Dienstag, 29. April 2008, von Alat nach Buchara, 80 Kilometer, 177 Höhenmeter, 38 Grad: “Maulbeeren und Wiedersehen“


Der Morgen beginnt etwas chaotisch, denn obgleich die von der Polizei gestellte Wache im Camp direkt neben den Rädern schlief, ist in der Nacht im Lager geklaut worden. Ein Großteil der Küchenausrüstung ist weg, inklusive Kocher und Frühstückslebensmitteln, dazu ein nicht aufgebautes Duschzelt und der Toilettenspaten. Trotzdem zaubern Farhoud, unser usbekischer Führer und seine Mannschaft ein improvisiertes Frühstück. Von irgendwo werden zwei Kannen heißes Wasser und Tee organisiert, für jeden eine halbe Flasche Kefir und Butterbrote mit Käse oder Wurst. Eigentlich war ich so froh, ohne Polizei weiter fahren zu können, aber pünktlich zum Aufbruch stehen schon zwei Fahrzeuge abfahrbereit auf der Straße, ich spreche mit Farhoud, dass wir spätestens in Buchara unsere Abfahrtszeit nicht verraten werden.

Im Zentrum des kleinen Städtchens ist viel los, Frauen in bunten Kleidern gehen auf Arbeit, auch viele Schüler und Studenten sind unterwegs und wir fühlen uns bei den viele Zurufen wie auf der Tour de France. Bei einem kleinen Stopp vor dem Markt um noch Gertränke zu tanken, sind wir sofort umringt und werden mit Fragen zu unserer Tour bestürmt.

Die Polizei verhält sich moderat, ein Auto ist weit vorn und das andere weit hinter her, aber nur, weil es Probleme mit dem Kühler gibt und der Fahrer aller 5 Kilometer Wasser nachfüllen muss.

Nur einmal geht es noch ein paar Kilometer durch die Wüste, doch am Horizont taucht schon wieder ein grüner Streifen mit Bäumen und dem nächsten Dorf auf. Heute Morgen ist es nicht ganz so heiß wie am Vortag und auf dem Fahrrad sehr angenehm, höchstens dreißig Grad; ich glaube wir sind schon gut an die Hitze angepasst. Im nächsten Dorf gibt es einen kleinen Kiosk mit leckerem Kwas, dem Brotgetränk aus Zentralasien. Vor dem Haus stehen große Maulbeerbäume und die ersten Früchte sind reif und wir dürfen uns bedienen. Weiße Maulbeeren sind eine von drei Sorten, es gibt noch schwarze und rote. Die hiesigen sind am Verbraucherfreundlichsten, denn sic machen keine Flecken. Wie soll man den Geschmack beschreiben, die Beere sieht aus wie eine Himbeere, wächst üppig an Bäumen und schmeckt eben nach Maulbeeren.

 

Die Straßen haben bis jetzt bessere Qualität als in Turkmenistan, aber es gibt immer noch genug Schlaglöcher und Buckel, aber nicht mehr so groß, als dass man darin verschwinden könnte. Links und rechts gibt es kleine Dörfer mit fremden oder interessanten Namen, zum Beispiel „Madamboy“, allerdings sieht es nicht so interessant aus, als dass man abbiegen müsste.

Mittag machen wir in einer Teestube, es gibt viel eingelegtes Gemüse, Gurken und Tomaten, die Marinade ist topp und die Pickles können sich schon fast mit Spreewälder Varianten messen. Dazu gibt es eine dünne Suppe und Brot und etwas Fleisch, genau das richtige für einen heißen Tag.

Langsam wird der Verkehr etwas dichter, aber es ist harmloser als in allen anderen Großstädten, die wir bisher bereist haben und wir freuen uns, als am Horizont die ersten blauen Kuppeln der Moscheen auftauchen: Buchara liegt ganz nahe und wir haben schon knapp 6000 Kilometer bis hierher gefahren. Ich denke ein guter Teil unserer Truppe hat am Anfang noch daran gezweifelt bis hierher zu kommen und jetzt fahren wir in der gleichen Besetzung in die Stadt ein, mit der wir in Athen vor zweieinhalb Monaten gestartet sind.

Die Stadt ist nicht groß und es geht vorbei an alten und neuen orientalischen Bauten, dann quer durch den Basar für Touristen mit Teppichen, Kitsch und Nepp, bis zum Hotel, das in einer ruhigen Nebenstraße liegt. Erst bin ich etwas geschockt, da ich nur ein winziges Fensterchen nach draußen habe, aber es ist angenehm kühl, so dass ich nicht einmal die Klimaanlage anwerfen muss.

Es ist früher Nachmittag und Eckhardt wird von seiner Frau erwartet und Elisabeth, die von nun an mit uns reisen wird erwartet den „Rest“ „ihrer“ Gruppe, ich treffe auf Thilo von Biss-Reisen, der die Strecke durch Usbekistan organisiert hat und mit einer zweiten Gruppe parallel unterwegs sein wird. Aufgrund der Hitze ist jedoch erst einmal Siesta angesagt, bevor es um sieben Uhr mit dem gemeinsamen Abendprogramm der beiden Gruppen weiter gehen soll.

Im großen Pulk laufen wir dann durch den Touristen-Markt, vorbei an den alten, aber neu renovierten Karawansereien und in genau einer solchen haben wir einige große Tische bestellt. Bei verschiedensten Salaten und einer schönen Portion Mantui, den gefüllten Teigtaschen und diversen Bieren entspinnen sich schnell Gespräche zwischen den Teilnehmern beider Gruppen. Natürlich müssen wir von unseren Erlebnissen erzählen, den vielen Höhenmetern in Griechenland, dem Polizeischutz in der Türkei, den Essorgien in Georgien, der Überfahrt übers kaspische Meer und den Temperaturschwankungen von mehr als 40 Grad, vom Eisregen bis zu Temperaturen von 47 Grad im Schatten, die wir in den Wüsten Turkmenistans erlebt haben. Natürlich sprechen wir auch von dem, was vor uns liegt und was unsere Erwartungen und Hoffnungen für den weiteren Weg sind. So vergehen schnell drei Stunden, bevor es wieder zurück ins Hotel geht. Der Ausflug in einen Nachtklub oder Tanzbar ist nicht unbedingt der Höhepunkt, vor ein Uhr hat sich nicht viel bewegt, außer ein paar super blondierter nicht mehr ganz so junger Mädchen, aber einige von uns hielten bis drei Uhr durch und dann tobte der Tanzbär richtig auf der Tanzfläche, hauptsächlich zu russischer Popmusik.

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