Archiv: 2009 Ganz China!

19. Tag: 14. April 2009 „ Sonnenschein im Dong-Land“

Mittwoch, den 15. April 2009

82 bergige Kilometer von Boyang nach Liping, auf guter Piste und dann auf guter Straße,

ein Pass und zusammen 1001 Höhenmeter

Das Leben beginnt hier später als an anderen Orten, gegen 7 Uhr, als wir schon fertig wartend vor dem Hotel stehen, wird gerade die Nudelküche geöffnet, die Werkstatt gegenüber öffnet erst eine knappe Stunde später.

Dort ist Hubert dann fleißig am Schneiden, Bohren und Flexen und der angebrochene Vorbau bekommt eine atomkriegssichere Versteifung und gegen 9 Uhr kann es endlich losgehen.

Zum Glück ist die Piste heute nicht mehr so schlecht wie gestern, ganz im Gegenzteil, die Baustelle befindet sich in ihrer letzten Phase, es nur noch Asphalt oder Beton aufgetragen werden, also ist die Piste wunderbar festgefahren und planiert.

Bis Hongzhou geht es immer am Fluss entlang, die Strecke ist aber trotzdem recht hügelig und anstrengend. Bis Mittag geht es mehr oder wenig durch dieses Tal und am Ende erreichen wir recht müde die Hauptstraße, nach den Regentagen ist das Wetter heute wie im Bilderbuch, Sonnenschein und fast 30 Grad, fast schon wieder zu warm; aber uns Radlern kann man es aj nie recht machen.

Gebratene Nudeln, dann einen Kaffee und Kekse, so verbringen wir den frühen Nachmittag in einer Nudelstube in Zhongchao, dann machen wir uns auf die letzten Kilometer bis Liping. Die haben es aber noch einmal in sich, denn die Straße windet sich fast 400 Meter den Berg hinauf, bietet aber wunderschöne Ausblicke auf Reisfelder und schöne Dong Dörfer mit ihren Holzbauten.

Vor Liping machen wir noch einen kleinen Abstecher zu einem Trommelturm am Rande der Stadt und genießen die Sicht im warmen Licht des späten Nachmittags. Ein gutes Hotel, sogar mit Internet, finden wir im Zentrum auf Anhieb, bei den Temperaturen lohnt es sich doch zu waschen und die Klamotten werden wohl endlich wieder einmal trocken.

Gegenüber dem Hotel gibt es gleich eine Menge Stände mit Gegrilltem, an dem wir uns gütlich tun, sowie gekochte Muscheln und gebratenen Reis. Nach dem Essen schlendern wir durch das Zentrum der kleinen Stadt, Hier gibt es mehr Leben als in drei deutschen Großstädten zusammen, überall Leute auf der Straße und in den Läden, aber trotzdem hat man nicht das Gefühl des Konsumwahnsinns wie bei uns. In der Halle des Einkaufszentrums wird dann auch recht rege Federball gespielt, als mit teuren Klamotten flaniert.

18. Tag: 13. April 2009 „Durchs wilde Land der Dong“ (Teil I)

Dienstag, den 14. April 2009

76 harte Kilometer, lange Strecken auf übelster Piste, steil und schlammig durch wunderschöne Täler und über drei Berge, 979 Höhenmeter von Shenyang über Yadunabao nach Boyang

Trübe sieht es auch am Morgen aus, aber es regnet nicht. Wir drehen mit den Rädern noch zwei Runden im Dorf und versuchen den „Ausgang“ zu finden und der schmale Weg führt uns dann durch ein Gewirr von engen Gassen zwischen den hölzernen Häusern.

Noch gut 12 Kilometer haben wir Asphalt unter den Rädern, in dem Tal mit vielen kleinen Dörfern, vielen Reisfeldern und Wasserrädern und noch einem guten Dutzend „Wind-und Regenbrücken“. Dann löst sich die Straße in Wohlgefallebn auf und es gibt nur noch Piste. Die ist mal mehr und mal weniger gut, nach den Regenfällen des letzten Tages aber doch eher matschig. So geht es dann mehr oder weniger bergan und die Straße wird immer schlechter. In den kleinen Dörfern wird viel gebaut und wir kommen zu unserer guten Tat und helfen beim Ziegeln transportieren. In einer langen Reihe werden die Dachziegeln über zwanzig Personen vom Stapel auf der anderen Straßenseite aufs dach befördert, immer von hand zu Hand weiter gereicht.

Auf einer der Abfahrten knackt es in Huberts Vorbau und dieser ist dann stark angebrochen und wackelt noch mehr als vorher. Von nun an muss er aufs vorsichtigste den Berg hoch und noch langsamer runter.

Nach dem Mittag haben wir noch einmal 10 Kilometer Asphalt und dann wird es wirklich wild. Es geht ziemlich steil auf einer wechselweise schlammigen oder felsigen Piste mit 10 bis 12 Prozent nach oben. Die Abfahrt ist noch ungemütlicher und der Ort Dupu, der fast im Schlamm versink, ist nicht gerade einladend für eine Übernachtung, also radeln wir noch bis zum nächsten Ort.

Noch einmal geht es 20 Kilometer über die Piste, es ist nicht mehr ganz so schlimm, aber immer noch poltern wir von einem Loch ins andere und von einer Pfütze in die nächste.

Kurz vor dem abendlichen Gewitter erreichen wir Boyang. Die „Hotels“ sind sehr einfach, Heino bekommt ein Einzelzimmer und Hubert und ich teilen eine „Suite“. Wenigstens gibt es warmes Wasser und so können die Sachen gewaschen werden, auch wenn diese bei dem feuchten Klima keine Chance haben in dieser Nacht trocken zu werden.

17. Tag: 11. April 2009 „Berge, Brücken, Wasser“

Dienstag, den 14. April 2009

80 Kilometer auf ordentlicher Straße, aber zunehmend schlechter werdenden Wetter und immerhin 998 Höhenmetern

Die Rückfahrt verläuft ohne Reibungsverluste, wir kommen gerade aus dem Hotel, als auch der Bus kommt und heute ist es nicht voll und es geht friedlich und Gedränge nach Longsheng zurück. Unterwegs gibt es für heute die ersten Regengüsse.

In Longsheng entfliehen wir einem solchen erst einmal und frühstücken in einem netten Kaffee. Hubert und Heino verzehren das Süßzeugs und ich habe mir ein paar Baotze von gegenüber besorgt. Ein großer Kaffee rundet alles ab.

Ohne Regen geht es aus der Stadt hinaus und wir kommen gut voran. Über den Wäldern und Dörfern an der Straße hängen dichte Nebelschwaden und geben der ganzen Landschaft einen mystischen Eindruck. Alles geheimnisvoll in den verschiedensten Grautönen, auch ein schöner Hintergrund für Horrorfilme.

Wir haben drei Mal Glück und kommen immer bei einsetzendem Regen an einem kleinen Laden vorbei. Hier sammeln sich auch die Lokals, an Arbeit denkt bei dem Wetter niemand und so stehen alle schwatzen um einen oder mehrer Tische herum, an denen Karten gespielt wird.

Mittag besichtigen bei Niselregen den riesigen Trommelturm in Sanjiang. Wir haben ein neues Gebiet erreicht, hier wird das Bild von der Dong Minderheit dominiert. Aber nicht in dem Moment, als wir hier sind, denn bei dem schlechten Wetter sind wir die einzigen Touristen am Ort.

Mittag gibt es auf der anderen Seite des Flusses in einer kleinen Garküche und während unsere Sachen gerade so trocken werden, braut sich draußen Schlimmeres zusammen.

Ein paar Minuten nach unserem Aufbruch fängt es dann auch an stark zu regnen und später zu schütten und zu gewittern, aber der Regen ist angenehm und nicht kalt, ich habe mich in meine Goretex Klamotten eingemummelt und genieße den monotonen Klang der Regentropfen. In den Reisfeldern erzeugen die schweren Tropfen große Blasen und trotz des Gewitters sind einige Bauern auf den Feldern und traben in knietiefen Matsch mit der Egge dem Ochsen hinterher. Wenn man im Reisfeld eh nass wird, kommt es wohl auf ein bisschen Wasser von oben nicht mehr an.

Die kleinen Felder im Tal werden von zahlreichen Wasserrädern bewässert, im technischen Sinne sind es eher Schöpfräder, durch und durch aus Bambus konstruiert, drehen sie unermüdlich langsame Kreise und bringen noch mehr Wasser auf die Felder.

Gegen halb fünf erreichen wir die „Wind und Regenbrücke“ in Shenyang. Diese Art Holzbrücken ist eine Spezialität der Dong-Minderheit und über 900 davon soll es im Umland geben. Die größte und schönste stünde allerdings hier in Shenyang, direkt vor uns.

Wir entwässern uns aber erst einmal in einen der kleinen Herbergen, die die Familien hier in ihren traditionellen Holzhäusern eröffnet haben. Die warme Dusche tut gut und alle Kapazitäten zum Aufhängen der nassen Sachen ausgenutzt.

Heino und ich spazieren noch ein wenig durchs Dorf, Heino fachsimpelt ein wenig über den eigenwilligen und sehr schönen Baustil der Dong und wir entgehen nur mit Mühe den Versuchen der alten Damen auf den Brücken, uns den lokalen Kitsch zu verkaufen.

Abends wird die Brücke noch einmal in Scheinwerferlicht getaucht, obgleich vielleicht nur ein Dutzend Touristen im Ort abgestiegen sind.

Zum Abendbrot gibt es eine Flasche Rotwein und auch hier ist um 9 Uhr allgemeiner Schluss, das haus wird verschlossen und die wenigen Gäste verziehen sich über die knarrenden Dielen auf ihre Zimmer.

16. Tag: 11. April 2009 „Wolke 07“

Dienstag, den 14. April 2009

Von den Reisterassen über Longsheng zu den heißen Quellen mit dem Bus, davor 26 km mit dem Rad

Frühstück gibt es in der Herberge, gebratener Reis und unser Kaffeepulver haben wir mitgebracht. Das Wetter sieht so aus, als ob es nicht weiß, was es will, es ist ziemlich verhangen, deshalb beschließen wir auch, mit dem Bus zum Dorf oben an den Reisfeldern zu fahren und uns nicht 600 m in steilen Serpentinen nach oben zu kurbeln.

Oben am Parkplatz sieht man nicht viel, aber wir haben die Hoffnung, vielleicht noch über die Wolken zu kommen.

Noch ist es früh genug und die lokalen Souvenirverkäufer sind noch zu verschlafen und am Auspacken, so werden wir nicht genervt und tatsächlich, dann schon ein paar Meter weiter oben beginnen die Wolken abzureißen und geben den Blick auf die Reisterrassen frei.

Wir nehmen beide Aussichtspunkte mit, trinken frisch aufgebrühten Kaffee und lassen uns mit den Zhuang-Mädchen fotografieren und schlendern wieder abwärts, als die Sicht wieder schlechter wird. Jetzt rollt uns die Touristenlawine entgegen, sogar in einer Sänfte werden einige dicke Europäer von jeweils zwei dünnen Chinesen nach oben geschleift.

Wir steigen unten dann auf die Räder und rollen wieder aus dem Tal hinaus nach Longsheng.

Hier wollen wir wieder in den Bus steigen, um zu den heißen Quellen zu kommen. Im letzten Jahr bin ich die 35 km geradelt, aber alles war aufgerissen und schlammig und nach den Regenfällen der letzten Nacht sieht es dort nicht besser aus; außerdem müssen wir dann morgen früh die gleiche Strecke wieder zurück.

Anfangs scheint der Bus mit seinen 15 Sitzen nicht so richtig voll, aber irgendwann stecken dann bis zu 35 Leute im Gefährt. Ich komme zu meiner guten Tat, indem ich einer Yao-Frau ihr Kleinkind abnehme und zu mir auf den Schoß setze. Der vielleicht Dreijährige spielt mit und sitzt dann mehr als eine halbe Stunde ruhig und ohne zu zappeln. Der Fahrer nimmt alles mit, was am Straßenrand steht und so landen Körbe mit Einkäufen und ein halber Pflug und ein Kanister mit Schmieröl auch noch im Bus und ab und zu werden auch noch Sachen auf dem Dach verladen.

Fast zwei Stunden braucht der Bus für die Strecke und wir sind ganz froh, dass wir nicht geradelt sind, wahrscheinlich war es nicht so schlimm wie hinter Wuzhou, aber wir haben wenigstens noch genügend Zeit für die heißen Quellen, in denen wir satte zwei Stunden ausharren, immer öfter wechseln wir das Becken, denn in dem einen ist es zu heiß und in dem anderen zu kühl.

Die chinesischen Besucher kommen erst in größeren Zahlen, als wir schon wieder die schöne Anlage verlassen, ordentlich hungrig von der Busfahrt und den zwei Stunden in der Therme.

Die Restaurantzeile vor den Quellen bietet alles, was sich bewegt von Fischen, Fröschen und Kuschelratten, Wespennester und Flussmuscheln, an letzteren versuchen wir uns. Ein dickes Abendbrot also und eine angenehme Massage, runden den nicht so anstrengenden Tag ab.

15. Tag: 10. April 2009 „Zu den Drachenrücken Reisterassen“

Dienstag, den 14. April 2009

96 km von Guilin nach Huangluo, anfangs flach und dann immer bergigere 1100 Höhenmeter

Zum Glück ist das Wetter etwas besser als am Vortage, zwar grau und verhangen, aber wenigstens kein Regen. Auf dem Zimmer gibt es noch einen Kaffe und etwas süßes Zeugs, Heino und Hubert lieben das zum Frühstück, ich bin davon weniger begeistert, würde da ein Dämpfsieb Baotze bevorzugen.

Aus Guilin ist wieder dichter Verkehr, aber nur bis zum Flughafenabzweig, dann geht es auf ruhiger Hauptstraße weiter. Ab und zu sieht es nach Regen aus, aber nieselt ein wenig und das war’s. Hinter Guilin hört dann auch die Karstkegellandschaft auf und im Nebel lassen sich „normale“ Berge erahnen. Auf kleinen Hügeln wird Tee angebaut und wir beschließen eine Pause bei den „Drei Schwestern der Familie Liu“ zu machen und probieren einen lokalen Olong-Tee mit Osmanthus versetzt. Der Osmanthus stammt vom Baum im Garten, auf den im Oktober letzten Jahres meine beiden Mitradler Andreas und Otto geklettert sind, um bei der Ernte zu helfen und heute haben wir die Blüten in der Teetasse.

Mittag gibt es drei Orte weiter in Wantian, recht ausführlich, denn das magere Frühstück liegt ja schon einige Zeit zurück, leckere Bambussprossen werden gerade überall frisch angeboten und erinnern mit leicht bitterem Geschmack ein wenig an Spargel.

Nach dem Mittag geht es dann in die Berge, immer etwas hoch und runter und zu guter letzt geht es dann straff nach oben zum Pass. Der liegt in dichtem Nebel und mit jedem Meter Höhe wird die Sicht schlechter. Oben kann man kaum mehr die andere Straßenseite sehen, doch auf der anderen Seite ist dann fast richtig schönes Wetter. Die letzten Höhenmeter machen wir dann nach dem Abzweig zu den Drachenrücken-Reisterrassen, ein Ausflug in Guinness Buch der Rekorde, denn hier finden sich nicht nur die meisten Terrassenfelder, mit über 1000 Stufen auf mehr als 900 Höhenmetern, sondern auch das Dorf mit den Frauen mit den längsten Haaren der Welt. Und in Huangluo, genau diesem Dorf finden wir dann auch eine kleine Herberge.

Das ganze Gebiet wird nicht von ethnischen Chinesen, den Han, besiedelt, sondern von Minoritäten. Die Dörfer in den Tälern gehören dem Yao-Volk und die Siedlungen in den höheren Lagen sind von den Zhuang bevölkert.

Wir bewundern die schöne Holzarchitektur und auch die vielen Neubauten werden im traditionellen Stil gebaut, ganz aus Holz und jedes Stockwerk nach oben breiter werdend. Auch die Guesthäuser hier sind alle in diesem Stil und im Obergeschoss gibt es einfache Zimmer mit nichts als einem Bett. Unsere Dusche ist eine Etage tiefer und wird mit Gasdurchlauferhitzer beheizt.

Unser Gastgeber schien wohl im ersten Moment nicht auf Gäste eingestellt, aber eine neue Gasflasche für die Dusche und drei Handtücher werden sofort per Handy geordert und mit dem Motorrad keine 10 Minuten später angeliefert (und das am Ostersamstagabend!)

Für uns gibt es nicht viel zu tun, als das leben auf der Straße zu beobachten, gegenüber sitzen ein paar Frauen schwatzend und stickend beieinander, während die Männer im Laden nebenan um den Tisch herumstehend rauchen und den Kartenspielern beim Zocken zu zusehen.

Das Abendbrot sind gute Hausmannsgerichte, die Familie sitze derweil beim Fernsehen und gegen 20 Uhr wird das Haus verriegelt und wenig später hören die Dielen auf zu knarren und alle sind im Bett verschwunden.