Archiv: 2009 Ganz China!

59. Tag: 24. Mai 2009 „Wiedersehen in Shanghai“

Dienstag, den 26. Mai 2009

95 Kilometer von Suzhou nach Shanghai auf schneller Schnellstraße

„Auf nach Shanghai“ heißt es für uns heute, für Heino und Philipp ist es die letzte Etappe, Hubert kommt heute zurück und bringt seine Frau Barbara für die letzte Etappe nach Beijing mit.

Durch die moderne Vorstadt verlassen wir die klassische Gartenbaustadt Suzhou, der Weg ist nicht zu verfehlen, faktisch alle Straßen führen nach Shanghai. Vorbei geht es an modernen Neubauten und Wohnvierteln und einem luxuriösem Golfplatz. Hier beginnt das wirklich moderne China und in Shanghai erreicht es seinen Höhepunkt. Hier braucht man nicht mehr zu fragen, wann die Chinesen uns wirtschaftlich eingeholt haben, hier begreift man, dass Walter Ulbrichts These vom „Überholen ohne Einzuholen“ wirklich möglich ist.

Schon 30 Kilometer vor dem Zentrum beginnt die 18 Millionen Einwohner zählende Stadt, wir quälen uns durch ein staubige Baustelle und Hochhaussiedlungen.

In Shanghai lässt es sich erstaunlich angenehm radeln, Dank eines Systems an Einbahnstraßen, genau das Gegenteil hatte ich erwartet, doch unsere Route führt durch die ehemaligen Konzessionen, rote Backsteinhäuser, erbaut von den Holländern zieren den Weg.

Am Suzhou Fluss machen wir noch einmal Halt, denn hier bietet sich ein Blick auf die gigantischste Ansammlung von Wolkenkratzern der Welt, Shanghai-Pudong. Unser Hotel ist auch schnell gefunden, schließlich bin ich nicht das erste Mal in der Stadt.

Im Hotel haben wir eine schöne Ruhepause, dann kommen Hubert und Barbara vom Flughafen und wir beginnen mit einer eher erfolglosen Eroberung der Stadt.

Die berühmteste Meile der Stadt ist der „Bund“, die Hafenstraße mit den historischen Handelsgebäuden aus dem frühen 20. Jahrhundert. Doch dort, wo sonst tausende von Touristen zu finden sind ist eine hektische Großbaustelle. Shanghai bereitet sich auf die Expo 2010 vor und die Uferzeile wird komplett umgestaltet und im Moment ist nichts mehr möglich.

Mit einiger Mühe erhaschen wir einen nächtlichen Blick auf das Hochhausmeer auf der anderen Seite, mit noch größerer Mühe verlassen wir die Baustelle und mit dem Einsatz der letzten Kräfte finden wir auch noch ein Restaurant und feiern ein wenig unser Wiedersehen.

Zwei Tage in der Stadt bleiben uns noch und dann geht es weiter in Richtung Norden „nur“ noch 2000 Kilometer nach Beijing fehlen uns noch für die Durchquerung des Landes von Norden nach Süden.

58. Tag: 23. Mai 2009 „Gärten und Pagoden II“

Dienstag, den 26. Mai 2009

Superbrunch mit 5 Sternen, Spaziergang am „Tigerhügel“ und Besichtigung des Tee-Museums

Heute gehen wir zum Frühstücken in das 5 Sterne Hotel gegenüber, denn dort gibt es eines der besten Frühstücksbuffets in ganz China. In zwei Stunden schaffen kreisen wir mehrfach um die riesige Auslagefläche und fressen uns im Uhrzeigersinn durch, auf der letzten Runde gibt es dann fette Sahnetorte und dann geht nichts mehr.

Mit dem Taxi geht es dann ein wenig nach Norden aus der Stadt hinaus, zum „Tigerhügel“. Dies ist der bei den Chinesen beliebteste Park rund um einen Hügel und oben steht die schiefe Pagode von Suzhou. Der Hügel war ein alter Steinbruch und so gibt es kantige Felsvorsprünge und tiefe Einschnitte, schöne Bambushaine und viel illustres Volk. Wir schlendern mit den Massen hinauf und machen unsere Stopps an den Kodakpunkten, auch heute sind wir wieder auf jedem dritten chinesischen Foto zu finden. Nach dem Rundgang gehen wir natürlich nicht schon wieder essen, sondern trinken nur ein kühles Bier und dann geht es weiter zum Seiden Museum. Die Ausstellung ist nicht sehr groß, aber außerordentlich gut aufbereitet, mit wunderschönen Beispielen aus mehr als 4000 Jahren Geschichte. Es gibt schöne Exponate zur Seidenherstellung, vom Füttern der Seidenraupen über das Spinnen und Färben bis hin zum Weben. In der Ming und Qing Dynastie erreichte dann die Seidenweberkunst ihren absoluten Höhepunk, es gab riesige Webstühle mit komplizierten Systemen zum Weben von hauchdünner Seide oder schwerem Brokat. Die ausgestellten Beispiele überzeugen durch die Vielfalt und Kompliziertheit der Muster und Motive, durch leuchtende Farben und eine Dynamik, die heute von industriellen Webstühlen nicht erreicht werden kann, Heino und ich sind begeistert vom Museum, Philipp ein wenig müde.

Am späten Nachmittag setze ich mich dann noch einmal an den Computer, aber leider klemmt die Internetverbindung, aber ich komme wenigstens zum Schreiben und es bleibt sogar noch ein wenig Zeit für ein Schläfchen.

57. Tag: 22. Mai 2009 „Gärten und Pagoden I“

Dienstag, den 26. Mai 2009

Spaziergänge durch den „Garten des einfältigen Beamten“ und den „Löwengarten“ und den Park an den Zwillingspagoden

Um die Ecke gibt es einen schönen Bautze Laden und daneben gleich ein Cafe, also die besten Vorraussetzungen für ein Frühstück am Ruhetag. Danach geht es mit dem Taxi zum „Garten des einfältigen Beamten“. Hier ist bunter Betrieb von Touristen und Verkaufsständen.

Der garten ist der größte in Suzhou und es gibt zahlreiche Teichen, Pavillions und angelegt Hügel. Mit den Massen strömen wir durch diesen Garten und genießen den Schatten der alten Bäume. Hin und wieder kommen wir an eine Ecke ohne Touristen und können schöne ruhige Ausblicke genießen. Nicht weit entfernt liegt dann der „Löwengarten, der Supergau der Taihustein-Kultur, die kleine Anlage ist praktisch mit dem Geröll aus dem Taihu See zugeschüttet, ein ganzes Gebirge mit verschlungenen Wandelgängen wurde errichtet. Seinen Namen hat der See von einigen Steinen, die mit etwas Fantasie einem Löwen ähneln. Auch hier tummeln sich wieder jede Menge Touristen.

Dafür geht es dann an den Zwillingspagoden sehr ruhig zu. Diese beiden Türme im Zentrum tauchen wohl in keinem Handbuch Suzhous auf, auf jeden Fall sind Heino und ich hier ganz alleine. Der Park ist umrandet von einer Ausstellung steinerner Säulensockel aus 6 Jahrhunderten, es gibt schöne Bonsais und in einem Nebengebäude üben ein paar Studentinnen an der Wölbbrettzither.

Am Nachmittag beleibt noch etwas Zeit für ein kurzes Schläfchen und dann gibt es schwere Fleischgerichte in einem Hunan-Restaurant.

56. Tag: 21. Mai 2009 „Reise nach Venedig“

Donnerstag, den 21. Mai 2009

42 gemütliche Kilometer von Tongli nach Suzhou, Rundgang durch den „Garten des Meister der Netze“

Suzhou gilt als das Venedig des Ostens, eine Metropole am Kaiserkanal, selbst durchzogen von einem Kanalnetz und reich geworden durch den Handel mit Salz und Seide. Doch bis dahin ist es noch einen halben Tagesritt. Nicht zu früh frühstücken wir und starten dann gegen 9 Uhr. Es regnet nicht mehr, aber es ist bewölkt und es weht ein angenehmes Lüftchen.

Noch einmal geht es durch die engen Gassen an den Kanälen von Tongli, dann sind wir wieder auf der großen Straße. Drei Versuche starten wir, von dieser wegzukommen, doch jedes Mal wird die Straße schmaler und schmaler und endet dann auf einem Hinterhof am Wasser und keine Brücke ist weit und breit zu sehen, so fahren wir dann doch die Hauptstraße entlang. Doch nach einer knappen Stunde sind wir schon im Entwicklungsgebiet von Suzhou, das heißt breite asphaltierte Alleen, wenig verkehr und entstehende Neubauten rechts und links. So geht es dann noch einmal 20 Kilometer bis ins Stadtzentrum. Über einen Kanal müssen wir noch hinweg und schon sind wir im nächsten Touristenzentrum. Boutique reiht sich an Boutique, Restaurant an Restaurant und dazwischen viele Hotels. Das Nanlin Hotel, ein fünf Sterne Teil ist uns etwas zu teuer, allerdings gibt es dort das beste Frühstücksbuffet in ganz China. Wir steigen um die Ecke ab in einem kleinen Hotel für einen Fünftel des Preises und beschließen dann übermorgen zum Frühstück ins Sternelokal zu gehen.

In einem Guangzhou Restaurant haben wir dann ein leckeres Mittagsmahl mit Entenleber, Aubergine und gedünsteten Schweinerippchen, dann trinken wir noch einen schönen Nachmittagskaffee.

Suzhou ist die Stadt der Garten, viele ehemalige Beamte des Kaisers haben sich hier ihre Altersruhesitze angelegt und prachtvolle Gärten angelegt. Der kleinste Garten Suzhous ist gleichzeitig der berühmteste und liegt gleich um die Ecke, der „Garten des Meisters der Netze“

55. Tag: 20. Mai 2009 „Wässriger Tag in der Wasserstadt“

Donnerstag, den 21. Mai 2009

Verregneter Ruhetag in der Wasserstadt Tongli, melancholischer Spaziergang

Im dunklen Hotelzimmer fällt es nicht schwer bis kurz vor Acht zu schlafen, zumal es draußen schläfrig vom Himmel plätschert. Ein Frühstücksei und Kaffee gibt es im Hotel und dann beginnen wir unsere Runde durchs Städtchen mit den organisatorischen Dingen, Bank of China und ich bekomme endlich nach langer Suche wieder Telefonkarten, um mein Handy nachladen zu können.

Im Unterschied zu Wuzhen wohnen hier die Leute noch in der Stadt und der Tourismus ist hier etwas historische gewachsen, als anderswo. Erstmals habe ich in den 90er Jahren von Tongli gelesen, da sei gerade die erste Straße zum Städtchen gebaut worden, vorher habe man es nur über den Wasserweg erreichen können. Dann war ich 1997 zum ersten Male hier, es gab in paar kleine Restaurants und ein paar einfache Hotels.

Inzwischen gibt es außerhalb der Stadt zahlreiche Hotels, Einkaufsstraßen mit Boutiquen, Busstation, Touristenparkplätze, in der Stadt lebt die Hälfte der Bevölkerung vom Tourismus.

In der Umgebung wird Seide hergestellt und die Stadt ist bekannt für ihre Seidenstickerei und Seidenweberei und so gibt es jede Menge Silkstores. Schnupftabakfläschchen werden von innen bemalt und lokale Leckereien, verschiedenes Gebäck und rotgekochte Schweinshaxen werden in zahlreichen Läden verkauft und man bekommt fast überall auch einen Kaffee.

Wir schlendern durch die schmalen gepflasterten Sträßchen entlang des Kanalsystems und teilen uns die verregnete Stadt nur mit wenigen Touristen. Im Tuisi-Garten, einer alten Familienresidenz mit einer wunderschönen Gartenanlage gibt es außer uns nur noch eine Gruppe Franzosen. Kleine gewundene Wege führen von Pavillon zu Pavillon und über die kleinen Brücken. Im Teich gieren dicke Goldfische nach etwas Futter, dass ihnen die Touristen zuwerfen und wenn dann ein paar Krümel die Wasseroberfläche erreichen, verwandelt sich der Teich in eine Suppe aus goldenen und roten zappelnden Fischleibern, die sich gierig auf das Futter stürzen.

Mittag verabschiedet sich unsere Radlerin Meili aus Hangzhou und fährt mit dem Bus zurück. Wir genehmigen uns dann eine große Portion Jiaotze und einen langen Mittagsschlaf und machen uns auf die zweite Runde durch die Stadt. Noch ein schöner Garten und ein paar kleine Museen stehen auf dem Programm und Abendbrot unter einem Dach direkt an einem kleinen Kanal. Noch einmal fängt es richtig an zu gießen und wir hoffen, dass das Wetter morgen etwas besser wird, wenn wir dann nach Suzhou radeln, unserer vorletzten Station auf der zweiten Etappe.