Archiv: 2009 Ganz China!

54. Tag: 19. Mai 2009 „Von Wasserstadt zu Wasserstadt“

Donnerstag, den 21. Mai 2009

86 Kilometer von Wuzhen nach Tongli durch flaches Land an kleinen Kanälen und auf winzigen Dorfverbindungen

Nach der neuen „Altstadt“ des gestrigen Abends wollen wir natürlich noch etwas von der alten Altstadt sehen und so machen wir uns nach dem Frühstück noch einmal auf den Weg und sind mit tausenden von Chinesen unterwegs, die auch durchs Weltkulturerbe stapfen wollen. Noch einmal löhnen wir 100 Yuan Eintritt und dann sind wir am Kanal, der längs durch die Stadt führt.

Normales Leben gibt es hier nicht mehr, aber in der Stadt gibt es zahlreiche Läden und kleine Handwerksbetriebe, in denen die Leute noch nach den alten Methoden arbeiten. So gibt es eine Bäckerei, einen Schuhmacher, Seidenstickerei, Färberei und viele kleine Museen. Man kann sehen wie Stoffe mit Batik-Muster versehen werden, welche Kleidung die Leute vor 100 Jahren trugen. Es gibt ein Museum zu der alten chinesischen Untradition des Füßebindens, ein Bettenmuseum mit wunderschönen mit Schnitzereien versehenen Betten und vieles andere.

Die Gebäude sind hier in der alten Altstadt nicht tot renoviert, sondern man kann sehen, dass hier noch jede Menge alte Substanz erhalten ist. Bis Mittag wandern wir noch am Kanal entlang und auf der anderen Seite wieder zurück und steigen dann punkt 12 Uhr auf die Räder, um die 80 Kilometer bis nach Tongli, einer weiteren Wasserstadt zurück zu legen. Auch unsere Freundin Meili aus hangzhou ist heute noch einmal dabei und aht sich noch einen Tag frei genommen.

In der Ecke bin ich schon ein paar Male gewesen, deshalb kenne ich einige schöne „Geheimwege“. Es geht weg von der Hauptstraße und auf Nebenstraßen entlang, die immer kleiner werden. An kleinen Kanälen entlang und durch die Hinterhöfe der Häuser, manchmal denkt man, dass es gleich mitten durch Küche und Schlafzimmer des nächsten Hofes geht, dann geht es durch Felder und dann ist die Brücke, die hier vor zwei Jahren noch war weg und wir stehen am Kanal. Zwei Kilometer weiter im Osten gibt es jedoch eine große Brücke und dann geht es wieder durch Felder und Haine mit Maulbeerbüschen. Noch gibt es kaum Reisfelder, dafür wird überall der Raps geerntet und auf diese Flächen kommt dann der Reis als zweite Kultur. Ein Weg ist nur 20 Zentimeter breit und führt in Zickzack durch die Felder, die Bauern schauen uns an, als kämen wir vom Mond, aber wir grüßen freundlich und verschwinden hinter dem nächsten Gebüsch. So geht es dann bis zum Mittag, immer auf kleinen Wegen, durch die Dörfer und fast querfeldein.

Der Kaiserkanal zwingt uns dann wieder auf eine größere Straße, dort gibt es dann auch wieder kleine Restaurants und wir bleiben in einer Malatang Küche und essen scharfe Suppe und scharfe Einlagen. Über eine große Brücke überqueren wir den Kaiserkanal, seit mehr als 1500 Jahren werden hier die Güter des Landes von Norden nach Süden transportiert. Die Anfänge reichen zurück bis in die Sui Dynastie im 8. Jahrhundert und seit dem 13 Jahrhundert ist es möglich auf dem Wasserweg von Hangzhou bis nach Beijing zu reisen. Auch heute noch herrscht reger Güterverkehr, schwere Kähne und Zugverbände folgen dicht an dicht, es ist mehr los, als auf deutschen Autobahnen.

Hinter dem Kanal suchen wir noch einmal kleine Straßen und die letzten Kilometer geht es dann auf der Schnellstraße mit Rückenwind bis nach Tongli. Tongli ist ebenfalls eine alte Wasserstadt und war bis vor 20 Jahren nur auf dem Kanal erreichbar. Heute werden Touristen von nah und fern in großen Bussen herangekarrt. Trotzdem hat die Stadt mit ihren kleinen Kanälen und hübschen weißen Häusern noch ihren Charme bewahrt. Wir steigen in einer alten Familienresidenz ab, die Zimmer befinden sich um einen kleine Garten mit Teich und Steinlandschaft und ein mit roten Laternen beleuchteter Wandelgang führt von einem Hof zum anderen.

Inzwischen ist es dunkel geworden und wir finden gerade noch ein offenes Jiaotze Restaurant, dann werden in der Stadt die Bürgersteige hochgeklappt und auch wir verschwinden in den Betten.

53. Tag: 18. Mai 2009 „Durchs Land von Fisch und Reis“

Donnerstag, den 21. Mai 2009

92 Kilometer von Hangzhou nach Wuzhen durch flaches Land auf kleinen Straßen

Unsere Freundin aus hangzhou hat sich spontan entschieden ein oder zwei tage mit uns zu radeln und so steht sie 7 Uhr mit ihrem Rad, einem superleichten Mountainbike vor dem Hotel. Zu viert geht es dann aus der Stadt heraus, unterwegs finden wir noch allerlei Leckeres zum Frühstück.

Zu Philipps Freude liegen die Berge nun endgültig hinter uns und bis Shanghai erwartet uns nicht einmal mehr ein einziger Hügeln. Nach 20 Kilometern liegt die Großstadt und der stressige verkehr hinter uns. Vor drei Jahren habe ich einige sehr schöne Wege auf ganz kleinen Straßen gefunden, so fahren wir nicht unbedingt den kürzesten Weg, aber die Strecke ist sehr beschaulich. Kleine Städte liegen an kleinen Kanälen und auch zwischen den Dörfern gibt es viel Wasser, nicht umsonst heißt die Gegend hier „Land von Fisch und Reis“. In den Teichen hängen große Netze, in denen Shrimps und Muscheln gezüchtet werden und neben leckerem Fischgetier werden Perlen gezüchtet. Vom Reis ist noch nicht viel zu sehen, dafür wird auf den Feldern Raps und Gemüse geerntet und der Reis wird erst in den kommenden zwei Wochen gesetzt.

Am Nachmittag sind wir dann in Wuzhen, einer kleinen Wasserstadt am Kaiserkanal. Lebhafter Handel führte zu einem gewissen Wohlstand und so gibt es viele schöne alte Häuser und Familiensitze. Doch bevor wir zu einer Tour aufbrechen treffen wir noch auf eine andere Radlergruppe von „China by Bike“. Mein Kollege Linus ist mit drei Damen unterwegs und wir beschließen ein gemeinsames Abendprogramm.

Die Altstadt ist in eine Oststadt und in eine Weststadt gegliedert, in der Oststadt befindet sich das wirkliche alte Zentrum, die Weststadt wurde für Touristen mehr oder weniger aus dem Boden gestampft. Am Abend hat leider nur noch die neue „Altstadt“ die Tore geöffnet und hier gibt es nichts außer einigen Museen und touristischen Restaurants. Trotzdem ist es schön durch die neuen alten Straßen zu wandeln und auf kleinen Brücken zu verweilen. Etwas später kommen wenigstens noch ein paar mehr chinesische Touristen und dann sind die engen Straßen doch recht belebt. Wir beenden den Abend in einem Restaurant bei einer großen Runde schöner Gerichte und fahren dann dicht gezwängt in einem Motorradtaxi zurück zum Hotel.

52. Tag: 17.Mai 2009 „Ein Tag am Westsee“

Donnerstag, den 21. Mai 2009

Langer Spaziergang um den Westsee, Bettlerhuhn und Drachenbrunnen Tee

Ein Tag in Hangzhou heißt ein Tag am Westsee und dieses ist der berühmteste, weil wohl schönste und romantischste See Chinas. Wir beschließen also unseren einzigen Programmpunkt und das ist ein Spaziergang um den ganzen See.

Natürlich sind wir nicht die einzigen die diesen Plan haben, sondern auch noch ein paar hunderttausend Chinesen und so können wir heute chinesische Urlaubskultur erleben, flanieren und promenieren, picknicken und Fotos machen, nicht mehr und nicht weniger ist angesagt.

Zuerst geht es an der belebten Hauptpromenade entlang und dann durch dichte Parks. Hier treffen sich dann die Hangzhouer, um Taichi zu trainieren und sich von den Passanten bewundern zu lassen.

Am See gibt es nur eine historische Stätte und das ist die Leifeng Pagode, von welcher man einen wunderbaren Überblick über den See hat. Damit auch wirklich alle Chinesen zum Ausblickgenuss kommen geht es per Rolltreppe auf den Hügel und per Fahrstuhl dann weiter.

Der See wird durch den langen Sudi Damm geteilt und so flaniert man dann mitten durch den See. Auf der anderen Seite gibt es dann große Parks mit alten Villen im westlichen Stil, Teehäuser und große Flächen mit Lotuspflanzen, leider sind wir noch ein paar Wochen zu früh für die Lotusblüte, aber es hat auch so seinen Reiz.

Wir sind heute auf unzähligen Fotos der chinesischen Touristen zu finden, für die Chinesen ist es ein unheimlicher Spaß sich mit uns Langnasen fotografieren zu lassen. Wir nehmen es als Kompliment und spielen freundlich mit.

Am Nachmittag haben wir die 12 Kilometer Runde um den See geschafft und es ist Zeit für einen Mittagssnack und einen Kaffee. Heino und Philipp besteigen noch einen weiteren Hügel, ich gehe in die AStadt um Telefonkarten aufzutreiben, was mir nicht geling und um noch ein wenig Zeit schreibend am Computer zu verbringen. Am Abend schauen wir uns dann noch einmal das Wasserspektakel an und genießen Hangzhous berühmtestes Gericht- das Bettlerhühnchen. Einstmals bekam ein Bettler ein Huhn geschenkt und da er kein Kochgeschirr hatte, stopfte er es mit Wildkräutern und wickelte es in Blätter ein und briet es am offenen Feuer, zu guter letzt kam zufällig der Kaiser vorbei und ihm stieg der Wohlgeruch des Hühnchens in die Nase. Der Bettler teilte die Mahlzeit mit dem Kaiser und so wurde dieses Gericht berühmt.

Dazu trinken wir einen der berühmtesten Tees des Landes – Drachenbrunnentee, der hier in den Bergen der Umgebung wächst und in einer Schürpfanne sein spezielles Aroma entwickelt und so geht ein schöner geruhsamer Tag dann auch zu Ende.

51. Tag: 16. Mai 2009 „Starwars am Westsee“

Sonntag, den 17. Mai 2009

100 Kilometer von Fenshui nach Hangzhou auf öder Schnellstraße, dabei 439 Höhenmeter und Spaziergang am Westsee

Über die heutige Fahrt gibt es fast nichts zu erzählen, morgens ist es noch recht angenehm zu fahren, dann wird es wieder heiß. Auf der öden Schnellstraße kommen wir schnell voran, aber wir haben ja mit Hangzhou ein lohnendes Ziel vor Augen. Lediglich einen kleinen Zwischenfall gibt es, als einem Motorradfahrer vor uns ein Plastiksack mit Fischen herunterfällt, es spritzt und die Fische springen kreuz und quer über die Straße.

Vor Hangzhou müssen wir noch über eine lange Baustelle und stauben ordentlich ein, ab dem Ring ist die Straße wieder in Ordnung, aber der Verkehr chaotisch.

Über die letzten Hügel geht es dann an den Westsee und immer mehr Touristen sind auf der Straße. In der alten Hauptstadt der Song-Dynastie ist immer Hochsaison, gilt doch ein Spaziergang am Westsee und der passende Sonnenuntergang dazu als eines der romantischsten Erlebnisse, die man im Reich der Mitte haben kann.

Ich führe uns zu einem kleinen Hotel in der dritten Baureihe hinter der Promenade, für 25 Euro bekommen wir nette Zimmer, nicht zu groß, aber blitzsauber. Das ist fast der doppelte Zimmerpreis den wir sonst für ein schönes Zimmer löhnen, aber es würde bei den Touristenmassen wohl eine Weile dauern etwas vergleichbares zu finden, dafür wohnen wir sehr zentral.

Am Nachmittag machen wir dann noch einen kleinen Spaziergang, an einer kleinen Bude mit Ma-lat-ang –einer scharfen Suppe mit selbst zusammengestellten Einlagen sorgen wir erst einmal für eine Stärkung und dann mischen wir uns an der Promenade des Westsees unters Volk und promenieren hin und her. Gegen 19 Uhr gibt es dann täglich ein musikalisches Wasserspektakel mit Lasershow, selbst in den hinteren Reihen haben wie einen schönen Blick und dann beginnen die Fontänen zu tanzen und ein Feuerwerk aus Laserlicht illuminiert das Geschehen. Nach 15 Minuten ist alles vorbei.

Auch in Hangzhou habe ich eine alte Bekannte, die wir am See noch treffen und dann ziehen wir noch in ein teueres Szenekaffee und trinken Rotwein und Kaffee und Essen Kuchen dazu, wir sind schließlich in Hangzhou und morgen haben wir einen Ruhetag vor uns.

50. Tag: 15. Mai 2009 „Tausend Inseln“

Sonntag, den 17. Mai 2009

Schiffahrt auf dem 1000-Insel-See und anschließend noch 67 Kilometer und 234 Höhenmeter auf Rennstrecke

Ein Seitenarm des Qiandaohu, des 1000-Inseln-Sees erstreckt sich bis nach Anhui Provinz, der Hauptteil liegt in Zhejiang. Nach dem Frühstück in dem Städtchen klettern wir 8 Uhr auf ein Touristenschiff. Diesmal gibt es etwas Gezeter wegen der Räder, die keinen stören, wir gleichen das aus, indem wir einen Tisch auf dem Oberdeck mieten, Money makes the world goes round. Noch bevor wir ablegen klappern am Nachbartisch die Mahjiang Steine und es wird Karten gespielt, die Männer zocken und die Frauen schauen gelangweilt zu. Das ist eben Reisen auf Chinesisch.

Langsam fliegt die Landschaft vorbei, kleine Städte am See und auch hier sehr viele neue Häuser. Schlagartig endet die Bebauung an der Provinzgrenze, dafür gibt es dann auf dem Wasser viele Touristenschiffe.

1078 Inseln gibt es, erläutert uns die Reiseleiterin an Bord und verkauft die Tickets für die Landgänge. Halb elf wird das ganze Schiff mit einem einfachen Menü abgespeist, dann machen wir uns fertig für den ersten Ausflug. Im Strom der Massen geht es auf die höchste Insel, von der man einen wunderbaren Blick über die Seenlandschaft hat. Den Berg hinunter geht es dann über eine Art Grasrutsche auf Plastikschlitten.

Ob die Anzahl der Inseln stimmt ist fraglich, denn mit dem sich verändernden Wasserstand im See wachsen viele Inseln zusammen und andere sind nur jahreszeitlich zu sehen. Heino und ich stimmen überein, das die Planer des Stausees das so gedreht haben, dass die Anzahl der durch Niedrigwasser entstehenden Inseln die Anzahl der zusammengewachsenen Inseln ausgleicht, schließlich verfügen die Chinesen über mehr als 3000 Jahre Erfahrung bei der Regulierung ihrer Gewässer.

Der Hauptteil des Sees ist übersät mit kleinen, kleinsten und mittleren Inseln, es gibt zahllose Schiffe und Boote mit Touristen und am Horizont zeichnet sich eine sehr touristische Stadt am anderen Ufer ab.

Unser zweiter Landgang ist dann noch chinesischer, drei kleine Inseln sind miteinander durch Brücken verbunden und zahlreiche kitschige Plastiken von Schlössern (Zuschließ-Schlösser) sind dargestellt, man kann sich in einen Vogelkäfig einsperren lassen oder einen Bussard auf den Arm nehmen, dicke Goldfische füttern und wird im Ruderboot die letzten 50 Meter bis zu den Touristenschiffen zurück gerudert; eine schwankende Hängebrücke, auf der Schaukeln sogar erlaubt war, hätte ich fast noch vergessen. Dafür ist es unmöglich auf der Insel eine Tasse Kaffee zu trinken oder zumindest ein Glas Tee, wie man es für China erwartet hätte, doch hier regiert der Massendurchschleiftourismus.

Letztlich war der schönste Teil der Fahrt über den See der Beginn noch in der anderen Provinz mit den zahllosen kleinen Dörfern am Ufer und der Blick vom Aussichtspunkt über die gesamte Landschaft.

Auch im Hafen von Qiandaozhen ist alles auf größere Touristenmassen vorbereitet und wir sind froh, dass wir die belebte Stadt noch verlassen können. Auf meiner Karte ist es noch eine nebenrangige Straße, aber in der Realität fast eine vierspurige Autobahn, allerdings fast ohne Verkehr, so kommen wir mehr als schnell vorwärts. Schon zwei Stunden später erreichen wir das Nordende des Sees, aber es ist noch nicht einmal 17 Uhr und die Sonne drückt nicht mehr so sehr, also beschließen wir, weitere 30 Kilometer zu fahren, auch das klappe wunderbar und halb sieben sind wir dann auch schon in Fenshui eingeflogen. Ein Hotel findet sich in der Mitte des Ortes und Abendessen auch gleich um die Ecke. Danach machen wir noch einen Spaziergang um den Block und das war es dann für heute, morgen geht es dann nach Hangzhou, der alten Kaiserstadt am Westsee.