Archiv: 2013 M 41-Pamirhighway

12. Tag: Samstag, der 15. Juni 2013

Samstag, den 27. Juli 2013

Der iranische Horrortunnel

134 Kilometer von Aini nach Duschanbe, 1550 Meter hoch, durch den Anzob-Tunnel und 2070 Meter Abfahrt bis nach Duschanbe, sonnig bei 15 bis 28 Grad

Schon um 6 startet das Taxi mit Monika und Rüdiger in Richtung Duschanbe, wenig später sitzen Doro und ich auf den Rädern und wir streben dem zweiten Pass entgegen. Zumindest diesen Pass, den Anzob-Pass hätte ich sehr gern geradelt, denn hier hängen Erinnerungen daran. Bei meiner ertsn großen Tour vor 20 Jahren, war der Anzob mit seinen 3370 Metern der erste Pass über dreitausend, den ich gefahren bin, oben befand sich eine Wetterstation und wir wurden damals herzlichst zu einem Tee und einer Übernachtung eingeladen. Heute führt leider ein Tunnel durch den Berg und die Passstraße wird nicht mehr weiter gepflegt. Allerdings soll es auch der Tunnel in sich haben, er ist in meiner Karte schon als „gefährlicher Tunnel“ eingezeichnet, auch wenn ich kaum mir kaum vortsellen kann, welche Gefahren in der 5 Kilometer langen Röhre warten sollen.

Doch bis dahin ist es noch ein Stück Weg. Und der Tag beginnt gleich mit kurzen bissigen Anstiegen, die uns aber keinen Meter nach oben bringen, sondern nach der Kuppe geht es dann wieder runter bis zu dem reißenden Nebenfluss des Zaravshan. Das Tal ist sehr wild und trocken, lediglich dort, wo aus Seitentäler Bäche herunter gesprudelt kommen, befinden sich grüne Oasen und kleine Dörfer. Dieser Kontrast ist beeindruckend, so viel Wasser, wie es hier gibt und wie es das Tal herunter prescht, kaum zu glauben, dass es dann kaum Vegetation gibt. Doch die grünen Oasen sind nicht nur eine Freude fürs Auge, sondern zumeist gibt es auch eine kleine Teestube.

Nach 20 Kilometern wird das Tal etwas breiter und es geht nicht mehr so wellig am Fluss entlang, dafür kann wieder Landwirtschaft betrieben werden und zu Sowjetzeiten gab es sogar ordentlich Industrie hier, wovon heute nur noch Fabrikruinen und in den Dörfern sowjetische Wohnblocks zeugen. Wir tanken in dem kleinen Städtchen Anzob noch einmal Lebensmittel und dann geht es flugs weiter, zwar ist es in den Bergen nicht mehr ganz so heiß wie unten in der Tiefebene um Buchara und Samarkand, aber auch bei knapp 30 Grad kommt man am Passanstieg ordentlich ins Schwitzen und ab dem Kilometer 39, dort ist der Abzweig in Richtung Tunnel, geht es in Serpentinen mit 7 oder 8 Prozent Steigung kräftig nach oben. Ab und zu geben die Berge den Blick frei auf die Gebirgsriesen des Pamir, deren Eiskappen in der Sonne leuchten.

Weiter oben ist es im Gegensatz zum Tal unten satt grün, eine wirkliche Idylle und eigentlich schade, dass es noch nicht einmal Mittag ist, denn hier gibt es Unmengen wunderschöner Zeltplätze auf bunten Blumenwiesen an klaren Bächen. Heizprobleme haben die Leute hier keine, man muss einfach nur mit der Schubkarre in die nächste Kurve fahren und die Steinkohle aus schmalen Flözen haken und schon kommt man über die kalten Winter.

Nach 55 Kilometern zeigt der Höhenmesser 2700 Meter und vor uns liegt ein Loch im Felsen. Da wir wiederholt vor dem Tunnel gewarnt worden waren, setze ich Doro auf ein Auto und versuche selbst noch eine Mitfahrgelegenheit zu ergattern. Aber eigentlich war ich ja neugierig auf den „gefährlichen“ Tunnel, den die Iraner hier in den Felsen gefressen haben und so schwinge ich mich fünf Minuten später aufs Rad und stürze mich in das dunkle Loch. Eigentlich ist es eher ein Höhlenexpedition, denn der Tunnel ist unbeleuchtet, doch die zahlreichen Fahrzeuge spenden mir etwas Licht. Den Boden kann ich aber damit noch nicht sehen, denn hier steht oder besser fließt das Wasser immer 5 bis 10 Zentimeter hoch. Die Autos im Tunnel manövrieren um die Löcher herum, ich versuche es ihnen nachzutun, es ist wirklich gefährlich, einmal, weil die Fahrzeuge jede Möglichkeit nutzen, um etwas schneller zu sein und sich tolle Überholmanöver unter der Erde liefern, zum anderen, weil der Tunnel nicht asphaltiert ist, im Wasser manchmal richtig tiefe Löcher sind und die Armierungen aus Stahl, die überall heraus ragen, nicht zu sehen sind.

Obwohl es kühl ist im Tunnel und das Wasser am Boden eiskalt, schwitze ich vor lauter Anspannung. Ich muss auch andauernd absteigen und durch tiefere Löcher durchschieben. Dabei bin ich begeistert von der Rücksichtslosigkeit der Autofahrer, die dann hinter mir ein ordentliches Hupkonzert anstimmen. Einmal bin ich so sauer, dass ich mitten in einem kleinen See das Rad kurz so abstelle, dass keiner mehr vorbei kommt und im Scheinwerferlicht einen dicken Stinkefinger zeige, dafür werde ich dann durch die vorbeiblasenden Fahrzeuge nicht nur an den Füßen nass. Der Höhepunkt oder Tiefpunkt im Tunnel ist ein strudelnder Wasserschwall, irgendwie wird hier das Wasser einen Meter aus dem Boden  sprudelnd heraus gedrückt, glücklicherweise kann man am rechten Rand daran „vorbeitauchen“. Die letzten zwei Kilometer des Tunnels, den ich „Highway to hell“ taufe, ist dann etwas angenehmer, weniger Wasser, kleinere Pfützen, aber immer noch tückisch, denn einmal falle ich mit dem Vorderrad regelrecht in eine Versenkung. Glücklich bin ich dann, als ich das Licht am anderen Ende sehe und wieder die Berglandschaft auftaucht. Doro ist überrascht, dass ich nur wenige Minuten nach ihr und auch noch recht lebendig hier auftauche. nach einer kurzen Pause wollen wir weiter, aber mein Vorderrad ist platt, ein „Schlangenbiss“, wohl als ich im Tunnel in das Loch gefallen war, glücklicherweise waren die Löcher so klein, dass ich noch bis zum Ausgang gekommen bin. Der Platten ist schnell geflickt und dann sind es noch 85 Kilometer bis Duschanbe und alles nach unten.

Die Abfahrt ist so, wie ich es erwartet hatte, zuerst schrauben wir uns Serpentinen nach unten, dann geht es immer am Varzob Fluss entlang, diesmal ohne Hügelei auf guter Schnellstraße und mit konstantem leichten Gefälle von zwei oder drei Prozent, reines Genussfahren. Das Varzobtal ist Lieblingsausflugsgebiet der Leute aus Duschanbe, deshalb ist das ganze Tal mit Feriensiedlungen und Ferienhäusern zugebaut. Kaum ein Quadratmeter ist noch frei und dort wo frei ist, wird auch schon gebaut. Eigentlich hatten Doro und ich überlegt hier in dem „idyllischen“ Tal zu übernachten, aber hier ist uns einfach zu viel los und bis Duschanbe ist es auch nicht mehr so weit.

Gegen 19 Uhr sind wir in der Stadt und finden nach kurzer Suche aus das verabredete Hotel, „Adventurers Inn“, das heißt, weil alles ausgebucht ist, dass wir die Zelte im Garten aufstellen. Monika und Rüdiger sind am späten Vormittag hier schon eingetroffen und warten auf uns mit einer schlechten Nachricht, doch davon erzähle ich morgen, für heute brauche ich erst einmal eine Mütze Schlaf.

11. Tag: Freitag, der 14 Juni 2013

Samstag, den 27. Juli 2013

Übern ersten Berg

90 Kilometer von Istaravshan nach Aini, 1800 hm hoch und 1400 hm wieder runter bei 12 bis 20 Grad, Wolken und etwas Regen auf guter Straße durch den Shakristan-Tunnel

Heute wollen wir den ersten Pass in Angriff nehmen und brechen deshalb um 6 Uhr auf. Die Berge liegen vor uns, auch wenn die Gipfel heute in Wolken sind und die Schneegrenze heute niedriger liegt als am Vortag. Die dunklen Wolken in den Bergen haben oben ordentlich für Schnee gesorgt. Wir brauche keine Angst zu haben jetzt Mitte Juni ist die Pass ständig frei. Außerdem ist noch gar nicht so klar, ob wir heute über den Shakristan Pass mit seinen 3378 Metern Höhe drüber müssen oder können, denn seit zwei Jahren ist der von den Chinesen gebaute Tunnel nun fertig und es ist fraglich, ob die alte Passstraße überhaupt noch unterhalten wird.

Gleich von Anfang an geht es gemäßigt nach oben, meist mit nicht mehr als 5 Prozent Steigung. Das Wetter verspricht nicht das Beste für den heutigen Tag, es nahen hinten dunkle Regenwolken, die sind dann mal wieder weg und kommen aber später wieder. Aber wir haben ja weniger Sonne gewollt. nach 25 Kilometern mit leichtem Anstieg und ebenso leichtem Gegenwind erreichen wir Shakristan, einen kleinen Ort. Hier gibt es noch einmal ein paar Läden und eine Teestube. Die kommt mehr als gelegen, denn gerade als wir dort ankommen gibt es eine heftigen kurzen Regenguss.

Leider bekommt Monika die Nahrungsaufnahme nicht sonderlich gut, aber auf die Dauer kommt man ohne Essen auch nicht über die Berge. In einem langsam enger werdenden Tal nähern wir uns weiter den Bergen und sind auf einmal mittendrin. Die Landschaft ist angenehm grün und an den Hängen weiden Kühe oder Schafe. Ab und zu begegnen wir einem Eselreiter auf dem Weg zwischen den wenigen Siedlungen. Unterwegs machen wir dann noch einmal in einer Teestube Pause, das Wetter hat sich stabilisiert und es gibt keinen Gegenwind mehr, doch Monika hat nicht viel Freude am Anstieg. Wir diskutieren, ob sie nicht vielleicht doch auf ein Fahrzeug umsteigt, radeln dann aber doch weiter.

Beim Kilometer 55 erreichen wir den Abzweig zum Tunnel, die ehemalige Strecke über den Pass ist leider gesperrt und wird auch nicht mehr weiter gepflegt. Schon von hier unten lässt sich erkennen, dass die alte Straße von Erdrutschen überlagert wird und an anderen Stellen ragen Schneezungen darüber hinweg. Schade, denn 2008 sind wir diesen schönen Pass noch gefahren.

Mit der neuen chinesischen Straße ist die Strecke auch wesentlich sicherer geworden. Trotzdem zeugen Autowracks in der Tiefe von den Gefahren der alten Strecke und von dem doch recht rigiden Fahrstil der Tadshiken. Überholmanöver in nicht einsehbaren Kurven bringen halt viel mehr Adrenalin ins Blut. Als Radfahrer kommen wir aber doch rech unbehelligt durch.

Die letzten drei Kilometer bis zum Tunnel geht es noch einmal kräftig hoch und der Tunneleingang liegt bei 2620 Metern Höhe. der Tunnel, von Chinesen gebaut, ebenso wie die supergute Straße, ist gut ausgebaut und beleuchtet, hat zwei breite Spuren und stinkt nur mittelmäßig nach Abgasen, nach oben hin zunehmend. Für die 6 Kilometer brauchen wir 25 Minuten, denn im Tunnel geht es leicht nach oben. Bei 2740 Metern erreichen wir dann wieder das Tageslicht und damit haben wir das Schlimmste vom Tage geschafft. Von nun an geht es bis nach Aini bergab.

Unterwegs müssen wir uns ordentlich einmummeln, denn auf der Abfahrt wird es ordentlich frisch und das Wetter ändert sich in jeder Kurve. So gibt es noch einmal Graupelschauer, Sonne und regen und Wind von allen Seiten. Ein paar chinesische Bauarbeiter sind mehr als erfreut, als ich sie auf Chinesisch anrede. Sie fluchen ein wenig über das Land hier, in dem es nix ordentliches zu essen gibt. Sie kommen immer über die Saison für 8 Monate her, um die Arbeiten an der Straße zu beenden und di Strecke zu unterhalten. Bezahlt wird gut mit 6000 bis 8000 Yuan pro Monat, ca. 4000 bis 6000 €, Nebenkosten gibt es nicht und die Unterkünfte seien auch ok.

Nach unten rollt es sich ganz gut bis hinunter zu dem reißenden Zeravshan, der unten durch Tal donnert. Hinter der Brücke geht es dann noch einmal einen kleinen bissigen Anstieg hoch und dann weiter durch ein paar kleine Dörfer bis nach Aini. Mitten im Zentrum gibt es ein „Hotel“ mit einem Gästezimmer und drei Betten, aber der Raum ist so groß, dass auch noch genug Platz für eine Isomatte bleibt.

Im Restaurant gibt es eine recht passable  Karte und ein paar ordentlichen Gerichten und bis auf Monika können wir es uns gut gehen lassen. Leider hat sich ihr Zustand nicht verbessert und so will sie am nächsten Tag doch lieber mit dem Bus fahren, als über den nächsten Berg nach Duschanbe. Das Fahrzeug für den nächsten Tag ist dann auch recht schnell organisiert und Rüdiger schließt sich natürlich an. So müssen morgen Doro und ich wieder alleine radeln.

10. Tag: Donnerstag, der 13. Juni 2013

Freitag, den 26. Juli 2013

Ruhetag in Istaravshan

Ausschlafen und Spaziergang über den Basar von Istaravshan, Sonne und Wolken bei 32 Grad

Bevor wir in die Berge starten haben wir also noch einen Tag zum Ausruhen und hoffen, dass sich Monikas Verdauungssystem wieder einpegelt. Den Vormittag nutze ich, um noch ein wenig am Rad herumzuschauen, die Packtaschen besser einzustellen und die Ketten zu putzen und zu ölen.

Dann brechen wir zu einer Runde durchs Städtchen auf und tingeln in Richtung Basar. Dort gibt es auch wieder Wechselstuben und so können wir uns ordentlich mit Tadschikischen Somani ausrüsten, für 100 USD gibt es 470 Somoni, das Preisniveau hier im Land schein mir geringfügig höher als in Usbekistan. In den Läden gibt es jede Mege „westlicher“ Lebensmittel zu kaufen, wie Käse, Wurst, Schokolade, Joghurt. Der Preis ist aber mit deutschen Preisen vergleichbar. Preiswerter ist es natürlich dann, regionale Produkte zu kaufen.

Der Basar hier ist sehr attraktiv, vor allem das Fehlen von Touristen macht ihn authentisch und so kann man unbehelligt durch die verschiedenen Abteilungen schlendern. In einer Gasse gibt es nur Kleidung zu kaufen, auch noch einmal unterteilt in Männer und Frauenkleidung. Die Frauen hier wirken wesentlich moslemischer als in Usbekistan. Alle tragen die bunten, traditionellen, langen Kleider und meistens dazu ein Kopftuch. Die Männer haben ihre traditionellen Kleider abgelegt und laufen so geschmacklos herum, wie überall in der Welt: Jeans oder Anzughose plus Hemd oder T-Shirt. Lediglich die alten Männer imponieren noch durch ihre rauschenden Bärte und ihre traditionellen Mäntel.

Eine Teestube im Basar hat dann sogar sehr magenverträgliches Essen, wir bekommen eine große Portion Kartoffelbrei und dazu eine Rinderboulette. Auch gibt es selbst gemachte Fruchtsäfte und wie üblich eine große Kanne Tee.

Weiter hinten im Basar werden dann Lebensmittel verkauft, ein ganzer Straßenzug mit Nüssen und Dörrobst, dann kommen Reis und Hülsenfrüchte. In einer Nebengasse befindet sich dann ein Laden, der schweren Goldschmuck verkauft und natürlich fast ausschließlich nur von Frauen besucht wird.

Dann durchqueren wir noch die Handwerksabteilung, wo man vom krummen Nagel bis zum Hammer alles bekommt, was man für sein Häuschen benötigt, leider ist das meiste aber Billigware aus China und das erklärt dann auch, warum viele gut gemeinte Bauideen bei der Eröffnung schon wieder abrissreif sind, so wie die Installationen in unserem Hotel.

Am Abend schaffen wir es dann rechtzeig essen zu gehen, bevor die Restaurants schließen und statten uns noch mit Lebensmitteln für den kommenden Tag aus. Monika hat sich wohl recht ordentlich erholt, hoffen wir, dass morgen die Sonne nicht so ballert, wenn wir unsere erste richtige Bergetappe fahren.

9. Tag: Mittwoch, der 12. Juni 2013

Freitag, den 26. Juli 2013

Holperei an der Grenze entlang

101 km von Buston nach Istaravshan, 850 Höhenmeter nach oben bei sonnigen 38 Grad, grässlichste Piste den halben Tag, dann den Bergen entgegen bei leichtem Gegenwind

Gegen halb sieben sind wir dann endlich wach und haben leider nicht zu gut geschlafen. Vor allem der „Ökolärm“ am Morgen war immense, denn zwischen den Bäumen waren nicht nur wir beheimatet, sondern noch eine Unmeneg an morgendlichen Zwitscherern. Und der Magen-Darm Viruns hat wieder zugeschlagen, Monika geht es überhaupt nicht gut und nach dem Frühstück sogar so schlecht, dass sie nicht aufs Fahrrad steigen will.

Ich schwinge mich aufs Rad und sehe mir das Städtchen Buston einmal näher an, die Hauptstraße ist schnell gefunden, auch soll es hier ein Hotel geben, aber der Bau aus der Sowjetunion wäre auch keine Alternative zu unserem Lager in der Teestube gewesen. Der Basar ist auch schnell gefunden und wie erwartet, gibt es dort jede Menge an verfügbaren Fahrzeugen. Ich engagiere einen Minibus für den Ritt nach Istaravshan und ordere ihn zur Teestube. Monika und Rüdiger haben schon fertig gepackt und die Räder der beiden sind schnell verstaut. Doro und ich wollen die Strecke mit dem Rad fahren. das Taxi wählt die größere Straße über Khujandt, wir wollen eine Nebenstrecke nehmen, die zumal auch noch wesentlich kürzer ist. Allerdings sollten wir keine zu gute Asphaltqualität erwarten, sagt uns der Teestubenbesitzer zum Abschied, schließlich würden auch alle Taxis und Busse den Umweg über Khudjant nehmen.

Es ist schon 9 Uhr und fast heiß, als wir dann endlich loskommen, wir besorgen uns im Laden noch ein paar Sachen zu Essen für unterwegs und Wasser und finden auch den Abzweig auf die Nebenstrecke. Am Anfang läuft alles recht gut, die Strecke ist asphaltiert und die Qualität schwankt immer zwischen mäßig und nicht so toll, leider aber mit schlechter werdender Tendenz. Nach 15 km sind nur noch die Löcher mit Asphalt umrandet, dann gibt es nur noch Löcher ohne Asphalt und irgendwann kann man den Feldweg nicht mehr Straße nennen. Kein Wunder, dass wir hier kaum noch Fahrzeugen begegnen, die wie wir durch die Löcher holpern. Vielleicht wäre die Strecke gar nicht so unangenehm, wenn nicht die Sonne schon wieder im Zenit stehen würde und die Temperatur schon wieder über die 30 Grad Marke gestiegen ist. Am Anfang ging es noch durch kleine Dörfer an einem Nebenkanal des Syrdarya entlang, eigentlich eine schöne Umgebung mit viel Landwirtschaft, doch langsam nähern wir uns wieder der usbekischen grenze und es wird nahezu öde. An den Feldrändern hocken ab und zu ein paar Bauern und Bäuerinnen im Schatten und warten auf den Nachmittag, wer bewegt sich schon gern in der Mittagshitze direkt unter der Sonne. Mein GPS zeigt an, dass wir eigentlich schon wieder in Usbekistan sind, doch die beiden ladas, die sich vorbeiquälen haben tadschikisches Kennzeichen und die Fahrer versichern uns, dass wir auf dem richtigen Weg seien. An der Grenze, einer Betonmauer gibt es riesige Industrieruinen, früher führte hier sogar eine Eisenbahn entlang, doch alles wurde abgerissen. Ein wenig sieht es hier aus, wie nach einem Krieg. Nach einer kurzen Abfahrt zum Syrarya kommen wir an ein paar Bauten und eine Brücke über den Fluss. Auf der anderen Seite, genau 400 Meter weiter haben wir gestern schon einmal gestanden.

Inzwischen ist es glühend heiß, aber keine Teestube ist in Sicht. ich kann Doro motovieren, dass es bis zur Hauptstraße nur noch 8 Kilometer sind und es dort eine Raststätte gibt. Ganz sicher bin ich mir nicht, aber tatsächlich, als wir auf die Hauptstraße kommen liegt 500 Meter weiter eine Ansammlung von Hütten. In der Mitte eine überdachte Fläche mit Tischen und Stühlen.

Wir plündern die Kühltruhe und schlagen uns den Bauch voll, zur Abwechslung gab es hier gefüllte Teigtaschen russischer Art, dann belagern wir einen der Diwane für ein Schläfchen und gegen 15.30 Uhr sind wir dann wieder fit für die Straße. Es ist zwar wieder die Hauptstraße mit recht ordentlichem Verkehr, aber es gibt guten Asphalt und einen Seitenstreifen, so dass es sich recht ordentlich fahren ließe, wenn da nicht der Gegenwind wäre, der uns nun entgegen bläst. Motivierend ist lediglich, dass sich am Horizont die Berge abzeichnen, eine gigantische Gebirgskette mit Schnee und Eis bedeckten Gipfeln.

Die 50 Kilometer bis Istaravshan sind ordentlich anstrengend, natürlich geht es auch bergan, aber sehr beständig und leicht mit 2 % Steigung. Unterwegs gibt es außer der näher rückenden Bergkette nicht viel zu sehen, die Landschaft ist öde, es gibt keine Dörfer und auch keine Raststätten. Glücklicherweise wird der Gegenwind auf den letzten 20 Kilometern etwas schwächer und gegen 19 Uhr erreichen wir den Abzweig nach Istaravshan. Der Ort zieht sich noch ewig in die Länge und unser verabredetes Hotel liegt am Ende. Der Tag war für Doro und mich trotz der nur 100 km recht anstrengend, wie immer zeigt sich, dass der Gegenwind ein nicht zu unterschätzender Faktor ist und das Fahren in der Mittagshitze natürlich auch und wir schwören uns, in den nächsten Tagen so zeitig wie möglich aufzubrechen.

Den Laden kenne ich noch von der 2008er Olympiatour und der ist im Lonely Planet als bestes Haus am Platze eingetragen, die Zimmer sind zwar recht ordentlich, dafür gibt es aber nur in einem eine Dusche und die ist auch noch kalt, was bei den Tagestemperaturen natürlich dann nicht das schlimmste ist.

Als wir gegen 21 Uhr aus der Dusche kommen haben die drei Restaurants in der Nähe schon zu oder wollen nicht mehr kochen, aber es gibt einen Laden und der hat, was wir brauchen: Brot, Käse, Wurst, Joghurt, Tomaten und Gurken und eine recht ordentliche Auswahl an Keksen für ein Abendessen.

Monika geht es leider nicht viel besser als am Morgen und so beschließen wir, den morgigen Tag noch hier in Istaravshan zu verbringen. Doro empfiehlt uns, doch morgen mal in der lokalen Klinik vorbei zu gehen, aber vorerst will Monika dann doch lieber nur Ausruhen , Abwarten und Tee trinken.

8. Tag: Dienstag, der 11. Juni 2013

Donnerstag, den 25. Juli 2013

Nach Tadschikistan in doppeltem Anlauf

121 km von Zarbdor zur tadschikischen Grenze und noch einmal 40 km Transfer mit Minibus, flache 300 hm, Sonne bis 37 Grad

Am Morgen sind wir zeitig wach, es wird schon kurz nach vier Uhr hell, aber irgendwie will man doch nicht aus dem kuscheligen Schlafsack und so scheitert auch der zweite Versuch um 5 Uhr loszukommen und es wird wieder 6 Uhr, als wir auf den Rädern sitzen und heute ohne Kaffee.

Auf der kleine Straße fährt es sich heute angenehmer als gestern auf dem Highway, auch wenn es schon von morgens an recht warm ist, aber wir sind eben im Sommer in Zentralasien. Frühstück machen wir heute schon nach 24 Kilometern recht gemütlich in einer Teestube, auch wenn die Sonne dabei noch weiter nach oben steigt. Die Grenze zu Tadschikistan befindet sich in Oybek, doch wo sich Oybek befindet, ist nicht so ganz klar. Die Karte verzeichnet den Grenzübergang nahe der Stadt Bekobod, der Lonely Planet spricht davon, dass sich der Übergang noch 45 Kilometer nördlich davon befindet, die Aussagen der Polizisten, die wir an den gelegentliche Straßensperren befragen, sind widersprüchlich, auch wenn sich gegen Mittag abzeichnet, dass der Lonely Planet wohl recht hat. damit kämen dann noch einmal 80 Kilometer zusätzlich auf den Plan.

Vor Bekobod erreichen wir den Syrdaya, einen der wichtigsten Flüsse Zentralasiens. Den ganzen Tag sind wir schon vielen Hochspannungsmasten gefolgt und hier gibt es jetzt mehrere Kraftwerke, die die Region mit Energie versorgen. Der Fluss selbst ist glasklar und recht kalt und lädt an vielen Stellen zu einem Bad ein, doch wir wollen lieber eine Pause in einer Teestube machen, um die größte Mittagshitze zu überstehen.

Nach einer Suppe und einer Melone und knapp zwei Stunden im Schatten schwingen wir uns wieder aufs Rad. Es gibt sehr wohl einen Grenzübergang bei Bekobod, der ist aber nur den Bewohnern der Grenzregion vorbehalten, der offizielle Übergang befindet sich wirklich 45 km weiter im Norden. es ist schon traurig hier an der Brücke über den Fluss zu stehen und zu sehen, dass auf der anderen Seite sich das Nachbarland befindet und hier einfach nicht rüber zu dürfen, nur weil sich die beiden Völker nicht sonderlich mögen.

Die Usbeken werfen den Tadschiken vor, ihnen systematisch das Wasser abzugraben, die Tadschiken sehen die noch auf Stalin zurück gehende Grenzführung  als nichtig an, weite Teile des heutigen Usbekistans angeblich zu Tadshikistan gehören. Tatsächlich hat Stalin hier ein ordentliches Gewirr auf der Landkarte angerichtet, das usbekische Ferganatal zieht sich wie ein Beule weit nach Tadschikistan hinein und es gibt jede Menge kleiner Enklaven und Exklaven auf beiden Seiten. Da die Politik beider Staaten nicht sehr freundschaftlich ist, hat man dann beschlossen, sich gegenseitig für den Anfang ordentlich das Leben schwer zu machen, zu leiden haben vor allem einfache Leute beider Seiten, deren Familien in den eingeschlossenen Gebieten leben, und riesige Umwege in Kauf nehmen müssen, so wie wir nun auch.

Nach 110 Kilometern in der Hitze bei bis zu 37 Grad sind wir nicht sonderlich motiviert, die 45 Kilometer bis zur Grenze noch zu fahren, in Bekobod wollen wir auch nicht bleiben, da das hiesige, noch aus Sowjetzeiten stammende Hotel keinen Komfort in Form einer Klimaanlage verspricht. In den stickigen Räumen einer Teestube könnte man auch übernachte, aber auch das klingt nicht verlockend. Doro schlägt vor, mit einem Taxi bis zur Grenze zu fahren und dann in Tadshikistan nach einer Bleibe zu suchen. Zwei Minibusse sind schnell aufgetrieben und voll geladen und eine knappe Stunde später stehen wir an der usbekisch-tadschikischen  Grenze. Es ist jetzt 17 Uhr und alles sieht ziemlich ruhig aus, wir tauschen unsere restlichen Sum in Somani. Für einen Euro gibt es fünf Somani, somit hat die Geldschlepperei nun ein Ende.

Eine Stunde brauchen wir für die usbekische Seite, inklusive der nervigen Zollerklärung. Hier muss wieder jeder Euro und jeder Dollar angegeben werden, alles wir mit der Einreiseerklärung abgeglichen. Dann gibt es den Ausreisestempel, nicht ohne dass vorher die Registraturen der Hotels für Buchara und Samarkand vorgelegt werden müssen. Dass wir die letzte Nacht im Freien gezeltet haben, also keine Registratur vorlegen können wird akzeptiert.

Dann brauchen wir noch einmal eine halbe Stunde für die Einreise in Tadhikistan, der Zoll ist hier nicht so bürokratisch, vielleicht auch nur, weil der Bruder des Zolloffiziers irgendwo in Brandenburg bei den Panzern der Roten Armee stationiert war und noch gute Erinnerungen an die DDR hat.

Als wir dann endlich in Tadshikistan sind ist es schon dunkel, aber in 10 Kilometern Entfernung soll es ein Städtchen mit einer Teestube und mit einem Hotel geben. Da kaum Verkehr abends über die Grenze kommt ist die Fahrt im Dunkeln kein Problem und gegen 21 Uhr haben wir die Teestube erreicht. Unter Bäumen gibt es gemütliche Diwane fürs Essen, auf denen man auch hervorragend übernachten kann.

In der Teestube läuft über Beamer fürs nicht vorhandene Publikum ein Film, ich denke, wir sind mit gelegentlichen Blicken, neben dem Besitzer der Teestube, die einzigen Zuschauer des Weltkriegsdramas. Ein deutsche Offizier verliebt sich in eine russische Partisanin. Einige deutsche Wortfetzen, wie „Heil Hitler“ sind nicht synchronisiert und zwingen mich dazu, mich immer wieder der flimmernden Leinwand zu widmen.

 Die Teestube hat auch eine Sauna und so sind wir dann dampfend bereit für ein Nachtessen, dass ich zusammen mit dem Besitzer bereiten durfte. Aus dem Rest seines Rinderfondes  zauberten wir eine nette, dicke Suppe mit Kartoffeln, Möhren, Zwiebeln und viel Knoblauch, danach sind wir ordentlich müde von der Hitze des Tages und der langen Etappe. Da wir so spät angekommen sind, wollen wir dann am Morgen erst einmal ausschlafen, aber auch nicht zu spät los. Wir rollen auf dem Diwan unsere Schlafsäcke aus und zumindest ich falle recht schnell in tiefen Schlaf, nach dem die letzten Schüsse des zweiten Weltkrieges gefallen und die „Heil Hitler!“ Rufe verstummt sind.