1. Tag: Freitag, der 29. September

Radfahrer’s Paradies!

Schnittige 105 km zum Auftakt, 200 Höhenmeter vom Flughafen Incheon nach Seoul auf 1A mit fünf ***** Radwegen am Ara Kanal und Han Fluss entlang bei leichtem Rückenwindchen bis zu wolkigen 25 Grad

Gegen halb neun setzt der Flieger in Korea auf. Spannung, denn seit langem steht mal wieder ein neues Land auf der Liste, da darf man auch als Reisefuchs ein wenig aufgeregt sein. Im Gepäck habe ich wie auf vielen Reisen Hajo der das Land mit gemeinsam erkunden will und ein neues Rad. Seit langem mal wieder kein Koga sondern ein elegantes, leichtes Maxcyles, ebenfalls seit langem kein 26 er mehr, sondern ein 28er. Und auch hier bin nicht nur ich gespannt, sondern auch die Maxcycles, die mir das Rad für die Tour gesponsert haben. Auch noch neu ist die Rohloff Nabe, die nun das Schalten noch einfacher machen soll.

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Leichten Stress gibt es aber schon bei der Einreise, ohne Hoteladresse auf dem Einreisewisch geht es nicht ins Land. Zum Glück gibt es Wifi und so ist eine Fake-Adresse schnell gefunden. Interessanterweise gibt es keinen Stempel in den Pass, sondern nur einen kleinen Zettel, den man gefälligst nicht verlieren soll. Gepäck kommt dann relativ zügig, mein Radkarton wartet schon, Hajos findet sich nach 10 Minuten an.

Dann heißt es Räder schrauben und umziehen, so um die 20 Grad sind es draußen und bewölkt, etwas frischer als gedacht. Geld tauschen wir auch gleich noch, aber die SIM Karten sollen 60 € für einen Monat kosten, da wollen wir uns lieber noch einmal in Seoul kümmern.

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Gegen 11 sitzen wir auf dem Rad und versuchen das Terminalgelände zu verlassen, gar nicht so einfach, hier die richtigen Ausfahrten zu finden. Doch dann schlägt uns das GPS sofort einen Radweg vor und so geht es ohne Behinderungen auf der Incheon Insel entlang…………………

…………………..Man kommt nur mit der Fähre aufs Festland, da die Autobahnen und Schnellstraßen gesperrt sind für Radler. Vorher wird es noch touristischer, da gibt es dann einen Bike-Train entlang der Küste und parallel zum Radweg. Vergnügungslistige können sich da an Endstation ein vierrädrige Draisine mieten, die mit Fahrradpedalen angetrieben wird. Dem Quietschen und jauchzen nach zu urteilen scheint es ungemein Spaß zu machen. In der Nähe des Fähranlegers dann ein paar Restaurants , wir suchen uns einen Laden und essen genau das, was es am Nachbartisch gibt. Ein Töpfchen mit viel Kim Chi und etwas Schweinefleisch, schmeckt wie superscharfer Szegediner Gulasch….also lecker, dazu unzählige kleine Nebengerichte, Kim Chi, Kraut und anderes. Dann müssen wir rasch auf die Fähre, eine recht große Autofähre, aber kaum Leute und Fahrzeuge und nach 25 Minuten sind wir dann auf koreanischem Festland. Auch hier wartet am Ufer erst einmal ein lauter Vergnügungspark und dann recht heftiger Verkehr in der Industrievorstadt. Dazwischen dann immer ultralange Ampelphasen und man wartet sich die Beine in den Bauch. Schon nach einer halben Stunde beginnt die anfängliche Disziplin nachzulassen und die Ampelfarben haben nur noch groben Richtliniecharakter für uns.

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Als wir den Ara Flussradweg dann endlich erreichen, haben wir schon gut 40 km in den Beinen und Hajo hat schlechte Laune, weil er unterwegs den nur mäßig verzurrten Schlafsack und die Isomatte verloren hat, keine Chance das Ding wiederzufinden, bleibt nur Neukauf. Natürlich bin ich Schuld, denn ich hatte vorgeschlagen, die gerollten Kartons der Räder mit zur ersten Übernachtung zu schleppen und deshalb war natürlich die Konstruktion hinten etwas wackelig. Auf dem Radweg bessert sich aber Hajos Laune sofort, denn als ADFCler kämpft er für einigermaßen ordentliche Radwege in Berlin und hier haben wir nun paradiesische Zustände unter dem Gummi.

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So müssen Radwege aussehen, nämlich super Asphalt, breit, zweispurig, getrennt vom Fußgängervolk und ebenso von Fahrzeugen und natürlich nicht mal 78 Meter zwischendurch, sondern durchgehend bis zum Horizont und weiter. Und genauso ist es hier! Und dazu kommt noch die tolle Landschaft am Fluss entlang, von den Vorstadtvierteln bekommen wir wenig zu sehen, nur das Rauschen der Fahrzeuge auf der Schnellstraße dringt ab und zu bis an den Fluss. Der absolute Hammer aber sind die Toiletten, ca. aller 3 bis 5 km, in einige kann man sogar das Fahrrad mit hinein nehmen!!!

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Korea hat ein System von Flussradwegen, dazu werde ich später noch mal mehr schreiben. Heute sind wir auf dem Ara Flussweg geradelt, erst noch die paar Kilometer bis zum Anfangspunkt am Meer und dann die ca. 30 km am Kanal entlang, bis dieser in den Han Fluss mündet und dann zum Han Flussradweg wird….beide Radwege natürlich auf beiden Seiten des Wasserweges. Aller ca. 20 bis 30 Kilometer gibt es eine Stempelstelle und es gibt einen Korea Radwege Pass, wo man sich die abgeradelten Strecken stempeln kann. Für jeden Radweg gibt es dann einen Erfolgsstern im Pass und für alle Flussradwege oder alle Radwege überhaupt diverse Medaillen und Urkunden. Natürlich gibt es auch einen Sticker für den Helm dazu. Heute ist Freitagnachmittag und so sind nicht nur Hajo und ich am Radeln hier, sondern hunderte von Koreanern auf der Jagd nach Stempeln. Wir haben leider den Pass nicht bekommen können, aber wir sind ja nicht zum Punktesammeln nach Korea gekommen.

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Der sportliche Koreaner jeglichen Alters und vor allem auch über 50 und bis 80 fährt teures Rennrad und ist ausgerüstet wie auf der Tour de France. Die 20 oder 25 km/h, die auf dem Radweg vorgegeben sind werden eher nicht eingehalten, aber man ist alles in allem rücksichtsvoll mit langsameren Radlern. Meist wird das Fahrrad noch mit einer kleinen Bluetooth Box beschallt und so sind hier heute hunderte unterwegs. Rast kann man in vielen Parks machen oder die Aussicht über den Fluss genießen. Meist kann man immer gleich mehrere Brücken sehen, mehr als 40 sind es auf dem Ara Radweg und in der Stadt dann mindestens noch einmal so viele.

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Als wir dann in Citynähe kommen wird es langsam dunkel, jetzt sind fast noch mehr Radler unterwegs, aber viele kommen auch zum Picknicken in die Parks und bauen hier kleine Zelte auf, aber wohl eher nur für den Abend und nicht um zu übernachten.

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Als wir dann über den Fluss queren und in die Stadt fahren sind wir berauscht vom Radwegsystem, leider ist es dann in der City nicht mehr so gut, aber auch hier wird mehr Rücksicht genommen, als in Berlin, obgleich der Verkehr dichter ist und zu guter Letzt geht es dann am Abend noch mal ein Stück nach oben.
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Mit etwas Mühe und zwei Telefonaten finden wir auch unsere Warmshower Übernachtung bei einer netten Amerikanerin mit koreanischem Gatten in einem traditionellen kleinen Haus mit zwei Katzen. Da haben sich heute doch schon über 100 km zusammengesammelt und nach einer Nacht im Flieger sind wir recht müde. Wir ziehen mit Joanna noch einmal um die Ecke in ein Kneipenrestaurant und nehmen ein spätes Mahl, eine tolle Kim Chi Suppe mit Reis und Gemüsepuffer und dazu ein leicht alkoholisches Getränk namens Makoli, aber dazu auch später noch einmal……

Eine Reaktion zu “1. Tag: Freitag, der 29. September”

  1. Hajo

    Wir sind ja mit wenig Infos zur Fahrradinfrastrucktur nach Korea gefahren. Aber wenn das so weitergeht kann man nur staunen. Oder kann sich einer vorstellen in Deutschland gibt es ein Toilettenhäuschen am Radweg (schon das ist selten) hier gibt es welche die so eingerichtet sind das man das Rad mit reinnehmen kann.

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