Archiv: 2013 M 41-Pamirhighway

2. Tag: Mittwoch, der 5.Juni 2013

Dienstag, den 23. Juli 2013

Ohne Gepäck in Buchara

zeitige Ankunft in Buchara, Suche nach einer Herberge und Stadtspaziergänge, sonnig bei 30 Grad

Es ist halb Vier morgens und noch stockduster als der Flieger in Buchara aufsetzt. Die Einreiseformalitäten in Usbekistan verlaufen reibungslos und natürlich bleibt das Gepäckband leer. Das Personal ist trotz der frühen Morgenstunde freundlich  und geleitet uns zu dem kleinen Zimmerchen in dem verlorenes Gepäck bearbeitet wird. Eine Dame spricht ein leidliches Englisch und so können wir  den gesamten Sachverhalt ganz gut zu Papier bringen. Tatsächlich kommt der nächste Flieger aus St. Petersburg hier erst eine Woche später an, allerdings gebe es mehr Flüge von St. Petersburg nach Samarkand und so soll das Gepäck dann eben nicht hierher, sondern dorthin geschickt werden. Wir erhalten dann eine Telefonnummer, um noch einmal nachforschen zu können und stehen dann im ersten Licht der Morgendämmerung auf einem verwaisten Parkplatz vor dem leeren Flughafen von Buchara. Taxis und Menschen scheint es hier um kurz nach vier Uhr morgens nicht zu geben. Doch wir haben Glück, der Angestellte, der gerade unser Protokoll aufgenommen hat, hat ebenfalls Feierabend und lenkt uns zu dem einzigen Fahrzeug auf dem großen Parkplatz, seinen Lada. Ohne Gepäck passen wir da natürlich alle ziemlich gut rein und werden in die Stadt chauffiert.

Nun das stehen wir hier an der historischen Handelsroute von Europa nach Asien, der Seidenstraße, an einem der historischsten Orte hier in der Region überhaupt. Mehr als 2000 Jahre Geschichte liegen unter unseren Füßen, Alexander der große ist wahrscheinlich hier in der „Glücklichen Stadt“, das bedeutet ‚bukarek‘ in der sogdischen Sprache, abgestiegen wir stehen jetzt hier um 5 Uhr morgens und haben nicht einmal mehr eine Zahnbürste im Gepäck. Zum Glück braucht man heute keine Karawane bepackt mit Gewürzen, Edelsteinen oder wertvollen Seidenstoffen, um eine Herberge zu finde oder zu bezahlen, sondern es reicht eine Kreditkarte oder ein paar von den Euroscheinchen, die wir noch im Gepäck haben. Doch noch, es ist gerade einmal halb sechs morgens, sind alle Bürgersteige hoch geklappt. Das Minihotel, welches ich für uns ausgewählt habe ist noch verriegelt und verrammelt  und so beschließen wir, uns die Stadt in der Morgensonne anzusehen.

Gleich in der Nähe gibt es einen großen ehemaligen Wasserspeicher, um den herum viele alte Maulbeerbäume stehen. Der Boden ist blauschwarz von heruntergefallenen Früchten. Das Stadtzentrum ist historisch toll hergerichtet, keins der alten Gebäude zeigt Anzeichen von Verfall. An dem Divan Beghi Wasserspeicher befindet sich ein nettes Restaurant und rundherum schon eine alte Moschee und eine ehemalige Koranschule. Davor eine Statue von Hodscha Nasreddin, dem zentralasiatischen Protagonisten zahlreicher lustiger Anekdoten. Er sitzt hier auf einem Esel reitend, allerdings nicht verkehrt herum auf dem Esel sitzend, wie er in der Türkei oft dargestellt wird.

An den alten Straßenkreuzungen der Stadt befinden sich überdachte Basare, die Kuppelbauten schützten die Händler vor der Hitze, doch heute ist noch alles leer, die Händler sind noch nicht einmal da, um ihre Stände aufzubauen. Folgt man dem Weg noch ein wenig, kommt man zu den fotogensten Plätzen der Stadt. Rund um das hohe Kalan Minarett befindet sich ein erstaunliches Ensemble von Gebäuden. Da ist das blaue Tor der Kalan Moschee auf der einen Seite und auf der anderen befindet sich die Mir-I-Arab Medresa, eine Koranschule, zu sowjetischen Zeiten, die einzige arabische Lehranstalt der Region, in der auch heute noch gelehrt wird. Staunend stehen wir auf dem menschenleeren Registan und bewundern die Bauten mit den typischen blau gefliesten Kuppeln aus dem 16. Jahrhundert. Das Minarett geht sogar bis ins 12. Jahrhundert zurück und selbst Dschingis Khan soll hier staunend vor dem ausgewogenen Ziegelbau gestanden haben und es dann nicht zerstört haben. Etwas weiter hinten dann endet das historische Stadtviertel am Ark, dem festungsartigen Schutzbau der Stadt. Hinter den Mauern dieses Bollwerks residierte bis 1920 noch der letzte Emir des ehemaligen Emirates Buchara.

Nun haben wir erst einmal einen Überblick über das historische Zentrum und wir schlendern zurück. In unserem Minihotel in einer winzigen Gasse ist inzwischen auch schon Leben eingekehrt und wir bekommen zwei nette Zimmerchen zu einem vernünftigen Preis und ein ordentliches Frühstück. Die Kreditkarten nutzen hier im Lande wenig, dafür hilft uns der Besitzer des Hotels, unsere Euro in Sum zu tauschen. Für einen Euro gibt es 3400 Sum, der größte Schein ist 1000 Sum und so bekommen wir für einen Hunderter unserer Währung einen riesigen Packen des usbekischen bedruckten Wertpapiers. Die Sonne steht nun schon hoch am Himmel und es ist ordentlich warm geworden, das Thermometer zeigt 30 Grad an, also Zeit für ein Schläfchen nach dem langen Flug und dem Stress in Petersburg.

Am Nachmittag sehen wir uns dann alles noch einmal an, natürlich nun mit Händlern, Leuten und Touristen, die die Straßen und Plätze bevölkern. Vor allem um den Wasserspeicher tobt das Leben und Hodscha Nasreddin auf seinem Esel dient als beliebt Fotokulisse. Die Besichtigung des Arkes, der Festung, heben wir uns für den nächsten Tag auf und schlendern noch ein wenig weiter durch einen schönen Park bis zum Mausoleum der Samaniden, dem ältesten Gebäude in der Stadt aus dem 10. Jahrhundert. Der Bau wurde lediglich aus Ziegelsteinen errichtet, die in zu abwechslungsreichen Mustern zusammengesetzt wurden und das, obwohl der Islam Verzierungen von Gräbern nicht erlaubt.

Auf dem Rückweg liegt dann einer der Basare der Stadt, hier ist zwar die Haupthandelszeit längst vorbei, aber die Leute sind aufgeschlossen und bei unseren Fotoversuchen ernten wir oft ein breites Lachen, vor allem von den Frauen und die dabei ihre vergoldeten Zähne fröhlich entblößen. Das gilt als schön in der Region und man kann damit natürlich auch seinen Wohlstand präsentieren. Auf dem Touristenbasar könnte man sich dann passend dazu eine dicke und große Pelzmütze zulegen, bei 30 Grad nicht die beste Idee, aber die Winter sind hier doch recht kühl, wie wir auf einigen Fotos gesehen haben: eine dünne Schneedecke rund um die Moscheen und Medresen.

Auf dem Rückweg ziehen wir dann in das Restaurant am See, gleich in der Nähe unseres kleinen Hotels, die Preise sind gepfeffert, aber hier auf dem kleinen Platz hat sich abends halb Buchara versammelt zum Flanieren, Schwatzen oder Eis essen und vom Restaurant hat man einen schönen Überblick.

1. Tag: Dienstag, der 28. Mai 2013

Dienstag, den 23. Juli 2013

Alptraum in St. Petersburg

Flug von Berlin über St. Petersburg nach Buchara…und das Chaos nimmt seinen Lauf      

Am Morgen in Berlin klappt alles wie am Schnürchen, mein Reisefreund Leo bringt mich samt im Karton verpackten Rad nach Berlin Schönefeld, der Berliner Feldflughafen, der eigentlich noch lausiger ist als sein westliches Tegeler Gegenstück. Das betrifft die Anfahrt, bei der man ewig mit der S-Bahn durch die Gegend schaukelt und auch den Service vor Ort. Der Vorteil ist, das man hier keine Waage besitzt, um das Gewicht eines Fahrrades, ob mit oder ohne Karton festzustellen, so hat man wenigstens keine Probleme mit dem Übergepäck.

Meine beiden Mitstreiter Monika und Rüdiger sind auch schon eingetrudelt und verpacken noch die Räder mit viel Plastik, dann reihen wir uns in die Warteschlange. Hier läuft alles glatt, wir brauchen für die Räder keinen zusätzlichen Betrag entrichten und so entschwinden dann die Gepäckstücke auf dem Förderband und die Räder am Übergepäckschalter. Allerdings nur mit einem Aufkleber bis St. Petersburg. Wir fragen noch einmal nach, aber die Dame am Schalter lässt sich nicht erweichen, auch Transitgepäck kann nicht durchgecheckt werden. Nicht ganz so schlimm, denken wir, denn wir haben ja schließlich 7 Stunden Aufenthalt und kommen nicht aus dem Flughafen raus, also wenigstens noch etwas zu tun, außerdem kenne ich ja das Procedere von meinem letztjährigen Flug nach Irkutsk. Das hier schon die Ursache für das Chaos der nächsten Tage beginnt ahnt keiner von uns.

Pünktlich hebt unser „Air Rossya“ Flug dann ab und schaukelt ereignisfrei nach St. Petersburg. Auf  dem Flughafen dort prangt immer noch das Schild „Leningrad-Stadt der Helden“. Und hier erleben wir die erste Überraschung. Wir kommen nicht an unser gepäck, denn die Gepäckausgabe liegt außerhalb des Transitbereiches. Doch die Dame am Transferschalter sichert uns zu, alles gehe seinen (sozialistischen) Gang und ein anderer Reisender mit dem Ziel Ukraine beruhigt uns, dass sei bei allen Transitflügen so und in der Regel gebe es keine Probleme.

Nun denn, so sitzen wir dann in dem winzigen Transitbereich, der vielleicht gerade einmal 300 Quadratmeter umfasst, über einen Duty-Free Shop, eine Toilette und eine Bar verfügt und das wars dann auch schon. Zum Glück ist nicht viel los und so findet sich eine ruhige Ecke, in der man noch ein Sudoku lösen und ein Nickerchen machen kann.

Allerdings lässt mir die Sache mit dem Gepäck keine Ruhe und so knappe zwei Stunden vor dem Abflug nerve ich noch einmal das Sicherheitspersonal. Der Mann hängt sich an das Telefon und stellt fest, ooohps, das Gepäck steht ja noch am anderen Terminal, er habe aber veranlasst, dass es gebracht werde, die neuen Gepäckabschnitte erhalten wir dann beim Einchecken. Beruhigt warten wir dann ab, bis sich die nicht so vielen Passagiere nach Buchara am Gate versammeln.

Während die anderen Passagiere schon den Flieger besteigen, kommt ein freundlicher Herr von der Security zu uns und will sich noch einmal unsere Pässe ansehen. Dieser prüft er dann mehr als genau, was fast 20 Minuten beansprucht, inzwischen ist es nur noch eine halbe Stunde bis zum Start. Fertig mit der Prüfung winkt er eine schicke Blondine heran, welche uns eröffnet, dass unser Gepäck „arrested“ wurde und wir könnten jetzt in den Flieger einsteigen.

Ich eröffne ihr, dass wir nicht ohne das Gepäck in den Flieger steigen würden und frage, warum die Räder nicht im Flieger seien und ob und wann das Gepäck nachgesendet werden könnte. Das Gepäck sei wegen des Aufkleber nach Petersburg nicht weiter geleitet worden, es könne von uns dann in Buchara angefordert werden und die nächste Maschine ginge erst in einer Woche. Tolle Show.

Und wir sollte jetzt gefälligst in den Flieger steigen, sagt die Dame schon etwas ungemütlich. Auf die Frage, warum wir das erst 15 Minuten vor Abflug erfahren, obwohl wir uns mehrfach um das Gepäck bemüht haben zuckt sie mit den Schultern. Wir hätten jetzt drei Optionen: einmal ohne Gepäck in den Flieger zu steigen oder zurück nach Deutschland zu fliegen oder hier auf den nächsten Flieger nach Buchara zu warten. Der flöge in einer Woche und den Transit dürften wir natürlich nicht verlassen.

Ich will mich kurz mit Monika und Rüdiger beraten aber, die Schnepfe drängelt, sie habe jetzt Feierabend und der Flieger müsse los. Ich erkläre ihr, dass mir ihr Feierabend scheißegal sei, schließlich hätte man alle Probleme in den zurückliegenden 6 Stunden lösen können und wir jetzt 10 Minuten die Problematik abwägen würden.

Wir entschließen uns dann doch in den Flieger zu steigen, ohne Gepäck und erst einmal nach Buchara zu fliegen, denn ein Rückflug, der noch nicht einmal gebucht wäre, brächte keine Lösung, eine Woche im Transit ebenfalls nicht und notfalls muss uns die Airline eben von Buchara wieder zurückbringen, also rein in den Flieger, der dann mit 20 Minuten Verspätung abhebt und in die Nacht entschwebt na wenn das mal kein großartiger Reiseauftakt war!