Archiv: 2012 Transmongolia

39. Tag: Donnerstag, der 6. September 2012

Mittwoch, den 12. September 2012

Großstadtmilieu

Noch ein Ruhetag in Datong, Spaziergang auf der neuen alten Stadtmauer und Besichtigung der „restlichen“ Tempel der Stadt

Wieder verlockt das großzügige Frühstücksangebot dazu, viel zu viel zu essen und entsprechend schwer fällt der Aufbruch. In der Hotelstraße gibt es einen guten Radladen, hauptsächlich mit Bianchi Rädern, die hellgrün im Schaufenster leuchten. Die preise sind mit Rädern in Europa vergleichbar. Wer fährt hier solches Edelgerät, wo man dafür 4 oder 5 E-Bikes bekommen kann.

Wieder beginnen wir mit einem schönen Tempel gegenüber der Stadtmauer und wandeln durch neue altre Anlagen, hinter dem pseudohistorischen Gebäuden, angeblich aus der Yuan Dynastie wird gerade ein schöner Park angelegt, aber es wird noch ein paar Monate dauern, bis man hier staubfrei lustwandeln kann. Die Stadtmauer von Datong war im letzten Jahr nicht viel mehr als ein Lehmwall, aber die Handwerker haben fleißig gearbeitet und ihr Budget ordentlich verbaut, zwei Drittel der Stadtumwallung mit fast 6 Kilometern Länge sind bereits wieder hergestellt und vermutlich bombastischer als jemals zuvor, denn um die Tore gibt es gigantische Fortanlagen. Von hier oben hat man einen herrlichen Blick, draußen vor den Mauern liegen die Sattelitenstädte mit 10 bis 15-stöckigen Wohnsilos und in der Stadt prallen neu, pseudoalt und alt aufeinander. Fast zwei Stunden verbringen wir auf der Mauer und werden kaum gestört, denn außer uns gibt es nicht mehr als ein Dutzend weiterer Spaziergänger. Beim Osttor steigen wir dann wieder herab und stehen vor einem weiteren alten Tempel, eigentlich haben wir keine Lust mehr, aber von oben hatten wir einen schönen weißen Stupa erblicken können und so nehmen wir diesen Tempel dann als Abschluss unseres Besichtigungsprogrammes. Auch hier gibt es kaum Touristen und wir sind in der großen Anlage fast alleine und genießen die Ruhe und Abgeschiedenheit, bis wir durch den Baulärm zurück zum Hotel ziehen. Abends gehen wir wieder in das tolle Restaurant vom ersten Abend und genießen noch einmal in vollen Zügen.

Datong wird wohl in den nächsten Jahren massiv in den Reiseführern auftauchen und kann seinen Gästen gute zwei Tage volle Sehenswürdigkeiten bieten. Dazu kommt natürlich noch die Straße mit den großen Kaufhäusern und in der Neualtstadt werden sich wohl zahlreiche Boutiquen ansiedeln und die Bücher werden die Stadt als „chinesisches Rom“ oder so etwas loben. Aber wahrscheinlich wird man bald nicht mehr den Luxus haben ungestört unter Pinien und zwischen alten und neuen Tempeln zu wandeln, sondern sich mit aberhunderten von Chinesen und ein paar Ausländern den Kulturgenuss teilen müssen.

 

 

38. Tag: Mittwoch, der 5.September 2012

Donnerstag, den 6. September 2012

Neue alte Stadt

Ruhetag in Datong mit ausführlichem Stadtspaziergang, Sonnenschein bei 25 Grad

Selten ist ein Frühstück so bemerkenswert wie hier im Hotel in Datong. Der Kaffee kommt aus einer italienischen Espressomaschine, es gibt frische Baguette, Butter, Käse, Sushi, Salt und Obst und diverse warme chinesische Gerichte. Wir brauchen mehr als eine Stunde zum Schlemmen. Unser Fahrer wird zum ersten Mal im Leben mit Brot, Butter und Käse konfrontiert und ist, im Gegensatz zu vielen anderen Chinesen begeistert. Heute erklären wir ihm, wie essen bei uns funktionieret. Danach ist uns eher zu einer weiteren Runde Schlaf zumute, als zu einem Stadtspaziergang, doch wir brechen eisern auf.

Die ganze Innenstadt ist eine große Baustelle, wie wir gestern schon bei der Einfahrt gesehen haben. Ehemals gab es im Zentrum einige Viertel mit niedrigen Häusern und kleinen Höfen, in denen in engen Zimmern bis zu vier Familien wohnten, dann gab es die „Kachelhäuser“ aus den 80ern und einige mehr oder weniger moderne Gebäude aus den letzten Jahren. Bis auf einige wenige der neuen Häuser ist man dabei wirklich alles wegzureisen und durch ein neue Altstadt zu ersetzen. Dabei wird ein so dermaßen historisches Zentrum errichtet, wie es die Stadt mit seiner mehr als 2000jährigen Geschichte noch nicht gesehen hat. Doch der Reihe nach. Zuerst durchlaufen wir noch einen der wenige Straßenzüge mit den chinesischen Wohnhöfen. Wir werfen einen Blick in die engen Höfe, wo es immer eine Mischung aus Messiwirtschaft und Blumenliebhaberei gibt. In den engen Höfen wurde in den letzten Jahren alles angesammelt, was aus der Wohnung flog, alte Fenster, kaputte Töpfe, Baumaterial. Das macht die nur 5 oder 6 Quadratmeter großen Höfe noch kleiner. Dazwischen blühen schöne Herbstastern in großen Blumentöpfen. Die Toilette, die sich 50 Meter die Straße runter befindet, riecht man auch gegen den Wind. Doch schon in der zweiten Straße wartet die Abrissbirne und eine Straße weiter ist das neue alte Zentrum schon im Wachsen. Prachtvolle Häuser im klassischen Stil und wo früher ein kleiner Tempel war, da steht heute ein großer.

Insgesamt will man in die Altstadt 6 Mrd. Euro pumpen und die Stadt zu einer touristischen Größe in China umbauen. Wir haben kaum Zweifel, dass das gelingen wird.

Zuerst verweilen wir auf dem neu geschaffenen Platz im Zentrum. Hinter uns plätschern Mozart und Tschaikowsky in Popversionen und vor uns die Fontänen eines Springbrunnens. Jetzt am Vormittag hat sich hier lediglich eine Hand voll Inlineskater eingefunden, um technisch versiert Runden zu ziehen. Das sind keine Jugendlichen, sondern alles ältere Leute um die 60. Gekleidet wie für einen Wettkampf der Olympischen Spiele zeigen sie, was sie können und es sieht richtig gut aus.

Gleich gegenüber liegt der Huayan Tempel. Auch hier wurde viel investiert, aber für die fetten 80 Yuan Eintritt, das sind, nach dem unser Euro in den letzten drei Jahren gegenüber dem chinesischen Geld um 30% abgemerkelt wurde, immerhin 12 Euro, aber dafür bekommt man auch eine toll renovierte Anlage zu sehen. Nur an Leben fehlt es noch im Tempel, lediglich im letzten Tempel wurde gerade eine kleine Zeremonie für eine Pilgergruppe abgehalten. Dann wandeln wir weiter durch die neue Prachtstraße, die Gebäude sind alle fertig, aber noch nicht bezogen, so dass auch hier noch alles leer und tot wirkt, aber in zwei Jahren wird es hier zugehen wie in Berlin auf dem Weihnachtsmarkt. Als nächstes lassen wir uns von einer rüstigen 80 Jährigen durch die Moschee führen, die von Außen kaum von einem buddhistischen Tempel zu unterscheiden ist, lediglich auf den zwei Minarett-Pagoden thront obenauf der Halbmond.

Eins der berühmtesten Denkmale der Stadt enttäuscht ein wenig, die Neun-Drachen-Wand, ein vielleicht dreißig Meter Langes Kachelrelief mit 9 Drachen. Da rundherum alles renoviert ist, verblasst der Charme der wirklich alten Anlage ein wenig.

Einen weitern Tempel nehmen wir uns für heute vor. Der Kofuziustempel mit Gebäuden aus der Yuan Dynastie, also aus dem 14 Jahrhundert. Auch hier kräftig renoviert, aber auch viel alte Bausubstanz erhalten. In den Tempeln werden der Gründer der Religion und seine Beschützer dargestellt und angebetet, die Figuren sind dabei mythisch massiv erhöht und recht furchteinflößend. Auch hier im Tempel dösen alle in der Nachmittagshitze vor sich hin und wir sind die einzigen Touristen.

Wir lösen unseren Stadtrundgang dann hier auf und vertagen uns auf den Abend, schließlich haben wir noch einen weiteren verdienten Ruhetag hier.

 

37. Tag: Dienstag, der 4. September 2012

Donnerstag, den 6. September 2012

Bollwerk gegen die Barbaren

68 Kilometer von Fengzhen nach Datong, 400 Höhenmeter bei sonnigen 25 Grad, Besichtigung der Yungang Groten

Wir verlassen auf etwas verschlungenen Wegen die Stadt, direkt vorbei am großen Kohlekraftwerk, dass die ganze Stadt überragt. Davor arbeiten die Kohlehändler und schaufeln Kohle von ankommenden LKW und dann wieder auf kleiner Trecker. Wir nähern uns massiv der Provinz Shanxi, in der sich große Kohlevokommen befinden und wir verlassen die Innere Mongolei. Für die Herrschenden war diese Linie in den Jahrhunderten der chinesischen Dynastien mehr als wichtig. In den Steppen lebten die Nomadenvölker, die die nördlichen Teile des Landes regelmäßig verwüsteten und plündert und während der Yuan Dynastie sogar die Herrschaft über die Chinesen übernahmen.

Deshalb begann man vor mehr als 2000 Jahren schon mit dem Bau der Großen Mauer. Immer wieder wurden neue Abschnitte gebaut, weitere Linien kamen dazu, andere verfielen. Wenn man von Fengzhen kommt, könnte man den „10.000 Meilen Langen Wall“ ohne Probleme übersehen, denn hier ist außer ein paar Lehmmauern und aller 500 Meter den kläglichen Lehmresten von Wachtürmen nicht mehr viel übrig geblieben. Trotzdem zelebrieren wir unsere nun definitive Einfahrt ins Reich der Mitte auf den Resten eines etwa drei Kilometer zurück gelagerten Forts. In den Ruinen liegt idyllisch ein Dorf und die Ziegeln, die einst die Festung ummantelten wurden alle abgetragen und zum Bau der Häuser verwendet, wie überall dort, wo die Mauer nicht restauriert wurde.

Nach ein paar Hügeln, liegen dann vor uns die Yungang Grotten, auf Deutsch „Wolkengrat-Grotten“. In einem Tal befindet sich eine Tempelanlage, die sich über mehr als einen Kilometer hinzieht. Am Eingang haben die Chinesen mit hohem Aufwand historisiert, dass heißt, zu den alten Anlagen kamen pompösere neue im alten Stil hinzu. Wir wandeln durch eine Straße, die rechts und links von steinernen Säulentragenden Elefanten gesäumt ist. Dann folgt ein großzügiger Tempelkomplex mit interessanten Figuren, da alle Buddhas und Bodhisattvas aus Holz gearbeitet sind und deshalb auch nicht bemalt wurden. Ein toller Kontrast vor den kunstvoll bemalten Wänden. Erst hinter diesem Tempel befindet sich die historische Anlage. Vor 1500 Jahren begann man in mehreren Phasen mit der Anlage der über 250 Nischen und Grotten mit 51.000 Statuen und Skulpturen. Vieles wurde von der Zeit zerfressen und zernagt und es lässt sich die einstige Pracht nur schwer erahnen. Doch je weiter man vorankommt, desto größer werden die Grotten im Sandstein, manche beherbergen bis zu 15 Meter hohe Buddhafiguren. Die Grotten im mittleren Teil der Anlage sind am besten erhalten und hier leuchten die Figuren und Wandmalereien in bunten Farben. Fast zwei Stunden brauchen wir für die Anlage, was den hohen Eintrittspreis von 20 € rechtfertigt.

Bis nach Datong ist es dann nur noch ein kleiner Schritt, nur noch 20 Kilometer und wir werden von der 3 Millionen Stadt eingesaugt. Wir kommen gut durch den lebhaften Verkehr und holpern durch die Innenstadt zum Hotel. Die Altstadt wird komplett saniert und ist deshalb eine riesige Baustelle.

Am Abend genießen wir den Luxus in einem gehobeneren Lokal, die Gerichte sind extravagant und fein, der Fisch ist auf die Sekunde frittiert, das rauchige Aroma der Aubergine war perfekt, ebenso wie der Spinat mit Hirse und das Lammfleisch.

 

36. Tag: Montag, der 3. September 2012

Donnerstag, den 6. September 2012

Kleinstadtmilieu

77 Kilometer von Jining nach Fengzhen, frischer Rückenwind bei 22 Grad, 300 Höhenmeter

Eigentlich wollten wir heute auch auf einer winzigen Straße die Landschaft genießen, aber irgendwo wird wieder eine Autobahn gebaut und so sind hunderte von schweren Lastern, beladen mit Erde unterwegs, was den ersten teil der Strecke nicht zu erquicklich macht. Als wir dann wieder auf der großen Straße sind, ist der Verkehr dafür erstaunlich ruhig, so haben sich heute die üblichen Verhältnisse einmal gedreht.

Um nicht schon wieder zu zeitig einzutrudeln lassen wir uns beim Mittag in einem winzigen Lokal ordentlich Zeit, danach besuchen wir noch einen winzigen Tempel, der an einem Berghang klebt. Die oberen Anlagen verfallen, aber man rüstet langsam zur Rekonstruktion, einige Buddhafiguren stehen unten noch verpackt in den Nebenräumen des Tempels. Im Tempelchen gibt es nur zwei Mönche und keine Gäste. So läuft das Leben beschaulich und überall wird Gemüse gezogen.

Auch in Fengzhen herrscht reges Leben, zwar gibt es hier keine schönen Boutiquen, aber auch Laden an Laden und überall geht es quirlig zu. Wir genießen unseren langen Spaziergang und enden bei einer kleinen Flasche Kräuterlikör und ein paar leckeren Gerichten.

 

 

35. Tag: Sonntag, der 2. September 2012

Donnerstag, den 6. September 2012

Mittelstadtmilieu

80 Kilometer von Shangdou nach Jining, 250 Höhnemeter bei kühlen 18 Grad und Wolken und ein wenig Sonne

Der Regen hat heute Morgen nachgelassen und dann hat es ganz aufgehört, es ist schließlich Sonntag. Kühl und frisch ist es trotzdem. Im Hotel gibt es kein Frühstück, doch um die Ecke gibt es ein Lokal mit frittiertem Gebäck, Sojamilch und Teigtaschen, das sättigt ordentlich und gibt Kraft für den Tag. Dann verlassen wir die kleine Stadt und biegen auf eine kleine Straße ab. Ersat geht es durch eine flache Landschaft mit viel Landwirtschaft, vor allem Mais wird angebaut. Dann dominieren ein paar Dörfer, in denen die Leute vom Schneiden von Steinplatten aus den umliegenden Steinbrüchen leben. Rechts und links der Straße sind große Brocken aus den Brüchen oder fertig geschnittenen Steinplatten gestapelt. Der Bruch wird verwendet und Gartenzäune in ungewohnten Dimensionen zu errichten.

Wir haben wieder Rückenwind, deshalb sind wir am frühen Nachmittag schon am Ziel. Bei der Einfahrt in den Ort staunen wir. überall werden Hochhäuser gebaut. Siedlungen für vielleicht 20.000 Leute, wo sollen die alle herkommen. Ein kleines Lokal betete Teigtaschen und ein paar leckere Gerichte an, dann sind wir auch schon schnell im Zentrum. Gleich gegenüber dem Hotel befindet sich ein Radladen und so kann ich nach 800 Kilometern endlich wieder einen Schalthebel erstehen. Der schaltet zwar nur 8 von 9 Gängen, aber das ist viel besser als die zwei Gänge, die ich in den letzten 10 tagen zur Verfügung hatte. Bei unserem Spaziergang durch die Stadt bekomme ich dann auch innerhalb von 30 Minuten einen Reißverschluss neu eingenäht.

In der Stadt gibt es eine Art Sehenswürdigkeit, den Tigerhügel mit zwei großen Tigerskulpturen, den besteigen wir mit den ausflugswilligen Lokals und genießen heute noch ein wenig Sonne. Das Leben in der Stadt ist beeindruckend, überall gibt es unendliche reihen von Läden, überall wird gewerkt, gebastelt und geschraubt, eine Straße weiter gibt es Grillstand an Grillstand und viele Karaokebars, die eine Nachtleben einer Großstadt abdecken könnten.

Das Seafoodlokal neben dem Hotel ist ausgezeichnet, Martina begeistert sich für die Shrimps und alles andere ist auch sehr lecker. Essen kann in China zur Leidenschaft werden, denn fast alles ist lecker, egal ob an Straßenständen oder in kleinen und großen Lokalen. Und selbst die Preise sind mehr als angenehm niedrig, in der Regel legen wir zu dritt für ein Abendessen mit Bier zwischen 10 und 20 Euro auf den Tisch. Trinkgeld wird strikt abgelehnt, im Gegenteil, oft wird die Rechnung abgerundet.