12. Tag: Donnerstag, der 16. Mai 2013

Eine Nacht des Grauens

am Vormittag noch Pilgerrunde um den Tashilunpo Tempel, nachmittags 59 Kilometer von Shigatze nach Jiding, 400 hm bei 25 Grad und Sonne, mehr als einfache Übernachtung in einem kleinen Dorf mit mehr Hunden als Einwohnern

Am Morgen brechen wir nicht zu spät noch einmal zum Tashilunpo Kloster auf und es herrscht eine ganz andere Stimmung als am Vortag, denn morgens begeben sich immer hunderte von Pilgern auf die Khora. Das ist der Rundweg um ein Kloster oder einen Tempel. Hier in Shigatse ist der Weg recht lang, führt dann einmal um das Kloster und noch am alten Dzong, der Burg vorbei bis in die Altstadt. Unterwegs hat man einen tollen Überblick über die ganze Stadt.

Doch das eigentliche Erlebnis ist der lange Strom der Pilger, die ihre kleinen Gebetsmühlen mit der einen Hand drehend, an den langen Reihen der Gebetsmühlen des Klosters vorbeiziehen und diese mit der anderen Hand in Bewegung versetzen. Das kann voller religiöser Hingabe erfolgen und es werden nebenbei Mantras gemurmelt. Für den Zuschauer ist es dann, als ob man in einen Schwarm Hummeln geraten ist. Andere Pilger dagegen laufen fröhlich plaudernd in kleinen Gruppen  und drehen nur hier und da mal eine Gebetsmühle. Dazwischen dann ab und zu die richtig Harten, die die Khora mit ihrer Körperlänge abschreiten: Hinlegen, Aufstehen, drei Schritte machen, ein Gebet murmeln und wieder Hinlegen, nach meiner Schätzung schafft man dabei an einem langen Tag gerade einmal eine Runde. Um nicht zu sehr unter den „Abnutzungserscheinungen“ zu leiden, sind bei den Hardcorepilgern die Knie wattiert und mit einem alten reifenstück geschützt und an den Händen tragen sie Handschuhe mit einem Holzbrettchen.

Gegen Mittag sind wir wieder zurück im Hotel und packen unsere Sachen, dann geht es in eine Lanzhou Nudelrestaurant ( die besten Nudelmacher kommen aus Lanzhou, behaupten die Chinesen) und wir schlürfen noch eine große schale leckerer Nudeln, dann radeln wir mit vollem Bauch aus der Stadt heraus.

Die Fahrt ist eher wenig spektakulär, es gibt nicht zu viel zu sehen, die Berge sind nicht zu hoch und deshalb grau in grau und nicht von Schnee bedeckt, Felder gibt es nur wenige und Dörfer auch nicht. Auch der Pass, den wir heute fahren hat kaum eine Bemerkung verdient, mit ein oder zwei Prozent Steigung ging es die dreihundert Höhenmeter über fast 20 Kilometer hinauf bis auf 4150 Meter und auf der anderen Seite ebenso langweilig wieder hinunter. Um 14 Uhr sind wir in Shigatse aufgebraochen und erreichen dann gegen 18 Uhr das winzige Nest Jiding, unseren Zielort. Hier gibt es nur ein einziges lausiges Guesthouse  in einer lausigen Straße mit lauter lausigen Läden und selbst das ist sehr hoch gegriffen. Über einer Schreinerei gibt es drei Zimmer mit Betten, ein 5 Bettzimmer, ein Vierbettzimmer und ein Doppelzimmer, alles ist recht abgewirtschaftet, aber in wenigstens war in dieser Saison eine neue Garnitur Bettwäsche fällig und wir haben das Glück diese als erste nutzen zu dürfen. Die Toilette ist ein Loch im Boden einer Lehmbude und kaltes Wasser gibt es fließend aus der Pumpe im Hof. Im Ort gibt es einige lausige Lokale, vor allem die tibetischen wirken mehr als schmuddelig und sind ziemlich verräuchert. Das chinesische Lokal sieht etwas besser aus. Lecbe, unser Tibeter, rät uns davon ab, Fleischgerichte zu bestellen, das Fleisch sei hier nicht frisch und er habe hier mal eine halbe Reisegruppe fast vergiftet. Im Kontrast zum restlichen Dorf sind dann die einfachen Gemüsegerichte ( Weißkohl sauer-scharf, blanchierte Kartoffelstreifen, Tigerhautchilis, Zucchini mit getrockneten Chili, Karotte mit Zucchini und  Tomatenrührei) recht schmackhaft, zumal wir auch sonst meist mehr Gemüse als Fleisch bestellen.

Nach dem Essen machen wir dann noch einen Rundgang durch das recht depressiv wirkende Dorf, vor den meisten Häusern sitzen zwei oder drei Tibeter und würfeln und trinken Bier, daneben sitzen drei Frauen beim Buttertee. Unser Vorbeigang erzeugt keinerlei Aufregung und überall toben Hunde auf der Straße. Es scheint fast so, als ob es mehr Hunde als Einwohner gibt in diesem Kaff.

Schon gegen 20 Uhr verschwinden wir im Bett und wollen unser Nachtruhe genießen. Das gelingt aber nicht im Ansatz, denn die Hunde im Dorf lungern den ganzen Tag in der Sonne herum und schlafen und beginnen nun nachts ihre Streitigkeiten auszutragen und das sehr laut, sehr ausdauernd und ohne Pause bis in den frühen Morgen. Erst gegen fünf Uhr wird das Gebell heißerer und leiser und verstummt dann, während uns nur noch zwei, drei Stunden ruhigen Schlafes bleiben.

Einen Kommentar schreiben