30. Tag: 25. April 2009 „Ritt in den Großstadt-Moloch“

126 sehr hügelige Kilometer von Nanchuan nach Chongqing, dabei knappe 20 km auf perverser Rüttelpiste und Anstiegen in Höhe von 1548 Metern

Eigentlich wollten wir noch zeitiger los, aber im Hotel gibt es erst ab halb Acht Frühstück und dann haben wir den ersten Plattfuß auf der Tour. Huberts Hinterrad ist platt und die Ursache nicht zu finden.

Das Wetter ist wie fast immer leicht trüb und es ist angenehm frisch, also gute Vorraussetzungen für einen langen Tag, gestern Abend haben wir noch über Google Earth probiert herauszufinden, wie viele Berge und heute erwarten, es sah auf den Satellitenfotos gar nicht so wild aus, nur zwei oder drei Hügelketten versperren den Weg nach Chonqing.

Auf guter Piste fliegen wir dann aus Nanchuan und biegen in der nächsten Stadt rechts ab, doch die Astraße ist mehr als katastrophal. Wohl vor einigen Jahren noch ein super Betonpiste, hat sich diese komplett aufgelöst und ist in Abermillionen kleiner Stücke zerbröselt, es gibt nicht einmal irgendwo mehr 10 glatte Meter am Stück, nur Betonstücke von zwei Meter Größe bis zu faustgroßen Stücken und schöne große, kleine und mittelgroße Löcher und viele Stufen, Kanten, Spalten und Absätze und es nicht daran zu denken schneller als mit 10 km/h vorwärts zu kommen. Knappe 2 Stunden wurschteln wir auf dieser Dreckspiste vor uns hin und auch die erste Hügelkette bringt uns mehrfach wieder hoch und runter.

Dann im nächsten Städtchen sind wir wieder auf guter Straße und kommen wieder gut voran. Die Hügelketten auf den Satellitenfotos haben wir etwas unterschätzt, es geht eigentlich hur hoch und runter, Hügel aller Kategorien und auf dem Weg in Richtung Großstadt wird es immer „welliger“

Trotz der langen schlechten Piste, war die Route gut gewählt, denn bis fast 20 Kilometer vor der Stadt gibt es nur wenig Verkehr. Mit 33 Millionen Einwohnern soll Chongqing die größte Stadt der Welt sein, allerdings sind hier die umliegenden Großstädte am Yangtze Fluss mit eingerechnet. Geschätzt leben wohl „nur“ 8 Millionen Menschen in der Metropole.

Anfangs geht es noch recht dörflich zu, aber schon bald tauchen die ersten Satellitenviertel auf und eben ging die Straße noch in einem bewaldeten Tal an einem Fluss mit rauschenden Wasserfällen entlang, dann wird es plötzlich vier und sechsspurig.

Der Verkehr ist straff, aber erstaunlich stressfrei lässt es sich fahren, wenn man von den mehr oder weniger steilen Hügeln absieht, die es immer noch ständig hoch und runter geht. Eine Erklärung für den relaxten Verkehr ist das vor fünf Jahren erlassene Hupverbot, es bleibt den Fahrern nicht viel anderes übrig, als Rücksicht zu nehmen.

Über zahlreiche Hochstraßen erreichen wir dann eine der vielen Brücken über den Yangtze, in Kreiseln windet sich der Verkehr nach oben und dann über den Fluss und dann erreichen wir endlich den eigentlichen Stadtkern. Auch der ist auf einen Berg gebaut und die Straße führt an dem eng bebauten Hang steil nach oben. An den steilsten Hängen kleben kleinere Villen und sobald man etwas mehr Platz hat, geht es viel Stockwerke nach oben in luftige Höhe. Inzwischen gibt man sich Mühe und die Bauten bekommen ab und zu ein traditionelles chinesisches Äußeres, wir fahren an einem hübschen Teehaus vorbei und denken, dass wir diesem in den nächsten Tagen noch einen Besuch abstatten werden.

Ein Hotel ist im Zentrum schnell gefunden und im 17. Stockwerk hat man eine großartige Sicht auf die Stadt mit der Kombination aus alten Häusern, Baustellen und Wolkenkratzern.

Fast sieben Uhr ist es nach der heutigen langen Etappe geworden und es war mit den vielen elendigen Bergen doch anstrengender als gedacht, doch wir wollen uns das typischste Essen hier in Chongqing nicht entgehen lassen und ziehen noch in ein Feuertopf Restaurant ein. Hier in dieser Region wird am schärfsten gegessen, wohl vielleicht auch am schärfsten in der Welt. Gewürzt wird einmal mit super scharfem Chili und mit Sichuan Pfeffer, einem Gewürz, das mit der Pfefferpflanze botanisch nix zu tun hat, aber einen betäubenden Schmerz auf der Zunge hinterlässt (geil!). In den siedenden Aufguss der beiden Gewürze werden dann nach Belieben Fleisch, Gemüse, Fisch, Pilze, Tofu, Wachteleier, Innereien und alles was in China als essbar gilt, getaucht und nach einer kurzen Garzeit wieder heraus gefischt und gegessen.

Wir bestellen uns einen gemischten Feuertopf, was heißt, dass es zu dem megascharfen Topf noch eine milde Brühe gibt, so dass man scharf Gewürztes und Mildes abwechseln kann. Dazu braucht man dann Unmengen von Bier, um den Schweißausbrüchen beim Essen begegnen zu können, trotzdem oder gerade deswegen ist der Feuertopf eines meiner Lieblingsevents, die ich in China zelebriere.

Erschöpft vom Tage und gut aufgeheizt vom Essen geht es dann wieder zurück ins Bett im 17. Stock über der Stadt, auch jetzt nachts muss man die Fenster schließen, denn der Lärmpegel von Autos, Karaoke- Musik, Bohrhämmern von den Baustellen hört nie auf.

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