Archiv: 2013 M 41-Pamirhighway

32. Tag: Freitag, der 5. Juli 2013

Samstag, den 21. September 2013

Gasthaus zur Schönen Aussicht

98 Kilometer vom Stausee hinter Tash Komür bis nach Ketmen Jöbo am Karakul-See, 1400 Meter hoch und 1180 Meter wieder runter, Sonne mit Wolken, drehender Wind  bis 28 Grad

Mit den Idioten, die hier noch ihre Party feiern mussten hatten wir wieder keine ruhige Nacht, auf Dauer haben wir hier nur noch vier oder fünf Stunden Schlaf und das ist recht anstrengend. Dafür wird die Strecke heute etwas abwechslungsreicher. Zum einen sind wir in den Bergen zurück. Das heißt natürlich nicht, dass wir viel an Höhe gewinnen, an dem lang gezogenen Stausee geht es immer wieder mal einen Stich nach oben und auf der anderen Seite wieder nach unten. Das ändert sich auch nicht, als wir den dritten Stausee erreichen. Nur wird die Landschaft hier etwas karger, aber in den Kurven am See bieten sich spektakuläre Ausblicke.   Vor Karakul dann wird es wieder etwas flacher, eine große Raststätte bietet recht Vernünftiges an, bis zum eigentlichen Ort geht es noch einmal einen Stich nach oben. Als ich etwas in den Wiegetritt geht macht es an meinem Hinterrad wieder einmal „Plöng“ und eine Speiche ist dahin, das rad hat nur eine kleine „8“ und bis zum nächsten Teehaus muss es gehen. Den letzten Stich nach Karakul hoch treffen wir wieder einmal auf Langstreckenradler, zwei Spanier, die schon ein halbes Jahr unterwegs sind. Und auch gut bepackt. Mit dem Gepäck schaffen sie so um die 80 Kilometer pro Tag. Wie froh bin ich da über unsere abgespeckte Variante und vermisst haben wir noch nichts.

Eigentlich hatten wir in Karakul schon Schluss machen wollen, aber es ist noch früh am Nachmittag und das Wetter heute ist mehr als angenehm, nicht zu viel Sonne, nicht zu viel Wind und vor allem nicht zu heiß. Wir plündern die kleinen Lebensmittelläden entlang der Straße, kaufen Kaffee, Gemüse, Nudeln, Brot und Käse und fahren dann bis zur nächsten Teestube, wo ich meine kaputte Speiche repariere, diesmal ist es die Kranzseite, aber so langsam bekomme ich Routine und brauche nicht mehr als eine halbe Stunde, mit auf und abpacken des Gepäcks.

Der Nachmittag zieht wieder alle Register, die eine Radtour haben soll, eine Weile bläst uns der Wind ordentlich ins Gesicht, dafür ist die Landschaft wunderbar grün, es geht einen mittleren Pass noch einmal 400 Meter nach oben, dafür ist die Aussicht toll. Leider ist es nicht möglich am Karakul See einen Zeltplatz zu finden, man kommt einfach nicht ans Ufer, dafür können wir es uns in einer kleinen Raststäte bequem machen, eigentlich dahinter, denn dort gibt es zwei große Sitztische und einen dürfen wir auch für die Nacht okkupieren. Vielleicht ist das auch besser als Zelten, denn am Abend gibt es noch einen kräftigen Gewitterguss. Wir genießen die abwechslungsreichen Wetterwechsel am See, es ist ein bisschen wie im Theater, wir sitzen auf der überdachten Bühne und beobachten die windige Szenerie, die Wolken treiben über den See und die Berge werden von ihnen umhüllt und dann zieht alles wieder für einen spektakulären Sonnenuntergang frei.

Leider schlafen wir unserer kirgisischen Tradition folgend schlecht, erst ruckelt der Wind am Blechdach, dann kommen noch LKW Fahrer zu einem späten Dinner um Mitternacht und um 4 Uhr morgens dann weitere Trucker zum Frühstück.

 

31. Tag: Donnerstag, der 4. Juli 2014

Montag, den 16. September 2013

Kein Déjà-vu

106 Kilometer von Basar Korgon bis zum zweiten Stausee von Tash Komur, 600 Meter nach oben und 750 Meter wieder runter, Sonne und leichter Rückenwind bei 37 Grad

Mit dem Schlafen haben wir wirklich Probleme, in Osh hat uns der Imam geweckt, und heute Nacht gab es erst den kleinen Regenguss und dann steht der Bauer auch schon um halb vier auf und wird von einem laut scheppernden und knatternden Moskwitsch abgeholt, um in die Stadt zu fahren, wenig später dann macht sich der Hahn lautstark auf den beginnenden Morgen aufmerksam.

Wir rollen dann gemütlich die recht ordentliche Straße entlang, der Verkehr ist heute Morgen nicht mehr ganz so straff und die Straße auch ein wenig breiter geworden. Nach 30 Kilometern durchqueren wir eine kleine Stadt, hier hat es zu Sowjetzeiten jede Menge Industrie gegeben, heute erinnern nur noch leer Fabrikgebäude und die Propaganda von damals an die guten alten Zeiten. Dafür gibt es jetzt eine richtig gute Teestube mit recht großer Auswahl an Gerichten.

Auch heute ist die Strecke wieder recht öde und es ist schon ab 10 Uhr recht heiß. Abwechslung fürs Auge und dann fürs Mittag bringen die vielen Stände mit Früchten, erst sind es Pfirsiche, dann Tomaten und dann Melonen, und das geht über mehr als 30 Kilometer, das ein Stand dem anderen folgt. Mittags machen wir es dann wieder in einer Raststätte gemütlich, oder versuchen es jedenfalls, aber das Plätzchen ist nicht zu lauschig, wie am Vortag, einfach zu viel Betrieb und nur ein großer Schattenbaum.

Nach der üblichen langen Mittagspause, ich bin auch wieder zu einer halben Stunde Schlaf gekommen, haben wir dann das Ende der Ebene erreicht, die Straße steigt langsamst wieder an und wir erreichen bei der Stadt Tash Komür den ersten Stausee.

Der Tag heute weckt Erinnerungen an das Jahr 2008, als wir von Athen nach Beijing gefahren sind, seit Osh sind wir auf der gleichen Straße unterwegs und werden es auch noch zwei Tage sein. Es ist schon interessant, wie die Erinnerung manchmal kleine Details wieder gibt, man kann sich an diesen oder jenen Hügel erinnern oder an eine Propagandatafel. Der zweite Stausee, zu dem wir auch heute wollen, wird mir jedenfalls immer in Erinnerung bleiben, gab es doch damals und hier ein richtig starkes Unwetter und von unseren 12 Zelten waren 10 geflutet und wir nur knapp einer Schlammlawine entgangen. Damals hatte alles mit einer dunklen Wolke am Eingang des Tales begonnen und die hängt auch heute wieder dort. Doch es gibt kein Déjà-vu, als wir die zweite Staumauer passieren hat sich die Wolke wieder verzogen und die Sonne ballert weiter.

Wo wir damals noch ungestört zelteten, gibt es heute so eine Art Badestrand, allerlei Leute aus der Umgebung baden hier und haben es sich auf den Tisch und Bettgestellen, die hier aufgestellt wurden bequem gemacht, uns ist es aber zu laut und wir fahren noch ein paar Kurven weiter. 3 Kilometer weiter kommt man wieder gut an den See, aber auch hier gibt es wieder eine Art Strandcafe, allerdings sind nicht so viele Leute hier.

Das Baden im See ist eine Wohltat und der Platz recht gemütlich, langsam verschwinden auch alle Ausflügler und wir hoffen auf eine ruhige Nacht. Die beginnt auch recht angenehm, leider kommen weit nach Mitternacht noch einmal angetrunkene Kirgisen mit drei Autos und beginnen 100 Meter weg eine Feier bis in den Morgen, sie brechen fast zeitgleich mit uns auf, also wieder eine zu kurze Nacht.

30. Tag: Mittwoch, der 3. Juli 2013

Montag, den 16. September 2013

Im Kampf mit dem Verkehr

130 Kilometer von Osh nach Bazar Korgon, 850 hm hoch und 980 hm runter bei Sonne bis 38 Grad, stressiger Verkehr auf belebter schlechter Straße

Heute wird der zeitige Aufbruch durch das Personal im Hotel verhindert, obwohl es schon 6 Uhr ist und der Imam gegenüber schon vor 2 Stunden gekräht hat, rührt sich niemand und auch erst der dritte weckversuch fruchtet. Um die Ecke gibt es dann noch einmal eine Bäckerei, wo es nicht nur Brot gibt, sondern auch schöne nette süße Teilchen, gut für den Magen und fürs Gemüt. Danach kann es getrost auf den letzten Teilabschnitt unserer Tour gehen. Bis Bischkek sind es noch 650 Kilometer und wir haben noch eine Woche bis zum Rückflug.

Bis Özgen ist es nicht sehr abwechslungsreich, es gibt eine gute Schnellstraße, allerdings auch mit straffem Verkehr, die leicht durch Sonnenblumenfelder hügelt. Vor dem Basar in Özgen staut sich dann alles, das ist ein echter Knotenpunkt und wir sind froh, als wir wieder aus der Stadt herauskommen. Leider ist die Straße dann nicht mehr so gut und der Verkehr weiterhin straff. Fahren kann man, sowohl mit dem Auto, als auch mit dem Rad nur fast in der Mitte, da die Seiten zu holperig sind. Landschaftlich hat die Strecke nicht viel zu bieten, die Berge sind weg, sind nur manchmal am Horizont unter der Dunstwolke des heißen Tages zu erspähen. Es ist wieder heiß geworden. Bei 38 Grad geht es dann über leichte und mittlere Hügel und heute haben wir erstmals richtig Stress mit den Autos, mit denen wir uns die Straße teilen müssen. Die Fahrer geben bei dem guten Asphalt ordentlich Gas und überholen zu dicht (also fast wie in Berlin, nur das hier ausnahmsweise der Asphalt mal besser ist).

Mittags machen wir dann eine schöne lange Rast, zu essen gibt es nicht zu viel, wir begnügen uns mit Brot und Tee und packen unsere Sachen aus Osh aus, da hatten wir gestern noch Käse, Wurst und etwas Gemüse gekauft. Nach 2 Stunden stürzen wir uns wieder in den Kampf mit den Autos. Am späten Nachmittag haben wir dann eigentlich keine Lust mehr zu fahren, aber an zwei schönen Plätzen mangelt es an Wasser und so haben wir dann irgendwann schon wieder 130 Kilometer auf dem Tacho stehen und sind bei Bazar Korgon. Auch hier sieht es nicht so gut aus, einen Zeltplatz zu finden, von einer Herberge ganz zu schweigen, also biegen wir einfach eine kleine Straße rechts ab und fahren an den Rand des Dorfes. Dort gibt es dann zwischen zwei Häusern eine schöne Wiese und als wir fragen, können wir es uns auf dem Diwangestell gemütlich machen. Einen Eimer Wasser, vier frische Eier gibt es gratis von der Familie. Wir hoffen, dass morgen der Verkehr nachlässt oder wenigstens die Straße besser wird, denn heute war es recht stressig, zumal die Landschaft flach und recht öde war, manchmal fast schon Steppe, dann wieder Landwirtschaft mit Maisfeldern und Sonnenblumen.

29. Tag: Dienstag, der 2. Juli 2013

Donnerstag, den 8. August 2013

Nach Osh

78 Kilometer von Gülchö nach Osh, noch ein kleiner Pass, der Tschyrdyk mit 2389 Metern, 850 hm nach oben und 1300 hm wieder runter, bei Sonne und 30 Grad

Der Morgen am Bach war weniger feucht als erwartet und so sind wir um 8 uhr schon wieder auf dem Rad. Gestern hatte uns unsere Etappe mächtig weit ins Tal gebracht, heute geht es nun wieder hinauf, so ist das nun mal in den Bergen.

Aber auf dem chinesischen Asphalt lässt es sich hervorragend fahren und so sind wir nach knapp zwei Stunden schon auf dem Tschyrdyk-Pass. Der ist mit 2389 Metern nicht sehr hoch, dafür aber sehr touristisch, überall gibt es Jurten und zelte, die Kumys, vergorene Stutenmilch verkaufen oder Tee und kleine Snacks anbieten. Es scheint, dass dieses Tal das Naherholungsgebiet für die Stadt Osh ist.

Noch einmal können wir einen Blick auf einen hohen Zug des Pamir werfen und tun dies auch, denn wenn wir heute in Osh ankommen, dann ist der namesgebende Teil der Tour geschafft, wir werden zwar noch ein paar hohe Pässe fahren dürfen, aber die sind dann schon dem Tienshan-Gebirge zuzurechnen.

Auf dem Pass treffen wir auch wieder einmal Radfahrer, diesmal eine polnische Dreiergruppe, die sich noch viel vorgenommen hat. Nach einer Pause und ein paar Schlucken Wodka mit einer Gruppe von Kirgisen aus Bischkek, rollen wir dann wieder nach unten. Fürs erste sind wir dann aus den Bergen raus, was sich vor allem an der Temperatur bemerkbar macht, heute sind ews wieder einmal knapp über 30 Grad.

Am frühen Nachmittag rollen wir auf der inzwischen doch recht verkehrsreichen Straße nach Osh ein und versuchen ein Guesthouse zu finden. Das Osh Guesthouse ist uns zu lausig, dafür gibt es um die Ecke dann ein Hotel namens Taj Mahal, warum auch immer, es gibt weder einen Inder hier noch ein Grabmal und schon gar keinen Marmor.

Am Nachmittag bleibt Zeit für Erledigungen, wir bekommen endlich Doros Geschwindigkeitsmesser gelötet, lassen unsere Wäsche waschen und ich bin auf der Suche nach einer guten Plov-Mahlzeit. Wir waren vor einigen Tagen auf zwei Reisende getroffen, die beklagt hätten in Kirgisien gebe es immer und überall nur Plov, ich bin jetzt drei Tage lang schon vergeblich auf der Suche danach.

Wir überlegen noch, ob wir noch einen Tag hier in Osh bleiben, entscheiden uns dann aber dafür, lieber in Bischkek einen Tag mehr zu haben. Wegen der Hitze beschließen wir dann wieder einmal einen zeitigen Aufbruch. Probleme, geweckt zu werden, werden wir nicht haben, denn gegenüber dem Hotel ist gleich die Moschee und da wird der Imam schon um 4.30 Uhr morgens krähen.

28. Tag: Montag, der 1. Juli 2013

Donnerstag, den 8. August 2013

Geburtstag – von nun an geht’s bergab

108 Kilometer von Kysyl Art über den Taldyk-Pass (3603 m) nach Gülchö, 980 hm nach oben und lässige 2170 hm runter, Sonne, Wolken und ein Schauer bei 10 bis 28 Grad und leichtem Rückenwind

Mein Geburtstagsfrühstück ist mehr als mäßig, es gibt ein fettiges Spiegelei, dünnen Kaffee und trockenes Brot, dafür ist das Wetter wieder schön und die Straße super. Warum, das zeigt sich etwas später, als an einigen Stellen noch chinesische Markierungen zu erkennen sind. Da radelt es sich dann auch ganz entspannt zum Pass hinauf. Die Landschaft ist ein Traum in Grün, grüne Wiesen und Weiden, ab und zu weiße Jurten der Nomaden und viele Pferde. Eigentlich sind es dann 2 Pässe, denn nach dem ersten Gipfel geht es dann noch einmal 200 hm runter und dann letztlich hoch zum Taldyk-Pass. Hier auf 3603 Metern Höhe packe ich dann auch meinen Geburtstagstrunk aus, einen 100 Gramm Plastikbecher mit Wodka. Sieht ein bisschen aus wie ein Joghurtbecher, ist aber recht praktisch, denn man braucht nun den Wodka nicht mehr flaschenweise herumfahren, sondern hat ihn portionsgerecht. Mit dem Sprit in der Blutbahn fährt es sich dann auch viel beschwingter die Serpentinen hinunter ins Tal und wir werden heute weit hinunter müssen, eigentlich für den Rest des Tages.

So wird heute einer der schönsten Tage auf der Tour, meist haben wir leichten Rückenwind, als wir das Tal hinunter sausen. Die Landschaft ändert sich auch ständig. Am Anfang ist alles noch schön Grün mit Pferden und Jurten. Dann kommen rötliche Felsformationen dazu, die das Landschaftsbild bestimmen. Am Nachmittag kommt dann noch einmal ein recht trockener Abschnitt und dann sind wir fast schon in der Ebene, so dass Landwirtschaft betrieben wird. Die Leute in den Dörfern sind mehr als freundlich, man wird sofort angesprochen, wenn man irgendwo ein Bild macht und vor allem die Kinder lieben es, fotografiert zu werden. Schon am frühen Nachmittag wünsche ich mir keine Fotomotive mehr, so oft habe ich heute die Kamera schon ausgepackt.

Nach 103 Kilometern erreichen wir Gülchö, lassen die Stadt aber rechts liegen, wir wollen noch ein paar Kilometer das Tal hinauf und nach einem schönen Zeltplatz suchen. Solch einer findet sich dann auch schon 5 km weiter, hinter einem Dorf gibt es eine schöne Wiese am Bach. Also fragen wir noch den Bauern nebenan und schlagen die Zelte auf. Während wir dann am Kochen sind, haben wir wieder besuch vom halben Dorf, erst kommen die Kinder, dann die Männer und dann auch die Frauen, aber nach einer halben Stunde ziehen alle winkend wieder ab und wir haben unsere Ruhe. Na ja, richtig ruhig ist es nicht, denn auf der Straße ist nun wieder ordentlicher Verkehr, aber das Rauschen des Baches übertönt alles.