Archiv: 2012 Transmongolia

29. Tag: Montag, der 27. August 2012

Mittwoch, den 29. August 2012

Sandmeer und „Nichtvielmehr“

von Wüstencamp zu Wüstencamp durch die Gobi, 71 km auf der Piste, 316 Höhenmeter bei sonnigen bis zu 35 Grad

Heute geht es den ganzen tag nur auf abwechslungsreicher Piste durch die trockenen Landschaft der Gobi. Zwar fehlt es an schönen Sanddünen, aber im letzten Winter wurde dafür auf den Fahrspuren ein wenig zu viel gestreut, vielleicht. Jedenfalls gibt es immer wieder lange, sandige Stellen, die die Konzentration auf die drei Meter vor dem Fahrrad bündeln, eine falsche Lenkbewegung und man kommt mächtig ins „Schwimmen“. Wo die Piste nicht sandig ist, da findet sich dann häufig „Wellblech“, also jener Holperuntergrund, der durch das Zusammenschieben des Untergrundes durch die Autoreifen entsteht und der jedem Wüstenfahrer ein Horror ist, angeblich muss man mit mehr als 55 km/h drüberblasen, damit man sozusagen über die Bodenwellen fliegt, aber das ist mit den Fahrrädern natürlich nicht zu schaffen und so schüttelt man sich das Gehirn weich. Dann gibt es noch die geplante Fortführung der Straße, aber auch hier gibt es entweder „Wellblech“ oder die Spur ist so grob geschottert, dass es kaum einen Unterschied macht. Auch sieht man keinerlei Arbeiten an der Straße und es hat sich auch seit letztem Jahr nichts bewegt, so dass, falls das Projekt überhaupt weitergeführt wird, mit einer Fertigstellung einer durchgehenden asphaltierten Straße von Ulaan Baatar bis zur chinesischen Grenze nicht vor 2015 zu rechnen ist. So bleiben in diesem Jahr als zwei Stücken Piste auf der Strecke übrig, einmal von Choir nach Sainjand ca. 180 Kilometer und dann noch einmal 175 Kilometer von Sainjand bis zu chinesischen Grenze. Auch gut zu wissen für Tourenradler ist, dass es zwischen Sainjand und der chinesischen Grenze keine Möglichkeit gibt, um Lebensmittel nachzufüllen, Wasser könnte man vielleicht an einer der wenigen Jurten bekommen, aber auch nur in kleinen Mengen und nicht in der besten Qualität.

Mugi zaubert uns wieder einen leckeren Salat zum Mitag und da wir gestern gut vorangekommen sind, können wir heute eine längere Pause in der größten Hitze machen. Die Temperatur ist hier in der Gobi immer schwer zu schätzen. Das Thermometer des Busses zeigt irgendetwas von 39 oder 40 Grad an, wenn der Wind jedoch an der Schattenseite des Busses entlangbläst, möchte ich kaum auf 30 Grad tippen und ähnlich ist es in der Sonne, solange ein Lüftchen aus irgendeiner Richtung pfeift ist es erträglich, wenn dieser wegbleibt, dann scheint man die Luft schneiden zu können. Ich persönlich bin kein Wüstenfan, mir liegen eher die Gebirge und das grüne Hochland, aber Martina zum Beispiel, gefällt es hier sehr gut. Sie würde am liebsten noch ein paar Tage länger hier bleiben, während ich auf die angenehme Kühle in den Bergen des Wutaishan, noch 500 Kilometer weiter südlich freue.

Am Nachmittag sind wir dann bis auf 40 Kilometer an den Grenzort heran und finden ein schönes Plätzchen für unsere letzte Nacht im Zelt. Zwar haben wir heute keine Kamele oder Pferde als Gäste, aber wir erleben einen wunderschönen Sonnenuntergang. Auch ist die Eisenbahn weit genug entfernt, so dass wir das Rattern nicht hören können und so genießen wir die Stille und die Sterne, die am Himmel immer heller zu leuchten beginnen.

28. Tag: Sonntag, der 26. August 2012

Mittwoch, den 29. August 2012

Das Ende des schwarzen Bandes

107 Kilometer auf tollem Asphalt und Piste durch die Wüste vom Camp bei Chamrin bis in ein weites Tal, 559 Höhenmeter bei sonnigen 30 Grad und wechselnden Windchen

Das nette Jurtencamp mit den Sonnenblumen bleibt langsam zurück und wir machen einen Schnitt durch die Wüste, um wieder auf die Hauptstraße zu kommen. Die Spur vom letzten Jahr war kaum noch zu finden, dient uns aber als Navigationshilfe. Am meisten fürchte ich, dass wir uns hier beim Querfeldeinfahren ordentlich die Mäntel und Schläuche zerstechen. Aber wir haben Glück und erreichen alsbald bessere Piste und kommen auch der Asphaltstraße immer näher. Die 15 km durch die Landschaft in der morgendlichen Kühle sind sehr abwechslungsreich, mal ist es fast schon steppig, dann kommen trockene Hügel und dann schroffes Vulkangestein. So in der morgendlichen Frische beginne ich die Wüste fast richtig zu mögen. Noch angenehmer wird es ein paar Kilometer weiter, denn wir sind auf der Straße zurück. Verkehr gibt es fast überhaupt nicht und die Asphaltspur, die es im letzten Jahr noch nicht gab hat eine mehr als gute Decke, die Chinesen sind keine schlechten Straßenbauer. Doch nach 80 Kilometern scheint den mongolischen Auftraggebern das Geld ausgegangen zu sein, denn dann ist unvermittelt Schluss mit der schönen schwarzen Asphaltdecke, auf der uns ein leichter Wind von hinten gut die leichten Hügel hoch und runter geschoben hat. Aber die Piste ist meist gar nicht zu schlecht und so kommen wir heute noch ein gutes Stück vorwärts. Als wir eine Hügelkette überqueren, breitet sich vor uns ein weites Tal aus, unten gibt es sogar ein paar Tümpel, um die sich die Pferde, Kamel und Kuhherden streiten. Wir beschließen in dieser schönen Landschaft zu übernachten und finden auch einen ebenen Platz, weit genug von der Straße entfernt. Ganz an den Tümpel wollen wir nicht, denn dort gibt es sicher hinreichend Mücken, die nur auf gut genährte Europäer warten, um sie des Abends zu vernaschen. Während wir unsere Zelte aufbauen beäugt uns mit neugieriger Vorsicht eine Gruppe von Kamelen, als diese sich nach Hause verzogen haben kommen ein paar Pferde gucken, aber kurz vor Sonnenuntergang traben auch dies nach Hause.

Wir haben noch eine 2,5 Liter Flasche mit gekühltem Bier, die wir zu dem leckeren Essen von Mugi genießen. In der Hitze habe ich meine Kühlsocke wieder ausgepackt; das funktioniert wunderbar, meine Trinkflasche steckt in der nassen Socke und je stärker die Sonne ballert, desto kühler wird mein Getränk in der Flasche. So schafft man es an einem heißen tag auch ohne Kühlschrank jederzeit ein erfrischendes Getränk mit einer Temperatur von ca. 18 Grad zu haben, so aller 1,5 Stunden muss man die Socke wieder anfeuchten, und so haben wir es auch am Abend mit dem Bier gemacht. Prost!

27. Tag: Samstag, der 25. August 2012

Mittwoch, den 29. August 2012

Shambala und das Zentrum der Energie

18 Kilometer von Sainjand bis zum Camp, dann Ausflug mit Bus und Rad zum Kloster Chamrin und zum „Energiezentrum“, 44 Höhenmeter bei sonnigen 30 Grad

Heute geht es nur 18 Kilometer aus der Stadt heraus bis in ein sehr schönes Jurtencamp. Die Piste dorthin ist recht sandig und gibt einen Vorgeschmack auf die kommenden Tage, aber wir sehen dafür im Camp die ersten „richtigen“ Blumen. In der Wüste findet man im Moment noch ein wenig blühenden Knoblauch und ein paar unscheinbare Blüten, aber die Wege im Camp sind mit leuchtenden Sonnenblumen gesäumt.

Wir verschnaufen ein wenig und nach dem Mittag geht es weiter, zum Energiezentrum der Mongolei. das ist kein geheimes atomares oder solares Entewicklungsprogramm, sondern der spirituell wichtigste Punkt im Land. Ein bekannte Mönch und Dichter hat hier in der Wüste vor über hundert Jahren ein Kloster errichtet, um die Kraft dieses Fleckens Erde wissend. In den vorsozialistischen Zeiten gab es hier 500 Mönche, heute lernen und meditieren hier wieder 50 Mönche und ein Nonnenkloster ist im entstehen. Mit Unterstützung einer Bergbaufirma wird hier kräftig gebaut und schwere Maschinen ebenen den Boden für weitere Tempel, ein prachtvoller Stupa wurde gerade eröffnet. Ab und zu kommt ein Fahrzeug mit Pilgern an, die ein wenig Spenden und dafür von einem alten Mönch ins Gebet mit einbezogen werden. Das mittendrin sein Handy klingelt und er ein paar Dinge telefonisch regelt scheint niemanden zu stören, vielleicht war es ja auch die direkte Hotline zu Buddha.

Zwei Kilometer vom Kloster entfernt befindet sich der Shamabala Komplex. Shambala ist eine sagenhafte Stadt im tibetisch-buddhistischen Mythos. Von dort aus soll sich irgendwann der Buddha wieder in diese Welt begeben und den Menschen den Weg zeigen. Verarbeitet wurde die Geschichte literarisch in Hiltons „Verlorenem Horizont“. Im Komplex umgeben 108 kleine Stupas das Energiefeld und wir tanken hier gut auf für die nächsten Tage. Egal ob real oder erfunden, die Anlage wirkt beeindruckend in der kargen und schroffen Landschaft.

Wir sehen uns dann noch ein paar Meditationshöhlen und versteinerte Bäume aus der Gobi an und kehren zurück zum Lager, vom vielen Energietanken trotzdem recht hungrig, erstmalig in der Geschichte unserer Radtour fragen wir einen Nachschlag an Teigtaschen an, den wir auch bekommen.

In der Nacht leuchten die Sterne wieder besonders intensiv, auf dem Weg zur Toilette verweile ich noch eine ganze halbe Stunde und bestaune den Morgenstern, der so hell leuchtet, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe.

 

26. Tag: Freitag, der 24. August 2012

Mittwoch, den 29. August 2012

Ein bisschen Zivilisation

87 Kilometer durch die Wüste, wieder 40 km Asphalt, 175 hm bei sonnigen 28 Grad vom Zeltlager nach Sainjand

Nun haben wir drei Nächte in der Wüste und Halbwüste verbracht und noch nicht einmal die Hälfte geschafft und es macht sich langsam der verwöhnte Europäer bemerkbar, zumindest bei mir, ich brauche wieder einmal eine Dusche und eine Haarwäsche, mit der neuen „Langhaarfrisur“ reicht ausklopfen nicht mehr. Doch es ist Land in Sicht, einen Tagesritt am Horizont liegt die kleine Stadt Sainjand und dort haben wir eine Hotelübernachtung mit Dusche, ob warm oder kalt, das ist bei den Temperaturen recht egal.

Auf der Piste stauben uns die LKW heute ordentlich ein und es wird langsam immer wärmer, wenn die Sonne nach oben gestiegen ist. Auch sind wir nun richtig in der Wüste, links und rechts der Piste nur noch stacheliges Kraut, das wir wegen der Durchstiche im Mantel fürchten. heute morgen haben wir nach Rückkehr auf die Piste noch einmal ordentlich geprüft und wieder ein gutes Dutzend Dornen entfernt, bevor sie sich durch den Mantel zum Schlauch durcharbeiten können.

Nach 45 Kilometern dann die Erlösung: Hier fängt der Asphalt wieder an, an der gleichen Stelle wie im letzten Jahr, dabei war ich damals so optimistisch, dass der Straßenbau noch ein gutes Stück vorankommen könnte. Nun macht auch die Wüste wieder Spaß, wenn der schwarze Asphalt unter dem Rad dahinfliegt und man keine Angst vor Dornen haben braucht.

Am Nachmittag erscheinen dann die ersten Häuser der kleinen Stadt. Etwas besonderes gibt es nicht zu sehen, aber es gibt eben ein mäßiges Hotel mit Dusche. In Haaren und Kleidung steckt die halbe Wüste, ein wunder, dass sich dort überhaupt noch Sand und Staub befinden. Eine Internetverbindung gibt es nicht, aber ich kann wenigstens ein wenig schreiben und meine Bilder sortieren. Dann geht es ab in ein schönes Restaurant mit einem ausführlichen Abendessen und eiskaltem Bier, auch ein tolle Errungenschaft der modernen Welt, die man erst in der Wüste richtig schätzen lernen kann.

 

25. Tag: Donnerstag, der 23. August 2012

Mittwoch, den 29. August 2012

Bis zum Anschlag

95 Kilometer durch Wüste und Staub, natürlich alles Piste, von Camp zu Camp, lasche 249 Höhenmeter, dafür Gegenwind bei 28 Grad

Am Ende kommen wir heute gerade einmal auf einen Schnitt von 14 km/h, doch wir sind gut gerädert. Dabei war es mit 28 Grad nicht einmal richtig heiß, aber 28 Grad im Schatten sind etwas anderes, wenn sich in der näheren Umgebung von 300 Kilometern kein einziger Baum uns Strauch befindet. Schon vom Morgen an hatten wir einen mittleren Gegenwind und die Piste ist ab und zu recht sandig. Zwar wird mit ziemlichem Aufwand an der neuen Straße gearbeitet, aber eine Fertigstellung ist in diesem und im nächsten Jahr nicht in Sicht. Immer mal wieder kann man oben auf der neuen schon verfestigten Straßengrundierung fahren, aber aller 800 Meter muss man dann wieder runter von der Straße in den Sand und das ist mehr als nervig. Auch werden wir gut eingestaubt von den LKW, die natürlich mindestens zu 50% auf der falschen Seite vorbeirauschen und eine dicke Staubfahne hinter sich herziehen.

Und heute Morgen hatten wir gleich zum Auftakt unseren ersten Plattfuß, die Ursache war allerdings nicht das Dornengestrüpp, dass sich hier als fast einzige Vegetation noch hält, sondern ein dünner Stahldraht von einem der zerfledderten Autoreifen, die überall am Pistenrand herumliegen. Der Plattfuß vom Dornenzeugs, auf Mongolisch „Uhfs“ genannt und unseren Radlern vom letzten Jahr noch grauenvoll in den Ohren, dieser Plattfuß folgt erst am späten Nachmittag bei mir. Glücklicherweise prüfen wir alle Räder und Mäntel schnell nach weiteren Dornen, keine vergebliche Mühe, denn bei unseren kurzen Abstecher zur Mittagspause auf einen kleinen Hügel hat jeder von uns Unmengen aufgesammelt, die wir nun mit Mühe wieder herauspulen, bevor sie sich in den nächsten Stunden und Tagen durchs „unplattbare“ Keflar schieben.

Was gibt’s heute außer Staub und Dreck noch zu berichten, Mugi hat mittags wieder einen tollen Salat gezaubert und abends einen leckeren Reis mit Gemüse und Tofu. Vom Wodka brauchen wir nur einen winzigen Schluck, da es an Bettschwere nicht mangelt.