Freitag, 1. August 2008, vom Wutaishan nach Hunyuan, 139 Kilometer, 1750 Höhenmeter


Seit langem sieht es morgens wieder einmal recht freundlich aus, mit Sonnenschein und klarem Himmel, der Regen in der letzten Nacht hat den Dunst vertrieben und wir können frische Bergluft atmen. Ein frisches Lüftchen weht, allerdings aus der falschen Richtung.

Am Hotelcounter gibt es noch einmal Ärger wegen der gewaschenen Wäsche, die zum einen nicht richtig sauber geworden ist und zum anderen will das Hotel einen Preis dafür, der bei einigen Sachen zum Neukauf gereicht hätte.

In der Morgenfrische auf 1600 Meter Höhe strampeln wir heute noch einmal einem recht hohen Pass entgegen, 1100 Meter geht es in 18 Kilometern straff bergan. Der Gegenwind kühlt angenehm, so dass man nicht ins Schwitzen kommt und verwandelt sich in der nächsten kehre in einen schiebenden Rückenwind und in der nächsten Kurve wieder in Gegenwind.

Unter uns wird das touristische Dorf mit seinen dutzenden von Tempeln und seinen hunderten von Touristen immer kleiner und verschwindet als Spielzeuglandschaft am Horizont.

Nach knappen zwei Stunden sind die ersten Radler oben und dort werden wir vom Wind fast weggeweht und es sind frostige 12 Grad, also heißt es winddichte Sachen anziehen und nicht zu lange zu pausieren und dann geht es auf der anderen Seite des Wutaishan-Gebirges 35 Kilometer bergab. Kaum zu glauben, auf der anderen Seite des Tals der Tourismus mit modernen Hotels, Restaurants, Supermärkten und Souvenirshops und hier kleine Dörfer, in denen sich in den letzten 50 Jahren nur wenig verändert haben dürfte. Die Bauern leben von ihrer kleinen Viehzucht, dem Mais auf den Feldern und dem gelb blühenden Raps an den Berghängen in kleinen traditionellen Höfen, von denen einige halb verfallen sind.

Unten im Städtchen Wutaishan an der Bahnlinie herrscht reges Leben. In der Markstraße gibt es Stand an Stand und Laden an Laden, alles ist mit kleinen Transportern und Dreiradfahrzeugen zugeparkt und jeder versucht irgendwie durchzukommen.

Vor einem Jiaotzeladen verteidigen wir den einzigen freien Parkplatz, um für alle Räder und den Bus Platz zu haben und dann gibt es Nudeln und Teigtaschen für alle. Vor dem Laden hat sich eine riesige Traube von Menschen gebildet, die versuchen herauszubekommen, was denn die vielen Langnasen hier so treiben.

Nach dem Essen geht es dann an den zweiten Pass des Tages, nicht so lang und nicht so steil, aber wir kommen dann doch noch einmal auf 1700 Höhenmeter hoch. In weiten Serpentinen schraubt sich die Straße die Hügel hinauf und unter uns liegen Terrassenfelder und das kleine Städtchen an der Bahnlinie, weiter oben gibt es Felder mit blau blühendem Sesam.

Die rasende Abfahrt dann geht durch ein atemberaubendes wildes Tal mit hohen Granitwänden, das sich dann urplötzlich öffnet und den Blick auf eine weite Ebene freigibt.

Hier teilen wir die Gruppe auf, denn es gibt eine Abkürzung. Mein Gefühl sagt mir, dass man sie fahren kann, die Polizei sagt man kommt nicht durch. Mit sechs Mutigen wagen wir die Fahrt auf der kleinen Straße und mit GPS Hilfe fahren wir dann auf winzigen Feldwegen wieder in Richtung der Hauptstraße. Die Bauern auf den Kohl und Maisfeldern wundern sich über die plötzliche Invasion und wir machen uns den Scherz und erzählen, dass jetzt hier ein internationaler Radweg entlang führt und jeden Tag ganz viele Ausländer vorbeiradeln.

Zurück auf der Hauptstraße geht es dann mit Rückenwind Hunyuan entgegen, dass wir mit der Dämmerung erreichen. In dem netten Hotel gibt es ein unerwartet gutes Restaurant mit tollen lokalen Pilzgerichten und natürlich eine erfrischende warme Dusche. Trotz der vielen Kilometer und Höhenmeter fühle ich mich nicht sehr müde und arbeit noch bis in die Nacht bis mir dann gegen 1 Uhr die Augen zufallen.

Einen Kommentar schreiben