Archiv: 2010 Hallo, Vietnam!

103. Tag in Hanoi-7. August 2010

Samstag, den 7. August 2010

Ausflug nach Chua Hong- Regen an der Parfümpagode

Ich habe Besuch aus China, meine alte Studienfreundin aus Beijing ist für zwei Wochen nach Hanoi gekommen. Was also am Wochenende tun: „Parfüm Pagode“, das klingt duftig und verlockend in den Reisführern und die Anlage ist nur 60 km von Hanoi entfernt. Also borge ich mir ein Moped und am Samstagmorgen sausen wir aus der Stadt. Moped fahren ist nicht halb so entspannend wie radeln, besonders hier in der Stadt und bei dem starken Verkehr auf der Ausfallstraße ist es richtig stressig. Gestern Abend hatte ich meinen ersten kleinen Unfall (ohne Alkohol), weil noch ein Mopedfahrer meine grüne Ampel gequert hat, glücklicherweise nur eine Schürfwunde bei mir und ein platter Reifen am Moped. Der querende Fahrer hat möglicherweise gar nichts realisiert, denn es gibt nur eine Blickrichtung: vorwärts.

Erst 20 km außerhalb wird es etwas ruhiger, aber dafür schön staubig, doch die zweite Hälfte der Strecke fährt sich dann recht gut auf ruhigen Straßen. Wir sind nach Süden aus der Stadt hinaus gefahren und dann durch zwei kleine Städtchen übers Land bis nach Dai Nghia (My Duc). Kaum etwas ist ausgeschildert, aber die Passanten wissen, wohin wir wollen. Gegen 12 Uhr sind wir am Ziel in Huong Son, einem winzigen Städtchen. Hier gibt es einen Flusshafen mit vielen kleinen Booten und ein paar einfachste Hotels. Für 200.000 Dong bekommen und für einen ähnlich dicken Preis auch ein Mittagessen, endlich mal wieder keine Nudeln, sondern ein fast chinesisches Gericht, Sojasprossen und Rindfleisch aus dem Wok. Im Hafen vor dem Hotel liegen zahlreiche Boote, alles recht rostige Blechkähne. Die Touristen haie sind auch schon da, man hat keine Wahl und kann sich nirgends informieren, alles ist hier in der Hand der Schlepperbande. Wir entschließen uns für die kleine Tour heut und die größere am nächsten Tag. Wenig später sitzen wir im rostigen Blechkahn und eine magere Vietnamesin am Ruder und dann geht es auf den Fluss hinaus. Durch ein schönes Karst-Tal führt der kleine Fluss recht romantisch hindurch, bei dem Regen sind nur wenige Boote unterwegs, aber nach dem Neujahrsfest Tet, beginnt hier die Festival Saison, dann sind an den Wochenenden 5000 Boote auf dem Gewässer und selbst die kleinen Boote werden dann mit bis zu zehn Vietnamesen besetzt. In Ausländer umgerechnet ungefähr 4 bis 6, je nach Herkunftsland und Ernährungsstatus.

Schon nach wenigen Augenblicken tut der Himmel das, was er schon seit einer Stunde angedroht hat, er schüttet sich aus. Zum Glück haben wir die Regenüberhänge vom Moped dabei, nur meine Umhängetasche mit dem Handy wird total nass und das Mobilteilchen fällt danach komplett aus, vielleicht auch einmal ein Segen, so ein mobilfonfreies Wochenende.

Im Regen rudert uns unsere Vietnamesin bis zu einem kleinen Tempel, nichts Welt bewegendes. Vielleicht liegt es auch daran, dass es nur wenige Mönche im Lande gibt, nicht wie in China oder in Burma, wo die meisten Tempel von einer größeren Zahl von Mönchen bewohnt werden. Zu Fuß geht es dann noch zu einer kleinen Tropfsteinhöhle, davor ein buddhistischer Altar mit ein paar Gottheiten. Der einzige Mönch führt mich mit der Taschenlampe durch die kleine Tropfsteinhalle und erklärt mir auf Vietnamesisch, welche Figuren meine Fantasie jetzt hier erkennen müsse. Einiges ist nicht schwer, bei anderem habe ich dann doch eher eine kreative Lücke. Aber vielleicht bin ich da von meiner Jugend her vorbelastet, denn mein Vater bewahrte in meinem Kinderzimmer seine Mineraliensammlung auf. Toll, dann eine Freundin mitzubringen: „Hey Kleines, willst du mal meine Mineraliensammlung sehen und am Steinsalz lecken.“ Aus heutigem Standpunkt hätte man da was draus machen können, aber nicht als 14 oder 15 jähriger Jungspund, der immer nur wissen wollte, wann der Vater seine „Steine“ (im besten Falle) oder sein „Geröll“ (bei eskalierenden Diskussionen) aus dem Zimmer räumt.

Zurück in den vietnamesischen Karst, bei schönem Wetter hätte man eine tolle Aussicht vom halben Wege, aber bei Regen muss man auf jeden Schritt auf dem glitschigen Untergrund achten.

Beim Zurückrudern wird dann das Wetter wieder besser, aber der Ort hat für den Abend wenig zu bieten. Gegen 18.30 werden die Bürgersteige hochgeklappt, zu Essen gibt es nur noch Instant-Nudeln und in der Bierhalle sind wir die einzigen Gäste und auch da werden wir 20.30 Uhr rausgefegt.

97. Tag in Hanoi- Sonntag, der 1. August 2010

Sonntag, den 1. August 2010

Ausflug nach Ninh Binh III – Auf dem Highway zurück

Die Nacht war angenehm kühl unter der Klimaanlage, doch am nächsten Morgen ist auch um 7 Uhr schon wieder heiß und ein klarer blauer Himmel verspricht noch einmal Temperaturen knapp unter 40 Grad. Und ich will noch durch den Karst, um einen schönen Weg fürs nächste Jahr zu erkunden und das wird etwas Zeit kosten.

Ninh Binh ist nicht sehr groß und so wird es nach 200 Metern in der Nebenstraße schon interessant, viele kleine Häuser mit schönen Gärten und langsam nähert man sich den Karstkegeln. Durch die schlängelt sich dann ein kleiner Weg hindurch und das leben hier scheint mehr als idyllisch. malerische kleine Häuschen mit viel Grün und einem Teich vor der Haustür, aber natürlich gibt es keine Klimaanlage und ähnliche Dinge, die das leben leicht und angenehm machen. Hier bestimmt harte Arbeit den Alltag, auf dem Reisfeld gibt es immer etwas zu tun, Wasserspinat muss geerntet werden und die Hühner und Enten müssen versorgt werden. Die ausländischen Touristen blasen dann einmal ganz schnell auf dem geliehenen Moped vorbei und schießen von weitem Fotos von der eindrucksvollen Landschaft. dabei lohnt es sich einmal links oder rechts abzubiegen und ein paar hundert Meter den kleinen Pfaden bis zum Ende zu folgen, man hat dann mitunter noch spektakulärere Aus- und Einsichten. Mitten durch die so genannte „Trockene Ha Long Bucht“ wurde eine Straße gezimmert und die zerstört natürlich viel von dem Charme der Landschaft und hier sprießen jetzt auch Restaurants und große Parkplätze aus dem Boden. Der Hoa Lu Tempel war einstmals ein verschlafener Ort, aber hier ist jetzt ein Heer von Arbeitern und Handwerkern am Werk und es wird eine kulturhistorische Stätte mit massiver Touristenkapazität geschaffen, riesige Parkplätze für Busse, breite Zufahrtspisten und Torbögen und Gebäude im versuchten alten Stil, an Stellen, wo es in den letzten 1000 Jahren nur Reisfelder oder Tümpel mit Wasserspinat gab. Die kleinen Pfade durch verschlafene Dörfer werden also in Zukunft immer schwerer zu finden sein und die Kids werden sich ihr Taschengeld mit Bettelei und Souvenirs aufpäppeln, als mit Freunden durch die Gewässer zu waten und kleine Fische zu harpunieren oder zu elektroschocken.

So einigermaßen habe ich dann meinen Weg fürs nächste Jahr gefunden und suche mir noch einen netten kleinen Weg am Fluss entlang zur Hauptstraße. Auf der A 1 rollt dann auch der dicke Verkehr, aber die Straße ist groß und breit und so kann ich Geschwindigkeit machen und das ist auch gut so, denn die Sonne brennt schon wieder mächtig am Himmel und bei knapp 30 km/h ist der Fahrtwind dann doch recht angenehm.

Der Vorteil der Hauptpiste ist, dass ich dann auch ein Restaurant finde und etwas Reis und Huhn essen kann, dazu trinke ich unglaubliche Mengen an Eistee. ich habe Glück und ein paar Wolken ziehen auf, zwar bleibt die Hitze, aber die Sonne brennt nicht mehr so auf dem Pelz. Die A 1 wird dann sogar zur Autobahn, eigentlich hatte ich auf die Nebenroute gewollt, aber es rollt sich hier zu schön, also bleibe ich auf der Rennstrecke bis ich in die ersten Vorstädte komme.

Auch nach dem Mittag komme ich weiter gut vorwärts und mein Elan hält auch bis 20 Kilometer vor Hanoi an, dann ist der Körper wieder ausgelaugt und ich muss auf die kurze Strecke noch zwei mal Pause machen und bin heilfroh, als ich dann in meine kleine Gasse einbiege, die Klimaanlage einschalten und mich unter die kalte Dusche stellen kann. Wie viel Hitze ich heute wieder getankt habe, das merke ich erst, als ich versuche zu schlafen und trotz der Klimaanlage der Schweiß weiter und weiter tropft.

So langsam geht dann auch ein anstrengendes aber auch sehr schönes und interessantes Wochenende zu Ende. Hart war es bei der Hitze auf dem Rad, aber der Körper erholt sich schnell wieder und neben schönen Erinnerungen und ein paar Fotos bleibt erst einmal ein leichter Sonnenbrand am Nacken.

96. Tag in Hanoi – Samstag, der 31.07.2010

Samstag, den 31. Juli 2010

Ausflug nach Ninh Binh II – Hart am Hitzekoller, 98 km von Kim Boi nach Ninh Binh

Auch wenn man 40 Dollar für ein nettes Zimmer bezahlt, heißt das noch lange nicht, dass Ausschlafen im Preis inbegriffen ist. gegen 5.30 Uhr jedenfalls wird um meinen Bungalow herum der Wald gefegt, das heißt ein Dutzend Arbeiterinnen ist mit Besen und Rechen zum Saubermachen unterwegs. Aber ich wollte ja sowieso nicht lange Schlafen! Also springe ich noch einmal in den Pool, dann gibt’s Frühstück und um sieben Uhr bin ich auf dem Rad. Nicht dass es etwas kühl wäre am Morgen, die Temperatur ist schon wieder bei dreißig Grad und die Sonne und der klare Himmel versprechen einen noch wärmeren Tag als gestern.

Gleich in Kim Boi gibt es einen schönen lokalen Markt, also nicht zu vergleichen mit den Klimbim Shopping Meilen in den Touri Zentren. Hier gibt es nur lokale Produkte und keine Touristen. Um das Gemüse und Fleisch drängen sich die Frauen aus den umliegenden Dörfern. An der Straße werden Hühner und Geflügel verkauft. Zusammengedrängt in kleinen Bambuskörben wartet das Geflügel auf seine letzte fahrt zum Kochtopf. Aber der Markt hat auch soziale Funktion, überall stehen die Frauen beieinander und tratschen und kichern. Auch ein paar Minoritätenfrauen, zu erkennen an den blau gefärbten Jacken und mit bestickten Borten verzierten Arm und Beinbändern sind zu sehen, hier kann ich nur raten welcher Volksgruppe sie zugehören, wahrscheinlich ein thaistämmiges Volk. Leider lassen sich Damen nur sehr ungern fotografieren und ich will sie ja auch nicht verärgern, also wende ich mich wieder den ethnischen Vietnamesen zu, die da viel williger sind. Sie lächeln nicht nur bereitwillig in die Kamera, manchmal werde ich sogar gestoppt und aufgefordert ein Bild zu machen.

Den Vormittag geht es weiter durch Karstlandschaft, die aber recht weitläufig ist. Wieder genieße ich das satte Grün der Felder, die schmale ruhige Straße und die schönen Ausblicke. Leider kann man unterwegs nicht stehen bleiben und die Ausblicke länger genießen, da dann sofort der Schweiß ausbricht. Bis Ba Hang nach 43 km habe ich dann schon einen kräftigen Hunger, doch es ist wieder schwierig, ein Restaurant zu finden. Erst am Ende des Ortes bekomme ich dann eine große Portion Reis, Hühnchen und etwas Gemüse. Eine große Gruppe von Jugendlichen ist auch im Restaurant und so komme ich gar nicht zum Verschnaufen, alle wollen ihre drei vier Worte englisch ausprobieren und ständig werde ich auf die Schulter getippt, mal bitte nicht so viel Essen, wir haben viele Fragen.

Nach dem Essen hat die Sonne dann ihren Höchststand erreicht und brennt unbarmherzig. Nach ein paar Kilometern auf der Hauptstraße geht es wieder links ab auf eine Nebenstraße, deren Belag von mittelmäßig auf lausig und wieder zurück wechselt. Nach ein paar unbedeutenden Hügeln spielt der Körper wieder verrückt, ich schnaufe wie ein Dampfross, aber die heiß-feuchte Luft ist zu dick zum Atmen und ich beginne zu frieren, bei fast 40 Grad. Höchste Zeit wieder eine Pause zu machen. Mühselig erholt sich der Körper nach zwei großen Gläsern Eistee wieder und eine halbe Stunde später steige ich wieder aufs Rad, doch der Effekt hält nicht lange vor und so strampele ich kraftlos und saftlos vor mich hin. Bis zum Ziel sind es noch gute 35 Kilometer und es ist immer noch glühend heiß. Bei Nho Quan geht dann wieder nichts mehr, also mache ich wieder eine lange Pause und trinke wieder einen Liter kaltes Getränk, zu essen gibt es natürlich nichts und so geht es dann hungrig weiter.

Zum Fotografieren habe ich kaum Lust, obwohl die Landschaft toll ist, vor mir wieder Karstformationen und hinter mir die Silhouette des Cuc Phuong Nationalparks, einem großen Urwaldgebiet hier im Norden. Dazwischen eine breite Ebene, viele reisfelder und ein Fluß mäandert gemütlich vor sich hin.

In meinem Reiseleben habe ich schon einige heiße tage erlebt und in der Wüste in Turkmenistan war es auch noch heißer als hier, aber natürlich gab es einen niedrigere Luftfeuchtigkeit. Selbst nach einer halben Stunde Rast lassen die Schweißströme nicht nach, 38 Grad sind einfach zu heiß zum Radeln in den Subtropen. Nach Ninh Binh will ich mitten durch die Karstkegel, es gibt hier eine Straße mittendurch, aber ich kann den Abzweig nicht finden, also mache ich noch eine letzte rast und trinke diesmal Zuckerrohrsaft und hoffe, dass der Zucker mir noch Kraft für die letzten 15 Kilometer gibt. Jetzt ist es auch schon 17 Uhr und nicht mehr ganz so heiß und ich bin heilfroh, als ich eine knappe Stunde später in Ninh Binh einrolle, vom Kegelkarst habe ich noch nicht viel gesehen, das muss ich dann morgen früh nachholen, auf dem Weg zurück nach Hanoi.

Im Guesthouse war ich schon dreimal hier und deswegen werde ich herzlich begrüßt. Wo denn meine Reisegruppe sei, werde ich sofort gefragt. Es gibt nun ein kaltes Bier und eine kühle Dusche und so langsam erholt sich der Körper wieder und ich beginne den Tag doch nicht so schlecht zu empfinden. Vor allem zeigt sich, dass es gut war in Beijing noch einen Polarisationsfilter für die Kamera zu kaufen, endlich wieder ein azurblauer Himmel und Wolken auf den Bildern!

Auch im Februar nächsten Jahres werde ich hier auf der Strecke unterwegs sein und dann bei angenehmen Temperaturen, hoffentlich um die 25 Grad und dann wird es eine wirkliche Genusstour und nicht so eine Hitzequälerei. Landschaftlich war es eine tolle tour und es ging bis auf die letzten acht Kilometer nur auf ruhigen Straßen und Wegen mit nur kleinsten Hügeln dazwischen durchs Land, so dass eine 100 km Etappe kein Problem sein wird.

95. Tag in Hanoi- Freitag, der 30. Juli 2010

Freitag, den 30. Juli 2010

Ausflug nach Ninh Binh – Flucht aufs Land, 68 km nach Kim Boi

Die halbe Woche war ich schon wie elektrisiert, am Wochenende endlich aufs Rad steigen und längere Touren machen. Seit März war ich nicht mehr „richtig“ mit dem Rad unterwegs, für mich eine halbe Ewigkeit. Der Unterricht am Freitag flutscht und dann werfe ich zu Hause meine Packtasche an Rad, schlüpfe noch mal schnell unter die Dusche und dann geht es los, auf der Kim Ma Straße entlang, dann links dem Kanal folgen und dann rechts auf die Ausfallstraße Richtung Hoa Binh.

Der Verkehr hier aus der Stadt heraus ist heftig, aber nach drei Monaten Hanoi bin ich ja schon einiges gewöhnt. Schlimmer ist die Hitze, es sind heute wieder gut 35 Grad, beim Fahren geht es, aber wehe denn, die nächste rote Ampel kommt. Auf der Ausfallstraße wird gehupt, was das Zeug hält, diese ist in eher schlechtem Zustand, das heißt es gibt in der Mitte einen Asphaltstreifen, der genau für zwei Fahrzeuge reicht, also gibt es eigentlich kein Platz zum Überholen mehr. Deshalb wird versucht, den langsameren Verkehr auf den staubigen Seitenstreifen zu hupen, das klappt aber bei den wenigsten Vietnamesen und auch nicht bei mir. Ab irgendeinem Punkt ist man resistent gegen die Huperei und es kommt nur einmal mein Temperament durch. Als ich gerade ein wenig nach rechts will, um einen Truck passieren zu lassen, beginnt der zwei Meter hinter mir mit seinem Megahorn zu blasen, das es mich fast aus den Latschen haut. Nach meinem bösen Blick nach hinten, hupt er noch einmal schön lange und genüsslich und da denke ich: „So nicht mein Freund, genüsslich kann ich auch!“ Und das tue ich dann auch fast zwei Minuten auf meiner Spur, gemütlich radelnd und das inzwischen immer wütender werdende Hupen komplett ignorierend und es ist interessant, dass Reaktionsschemen bei deutschen, italienischen und vietnamesischen Autofahrern gleich sind. Er zieht wütend seinen Truck in den Staub nach rechts und überholt mich holpernd auf dem Seitenstreifen. Nach 25 km ist die Stadtgrenze erreicht und ich gönne mir eine Pause in einem kleinen Bia Hoi unter einem schönen großen Baum. Nach dem Absteigen beginnt der Schweiß in Strömen zu fließen und will gar nicht wieder aufhören und zwei Flaschen Eistee gehen auch runter wie nix.

Aus der Stadt heraus wird es landschaftlich gleich sehr angenehm. Viele Reisfelder links und rechts heißt gerade in dieser Jahreszeit viel sattes Grün. Vorbei geht es an viel langsam fließenden Gewässern, die mit allerlei Wasserpflanzen, wahrscheinlich Wasserlilien bewachsen sind, also noch mehr Grün. Lang ziehen sich die Städtchen und Dörfer hin, groß sind sie nicht, aber konsequent an der Straße gebaut und dort spielt sich dann auch das ganze Leben ab. Ein Laden nach dem anderen, viele kleine Cafes und erstaunlich viele Bia Hois.

Mir läuft der Schweiß schon wieder in Strömen und ich verspüre Hunger, aber in dieser Hinsicht ist die Strecke eine einzige Katastrophe, in den Nudelbuden bekommt man auf den Nachmittag keine Nudeln mehr und andere Restaurants fehlen komplett. Mit Keksen uns Süßkram kann ich mich nicht anfreunden, also stoppe ich in einem kleinen Bierladen auf ein kleines Bier und einen Teller gekochter Erdnüsse. Inzwischen ist es auch schon halb fünf und ich habe Luong Son erreicht. Hinter dem Ort biege ich nach links ab und bin nun auf einer kleinen Nebenstraße. Fast kein verkehr mehr und die Straße schlängelt sich durch einen Karst- Canyon. Nicht gigantisch und spektakulär, eher beschaulich und malerisch. Zwischen den kleinen Dörfern wieder Reisfelder und dahinter die bewaldeten Karstformationen. Auf den späten Nachmittag ist viel Volk unterwegs, meistens in Begleitung von Wasserbüffeln, die nach Hause getrieben werden müssen, nicht ohne vorher noch einmal am Fluss auf ein Bad vorbei getrieben worden zu sein. Die Hügel, die ich zu fahren habe hier auf meinen letzten Kilometer, sind eigentlich kein großer Akt, aber die Hitze steckt mir in den Knochen und es sind immer noch gute dreißig grad und dazu kommt die hohe Luftfeuchtigkeit, da heißt es dann wirklich ganz weit runterschalten und um Gottes Willen nicht aus dem Sattel gehen, nach solchen kleinen Sprinteinlagen ist man dem Herzinfarkt ganz nahe. Ganz nahe bin ich dann auch an meinem Ziel. bei Kim Boi gibt es ein nettes kleines Ressort mit Swimmingpool und heißer Quelle und gutem Essen. Das V-Ressort hat zwar seinen Preis, aber man gönnt sich ja sonst Nichts und obgleich ich eher ein Bademuffel bin, ist es doch genial, auf den Abend noch ein paar runden im lau-kühlen Wasser zu drehen und den Körper wieder auf normale Betriebstemperatur zu bringen. Trotz der nur 68 Kilometer auf den Nachmittag fühle ich mich recht müde und ausgelaugt und so vertilge ich im Restaurant eine große Portion gebratenen Reis mit Seafood und einen Salat mit Hühnerfleisch und Bananenblüten. Hier in dem Lokal ist es wirklich gut mit einer Gruppe zu sein, denn es gibt auch lokale Spezialitäten, zu denen Wildschwein und Ziege zählen, aber das sind mir etwas zu schwer und viel.

Wem die Bilder gefallen, der kann im nächsten Jahr hier mit mir zusammen entlang radeln, denn dies wird die erste Etappe der Tour von Hanoi nach Saigon. Sobald man aus der Stadt heraus ist, wirklich gut zu radeln und zum Schluss richtiggehend malerisch, der krönende Abschluss dann, Pool und Quellen und das dürfte im Februar, wenn es hier merklich kühler wird, sehr angenehm sein.

91. Tag in Hanoi- 26.07.10

Montag, den 26. Juli 2010

Abstecher nach Beijing III- Himmlischer Frieden und wieder nach Hanoi zurück.

Gleich gegenüber dem Hotel befindet sich ein Laden mit Frühstücksbaotze, gedämpften, gefüllten Teigtaschen, eine Sache in China, die das ansonsten eher trostlose chinesische Frühstück mehr als hundertfach ausgleicht, welches ansonsten aus immergleicher Nudelsuppe oder massiv geschmackneutralen Reis oder Bohnenbreis besteht. Nicht nur mein Lieblingsfrühstück wird hier dargereicht, sondern es war auch das Lieblingsfrühstück der berüchtigten Kaiserinwitwe Cixi, die mit eiserner Hand das land zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Abgrund führte, so will es die jedenfalls der traditionellste Baotze- Laden der Stadt, der sich nur zweihundert Meter von hier befindet wisse. Davor sitzt eine Plastefigur der Kaiserin, die gerade eine der köstlichen Teigtaschen vernascht.

Dann werfe ich mich noch einmal in den Trubel auf dem Platz des Himmlischen Friedens, aber es ist heute so trübe und grau und dazu recht schwül, so dass ich kaum zu guten Fotos komme. Auf dem Rückweg fallen mir dann in einem kleinen Laden zwei kleine Boddhisatva Figuren ins Auge, die ich dann lange verhandele und mitnehme. So hat meine Wohnung in Hanoi nun zwei Schutzgötter.

Am frühen Nachmittag muss ich mich dann schon wieder auf den Weg zum Flughafen machen, unterwegs ein Stopp im Radladen und ich packe ein Paar Bremsbeläge und einen Schlauch ein, jetzt, wo ich in Vietnam alleine bin, kann ich dann auch Radtouren unternehmen, aber die Versorgungslage mit Ersatzteilen ist in Vietnam eher eine Katastrophe.

Vom Flug gibt es nichts Interessantes zu erzählen und mit Zwischenstopp in Guangzhou bin ich dann kurz nach Mitternacht wieder zurück in Hanoi von meinem Ausflug in die zivilisierte Welt. Gleich am Flughafen drängen sich schon wieder die Schlepper und verlangen unverschämte Preise für den Transfer ins Zentrum. Eine Bahnlinie oder einen offiziellen Transferbus gibt es nicht und alle Taxifahrer sind ans Schleppersystem angeschlossen. Irgendwann sitze ich dann in einem Kleinbus und will für 10 Dollar in die Stadt, doch dann sagt der Fahrer mir, dass er noch auf den nächsten Flieger wartet, um noch mehr Gäste zu bekommen. Also steige ich wieder aus und schnappe mir ein Xe Om, ein Mopedtaxi. Dann geht es durch die nächtliche Frische in die Stadt, ich fühle mich ein wenig unbehaglich, denn der Fahrer wählt dunkle Nebenstraßen, aber ein halbe Stunde später bin ich wohlbehalten wieder in meinem Haus in Hanoi.