27. Tag in Hanoi

Fress- und Lichtorgie im Goethe-Institut

In dieser Woche haben die Temperaturen noch einmal angezogen und wahrscheinlich pendelt sich die Quecksilbersäule so knapp unter 40 Grad ein. Im Klassenraum ist es dann angenehm kühl und auch im Lehrerzimmer, aber verlässt man das Gebäude, fängt der Schweiß sofort in Strömen an zu laufen.

Morgens auf dem Rad kühlt der Fahrtwind und am Nachmittag müssen wir es irgendwie bis zum Eisladen schaffen. Auch die Straßenhändler haben alle ihre Fächer oder ein Pappe ausgepackt und bewegen eifrig die warme Luft, um durch den Chill-Faktor ein wenig Kühlung zu erreichen.

In meinem Zimmer hatten wir nachts ohne Ventilator geschlafen, dann haben wir ihn auf die erste Stufe gestellt und inzwischen rotiert er mit Geschwindigkeitsstufe drei.

Mein Unterricht lief wieder gut die Woche, bei den Tests sind wieder alle über die 90 % gekommen. In der nächsten Woche kommen dann die ersten grammatischen Problemchen, wir führen den Akkusativ ein und die Possessivpronomen, mal sehen, wie sich meine Klasse dann schlägt.

Da mein Internet jetzt in der Wohnung wieder einmal nicht funktioniert, schleppe ich meinen Computer mit ins Institut. Das hat den Vorteil, dass ich meine „Internetabhängigkeit“ zwangsläufig etwas reduziert habe und nun abends zeitig ins Bett gehen kann, was auch ganz angenehm sein kann. Auf jeden Fall schläft dann Peter auch schneller ein und morgens nicht so zerknüllt.

Während Peter und ich also heute, am Freitag, an unserem Lieblingseistand am Westsee sitzen, ziehen dunkle Wolken heran und ein straffer Wind entlaubt in Böen die Bäume an der Straße. Schnell schwingen wir uns aufs Rad und fahren nach Hause. Die dunklen Wolken werden immer dunkler und kommen erste einzelne Tropfen. Noch ein Kilometer bis nach Hause. Dann wird es windstill, geht aber immer noch nicht los. Noch 500 Meter bis in unsere Gasse. Dann die ersten dicken Tropfen. Plötzlich, wie auf ein vereinbartes Zeichen fahren alle zwei Millionen Mopeds in der Stadt an den rechten Straßenrand, springen vom Sitz und kramen nach der Regenplane. Für Peter und mich ist die Straße frei, ich gebe noch einmal Gas und wir biegen in die Gasse 79 ein. Die dicken Tropfen plätschern schon etwas dichter, als ich unser Tor geöffnet habe und meine Wäsche oben von der Terrasse rette.

Als es dann so richtig plattert guckt Peter Tom und Jerry und ich bewaffne mich, nur mit einem Handtuch gegürtet mit dem Besen und setzte die Reinigung meiner Terrasse fort, noch einen oder zwei Güsse von der Art und da oben glänzt es richtig. Abend noch kämpfe ich mich durch die Dreckschicht und als der regen nachlässt kommt an vielen Stellen wieder die Originalfarbe hervor.

Am Abend ist ein Empfang im Goethe Institut. Es soll eine Lichtinstallation gehen und der Lichtkünstler aus Deutschland hat schon eine Woche lang werkeln, bauen und schrauben lassen, selbst im Fischteich und auf dem Pfosten des Eingangstores prangt ein Leuchtelement in Form eines weißen Glaskastens, ich bin gespannt, wie das im Dunkeln aussieht.

Als wir dort ankommen, wird gerade schon ein dickes Buffet aufgebaut und wohl alles was Deutsch spricht in Hanoi trudelt hier ein und für die Lichtinstallation dann wohl sogar ein paar Leute zuviel.

Der Sturm auf das Buffet lässt die Worte von Goethe-Cheffin und Lichtkünstler untergehen und auch danach gibt es im kleinen Goethe-Hof eher ein großes Gedränge, als das die meditativ ruhige Musik und die sanften Farben der Lichter noch Wirken könnten, ich werde mir das noch einmal in Ruhe in der nächsten Woche ansehen müssen. Aber dann wird es wohl leider nicht die sphärischen Klänge und Melodien dazu geben, schade!

Nachdem das Buffet bis auf die letzte Garniturtomate leergefegt ist, (Peter ist auch satt geworden), beginnt auch schon wieder der massive Rückzug der Leute, alle schwingen sich auf die Mopeds und fahren von dannen, irgendwo in der deutschen gemeinde gibt es noch ein oder zwei Partys und ich bin ganz froh, als wir wieder unter unsere vietnamesischen Nachbarn kommen. Hier röhrt zwar gegen 21 Uhr 30 noch die Karaokemaschine, aber nach einer Stunde wird auch die abgeschaltet und dann ist es im Viertel angenehm ruhig, zumindest bis morgen früh um sechs Uhr!

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