Archiv: 2008 Athen-Peking

Mittwoch, 7.Mai 2008, Ruhetag in Samarkand: „Basare, Mausoleen und Minarette“

Freitag, den 9. Mai 2008

Wenn ich früher an Samarkand gedacht habe, war das immer ein Traum aus „Tausend und einer Nacht“. Und tatsächlich ist diese Stadt DER interkulturelle Schnittpunkt mehr als tausend Jahre alter Handelsrouten, die wir die Seidenstraße nennen. Hier teilen sich die Routen nach China; Indien und Persien und es ist eine Stadt, wie aus dem Bilderbuch und „alles was ich über die Stadt gehört habe ist wahr, außer, das sie noch schöner ist“, soll Alexander der Große gesagt haben, als er 329 vor Christus hier einmarschierte.

Mit großen Erwartungen brechen wir zu unserem Stadtrundgang auf und wir werden nicht enttäuscht, kaum biegen wir um die erste Ecke haben wir ein wundervolles Panorama über die Stadt mit ihren blauen Kuppeln der Moscheen und Mausoleen und den hoch aufragenden alten Minaretten und Medressen.

Zuerst besichtigen wir die Shah-I-Zinda, die Straße der Mausoleen, mit den Gräbern der Familienmitglieder Timors und vielen Mausoleen unbekannter Personen. Die Gebäude sind mehr als prächtig, aber noch beeindruckender ist es in dickem Pulk mit den Einheimischen durch die Gebäude zu marschieren. Vor allem die Frauen in ihren mehr als farbenfrohen Gewändern haben es mir angetan und jedermann und jede Frau lässt sich begeistert fotografieren. Eine Orgie an Farben und Gesichtern, die ich hier fotografisch festhalten darf. Eigentlich wollte ich mich auf sechs Bilder für das Blog pro Tag beschränken, da das Internet mehr als lausig ist, aber ich habe schon Probleme nur den heutigen tag auf 15 Bilder zu reduzieren.

Genauso imposant ist der hiesige Basar, der kein touristischer ist. Es gibt alles, was man zum leben braucht: Gemüse, Obst, Gewürze, frisches Brot, chinesisches Plastikgeschirr, Messer, Wokpfannen, Kleider und glücklicherweise keine Teppiche. An jedem Stand sammeln sich Händler und Kunden und debattieren lautstark über Qualität und Preise.

 

Gleich hinter dem Basar befindet sich die Bibi- Khanym- Moschee, mit seinem allein 35 Meter hohemn Eingangstor ist das Wahrzeichen der Stadt. Veranlasst wurde der Bau von der Frau Timurs als Überraschungsgeschenk für ihren Gemahl. Doch der Architekt verliebte sich in Timurs Frau und er verweigerte die Vollendung des Baus, es sei denn er bekäme einen leidenschaftlichen Kuss von ihr. Nach einem Gelage gewährte Timurs Frau ihm diesen oder mehrere. Timur jedoch war nicht freudig überrascht von dem Geschenk und den knutschlecken am Körper seiner Frau und ließ beide hinrichten.

Gegenüber dem Registan Platz befindet sich ein idyllisches Teehaus, in dem wir die Mittagshitze überstehen und ausgiebig essen. Von hier hat man einen ausgezeichneten Blick auf die drei großen Medressen, Studierhäuser, die die größten Herrscher der Stadt haben errichten lassen. Davor laufen die Leute zusammen, denn ein Film wird gedreht. Ein Bollywood Team ist hier mit indischem Movie-Star und russischem Ballett und wir dürfen zusehen, wie fünf Sekunden eines Blockbusters, den wir wohl in deutschen Kinos niemals sehen, abgedreht werden.

Am Nachmittag gehe ich dann noch ein wenig in den Gassen spazieren und quäle mich mit dem Internet ohne viel zu erreichen, so dass ich nicht einmal zum Abendessen komme.

Dienstag, 6.Mai 2008, vom Lager hinter Qosrabat bis nach Samarkand, 71 Kilometer, 270 Höhenmeter, bis 35 Grad: „Gespannt auf Samarkand“

Freitag, den 9. Mai 2008

Unser Frühstück ist so einfach wie die Tage davor, ich denke, wir müssen uns etwas einfallen lassen und sollten zumindest noch etwas Obst besorgen. Die Meinungen über das Frühstück sind immer ziemlich geteilt, die einen können eben Marmelade nicht ausstehen und für die anderen sind eben Fischkonserven nicht das non plus ultra eines gesunden Frühstücks. Hubert sieht es von der witzigen Seite und meint, dass sämtliche Speck und „Frühlingsröllchen“ dann definitiv bis Peking abgearbeitet sind.

In einen wunderschönen sonnigen Vormittag brechen wir dann in Richtung Samarkand auf und heute verstehen wir, den Satz in der Reisebeschreibung, der da lautete, es ginge durchs ländliche Usbekistan. Alles ist eine wunderschöne grüne Oase, grüne Getreidefelder, die noch einen Monat bis zur Reife brauchen, Bewässerungskanäle und kleine Dörfer. Überall auf den Feldern wird geharkt oder gehackt.

Dieter fährt sich heute gleich zwei Mal eine Scherbe in den Mantel, pfffff… und wieder Plattfüße, damit ist wohl Dieter unser Plattfußkönig. Unter großer Anteilnahme der usbekischen Landbevölkerung reparieren wir dann schnell und weiter geht es.

Immer dichter wird es besiedelt und es gibt überall großes „Hallo“ vom Straßenrand, es ist wirklich ein wunderschöner Tag und die Landschaft ist faszinierend und bezaubernd und ich fühle mich ein wenig wie Alice im Wunderland. Straßenrand dreht sich ein Wasserrad, das zur Bewässerung der umliegenden Felder dient.

Die Maulbeerallee, die wir durchfahren wird überall beschnitten, von den Bäumen bleiben nur kahle Strunke. Die frisch geschnittenen Äste werden auf Eselskarren verladen und werden im nächsten Dorf an die hungrigen Larven der Seidenraupen verfüttert.

Usbekistan ist ein Land der Teehäuser, es gibt große und kleine. In einem letzteren kehren wir ein und die Küche ist eine fotografische Fundgrube. Gekocht wird genau so wie vor hundert Jahren oder gar vor 500 Jahren. In einem Lehmherd ist ein großer Wok eingebaut und daneben gibt es einen ebenso mit Holz befeuerten Lehmofen, in dem die immer frischen Brote gebacken werden.

Auf der Autobahn geht es weiter in die Stadt, allerdings ist dies eine der schlechtesten Autobahnen, die ich je gesehen habe und es gibt auch kaum Verkehr. Kurz vor der Stadt kehren wir dann noch einmal ein, diesmal ist es ein großes, modernes Teehaus und es gibt Krautsuppe und Gegrilltes, danach steht der Stadt nichts mehr im Wege.

 

Auf der löcherigen Piste geht es durch die Vorstadt, von den historischen Gebäuden ist nicht viel zu sehen und auf den ersten Blick, gibt es keinen großen Unterschied zu anderen russischen Kleinstädten. Im Hotel, einem netten, alten, traditionellen Bau, mit Hinterhöfen und dicken Holzsäulen gibt es dann erst einmal Probleme. Der Besitzer möchte unsere Gruppe in 3 Bett Zimmer aufteilen, womit natürlich und unsere Gäste nicht einverstanden sind. Also wird sämtliches Personal umquartieret und Räume gezaubert und nach einer Stunde haben wir ein einigermaßen zufrieden stellendes Ergebnis und ich bin mehr als reif für eine Dusche und einen Spätnachmittagsschlaf. Die Stadt, mit ihren Mausoleen und fliegenden Teppichen wird dann wohl bis morgen warten müssen.

Beim Abendessen gibt es ein Wiedersehen mit der Teilgruppe, die einen Tag vor uns eingetroffen ist und auch ihre Erlebnisse hatte. Allen waren natürlich beeindruckt von der wunderschönen Landschaft und den netten Menschen, auch wenn einer der Teilnehmer auf der Straße von Jugendlichen gestoppt wurde, die ihm dann sein Fernglas abnahmen und wenige Sekunden später im Feld verschwanden. Aber das ist inzwischen als Erlebnis eingeordnet und mir wird klar, dass es überall eben solche und solche Menschen gibt und, dass trotz aller Freundlichkeit immer ein wenig Wachsamkeit und Zurückhaltung von Nöten ist.

Bei einigen Bieren geht dann aber ein fröhlicher Abend zu Ende und wir alle sind gespannt

Montag, 5.Mai 2008 , vom Bergcamp bei Josh bis zum Lager hinter Qosrabat, 79,5 Kilometer, 531 Höhenmeter, bis 32 Grad

Mittwoch, den 7. Mai 2008

Eher als angenommen steigt die Sonne über den Bergrücken und beleuchtet und wärmt unser Zeltlager im grünen Talgrund. Eigentlich hatten wir 8 Uhr als Frühstückstermin gesetzt, aber schon viel früher laufen alle geschäftig im Lager herum, packen Sachen und Zelte zusammen oder ziehen mit dem Toilettenspaten hinter den nächsten Hügel. Da die Wurst vom Markt fast explodiert, fällt das Frühstück etwas mager aus, die „Süßen“ halten sich an die Marmelade, die „Unsüßen“ an die Fischkonserven, dazu gibt es Unmengen von Keksen. Und heute passiert dann ein Wunder, alle sitzen 10 Minuten vor 9, also vor der beschlossenen Abfahrtszeit auf den Rädern. Gemütlich rollen wir den Berg wieder hinunter durchs Dorf. Dort werden wir noch einmal von der Schulklasse gestoppt, die an der Straße mit Fähnchen steht und auf uns wartet. Der Lehrer unterrichtet an der Schule Deutsch und Russisch und so werden wir mit einem „Guten Morgen“ begrüßt. Frank bekommt einen großen Strauß Feldblumen zum Geburtstag und die Kameras klicken in alle Richtungen. Nach ein paar Minuten rauschender Fahrt durch die grünen Wiesen und Felder sind wir auf der Hauptstraße und weiter geht es in Richtung Samarkand. Heute wird es ein wenig hügeliger und es geht manchmal mehr oder weniger bergauf und wieder bergab. Laut Straßenbeschilderung hat jeder Anstieg und jede Abfahrt 10%, denn es gibt wohl keine anderen Schilder.

Die Landschaft ist grandios, überall zwischen den Hügeln liegen kleine Gehöfte, nur aus Lehm gebaut, die fortschrittlicheren unter den Gebäuden haben dann schon ein  Wellblechdach. In einem kleinen Dorf kaufen wir dann den Vorrat von 5 Flaschen an Cola komplett auf und reduzieren den Lagerbestand an Waffeln um ein Vielfaches. Es ist ein mehr als gemütliches Radfahren heute. Die Strecke ist nicht zu anspruchsvoll, aber wunderschön und wir haben nur wenig Kilometer zurückzulegen. Überall blühen Blumen und manche Felder sind durchsetzt mit rotem Klatschmohn, der gerade in der schönsten Blüte steht.

Mittag gibt es in dem kleinen Städtchen Qosrabat in einem Teegarten mit einer leckeren Suppe und etwas Hackfleisch vom Grill. Ich versuche etwas die Hauptstraße entlang zu spazieren, aber man ist hier überall die Hauptattraktion und nach 300 Metern ist die „Einkaufsmeile“ sowieso zu Ende, die aus fünf Fotoshops, drei Teestuben, zwei Läden und einem fliegenden Schuster bestand. Bis zum Nachmittag sitzen wir noch in der Teestube, dann geht es noch ein paar Kilometer weiter. Der vorgesehene Platz gefällt uns nicht, da es einfach noch zu warm für ein Camping in der prallen Sonne ist und so fahren wir noch gute 10 Kilometer weiter und enden dann auf der Baustelle eines Teehauses. Das obere Geschoss ist ideal, um die Matten auszurollen, es gibt eine Toilette und hinter dem Haus bauen wir das Duschzelt auf.

 

Der Bauer von nebenan hat auch eins dieser eigentümlichen Weinfelder. Die Stöcke werden hier so geschnitten, dass die knorrigen Äste am Boden liegen und dort auch Früchte tragen. Der Grund dafür sind die mitunter doch sehr kalten Winternächte, in denen der Weinstrauch mit Sand bedeckt werden muss und das lässt sich bei den am Boden wachsenden Ranken, doch mit recht wenig Aufwand verwirklichen. Auf alle Fälle ist der Wein, von dem wir 10 Liter für 8 Euro kaufen lecker, süß und schwer wie ein Cherry und das erstaunlichste, er macht keine Kopfschmerzen, wie ich am nächsten Morgen feststellen darf.

Der Rest des Abends vergeht beim fröhlichen Geburtstagsplausch am Ende eines ruhigen und gemütlichen Tages.

Sonntag, 4. Mai 2008, von Narata zum Bergcamp bei Josh, 62 Kilometer, 562 Höhenmeter, bis 30 Grad

Mittwoch, den 7. Mai 2008

Die ganze Nacht funkelten die Sterne am Himmel, doch am Morgen ist alles zugezogen und grau. Gerade als wir mit dem Frühstück fertig sind, es gab eine große Portion Milchreis, fing es an zu tröpfeln.

Gegen 8 Uhr brechen wir auf zur Festung, die Alexander der Große hier errichten lassen. Viel ist nicht mehr übrig, aber unten auf dem Markt und Parkplatz ist richtig Leben. Jeden Sonntag kommen hunderte von Ausflüglern hierher und es gibt überall Buden und Verkaufsstände entlang des Weges, vor denen sich die Leute drängen. Ein Stand verkauft frisches Lammfleisch. Vorne hängen die enthäuteten Tiere und ein paar Meter weiter hinten warten blökend weitere 5 Schäfchen auf ihr Schicksal, noch am gleichen Tag im Plow zu landen.

Während wir uns durch die Menschenmassen drängeln, um an der Quelle vorbeizukommen, die der Gegend hier zu Fruchtbarkeit verholfen hat und dann die Reste der Festung zu besteigen, fängt es richtig an zu regnen. Oben ist es so kalt, dass wir auf dem Absatz kehrt machen und ins nächste Teehaus einziehen. Da wir heute nur wenige Kilometer zu fahren haben, können wir wirklich abwarten und Tee trinken und nach einer Stunde hört es dann auch wirklich wieder auf zu regnen und es sieht sogar so aus, als ob die Sonne wieder herauskommen möchte.

Aus der Stadt heraus kommen wir in eine riesige Ebene. Im Gegensatz zu gestern keine richtige Wüste, sondern Grassland, durch das sich unsere Straße wie ein gerader Strich bis zum Horizont zieht und genauso sieht unser Fahrtag aus. Geradeaus geht es bis zum Mittagspicknick in einem kleinen Dorf rechts von der Straße. Lediglich rechts von uns zieht sich die Bergkette hin, über die wir gestern gefahren sind und auch wieder hinüber müssen, wenn wir näher nach Samarkand kommen. An den Gipfeln lösen sich langsam die Wolkenhauben vom Regen heute Vormittag auf. Inzwischen scheint die Sonne wieder und es sind fast dreißig Grad, nachdem heute Morgen das Thermometer frostige 13 Grad gezeigt hat.

Unter einem großen schattigen Aprikosenbaum machen breiten wir unsere Decke aus und schnitzeln einen großen Salat. Dazu gibt es eine Suppe, die Farhoud schon hat in Narata kochen lassen und die nur aufgewärmt werden muss. Dazu gibt es dann allerhand kleine Süßigkeiten und Brot und fertig ist ein kleines Mahl.

Nach einem Mittgasschläfchen geht es dann weiter durchs Grasland, vorbei an großen Herden von Schafen und Ziegen. Das Leben der Leute hier ist sehr einfach, ein paar Ziegen oder Schafe und vielleicht ein Kuh reichen für die Fleisch und Milchversorgung aus. Im Garten der Häuser aus gestampftem Lehm wachsen Gemüse und Kräuter und mehr brauchen die Leute hier nicht, scheint es.

Als die Sonne Anfängt alles in warme Farben zu tauchen, biegen wir nach rechts ab und fahren auf ein Dorf am Rande der Berge zu. Die Wiesen sind umso grüner, je höher wir kommen. Mohn und Kornblumen blühen am Straßenrand und es geht nach hinten zu mächtig aufwärts. Eine halbe Stunde strampeln wir noch bergauf bis hinter das Dorf und sich dann schon auf 1000 Meter Höhe, als wir eine schöne Wiese erreichen.

 

Es ist wohl der schönste Lagerplatz bisher, nach oben windet sich die kleine Straße noch ein wenig und nach unten haben wir einen herrlichen Ausblick über das Dorf und über die gesamte Ebene. Ein kleines Bächlein plätschert vor sich in und nach einer halben Stunde hat sich die gesamte Dorfjugend versammelt, um unser Tun und Lassen zu beobachten. Rundherum weiden Tiere, zuerst werden die Schafe vorbei getrieben, dann kommen muhend Kühe vorbei und ab und zu brüllt ein Esel so laut und erfreut sich daran, dass das Echo den Ruf eine halbe Sekund später wiederholt.

Der Fahrer gräbt eine Grube in der ein kleines Feuer gemacht wird und nachdem der Topf darüber gesetzt wurde beginnt die Mannschaft mit der Zubereitung des Plows, vielleicht mit dem Fleisch der Tiere, die wir heute Morgen noch in Narata haben stehen oder hängen sehen. Robert und ich scheinen uns dann vollends als Salatköche qualifiziert zu haben und die anderen sitzen irgendwo in der Landschaft, genießen die Aussicht und schreiben Tagebuch. Gerade im letzten Licht des Tages sitzen wir dann alle um unser Tischtuch und genießen unseren Reis und die Stimmung des Abends nach einem sehr abwechslungsreichen Tag.

Samstag, 3. Mai 2008, vom Wüstencamp bei Tschorkol bis nach Nurata, 110 Kilometer, 648 Höhenmeter, bis 30 Grad

Mittwoch, den 7. Mai 2008

Bei dem straffen Wind, der am Morgen weht, rettet mein Kocher das Frühstück. Robert hatte ihn in Buchara auseinander genommen und gereinigt und so funktioniert er nun wieder. Ich war wegen des Kochers schon etwas sauer, denn ich hatte mich für ein teureres Modell entschieden und nun funktioniert er hier nicht so, wie ich das von meinem Veteran, den ich seit 15 Jahren benutze, gewöhnt bin. Wie auch immer, der Gaskocher unserer Mannschaft ist hier nicht zu gebrauchen und nach 4 Minuten haben wir den ersten Topf mit kochendem Wasser für Kaffee und ich schaffe es nach dem ersten Pott dann endlich auch, die Augen richtig aufzubekommen. Zum Frühstück gibt es noch leckere Salate und Kefirkäse mit Marmelade oben drauf. Etwas Schmelzkäse ist auch da und in den Kaffee gibt es gesüßte Kondensmilch, ein Lebensmittel mit Suchtfaktor.

Ohne Wind geht es dann noch ein paar Kilometer durch die Wüste und dann durch kleine Dörfer und entlang grüner Felder. Überall sind die Leute draußen und jäten Unkraut und von allen Seiten wird gewunken und es erschallen anfeuernde Rufe. Und die Begeisterung der Leute überträgt sich auf uns, wir hatten lange keine so gute Stimmung in der Gruppe und das, obwohl manches nicht so glatt ging und ich denke wir haben endlich die richtige Einstellung zur Reise erreicht, zu sehen, das alle das Beste aus dem machen, was möglich ist und nicht ständig über kleine Unebenheiten im Reiseablauf zu meckern.

Auch in der nächsten Stadt schlägt uns eine Welle der Begeisterung entgegen, wir tanken Lebensmittel für ein leckeres Mittagspicknick, frische Butter und Salat, sowie frische Brote und Wurst. Weil sich so viele Leute um uns versammeln, hat Farhoud, unser usbekischer Führer, Sicherheitsbedenken. Gestern haben wir uns ein wenig über das System hier unterhalten. Der Staat möchte am liebsten alles und jeden überwachen und das passiert zum größten Teil auch, nicht ganz so offen wie in Turkmenistan, sondern etwas verdeckter. Auch gestern Abend war noch ein Polizist aufgetaucht, hat sich von der Mannschaft durchfüttern lassen, den Wodka geleert und dann im Bus übernachtet, aber ich denke hier liegen „Auftrag“ und persönliches Interesse und persönlicher kleiner Vorteil eng beieinander und vielleicht hat er ja auch eine strenge Frau zu Hause.

In einer kleinen Teestube tanken wir dann noch einmal Energie für den kommenden Pass; Kekse, Nüsse und Rosinen, sowie Getränke des Coca-Cola-Konzerns und grüner Tee geben und die notwendige Stärkung für die kommenden Kilometer. Dann geht es wieder hinaus in die Wüste und die Straße beginnt ganz langsam, aber sicher zu steigen und wir gewinnen 300 Höhenmeter.

An einer Quelle mit vielen schattigen Bäumen entschließen wir uns dann doch zur Mittagspause noch vor dem Pass. Die Umgebung ist einfach zu einladend. Nicht nur wir machen hier Picknick, sondern viele Andere auch. Zum Beispiel die Frauenbrigade eines landwirtschaftlichen Betriebes. Weil vorgestern der Tag der Arbeit war, habe man den Rest der Woche frei und es sei hier Sitte, dann irgendetwas im Kollektiv zu unternehmen und ich fühle mich irgendwie heimisch und an die guten Seiten unseres DDR-„Sozimus“ erinnert. Die Männer habe man zu Hause gelassen, die werden wohl dort saufen, aber auch die Ladys haben drei Flaschen Wodka in greifbarer Nähe und wir dürfen mit ihnen anstoßen, was wir wegen des noch vor uns liegenden Passes mit äußerster Zurückhaltung tun.

Mit dem Fahrer unseres Busses schnitzele ich einen leckeren Gurken-Tomaten Salat und es gibt schon weniger Beschwerden über den Knoblauchgehalt des vitaminreichen Gemisches. Dazu schmecken das frische Brot und der Käse. Dann geht es weiter und die Angaben, was uns noch erwartet, schwanken zwischen 8 Kilometern Steigung und 18 Kilometern, doch wir haben Glück, der Pass hat keine 1100 Meter, denn schon bei Höhe 780 sind wir oben und haben eine Aussicht über eine weite Ebene mit Nichts durch die schnurgerade unsere Straße führt. Nach der Abfahrt bläst der Wind ein wenig von der Seite, aber im nächsten Ort biegt die Straße nach rechts ab und der Wind schiebt uns praktisch über die nächste Erhebung, hinter der dann auch schon unser heutiger Zielort Nurata liegt. Einmal geht es im Kreis durch das kleine Städtchen, bis wir unsere Pension bei einer usbekischen Familie erreichen. Hier werden wir freundlich aufgenommen und beziehen in den drei hübschen, mit Teppichen ausgekleideten Räumen Quartier, nachdem wir noch ein „Schmutziges Bier“ getrunken haben. Dann geht es in die Dusche, die eigentlich eine halbe Sauna ist. In einem großen Ofen bollert heißes Wasser und daneben gibt es ein Kleines Bassin mit kaltem Wasser. Nach einem schönen und verschwitzten Tag ist das genau das richtige zum Entspannen und sauber werden. Das Abendbrot, leckere Salat und Pelmeni ist zwar nicht sehr reichlich, aber es gibt noch ein paar Kekse zum Tee und alle waren zufrieden. Hubert und ich entscheiden uns dann für ein Bett im Freien auf der Terrasse, denn wir haben ein paar gute Schnarcher unter uns.