105. Tag: Freitag, der 29. Juli 2011

Sonniger Baikal

112 km von Sjudlianka nach Tanchoi, 800 hügelige Höhenmeter mehr oder weniger am Baikalsee entlang, sonnige und ein wenig windige 18 Grad

Unser zweiter Fahrradtag beginnt mit einem recht mageren Frühstück und einem erfrischendem Morgen. Trotz der harten Etappe gestern, die wir gut gemeistert haben, sind alle gut drauf und niemand klagt über Muskelkater oder irgendwelche Beschwerden, also los mit voller Kraft in die nächsten 100 Kilometer, Berge, oder zumindest größere Hügel erwarte ich auch für heute, aber es wird längst nicht so anstrengend werden, wie am Vortag.

Es wird ein richtig schöner Radeltag, an dem wir immer wieder schöne Sichten auf den See zur linken oder in die Berge zur rechten Seite haben und das Wetter spielt richtig gut mit. Mit knappen 20 Grad wird es nicht zu warm und ein leichtes Lüftchen treibt uns voran.

Für mich ist es schon schwieriger jetzt mit der großen Gruppe. Die Leistungsunterschiede sind deutlich zu sehen. Unsere „Durchfahrer“, mit 9000 Kilometer in den Beinen und jetzt auch noch vom Gepäck befreit sind immer schon nach drei Minuten außer Sichtweise und strampeln die Hügel ohne ein Zeichen irgendeiner Mühe hinauf, während die anderen doch ganz schön schnaufen und keuchen. Während wir nach 100 Kilometern immer noch frisch sind, ist eine solche Strecke für die anderen dann doch schon nichts Alltägliches mehr. Aber wir haben ja keine Eile und machen viele lange und kurze Pausen und kehren mittags in einer Raststätte ein. Die Bestellung für 16 Radler ist eine kleine Aktion und dauert natürlich immer ein wenig länger, denn die Geschmäcker sind bekanntlich nun einmal verschieden und der eine braucht seinen Kaffee mit Milch und Zucker und der andere trinkt ihn lieber schwarz.

Am Nachmittag geht es durch viel Birkenwälder und ab und zu sitzen Russen am Straßenrand und verkaufen Beeren oder Pilze, aber auch volltrunkene Pärchen treffen wir öfter, schon ein witziges Bild, wenn zwei Menschen Hand in Hand lauf grölen in Camouflage-Klamotten und knallrotem Kopf aus dem Unterholz hervorbrechen.

Der Verkehr auf der Straße nach Ulan Ude ist so abwechslungsreich, wie die Straße selbst. Morgens ist es ruhig, dann wird es Mittag etwas belebter und abends, so gegen 18 Uhr rollt eine regelrechte Lawine an Trucks und Autos an uns vorbei und mitunter schon wieder ziemlich dicht. Ich muss da die Gruppe auch noch mal richtig warnen, denn nur wir fünf Durchfahrer sind diese Fahrweise schon gewohnt.

Am Abend erreichen wir das Naturschutzgebiet von Tanchoi, dort gibt es nur ein Guesthouse der Nationalparkverwaltung und das hat auch eher den Charakter einer Jugendherberge und so haben wir dann auch ein 7er, ein 4er und 2 3er Zimmer, auf die wir uns vertreilen. Das Abendessen für uns hungrige Radler ist überreichlich schon eingedeckt uns so stürzen wir uns auf Salate, den eingelegten Omul, Wurst und Brot und Buchweizen mit Boulette. Wir schaffen nicht einmal die Hälfte. Einige raffen sich noch auf zu einem kleinen Spaziergang an den See und überqueren auf mehr oder weniger abenteuerliche Weise die Gleise der Transsib müssen, was bei dem 10spurigen Rangierbahnhof gar nicht so einfach ist. In dem Dorf toben die Kinder auf dem frisch gemähten Gras und langsam versinkt die Sonne im Baikal, leider hinter einer dicken Wolke auf der anderen Seite des Sees.

Zurück in der Unterkunft treffen wir dann auf Julia von der Agentur in Ulan Ude, die unser Programm hier zusammengestellt hat. Sie ist noch hübscher als Gerhard, der Veranstalter in Leipzig prophezeit hat, spricht besser deutsch als einige unserer Regionalvertreter und ist sehr charmant. Wulf spendiert eine große Flasche Wodka und so dringen wir dann langsam mit vielen Fragen und Antworten tiefer in die russische Seele ein.

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