9. Tag bis 12. Tag: 13.7.14 bis 16.7.14

Weiter zu Zweit

von Duschanbe über die Nordroute in den Pamir, über den Saghirdaschpass (3252 m) nach Khalaikum, 119 km (1400 hm), 70 km (1428 hm), 102 km ( 2143 hm!!!!) in den Bergen sonnige 33 Grad

Hubert hat seine Entscheidung getroffen und bricht die Reise ab, ich werde mit Reinold allein weiterfahren müssen, es scheint der Fluch von Duschanbe zu sein, denn im letzten Jahr waren wir ab hier auch nur noch zu zweit, damals wegen schweren Durchfalls. So bleibt uns heute noch ein letzter Tag zu dritt, den wir nutzen, um ins Museum zu gehen. Hier geht es einmal Querbeet durch die Menschheitsgeschichte und dann durch die tadschikische Geschichte. Interessant ist vor allem der große hölzerne Buddha, der laut Wikipedia mit 14 Metern zu einer der größten Buddhastatuen in Asien gehört. Da scheinen die Wikipediaexperten wohl China und Burma nicht bereist zu haben, da hat einen Buddha von der Größe fast jeder im Wohnzimmer stehen…..oder besser liegen.

Im Museum treffen wir noch ein Schweizer Radlerpärchen, sie brauchen noch ein GBAO Permit für den Pamir und ein neues Vorderrad. Da Hubert ja nun schon mit einem Bein im Flieger nach Hause ist, rettet er für das Pärchen und spendiert sein Vorderrad, mit dem Permit können wir nicht helfen.

Wenn man im Pamirgebirge radeln will braucht man neben dem Visum eine Genehmigung für die Region Gorny Badachshan, eben jenes eben erwähnte GBAO Permit. Normalerweise wird dieses mit dem Visum beantragt und von der Botschaft mit genehmigt, aber eben nur normalerweise. 2012 wurden alle Genehmigungen gestrichen, da die Region wegen militärische Auseinandersetzungen ab Juli geschlossen war. 2013 bekam ich das Permit ohne Probleme von der Botschaft, in diesem Jahr musste ich noch ein zweites Mal dort antanzen, erst sollte es (momentan) keine geben, als aber dann eine Woche später Reinolds Pass zur Botschaft ging, gab es wieder Genehmigungen. Ich habe meine dann nachtragen lassen. Vor Ort war es 2013 möglich innerhalb von 2 Tagen persönlich oder über eine Agentur das Permit in Duschanbe zu besorgen, dieses Jahr bekamen auch die Agenturen Probleme und es war ein reines Glücksspiel, an manchen Tagen gab es welche, an anderen keine. Die Adresse dazu hier: http://caravanistan.com/visa/tajikistan/gbao-permit/

Am Nachmittag ziehen wir dann in einem recht passablen indischen Restaurant ein und schlagen uns den Bauch voll und nehmen mit ein paar kalten Bieren Abschied von Hubert. Gute Besserung und guten Heimflug! Irgendwann mitten in der Nacht wurde die deutsche Nationalmannschaft Fußball Weltmeister, wir haben es aber verschlafen, denn wir wollten am nächsten Morgen um halb sechs aufbrechen, was wir auch getan haben.

Früh im Sonnenaufgang geht es dann noch einmal den Rudaki Prospekt hinunter. Diese Straße bildet die zentrale Achse und auch das Zentrum Dushanbes, jetzt am Morgen gibt es nur ein paar Taxis und ein paar Straßenfeger, ansonsten ist es total ruhig. Später ist dann recht ordentlicher Verkehr, viel schlimmer sind dann aber die Abgase der Autos, so dass wir froh sind zur ersten Stoßzeit die Stadt schon hinter uns gelassen zu haben und nach Osten wieder den Bergen entgegen zu fahren.

Schon am späten Vormittag hügeln wir uns die ersten Hügel hinauf. Diese Seite von Dushanbes Vorland ist wesentlich schöner als das zugebaute Flusstal. Alles ist weit und sanft und fast noch grün.

Spätes Frühstück dann in einer Teestube, der Wirt kann ein paar Brocken deutsch, hat natürlich in den Streitkräften in der DDR gedient,  in Oranienburg, fast vier Jahre lang, als LKW Fahrer und Techniker. Potsdam haben sie besucht und das war toll. Jetzt betreibt er hier eine Teestube.

Wir kommen gut voran, auch wenn wir in der Mittagshitze nach oben fahren, ein wenig Unterstützung haben wir, der leicht Windhauch kommt von hinten. Gegen Nachmittag erreichen wir schon wieder 1700 Meter Höhe, hier gibt es ein paar schöne Zeltplätze, aber zum Zelten ist es einfach noch zu zeitig und zu heiß, also fahren wir wieder runter nach Obigarm und noch weiter bis in die Talsohle. Nach ziemlich genau 100 Kilometern hört dann der Asphalt auf und die Holperpiste beginnt. Das Tal ist tief eingeschnitten und noch weiter unten wälzt sich ein großer Strom, der Nurek, dahin, hier soll irgendwann einmal ein Staudamm entstehen. der alte Nurek Staudamm versorgt fast das ganze Land mit Strom und im Winter wird es mitunter eng, wenn es lange kalt ist und der Wasserstand niedrig, dann wird radikal schon mal ein Landesteil für ein paar Stunden vom Netz genommen. Seit letztem Jahr hat sich an der Baustellen nichts getan, wohl auch nicht in den letzten drei Jahren, aber es ist Grund genug, die Straße nicht weiter zu pflegen. Stattdessen wurde ein Südroute nach Chorog angelegt, nur durch die Ebene, ohne Berge.

Zurück bleibt hier die einsame Landschaft, ab und zu noch ein LKW aus Kirgisien, aber auch diesen Abzweig werden wir morgen passieren und dann wird es einsam. Ich will in einem Dorf namens Aligabon übernachten, hier hatten wir im letzten Jahr prima Teestuben gefunden und einen tollen Plov serviert bekommen, heute: Alles zu! Ramadan! Nix zu essen, keine Getränke, keine Herberge! Mitten in Ort soll es noch ein Lokal geben. Gibt es auch. Unter einem riesigen, kühlen Schatten spendenden Baum. Hier gibt es kalte Getränke, ein Bier lässt sich auftreiben und wir können auf dem Schlafgestell im Garten die Schlafsäcke ausrollen.

Am nächsten Tag starten wir wie gewohnt zeitig, sind schon zum Frühstück an der nächsten Raststätte. Hier wird der Ramadan nicht so ernst genommen und wir bekommen Suppe und Kaffee. wahrscheinlich liegt es daran, dass hier der Abzweig nach Kirgistan ist und der wird von schweren LKW befahren und die Trucker brauchen natürlich auch Verpflegung. Erstmals wird hier auch unser Permit kontrolliert und für gut befunden. Wir sind jetzt weg vom Verkehr, entsprechend holprig ist die Piste, aber umso imposanter die Landschaft, ab und zu wird der Blick auf einen höheren Gipfel frei, das Tal ist wild und ab und zu queren ein paar Bächlein die Straße. nach einem Regen oder im Frühjahr schwellen dies mächtig an und machen die Straße, wenn überhaupt, dann nur noch mit schwerem Gerät passierbar. und man kann liegen bleiben, wenn die Reifen platzen oder die Achse bricht und muss sich dann bis zur nächsten Siedlung zerren lassen: Ich liebe dieses Bild!

Schon am Nachmittag sind wir am Blue Lake. In einer Biegung liegt ein wunderbar klarer kleiner See, von der Straße fast nicht zu erkennen, ich springe mit ein paar Jungs in das kühle Wasser und drehe ein paar Runden. Im herunter gekommenen Lokal wird ein Suppe und Brot und Tee serviert, ein Jeep spuckt noch ein paar ostdeutsche Renter in durchgestyltem Outdoor Outfit aus, Käfersammler, die hier auch schon zu alten Sowjet und guten DDR Zeiten herumgewandert sind. Stolz präsentieren sie uns ein paar Schächtelchen mit Käferchen, die sie hier gefunden haben, alles ganz selten und nur an ein paar Tagen im Jahr anzutreffen.

Wir raffen uns noch einmal auf, ein wenig weiter öffnet sich das Tal für den Ort Childara, wir organisieren uns im Laden noch ein Bier und ein paar Tomaten und finden hinter dem Ort eine schöne Wiese mit kleinem Bächlein zum zelten. Als wir gegen 17 Uhr die Zelte aufbauen ist es noch ziemlich heiß, erst nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwindet, wird es angenehmer und wir bekommen nicht nur Gesellschaft von den Kids im Dorf, die jede unserer Tätigkeiten aus respektvollem Abstand beobachten, sondern es gesellen sich auch noch eine Gruppe von fünf slowakischen Radlern zu uns. Die müssen noch ordentlich an den Rädern schrauben, die Scheibenbremsen haben beim Transport im Flieger gelitten und ein Rad läuft nur noch mit einer Bremse und auch die muss aller zwei Stunden nachgezogen werden. Außerdem haben sie ordentlich Probleme mit Plattfüßen, die Mäntel auf den Rädern sind nicht mehr die besten. Wir leeren noch ein Bier gemeinsam und bereiten uns dann auf den nächsten Tag vor, schon ahnend, dass dies ein Großkampftag wird.

Wir starten ein wenig vor den Slowaken, die holen uns bald wieder ein, fallen dann aber wegen zweier Plattfüße wieder zurück. gegen 8 uhr sind wir schon in Tavldara, suchen dort ein Hotel und schieben eine dickes Frühstück ein. Im Laden tanken wir noch Marsriegel und Keks, dann geht es langsam aber sicher den Bergen entgegen. Vorher kommt noch ein gigantischer felsrutsch, der hier vor ein paar Jahren niederging und auf einem knappen Kilometer ist die Straße mehr als Hölle. Dann folgt die Straße noch ein wenig dem Fluss und biegt dann nach rechts ab und dann geht es ordentlich hoch. Gegen 13 Uhr sind wir im nächsten Ort, Quala al Hussein, auf 1800 Metern Höhe, hier hatten wir im letzten Jahr übernachtet, aber dazu ist es noch viel zu zeitig. Wir kämpfen uns ein wildes, rauhes, steiniges Tal nach oben, an einigen Stellen hat nicht nur Reinold Mühe die Balance zu halten, wenn der Untergrund unter der Traktion nachgibt. Auf 2000 Metern machen wir noch einmal Pause, reinold will noch weiter, mindestens bis zur Teestube auf 2500 Metern. Langsam geht es in die ersten Serpentinen, die Piste ist jetzt wieder besser zu fahren und der Höhenmesser zeigt den Fortschritt. Dann die Raststätte: geschlossen und nicht nur wegen des Ramadan, hier hat seit ein paar Monaten niemand mehr gegessen, schade eigentlich. Von der Terrasse hat man einen wunderbaren Blick. Wir machen trotzdem Picknick, rundeherum grüne Wiesen, tolle berge und ein paar blökende Schafe, sehr idyllisch. nach der Pause wird der Anstieg zum Kampf, nicht weil es steil ist oder holprig, sondern weil wir einfach schon mehr als 1500 Höhenmeter in den Beinen haben, dann erreichen wir die 3000 Meter Höhe, ein alter Bunker und eine tolle Aussicht und dann heißt es noch eine halbe Stunde Kämpfen und wir erreichen den Saghirdasch Pass, die höchste Bushaltestelle der Welt mit 3252,8 Metern Höhe über dem Meeresspiegel. Zu viel Zeit dürfen wir uns nicht lassen, es ist fast 17 Uhr und wir müssen noch ein gutes Stück fahren, wenn wir einen guten Platz zum übernachten wollen. Meine Geschichten, wie ich hier schon einmal vor 23 Jahren in der Armeestation übernachtet habe, muss ich für den Abend aufheben, von dem Camp steht eh kaum noch etwas.

Die Abfahrt zieht sich elendig hin, aber es geht voran. Ein tolles Tal, das man aber nicht nach oben strampeln möchte. Wilde reisende Bäche, ab und zu ein Gletscher, dann ab und zu wieder Kühe und Schafe und ein unordentliches  Kuhhirtencamp. Weiter dann, kurz vor dem Dunkelwerden noch ein Armeeposten, auch hier werden wir durchgewunken, noch 20 km abwärts bis Khalaikum, wir bekommen ein Kärtchen von einem Guesthouse und kurz vor dem Ort werden wir per Moped empfangen. Ordentlich erledigt packen wir ab und sind zu nix mehr fähig: 2143 Höhenmeter am Stück, ich glaube das bin ich noch nie gefahren und auch Reinold sagt nicht mehr viel vor dem Schlafengehen, komischerweise haben wir auch keinen großen Hunger, es war wirklich ein wenig zu viel, aber wir haben es geschafft! Wir sind in Khalaikum, hier treffen die nördliche und südliche Route nach Chorog aufeinander , auf der anderen Seite des Flusses ist Afghanistan und wir schlafen direkt 5 Meter von diesem reißenden Gewässer entfernt im Dauertosen ein.

 

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