Freitag, 7. März, von Komotini über Alexandropolis nach Feres, 98 km, 1044 Höhenmeter: “Stürmischer Abschluss in Griechenland“


Obgleich Regenwetter vorausgesagt war, ist der Himmel strahlend blau und die Sonne zeigt sich, allerdings nicht zu warm. Heute ist unser letzter ganzer Radfahrtag in Griechenland, unser Zielort Feres liegt nur 15 Kilometer von der Grenze entfernt. Doch bevor jeder von uns im Sattel seinen Gedanken nachhängen und den ersten Teil der Tour noch einmal Revue passieren lassen kann, müssen wir erst einmal heraus aus der Stadt und das ist die Hauptstraße in Richtung der Türkei und entsprechend ist der Verkehr, die Autobahn seit Jahrzehnten in Planung und seit Jahren in Bau, die neue Agnätia, ist hier noch nicht fertig gestellt. Auch die antike Agnätia führte damals hier entlang und verband alle Ecken und Enden des Reiches miteinander, allerdings nur aus zwei schmalen gepflasterten Streifen bestehend, die genau den Abstand der genormten Wagenspuren hatten. Natürlich gab es Vorfahrtsprobleme und genau bei einer solchen Streitigkeit erschlug Ödipus seinen Vater und in Athen erschoss vor einigen Wochen einen anderen Autofahrer, der ihm die Vorfahrt genommen hatte. Das Beispiel zeigt sehr anschaulich, wie sehr die Griechen mit ihren Traditionen und antiken Wurzeln verbunden sind.

Endlich weg von der Hauptstraße kommen wir an einem Straßenmarkt vorbei und beschließen hier noch einen Kaffee zu trinken. Der Markt ist schon nicht mehr sehr griechisch, sondern wird von moslemisch-griechischen Minderheiten dominiert und die Händler preisen lauthals ihre Waren an; trotzdem können wir dann noch einmal Eindruck schinden, als ich mit der Trillerpfeife zum Aufbruch blase und alle brav auf die Räder steigen, sind die heimischen Marktgäste sichtlich beeindruckt von der der Disziplin in der deutschen (und österreichisch-schweizerischen) Radlergruppe.

Auch wenn der Anstieg sich gemächlich hinzog, war es ein sehr gemütliches Tal mit einem Ausblick auf sanfte Landschaften, die mich ans Thüringer Becken, meine ursprüngliche Heimat, erinnerten. Ein richtiges Oben gibt es nicht, da es immer wieder ein wenig hoch und runter gehr und irgendwo an einer eingefassten Quelle wartet dann auch Kostas mit dem letzten griechischen Picknick auf uns. Alle sind wir schon etwas in Abschiedsstimmung, aber ich denke, dass wir mit der Türkei noch lange nicht im kulinarischen Niemandsland ankommen werden.

Alexandropolis scheint ein hübsches Städtchen zu sein, aber leider bleibt uns hier keine Zeit, außer einer kurzen Rast in der Nähe des Hafens am Leuchtturm, dann geht es weiter in Richtung türkische Grenze. Eigentlich hatten wir ja geplan hier zu übernachten, aber dann hätten wir morgen 160 Kilometer plus Grenzübertritt vor uns gehabt.

Der Wind hat inzwischen komplett aufgefrischt und bläst und kräftig entgegen, noch kräftiger als am Vortage und das ist wohl der Tribut, den wir ans Wetter zahlen müssen, entweder Winde aus dem Süden und in unserem Rücken, aber mit viel Nässe angereichert oder aber kalt und trocken aus den zentralasiatischen Steppen kommend. Für die nächsten zehn Kilometer brauchen wir eine gute Stunde, deshalb beschießt ein Teil der Gruppe dann doch aufs Auto umzusteigen, nur ein Rest von sieben tapferen kämpft weiter. Da ich den ganzen Tag hinten gefahren war, spende ich erst einmal für die nächsten 15 Kilometer Windschatten und kämpfe vorn gegen die verschiedenen Nuancen des Gegenwindes; steife stetige Brisen von vorn, oder böse Böen von halblinks, oder gemeine Windstöße aus überraschenden Richtungen wechseln einander ab.

Trotzdem kommen wir eine knappe Stunde später in Feres an, fast gleichzeitig mit unseren Busreisenden, wir müde und ausgepowert, die Anderen etwas erholter.

Das Hotel ist ganz gut, alle haben riesige Zimmer und ich nutze das Vorhandensein von drei Heizkörpern dazu, die wichtigsten Wäschestücke noch einmal durchzuwaschen.

Wie üblich geht es dann um halb acht weiter ins Lokal, klein und nett, aber das Essen noch einmal sehr lecker. Wir trinken noch einmal griechischen Rotwein und ein paar Reden werden zum glücklichen Abschluss unseres Auftaktabenteuers Griechenland gehalten. Zu spät gehen wir nicht zurück zum Hotel, wir müssen morgen zeitig los, auch wenn der Marktplatz im Karnevalsfieber brodelt und zu megalauter Musik Gestalten aus der griechischen Mythologie mit arabischen Scheichen, pelzbekleideten Teutonen und anderen aufgeputzten Gestalten tanzen.

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