17. Tag: Donnerstag, der 20 Juni 2013

Der erste Pass im Sonnenschein

59 Kilometer von Qual-I Hussein über den Saghirdasht-Pass (3252m) nach Khalailkum, 1600 Höhenmeter nach oben und 1800 Meter wieder runter, mäßige Piste und tolle Aussichten bei Sonne bis 28 Grad

Am heutigen Morgen gibt es eine Premiere, ich muss mir erstmals eine dünne Jacke anziehen, es ist etwas kühler als wir es bisher kennen. Gegen 6 Uhr sitzen wir auf dem Rad und tauchen in die enge Schlucht ein. Das Wasser kommt hier wild und reißend ins Tal. Unter einer Brücke liegt ein demoliertes Panzerfahrzeug und rostet vor sich hin, auch noch ein Überbleibsel der Auseinandersetzungen, so wie das teil aussieht, vom letzten Jahr.

Die Piste in der engen Schlucht war steil und steinig, dann öffnet sich das Tal, unten liegt noch einmal ein kleines Dorf und unser Weg geht grüne Berghänge hinauf. Die Piste ist jetzt nicht mehr ganz so steil und recht ordentlich zu fahren. Inzwischen ist es ein toller Morgen geworden. Die Sonne hat sich über die Berge geschoben und mit jedem Höhenmeter wird die Aussicht besser. In der Ferne schein der gesamte Pamir vor uns zu liegen, rundeherum nur Bergketten Schnee bedeckten Gipfeln. man kommt sich vor wie Alice im Wunderland. das sind genau die Strecken, für die man solch eine anstrengende Tour macht.

Unterwegs gibt es noch einmal eine Teestube. Auf ein frisches Brot, grünen Tee und eine doppelte Portion Rührei, lässt es sich gleich viel besser nach oben strampeln und wir sind schon auf 2500 Metern. In weiten Kurven führt der Weg weiter in den Himmel. Menschen und Fahrzeuge treffen wir kaum, aber überall sind Kühe auf der Weide, selbst dort, wo noch Schnee liegt. Nur einmal tauchen zwei Hirtenjunge aus und wir beäugen uns neugierig.

Gegen 13 Uhr haben wir es dann geschafft, die letzten 50 Höhenmeter und wir stehen auf dem 3252,8 Meter hohen Saghirdascht-Pass. Oben gibt es ein paar Ruinen von Gebäuden, eine ehemalige Kaserne, kaum zu glauben, dass ich hier vor 20 Jahren bei einem Offizier schon einmal zu Gast war. Damals haben wir dann hier auch in einem der Gebäude übernachten dürfen. Heute ist alles verfallen und es sieht ein wenig wie in einem apokalyptischen Film aus.

Die Aussicht ist unglaublich. Das Pamir Panorama zieht sich wirklich über den ganzen Horizont und ich verrate es hier schon einmal im Voraus, dass dies hier der schönste Pass im gesamten Pamir ist!

Wir lassen uns oben Zeit. Es ist mit 28 Grad angenehm warm hier oben, wir genießen die Aussicht und eine große Portion Waffeln. dann wird es langsam Zeit für die Abfahrt. Hier erwarten wir straßentechnisch keine Wunder und bekommen auch keine. Die Piste ist wieder rau und steinig und von der anderen Seite wohl noch schwieriger zu fahren. nach einem kleinen Plateau geht es dann in einem engen Tal hinunter. Die Seite hier ist ganz anderes geartet. Obwohl unten im Tal der Fluss rauscht ist es wesentlich trockener und unterwegs gibt es nur eine Quelle. Wir holpern die Abfahrt hinunter, bis auf ein paar Hirtenzelte treffen wir wieder nicht auf Menschen. Erst als wir ganz weit unten im Tal sind taucht eine Brücke auf und ein Militärposten. Hier werden wieder die Pässe geprüft und die Daten in ein Buch eingetragen. Der Posten fragt dann nach einer „Gebühr für die Registration“, ich sage, dass sei kein Problem, ich bräuchte nur eine Quittung. „Was für eine Quittung?“ fragt mich der Posten entgeistert. „Tja, antworte ich, ohne Quittung keine Gebühr!“ Der Posten verdreht die Augen, reicht die Pässe zurück und verscheucht uns mit einer müden Handbewegung. Das lassen wir uns nicht zwei Mal sagen und rollen weiter bergab. Das ist dann bis Khalaikum ein Genuss, denn es gibt ab und zu mal wieder ein vernünftiges Stück Asphalt und das die gesamten 12 Kilometer bis in den Ort. Der Fluss, immer direkt an der Straße führt superklares Wasser und stürzt sich mit einer Kraft durch das Tal, die unglaublich ist. Wer hier ins Wasser fällt hat keine Chance wieder herauszukommen.

Khalaikum ist ein richtiges Städtchen, wir finden auf Anhieb im Zentrum einen Homestay, dann gibt es zur Belohnung für die Anstrengungen eine heiße Dusche und eine dickes Abendessen im Restaurant. Und es bleibt sogar noch Zeit zum Wäsche waschen.

Auch wenn wir heute wieder auf Höhe 1200 übernachten und es ist am Abend doch recht warm, sind wir glücklich, dass wir das Gebirge endlich erreicht haben. Von nun an dürfte es tagsüber nicht mehr ganz so heiß sein. Auch sollen wir angeblich das schlechteste Stück der Straße hinter uns gebracht haben, warten wir’s ab, aber viel schlechter kann es ja eigentlich nicht werden.

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