufstelle in Tugrugs umgesetzt, wovon zusätzliche Lebensmittel gekauft werden können. Die Mongolen haben ein ungezwungenes und pragmatisches Verhältnis zu ihren Tieren. Die Kids haben einen Mordsspaß die Schafe einzufangen, zu Boden zu schubsen und wieder aus der Schlinge zu lassen, um sie gleich wieder einzufangen. Die Tiere haben keinen allzu großen Spaß dabei. Auch bei der Schur werden den Tieren die Beine zusammen gebunden und dann „beschnitten“, wobei sie blöken, als erwarteten sie, heute noch im Suppentopf zu landen. Auch hier hätten deutsche Tierschützer wohl mächtig zu klagen begonnen.

Besonders süß ist der jüngste Sohn der Familie, wegen der langen Haare hatten wir de Kleinen erst für ein Mädchen gehalten, aber es ist eine alte Tradition, den Kindern erst mit vier Jahren das erste Mal die Haare zu schneiden.

Wir haben viele Fragen zum Leben hier, das für uns unvorstellbar scheint und ernten auf viele ein breites Lächeln. Zahnprobleme gibt es nicht, denn Zucker wird in der täglichen Küche nicht verwendet, den gibt es höchstens einmal zu Feiertagen. Was man sich wünschen würde, wenn man ein paar Wünsch frei hätte, wollen wir wissen. Na, eben Gesundheit für die gesamte Familie. Und natürlich möchte man auch nicht mit uns tauschen, bewundert aber die Leistung vier Monat mit dem Fahrrad unterwegs gewesen zu sein. So etwas würden sie nie machen wollen, dabei ist das tägliche Leben hier wohl etwas anspruchsvoller als unsere „Luxustour“.

Wir bekommen alle eine Schale mit frischem Joghurt, so lecker, wie ihn kein Bioproduzuent woanders in der Welt produzieren kann mit einem Klacks dicken Sauerrahms dazu. Im Gegenzug dazu verteilen wir kleine, mitgebrachte Geschenke.

Später, während des Abendessens, bei der Diskussion über Müll und Müllbneseitigung realisieren wir, dass die nomadischen Mongolen faktisch keinen Müll produzieren und eshalb auch keine Müllabfuhr brauchen, mal abgesehen von den in Plastik verpackten Kleinigkeiten, die wir heute dort gelassen haben, ein Aspekt, den wir bei der Auswahl der Geschenke in Zukunft auch berücksichtigen sollten.

Der Abend vergeht noch einmal mit Sauna oder Massage oder einem „mörderischen“ Gesellschaftsspiel in der Corleischen Jurte mit dem Namen „Werwölfe“ während die richtigen Wölfe draußen in allernächster Nähe hungrig auf ihre Opfer warten. Hoffen wir, dass alle gesund und munter in ihre eigene Jurte zurückkehren konnten.

3 Reaktionen zu “115. Tag: Montag, der 8. August 2011”

  1. Karin

    Hallo,ihr Radler
    Heute gab es ja viele Kommentare zu lesen, blöde Sache mit den Rädern-könnte mir gar nicht vorstellen wenn mein (Kinder )rad weg gewesen wäre!aber:-wie wäre denn ein Umstieg aufs Pferd? passt doch gut zur Etappe durch die Mongolei
    hoffentlich nehmt ihr jetzt beidem reichhaltigen mong.Essen nicht zu.
    es grüßt euch(wie immer neidvoll )
    Karin

  2. Wiebke

    Mal wieder eine spannende Lektüre; erstaunlich, wie schnell sich der Wechsel in die Mongolei auch „optisch“ vollzog. Und für Annabell scheint das echte Ross eine zumindest ebenso sportliche Alternative zu sein, sieht gut aus!
    Grüsse an die Cousinen + Onkel
    Wiebke

  3. Karin

    Vielen Dank für die lieben Geburtstagsgrüße.Habe mich ganz toll darüber gefreut.Das Kartenmotiv ist aus der Vergangenheit oder Jetztzeit?Die Karte kam heute an und war einen Monat !unterwegs.An diesem Samstag findet erst die große Geb party statt.Ich hätte euch auch gerne dabei !!Übernachtung inder Jugendherberge für alle Gäste ,diesen Komfort seid Ihr ja auch gewohnt.
    Auf dem Pferd das ist ja nicht Mirjam ,sondern Annabell-hatte mich schon gewundert.

    Gruß Karin

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