Archiv: 2010 Entlang der Teestraße

13. Tag: Unendliche Teeplantagen und Gewitterschauer

Donnerstag, den 18. Februar 2010

40 Kilometer von Ning’er nach Pu’er, drei Pässe und 700 Höhenmeter, dann Abstecher mit dem Bus auf eine Teeplantage

Heute Morgen lassen wir uns richtig Zeit, nicht so früh los und langes Frühstück mit kleinem Buffet im Hotel und dann noch gemütlich die Sachen verpacken. Nachts hat es geregnet und jetzt sieht es etwas unentschlossen aus, aber als wir uns auf die Räder schwingen kommt die Sonne wieder heraus.

Da wir heute weiter die Hauptstraße fahren herrscht mehr als reger verkehr, aber die Straße ist recht ordentlich ausgebaut und so ist es nicht gefährlich für uns, nur manchmal etwas nervig.

Dafür gibt es an den Straßen unzählige Stände mit frischem Obst und gebackenen Süßkartoffeln, die geradezu zu einer Pause einladen.

Wieder einmal haben wir eine Bergetappe vor uns und nach dem ersten Gipfel ist nicht Schluss, es gibt eine kleine Zwischenabfahrt und dann kommt noch eine lange Steigung. Kurz vor dem Gipfel grummelt es dann in den dichter werdenden Wolken und ein kleiner Regenguss geht nieder. Den warten wir ab und dann geht es den dritten und letzten Hügel hinauf.

Oben dann die ersten Teeplantagen, fast zwei Wochen haben wir darauf gewartet, denn bisher haben wir vom Tee ja nur die Teeläden und Teestuben mitbekommen, nun endlich auch die Plantagen. Und die sind riesig, es scheint, dass die ganze Gegend um Pu’er nur aus Teebergen besteht.

Die Abfahrt ist in die Stadt macht riesigen Spaß, denn die einzigen die vorwärts kommen sind wir. Alle anderen kriechen nur langsam im Stau oder stehen. Es leben das Fahrrad und die Radfahrer! Wir schlängeln uns zügig bis in die Stadt durch und auch unser heute wieder einmal luxuriöses Hotel ist schnell gefunden.

In der Halle gibt es dann ein „Schmutziges Bier“, das heißt, es wird vor dem Duschen getrunken, eine alte „China by Bike“ und Athen-Beijing Tradition, dazu Keks, Obst und Partytomaten.

Eins Stunde später springen wir alle in unseren kleinen Bus und fahren noch einmal raus. Schließlich wollen wir noch etwas mehr von den Teefeldern sehen. Leider ist die Straße zur Teefarm recht schlecht und für die 24 km brauchen wir knapp zwei Stunden für den Weg hinauf. Die Strecke ist malerisch und idyllisch. Berge über Berge und Tee, soweit das Auge reicht und außer kleinen Dörfern nichts anderes.

Dafür ist es beklemmend im Bus zu sitzen und nicht einmal anhalten zu können und zu fotografieren. Erst kurz vor halb fünf kommen wir an der Teeplantage an. Hier bekommen wir gerade einmal den Rest der Folkloreprogrammes mit, dann wird so systematisch alles geschlossen. Im Hotel hatte man mir gesagt hier wird bis 20 Uhr dann auch gezeigt, wie der Tee verarbeitet wird. Bleibt uns nur ein schöner Spaziergang durch die große und schöne Anlage. Hier hätte es dann auch ein Museum gegeben und Vorführungen, aber wir sind ja noch ein paar tage in der Gegend und vielleicht ergibt sich ja noch eine andere Möglichkeit.

Zum Abendessen sind wir wieder zurück in der Stadt und müssen wieder eine Weile laufen, um ein nettes Restaurant zu finden. Gemütlich bei vielen Gerichten werten wir dann den Tag aus und schlendern zurück zum Hotel.

12. Tag: Kaiseretappe

Mittwoch, den 17. Februar 2010

108 Radkilometer von Zhenyuan nach Kuangshui, dann 40 km Transfer nach Ning’er, ca. 1000 Höhenmeter, wunderschöne bis grandiose Landschaften bei 27 Grad und Sonne, wenig Wind

Im Hotel gibt es Frühstück ohne große Überraschung, Nudelsuppe in zwei Sorten. Angelika und Christopher sind inzwischen schon auf morgendliche Kekse umgestiegen. Ich hoffe in den nächsten Tagen haben wieder alle kleinen Läden auf, so dass wir zum Frühstück Baotze bekommen können.

Heute Morgen ist es auch nicht mehr ganz so kühl, wir sind ja auch nicht mehr so hoch und schon bald lässt es sich gut im T-Shirt fahren. Die Landschaft im Flusstal ist wunderschön und sanft, es gibt viel Bambus und eine Sorte großer Bäume mit knallroten Blüten, leuchtend Farbtupfer in der immergrünen Landschaft.

In den Dörfern wachsen viele Papayas und auch die ersten Gummibäume sehen wir heute. Die ersten drei Stunden gibt es außer ein paar kleinen Hügeln nicht viel zu klettern, aber viel zu fotografieren; schöne Ausblicke, Stromschnellen, bunte Blüten und Leute auf den Feldern.

Dann sind es nur noch 8 km bis zum Mittagessen in Meizi, allerdings liegt dann noch ein heftiger Berg dazwischen, so dass wir erst eine Stunde später in dem winzigen Städtchen ankommen. Das Essen ist lecker wie immer und gesättigt diskutieren wir den Rest der Strecke. Bis zum Ziel ist es zu weit, mindestens noch 70 Kilometer und mit einer Fuhre des Begleitfahrzeuges kommen wir nicht alle mit.

Angelika und Ernst ‚opfern’ sich uns steigen dann in den kleinen Bus um, Christopher, Ulli und ich radeln weiter, bis der Bus uns wieder entgegen kommt.

Vor uns liegen erst einmal wieder kräftige Anstiege, dafür aber auch schöne Ausblicke ins Tal. Dann geht es wieder eine schöne Abfahrt nach unten ins nächste Dorf. Viel zu schnell sind wir hier angekommen, noch nicht einmal das späte Mittagessen ist richtig abgearbeitet und so geht es nach einer kurzen Pause gleich wieder weiter. Und das war die richtige Entscheidung, nach ein paar Kilometern in einem schmalen Tal öffnet sich die Landschaft und vor uns liegt ein Paradies. Ein weites Tal mit winzigen Dörfern und vielen, vielen Terrassenfeldern.

Zwar geht es kräftig nach oben, fast noch einmal 500 Höhenmeter, aber an jeder Ecke stoppen wir, um neue die Aussicht zu genießen und Fotos zu machen.

Oben am Pass ist es recht windig, also stürzen wir uns den Berg hinunter in eine berauschend Abfahrt, fast 10 Kilometer lang und gut asphaltiert.

Unten treffen wir nicht nur auf die Autobahn, sondern auch auf unseren kleinen Bus und dann steigen auch wir um.

Die letzten 40 Kilometer im Bus sind Stress, vor allem für den Fahrer, denn die Autobahn ist noch nicht bis Ning’er durchgezogen und so wird der Verkehr über die schmale Landstraße umgeleitet. Große Strecken geht es nur im Stopp and Go vorwärts und wir erreichen Ning’er erst im Dunkeln. Die anderen haben die Koffer schon verteilt und in ein nettes Restaurant gefunden. Als wir kommen werden gerade die Gerichte aufgetragen und bald ist alles fast schon peinlich blank gegessen.

Zurück im Hotel dann gibt es nur noch eine warme Dusche und ein angenehm hartes Bett.

11. Tag: Volle Straßen, leere Straßen

Dienstag, den 16. Februar 2010

73 Kilometer von Jingdong nach Zhenyuan bei allerschönstem Wetter bis 25 Grad, recht hügelig mit ungefähr 600 Höhenmetern

Lausig kalt ist es, wenn man an der Nudelstube auf seine Nudeln wartet, nur gut, dass danach gleich ein kleiner Anstieg kommt und die Sonne langsam höher steigt. Schon wenig später fallen die ersten Hüllen und heute scheint es recht warm zu werden.

Mit dem gestrigen Pass haben wir auch wieder eine Klimascheide überschritten. Hier auf dieser Seite gibt es deutlich mehr Bananen, der Bambus am Straßenrand ist riesig hoch mit dicken Rohren und überall wächst Zuckerrohr auf den Feldern.

Leider teilen wir uns die Straße heute mit vielen Fahrzeugen, viele Busse und PKWs sind unterwegs, ich glaube aber, das ist nicht immer so hier in der Gegend, sondern das ist der Heimreiseverkehr nach den Feiertagen.

Nach zwei Stunden auf dem Rad über leicht Hügel wird es dann auch wieder etwas ruhiger. Immer gibt es etwas zu sehen an der Straße. Frauen die im Fluss Gemüse waschen oder ein kleiner Markt in einer kleinen Ortschaft. Überall wächst jetzt viel Zuckerrohr und auf einigen Feldern sind die Bauern dabei, die dicken Stangen gerade zu schneiden und in dicken Bündeln abzutransportieren.

Mittags finden wir einen netten sonnigen Platz und brühen uns Kaffee auf und essen nur Kekse und Obst. Bananen und Mandarinen, direkt vom Erzeuger, sind viel leckerer als zu Hause in Berlin.

Nachmittags werden die Hügel etwas heftiger und die Landschaft wird wieder etwas schöner. Manchmal fahren wir durch kleine Bambushaine im Schatten der hohen Büsche.

Gegen 15 Uhr erreichen wir Zhenyuan, eine recht neue kleine Stadt, die fast nur aus Hotels zu bestehen steht. Allerdings sind die Straßen wie leer gefegt, man sieht nur wenige Leute und weiterhin sind alle Läden geschlossen. Manchmal kann man einen Blick durch eine geöffnete Tür erhaschen und sieht große Familien um den Esstisch sitzen. Der Rest der Stadt erscheint uns hier wie eine Geisterstadt, breite Straßen, moderne Gebäude, keine Menschen, nur eine Windböe treibt einen Staubwirbel vor sich her.

Wir müssen zwei große Runden im verlassenen Ort drehen, bis wir endlich das einzige geöffnete Restaurant finden, dort geht es aber dann recht belebt zu und unsere Gerichte kommen auch recht schnell und wie nicht anders zu erwarten ist alles super lecker und wir lassen, völlig unchinesisch, keine Reste auf dem Teller zurück.

Den Rest des Abends klemme ich mich an den Computer, nach vier Tagen gibt es hier endlich wieder Internet und ich muss meinen chinesischen Freunden noch allen Neujahrsgrüße schreiben, Bilder bearbeiten und die letzten Tage ins Netz stellen…….

10. Tag: Königsetappe

Montag, den 15. Februar 2010

110 km von Nanjian nach Jingdong, ein hoher Pass und knapp 1000 Höhenmeter bei leichtem Wind von allen Seiten und Sonne bis 25 Grad durch wunderschöne Landschaft

Wegen der langen Streck starten wir heute noch zeitige und erst als wir draußen beim Frühstück an der Nudelstube sitzen schiebt sich der erste Sonnenstrahl über die Hügelkette. Mit der Kälte ist es rasch vorbei, denn gleich hinter Nanjiang geht es in den Anstieg. Der ist zwar nicht sonderlich steil, dafür aber ziemlich lang.

Kurve um Kurve geht es nach oben mit schönen Ausblicken zurück über die Stadt, später durch kleine Dörfer und vorbei an Feldern und schönen Lehmhäusern, aber immer noch bergan. Nach zweieinhalb Stunden sind wir dann endlich oben, knappe 800 Höhenmeter höher als noch am Morgen und 23 km weiter. Der Wind war diesmal nicht gegen uns und auch nicht für uns, mal blies er eine Weile dagegen, dann schob er uns mal die nächste Kehre nach oben.

Hier gibt es dann erst einmal eine große Ladung Kekse. Das ist eine Sache, die der Chinareisende hier kaum erwartet, aber in fast jeder kleinen Stadt gibt es gut Keksbäckereinen mit richtig guten Mürbeteigkeksen. Zu den Keksen dann eine Flasche Nutri-Express, ein Yoghurt Frucht Getränk, das zu unserer Athen-Beijing Tour 2008 schon Kultstatus erlangte. So gestärkt geht es dann an die lange Abfahrt. Gegen 14 Uhr haben wir die Hälfte der Strecke zurückgelegt und essen in einem kleinen Lokal Mittag. Diesmal ist die Pause nicht all zu lang, denn weitere 55 Kilometer liegen vor uns.

Weiter geht es gemütlich abwärts mit kleinen Hügeln dazwischen. Die Landschaft ist spektakulär schön. Es gibt überall in den Bergen kleine Dörfer und viele Terrassenfelder. Die Dörfer auf der anderen Seite des Flusses sind meist nur über kleine wackelige Hängebrücken zu erreichen.

Kurz vor Jingdong dann noch einmal ein letzter Anstieg und dann geht es wieder mit 50 km/h dem Ort entgegen. Wegen des Frühlingsfestes hat das Hotel nur wenige Gäste und fährt auch nur mit einem Viertel der Besatzung. Umso wärmer ist der Empfang. Die Managerin lädt uns zum Essen ein und bereitet in der Küche selbst ein gigantisches Mahl zu. Gemeinsam mit ihrem Freund, unserem Fahrer, sitzen wir dann beim traditionellen Familienessen.

Nach dem zweiten Bier machen sich allerdings die zurückgelegten Kilometer und Höhenmeter bemerkbar und so verschwinden wir gegen 21 Uhr im Bett, um morgen fit der nächsten Etappe ins Auge zu sehen.

9. Tag: Der Tag danach…Flashmob an der Flussbiegung

Sonntag, den 14. Februar 2010

Morgens noch ein Spaziergang in der Altstadt, dann 40 km mit dem Rad von Weishan nach Nanjian, dann Stadtspaziergang und Abendessen, bis 20 grad, sonnig und weiterhin frischer Wind

Da ist nun also der erste Tag im Jahr des Tigers, wir tigern gleich morgens noch einmal durch die Altstadt und sind verwundert. Obgleich der weltkriegsgleichen Ballerei in der Nacht sind die Straßen und Plätze schon gefegt, nur noch an einigen Stellen werden weiter nach Lust und Laune Geister vertrieben und auch dort schnappt man sich recht schnell einen Besen und die Explosionsreste werden zusammengefegt.

Die Glück- und Segenswünsche fürs neue Jahr auf langen roten Papierstreifen, die in den letzten Tagen an unzähligen Ständen verkauft wurden, kleben nun an den Eingängen und Türen mit Glücks- und Doppelglückssymbolen. Außerdem stehen vor fast jedem Eingang zwei Räucherstäbe in Großformat, 1,5 bis zwei Meter lang. Auch das ist für jedes Haus und jeden Hof wichtig, denn ein guter Start ins Jahr ist schon die halbe Miete.

Viele Chinesen nutzen den Morgen zu einem ersten Spaziergang im neunen Jahr des Tigers, so wir auch. Viele sitzen auf der Straße in der Morgensonne und spielen chinesisches Schach oder Mahjiang. Viele Läden bleiben auch heute und in den nächsten Tagen geschlossen und so ist es gar nicht so einfach eine Nudelstube für das Frühstück zu finden.

Auf dem Platz vor dem Trommelturm haben sich Angehörige der Yi Minorität in bunten Trachten zusammengefunden, um gemeinsam zu singen und zu tanzen. Vergnügt mischen sich die Umstehenden unter die Folkloretänzer.

Gegen 11 Uhr starten wir mit den Rädern. Heute erwarten uns gemütliche vierzig Kilometer immer flussabwärts, also keine große Anstrengung. Auch in den Dörfern sind die Yi in bunten Trachten unterwegs, die Männer haben Musikinstrumente, wie Flöte und Bambus-Mundorgel dabei.

Durch blühende Rapsfelder fahren wir durch wunderschöne Dörfer, die Häuser sind alle aus Lehm gebaut und schmiegen sich an die Berghänge. An einer Flussbiegung irgendwo zwischen zwei Dörfern haben sich hunderte von Leuten zu einem Frühlingsfest zusammen gefunden. Es gibt keinen Tempel und nichts besonderes drumherum und erscheint fast wie ein spontaner Flashmob. Mit Motorrädern, kleinen Transportmotorrädern oder zu Fuß sind die meisten unterwegs. Nun knallt man hier an der Flussbiegung kräftig, trinkt Bier, raucht Zigaretten oder isst eine Kleinigkeit an den spartanischen Ständen.

Etwas später erreichen wir Nanjian, eine schmucklose Kleinstadt. Wir sind früh genug hier für eine kleine Nachmittagspause, dann machen wir einen langen Rundgang durch die kleine Stadt. Auf dem Hauptplatz herrscht Jahrmarksähnliches Treiben. An einer der Buden werfe ich Bälle und gewinne gleich mit dem ersten Wurf unter dem Beifall der Menge einen mehr oder weniger hässlichen aufblasbaren Pinguin. Der wechselt auch gleich wieder den Besitzer, denn ich verschenke ihn an ein kleines Mädchen mit großen Augen und braun gebranntem Gesicht. Eine halbe Stunde pilgern wir durch einen riesigen Supermarkt im Zentrum, schon die Süßigkeitenabteilung hat die Abmessungen eines großen Ladens.

Unsere Runde wird immer größer, denn wieder ist es ein Problem, ein geöffnetes Restaurant zu finden und auf den Straßengrill haben wir den dritten tag in Folge keine Lust. Letztlich enden wir in dem winzigen Lokal gleich am Hotel und essen die letzten Gerichte, die sich aus den wenigen vorhandenen Zutaten noch zaubern lassen und dafür ist das Resultat recht gut. Danach geht es nicht zu spät ins Bett, denn morgen erwarten uns wieder Berge und eine lange Etappe.