116. Tag: Dienstag, der 9. August 2011

Mit Airagantrieb in die mongolische Hauptstadt

119 Kilometer vom Jurtencamp nach Ulaanbaatar, bergige 844 hm auf recht belebter Straße, staubige Einfahrt in die Großstadt bei Sonne und ein paar Wolken bis 27 Grad

Wie üblich starten wir gegen halb neun und rollen zurück zur Hauptstraße, dann biegen wir nach Süden ab und uns bläst ein kräftiger Wind ins Gesicht. Das kann richtig anstrengend werden, knappe 120 km bei Gegenwind und bergiger Strecke. Es formieren sich sogleich einige Gruppen zum energiesparenden Windschattenfahren, aber die Landschaft ist einfach zu grandios, als dass die Formationen lange halten. Überall gibt es zu viel zu sehen und jede menge Fotostopps sind zu machen.

Überall in den grünen Tälern zwischen den Bergen gibt es einzelne Jurten und je näher wir kommen, umso touristischer wird es. An einigen Stellen gibt es ganze Dörfer an touristischen Jurtencamps, in denen die Hauptstädter und ausländische Touristen ihre Ferien verbringen können.

Diese Region, also ca. 100 Kilometer südlich der Hauptstadt lebt hauptsächlich von der Pferdezucht und der Produktion von Airag. Airag ist leicht angegorene Stutenmilch, die in großen Ledersäcken vor den Jurten in die Sonne gehängt wird. Dieses Getränk ist mehr als erfrischend, sättigend und bringt genug Energie für die nächsten Anstiege, allerdings ist es nicht jedermanns Geschmack, recht säuerlich mit einer leichten Note von Pferd. Ich bin es jedoch schon aus Kirgisien gewöhnt und trinke fasst zwei Liter von dem Getränk, danach spürt man den gegenwind kaum noch und es geht mit frischer Energie durch die Landschaft.

Den Airag gibt es hier an fast jeder Jurte zu kaufen, eigentlich zu erkennen, daran, dass ein Pfohlen an der Jurte festgebunden ist, aber oft weist schon ein Schild am Straßenrand drarauf hin. An einer Jurte werden dann auch gerade die Stuten gemolken, keine einfache Prozedur, gerade bei jungen Stuten. Bei denen wird zuerst das Vorderbein angehoben und festgebunden, auf drei Beinen lässt es sich schwerer um sich treten, dann wird das Fohlen kurz angelegt und erst dann greift sich die Hirtin den Melkeimer und greift von hinten durch die Beine um an die kleinen Zitzen zu kommen. maximal 200 ml Milch bekommt man von einem Pferd, dafür wird aber aller zwei Stunden gemolken, das hält den Milchfluss aufrecht. Am Abend und am Morgen bekommt aber dann das Fohlen solange bis es satt ist.

Das raue Klima hinterlässt aber auch Opfer, so zeigen die Geier, die über dem Tal an, dass irgendwo ein Kadaver liegt und tatsächlich schon hundert Meter weiter sehen und riechen wir den toten Körper eines Pferdes. Ein Hund, der gerade noch ein paar Fetzen Fleisch herausgerissen hat verkrümelt sich, noch bevor ich die Kamera ausgepackt habe.

Auch ein Yakherde ist von weitem zu sehen, die zotteligen Tiere unterscheiden sich deutlich von den Kühen, leider kreuzen sie nicht unseren Weg, aber wir sind ja noch ein paar tage im Land und spätestens auf der anschleißenden Tibettour werde ich den Tieren näher kommen.

Heute treffen wir wieder einmal auf Radfahrer, Tom und Emily aus England, allerdings sind sie erst seit gestern unterwegs, wollen einmal durch die Mongolei und dann weiter nach China und Laos…..

Der Verkehr wird immer stressiger, je näher wir der Stadt kommen und dann ist es wie vor einer russischen Stadt, die Straßen werden schlecht und lösen sich auf. Wir radeln dann sicherheitshalber in fester Formation und fressen ordentlich Staub und Dreck. Vor der Stadt gibt es eigentlich nur Dreck und Industrie, so ist unser erster Eindruck. Und der der ändert sich auch nicht, fast bis ins Zentrum. Wir haben noch ein wenig Glück, denn wegen einer Totalbaustelle ist die Straße gesperrt und der Verkehr wird irgendwo umgeleitet, aber wir kommen mit den Rädern durch die Baustelle recht gut durch. Verkehr gibt es in der Stadt eben wie in einer richtigen Millionenstadt, ich war von einigen Seiten vorgewarnt, dass die Ulaabaatarer wie die Henker fahren würden, aber es ist ach nicht schlimmer als in anderen Städten und zum größten Teil kommt man eh nur im Schritttempo vorwärts.

Unser Hotel hat den Namen „Edelweiß“ und liegt in einer Seitenstraße, in der es recht ruhig zugeht, das gibt Hoffnung auf eine ruhige Nacht. Die Zimmer haben ordentlichen Standard und schon wenig später fließt das heiße Wasser im warmen, dicken Strahl und spült den Schweiß des Tages schnell wieder herunter. Danach stürzen wir gleich wieder los, es ist schon 20 Uhr, um zu Abend zu essen. In dem traditionellen Lokal kommen wir etwas zu spät und erleben nur noch den Teil der Vorführung des kleinen Konzertes mit Obertongesang, Kehlkopfgesang, Pferdkopfgeige und Wölbbrettzither. Die Musik ist fremd und faszinierend und beeindruckend, vor allem der Kehlkopfgesang ist eine Gesangstechnik, die wohl nur in der Mongolei gepflegt wird.

Die halbe Nacht genieße ich dann die Errungenschaften der Zivilisation und kann endlich, endlich mein Blog auffüllen und meiner Freundin zu Hause zum Geburtstag gratulieren.

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