50. Tag in Hanoi- Sonntag, der 13. Juni 2010

Faszination Wasserpuppen

Unglaublich, dass es noch heißer werden kann, es ist jetzt den ganzen Tag wie im Backofen. Nur gestern Nacht hat es ordentlich gewittert und gestürmt und ich habe eine halbe Stunde auf dem Balkon gestanden und das Unwetter genossen, während mir der Wind das kühle Nass ins gesicht gespritzt hat. Doch am Sonntagmorgen ist der Glutofen schon wieder zurück und so belassen wir es bei einem Spaziergang und Einkauf auf den Markt und kochen uns ein leckeres Mittagessen aus Tintenfisch und Staudensellerie.

Nach dem Mittagsschlaf steht dann das Wasserpuppentheater auf dem Programm. Für Touristen ein Pflichtprogramm und nicht nur für die, ich hab die Show schon dreimal gesehen und bin immer wieder fasziniert. War doch die alte Kunst aus dem 11. Jahrhundert durch den Vietnamkrieg schon fast ausgestorben, bis sie in den 80er Jahren wieder belebt worden ist. Und heute ziehen in täglich mehreren Vorstellungen die Figuren aus dem Holz des Feigenbaumes die Zuschauer wieder in ihren Bann.

Erfunden wurde dieses marionettentheater von den Bauern im Delta des Roten Flusses. Angeblich wurden auf abgeernteten Reisfeldern provisorische Bühnen aufgestellt. Hinter einem Vorhang agierten dann die Künstler mit 30 cm bis 1m großen Figuren oder Figurengruppen, die von unten über einen unter Wasser geführten Stab gelenkt werden. Leben bekommen die Figuren nicht nur durch ihre bunte Lackbemalung, sondern auch durch bewegliche Teile. Diese können mit Seilzug oder durch das Schaukeln und Schwenken der Puppe in Bewegung gebracht werden. Unsichtbar arebiten hinter dem Vorhang nicht nur Einzelpersonen, sondern bis zu fünf oder sechs Männer und Frauen sind damit beschäftigt, das zusehende Volk bei bester Laune zu halten. Und diese gelingt auch bei den kleinen Sketschen und geschichten, ohne dass man ein Wort versteht, denn die Charaktäre sind einzigartig und deutlich herausgearbeitet. Die Figuren können heroisch oder witzig sein oder auch legendär und mythisch, es gibt den einfachen Bauern, die fröhlich-frechen Jungs, den Dorftrottel und die Bäuerin mit Haaren auf den Zähnen; es gibt mythische Drachen, balzende Kraniche, die kluge Schildkröte und die lustigen Enten mit ihren Küken.

Der Höhepunkt der Vorstellung sind aber die „special effekts“, so habe ich in einer Vorstellung erlebt, wie unter Wasser Knaller und Feuerwerk für ein staunendes „ooooh“ beim Publikum sorgen und der rauchende Bauer auf dem Wasserbüffel, hustet drei oder vier dicke Rauchschwaden über den Vorführteich, bevor er ins Wasser plumpst.

Eingeleitet wird der Reigen der kurzen Stücke, von zwei Stücken auf dem wohl interessantesten Instrument der vietnamesischen Geschichte, der Danbau, der Monochordzither, einem einseitigen Holzistrument. Eine Hand des Künstlers greift mit dem Plektrum die Töne und die anderen kann diese dann mit Hilfe eines „konusförmigen Schwellers“ (was für ein Wort, Frau Wikipedia!, bei der E- Gitarre nennet sich das Teilchen dann „vibrato“) verändern und varieieren. Und der Sound geht richtig ab, wie ein Elektrogitarrensolo auf dem Heavy Metall Konzert, geht es vor allem vollendet disharmonisch in die oberen Lagen. Begleitet wird die Danbau von einem Pekussionisten an der Trommel und von einer Art vietnmesischen Banjo mit langem Hals und kreisrundem Körper, dem DanNguyet, der „Mondlaute“ und ich werde einen Ausflug in einen Musikinstrumentenladen in mein Programm aufnehmen.

Peter war begeistert von der Vorstellung, ebenso wie die vietnamesischen Kinder vor uns und ich sowieso. Nervig sind jedoch die Touristen, die zu spät kommen oder aus irgenwelchen Gründen eher gehen, sowie die Leute, die es nicht schaffen, an ihren billigen Digitalknipsen den Blitz auszuschalten und das war in allen nunmehr vier Vorstellungen, die ich besucht habe immer der Fall, aber leider ist das Thanglong Theater am Hoan Kiem das bekannteste und berühmteste im Lande.

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