2. Tag: Neues Kunming, altes Kunming

Stadtrundgang durch Kunming, Besichtigung des Yuantong Tempels, Lustwandeln am Cuihu-See, Teeprobe und altes Stadtviertel

 

Das Frühstücksbuffet im „Kamelia“ zählt zu den besseren hier im Lande und man ist geneigt sich ordentlich den Bauch voll zuschlagen und ein Fruchtteller hinterher geht immer noch.

Gegen 9 Uhr gehen wir dann los, heute ist es noch frischer als gestern Abend, hier herrscht jetzt wohl richtiger Winter, gerade einmal 10 Grad in der Stadt des ewigen Frühling. Später kommt dann die Sonne hinter den Wolken hervor uns spendet ab und zu ein paar wärmende Strahlen.

Kunming ist immer eine kleine Entdeckungsreise wert, vor allem lohnt es sich fast wahllos einmal in eine Nebenstraße einzubiegen, wo sich dann ein kleiner Markt oder eine enge verwinkelte Gasse auftut. In den Vierteln mit den Wohnblöcken aus den 80er Jahren ist alles bis ganz nach oben, also bis zum fünften oder sechsten Stock vergittert, vor allem die Balkone. Aus Angst vor Einbrechern, argumentieren die Bewohner, aber so wie ich chinesische Wohnverhältnisse kenne, ist dort eher wenig zu holen und auf den vergitterten Balkonen kann man eh nicht mehr sitzen, da sich dort überall Müll und alter Krempel ansammelt, der dann in der staubigen Grosstadtluft recht schnell verdreckt. Viele Chinesen haben wirklich Messi-Charakter, nichts wird weggeworfen, man könnte es ja irgendwann noch einmal gebrauchen. Aber die Angewohnheit stammt wohl noch aus Zeiten als es fast Nichts gab.

Doch diese Zeiten sind vorbei und das erkennt man nicht nur an den vielen modernen Hochhäusern im Zentrum und an den recht häufigen großen Schlitten auf der Straße, sondern auch an der Kleidung der Frauen. Während die Männer auffällig wenig wert auf gepflegtes Äußeres legen (es gibt natürlich auch Ausnahmen), lebt, wie fast überall in der Welt, eine riesige Industrie von der Verschönerung der Damenwelt, obwohl dies viel Damen gar nicht nötig hätten. Gestylte Frisuren, tolle Kleider und gewagt kurze Röcke sind häufig im Straßenbild.

Ganz im Gegensatz dazu trifft man immer wieder alte Männer und Frauen, die immer noch im alten Mao-Blau gekleidet sind, so als wäre die Zeit vor 30 Jahren stehen geblieben, aber genau die Kontraste manchen das Land ja so interessant und besuchenswert.

Unser erstes Ziel ist der Yuantong Tempel im Zentrum der Stadt, laut Legende erbaut, um zwei im See lebende Drachen zu besänftigen, was mit dem Tempelbau auch gelungen sein soll. Enstanden ist während der Yuan-Dynastie ein ansehnlicher Tempel mit einer tausendarmigen Guanyinfigur in einem Tempelpavillon auf dem See. Davor viel Weihrauch und Räucherwerk mit dem sich die Chinesen an die einzige weibliche Reinkarnation eines Boddhisatva wenden. Sie hat hier in Südchina die Bedeutung  der Maria und viele Frauen wenden sich an sie mit der Bitte nach männlichem Nachwuchs und Glück für die Familie.

Am Cuihu See ist heute nicht viel los, vielleicht liegt es an der kühlen Witterung, dass die Leute ausgeblieben sind, donn finden sich hier immer jede menge Rentner zum Musizieren und Sport treiben ein, heute jedoch nur ein einzelner Er-hu Spieler am Seeufer und einsam wimmert sein Instrument eine traurige chinesische Melodie.

In meinem Lieblingsteeladen ist die Besatzung sehr erfreut, mich wieder zu treffen und wir machen eine kleine Teeprobe und kosten uns durch zwei Sorten Grünen Tees und einige Pu-Erhs. Am besten mundet ein grüner Üu-Erh aus dem letzten Jahr, kraftvoll im Geschmack, fast wie ein Woolong Tee, aber ohne erdigen Beigeschmack-einfach lecker.

Am Nachmittag geht es dann durch die moderne Einkaufsstraße, hier lassen sich die Leute nicht so einfach durch das kalte Wetter vertreiben, eher das Gegenteil ist der Fall. Und der moderne Chinese kauft auch immer weniger Plagiate und so dominieren hier die großen Marken, wie auf der Zeil in Frankfurt oder dem Kuh-Damm in Berlin. Eine Häuserzeile weiter liegt die Altstadt, aber hier sind alle Läden geschlossen und die Renovierungswelle hat begonnen. Hoffentlich wird mit mehr Vernunft renoviert, als in anderen Städten, denn das chinesische Motto heißt: Abreißen und in altem Stil wieder aufbauen. Aber hier haben einige Häuser noch richtig Stil und Charakter und das sollte auch den Kunminger Stadtplanern aufgefallen sein.

Am Abend kehren wir wieder in ein schönes Lokal ein und haben fast noch ein besseres Mahl als am Vortage. Fast zwei Stunden schlemmen wir dort und beenden die Mahlzeit mit angesetztem Schnaps der Hausmarke und auf dem fröhlichen Weg zurück ins Hotel bemerken wir, dass der Urlaub nun richtig angefangen hat.

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