Archiv: 2013 M 41-Pamirhighway

22. Tag: Dienstag, der 25. Juni 2013

Dienstag, den 6. August 2013

Endlich richtig weit nach oben

96 Kilometer von Chorog nach Pietch, 1370 hm nach oben, recht ordentliche Straße, Sonne bis 28 Grad, mäßiger Verkehr

So ein bisschen Schadenfreude ist natürlich dabei,  wenn man morgens um 5 Uhr aufsteht und dann den Kocher anwirft, der dann fröhlich vor sich hin knattert. Damit sind alle Backpacker, die auf der Veranda geschlafen haben, wach. Schadenfreude deswegen, weil gestern Abend natürlich vor unserer Tür wieder Party bis nach Mitternacht war. Gegen 6 Uhr ziehen wir von dannen, 10 Kilometer hinter der Stadt liegt noch einmal ein Checkpoint und zum ersten Male wird unser GBO wirklich begutachtet.

Die Landschaft heute ist recht abwechslungsreich. Es geht im Flusstal immer gemäßigt nach oben, glücklicherweise keine Hügelei, sondern wir kommen konsequent höher und höher. Ab und zu gibt es noch ein kleines Dorf und einen Laden, überall wird recht viel gebaut und es entstehen neue Häuser.

Die Temperaturen sind jetzt richtig angenehm. Obwohl die Sonne kräftig scheint werden es heute nur 28 Grad, aber wir sind ja auch auf 2200 Meter Höhe gestartet und schrauben uns langsam aber sicher nach oben. Nach einigen wilden Abschnitten, erreichen wir dann am Nachmittag ein weites Hochtal, fast schon ein Plateau. Hier gibt es viele schöne Wiesen und überall klares Wasser und es sieht überall nach richtig guten Zeltplätzen aus.

Am Rande des kleinen Dorfes Pietch gefällt uns die Landschaft und wir stellen uns auf eine schöne Wiese unweit von zwei oder drei Gehöften. Nach und nach kommen alle Nachbarn vorbei auf einen kleinen Schwatz, dann werden die Enkelinnen noch einmal vorbei geschickt, um uns eine Kanne mit frischer Milch zu bringen. Da schmeckt der Kaffee dann gleich noch einmal so gut und wir schmeißen eine Runde unter unseren Nachbarn. Bevor es dunkel wird, ziehen aber alle nach Hause. Der richtig klare Bach zum Waschen und Trinkflaschen nachfüllen, den man auch nicht ganz so gut einsehen kann, ist vielleicht 300 Meter weg. Dort kommt das Wasser direkt aus den Bergen, wahrscheinlich von dem Gletscher, der im Hintergrund in der Abendsonne leuchtet. Natürlich ist das Wasser eiskalt und erfrischend.

Heute muss man sich dann im Schlafsack schon fast einmummeln, zwar wird es hier in 3100 Metern Höhe auch nicht richtig kalt, aber doch angenehm frisch. Nach den beiden nervigen Nächten im Backpackerhostel genießen wir heute wieder die Ruhe und den klaren Sternenhimmel, nur abends donnern ab und zu auf der Hauptstraße noch einmal ein paar Kolonnen mit chinesischen LKW durch, die uns heute aber nicht zu sehr gestört haben.

21. Tag: Montag, der 24. Juni 2013

Dienstag, den 6. August 2013

Ruhe vor dem Start in die Höhe

Ruhetag in Chorog, Ausflug zum botanischen Garten und Internet, 10 km, 250 hm bei Sonne und 33 Grad

Es war ein wirklich ruhiger Tag. Am Morgen sind wir zum Botanischen Garten gefahren, der in jedem Reiseführer gelobt wird. Dazu geht es nach Osten aus der Stadt heraus und einen steilen Stich fast 200 Höhenmeter nach oben, dann erreicht man den botanischen Garten. Der ist aber eher eine Enttäuschung, denn der Garten ist nicht sonderlich gepflegt. Große Teile sind eher ein Reservat, das heißt, der Hügel wurde einfach umzäunt und dann hat man einfach alles wachsen lassen, da hilft auch nix, wenn der Garten das Prädikat „Höchster Botanischer Garten Asiens“ trägt, er ist einfach nicht in Schuss und total verwildert. Das ehemalige Hotel im Garten ist verfallen und nur im zentralen Teil gibt es ein paar gepflegte Beete und an ein paar Bäumen prangen noch ein paar Schilder zu Namen und Gattungen der Pflanzen. Wirklich spektakulär im Garten ist dagegen die Aussicht in alle Richtungen, einmal zur Stadt Chorog, dann nach Süden in ein wildes Tal und nach Osten in Richtung des Zentralpamirs, dahin wo wir morgen radeln wollen.

Zurück in der Stadt nisten wir uns erst einmal eine Weile im Internet ein, das Netz ist langsam, aber im Mailordner finden sich keine Katastrophen. Einfach toll, dass man mal wieder „weg“ sein kann, vielleicht sollte man zu Hause das Netz auch einmal für ein oder zwei Wochen abschalten, nur um zu sehen, dass das Leben dann trotzdem unbeeindruckt weiter geht.

Für den Rest des Tages bleibt noch ein weiterer Spaziergang durch den schönen Park und ein Tee im Teehaus am Fluss. Die Gespräche mit den Backpackern sind nicht so ergiebig, meist geht es nur, wer die meisten Länder geradelt hat, viele Informationen über die vor uns liegende Strecke sind nicht zu bekommen. Wir freuen uns jedoch schon auf die Berge, endlich raus aus der Hitze, auch wenn die Vorstellung auf Schneestürme bei den 33 Grad, die wir heute wieder haben etwas unrealistisch scheint.

20. Tag: Sonntag, der 23. Juni 2013

Donnerstag, den 1. August 2013

Gorni Badachshans symphatische Hauptstadt

66 Kilometer von Rushan nach Chorog, 450 Meter hoch und 300 nach unten, Sonne und ein paar Wolken bei 30 Grad

Auch morgens rumpelt es noch ordentlich im Bauch, dabei dürfte gar nix mehr zum Rumpeln dort sein nach den zahlreichen Toilettenbesuchen. Halb sieben kommen wir dann los und auch gut voran. Die Straße ist nicht zu schlecht und hügelt auch nicht mehr so extrem vor sich hin.

Nach 10 Kilometern findet sich schon die erste Teestube, eigentlich habe ich noch keinen Apetit, aber ein wenig Brot kann nicht schaden. Am Nachbartisch sitzt eine Gruppe von Tadschiken ebenfalls beim Frühstück. Eine Flasche Wodka ist schon geleert und die zweite angebrochen. Man käme gerade von einer Konferenz in Chorog und sei auf dem Heimweg nach Duschanbe. Bei der Konferenz ging es um landwirtschaftliche Wirtschaftsfragen im Lande und wir sollen jetzt etwas mittrinken. Es bleibt uns keine Wahl und so stürze ich morgens um halb acht den ersten Wodka auf den rumpelnden leeren Magen, etwas später dann noch einen und dann noch einen dritten. Auch Doro bleibt nicht ungeschoren und muss ihr Glas leeren.  Erstaunlicherweise bleibt das Zeug dort wo es ist und ein wenig Brot und gebratene Würstchen dazu auch noch. Als wir eine Stunde später wieder aufs Rad steigen, sind meine Magenprobleme vorbei. Gut, dass die angetrunkene Mannschaft in ihrem Lada in die andere Richtung fährt, nach Norden, während wir in leichten Kurven weiter nach Süden fahren.

Je näher wir Chorog kommen, um so breiter wird das Tal und es gibt auch mehr kleine Ortschaften, wir treffen dann auch zum zweiten Male auf Radfahrer, ein französisches Pärchen, welches den Pamir schon hinter sich gebracht hat und auf dem Weg nach Duschanbe ist.  Sie sprechen von üblem Wetter in den Bergen, Schnee und Gegenwind. dafür soll die Straße nicht zu schlecht sein. Es bleibt also weiter hin spannend. Dann passieren wir den kleinen Flughafen und sind in dem Städtchen. Im Zentrum gibt es einen kleinen Basar, jede Menge kleiner Läden und ein paar Restaurants und eine Universität. Wir fragen uns nach jedoch zuerst nacheinem Guesthouse durch und finden dieses dann auch am Rande der Stadt. Die Pamir-Lodge sieht dann aber eher aus wie ein Lager der Tour der France. Hier stehen bestimmt ein Dutzend Räder herum. Wir hatten uns schon gewundert, denn der Pamir zieht eigentlich Radfahrer an, doch bisher waren unsere Begegnungen mit Zweiradfahrern recht spärlich. Da waren eher mehr Motorradfahrer unterwegs.

Wir machen es uns in der der Lodge bequem. man braucht hier nicht einmal ein Zimmer nehmen, sondern kann auch unter dem überdachten Vorbau schlafen, aber ich ahne schon, dass dort die Backpacker abends wohl immer in Partylaune sein werden und wir nehmen doch ein Zimmerchen.

Dann kommen erst mal die notwendigen Dinge, wie Duschen und Wäsche waschen und ein Spaziergang ins Zentrum. Dort soll es sogar ein Internetcafe geben, das hat aber heute geschlossen. Dafür entdecken wir den wunderschönen Stadtpark. Hier ist am Sonntagnachmittag richtig tolles Leben. Familien gehen spazieren und Pärchen sitzen Händchen haltend auf einer Bank unter den schattigen Bäumen. Erstaunlich offen und frei geht es hier zu, dazu sprechen viele Leute ein recht passables Englisch, Russisch geht auch wieder besser und jede dritte Verkäuferin hatte in der Schule Deutschunterricht. Wir sind hier wohl in einer Bildungsoase gelandet, direkt an der afghanischen Grenze. Erwartet hatte ich da eigentlich verschleierte Frauen und Männer mit Bärten, aber so ist das wohl eher auf der anderen Seite des Flusses.

Wir besorgen uns noch ein paar Lebensmittel und schlendern wieder zurück in die Lodge. Abends dann kochen wir wieder Nudeln und dazu gibt es einen ordentlichen Salat, nicht nur bestehend aus Gurken und Tomaten, denn auf dem Markt waren auch Rote Beete und Paprika aufzutreiben.

19. Tag: Samstag, der 22. Juni 2013

Dienstag, den 30. Juli 2013

I’m from Vegetaria!

90 Kilometer vom Vanj-Abzweig nach Rushan, 1070 hm hoch und 669 runter, Sonne, Staub und Piste bei 33 Grad

Ordentlich gerädert sind wir dann um 4.30 schon wieder auf den Beinen. Der Chef der Teestube scheint gar nicht geschlafen zu haben und tigert um den ehemaligen Swimmingpool in der Mitte der Anlage und fotografiert die dort in der dunklen Brühe inzwischen wohnhaften Fischlein. Eigentlich hatten wir das Frühstück auf 5 Uhr geordert, doch es passiert gar nix, bei Nachfrage weckt der Chef dann 10 Minuten später den Koch. Wir haben aber die Nase voll und steigen ohne Frühstück auf die Räder und strampeln den ersten Berg nach oben.

Nach 11 Kilometern kommt dann ein recht schöner Ort mit einer Teestube, hier kommen wir dann zu Rührei, Kaffee und Brot und ich noch zu ein paar gebratenen Würstchen. Die Teestube ist wesentlich gemütlicher als unser Absteige und das Zelt hätten wir hier auch gut aufbauen können. Schade, schade, aber vorgemerkt für die nächste Tour.

Bis Mittag geht es weiter hügelig auf der Staubpiste voran, zu sehen gibt es auch nicht viel in dem trockenen Tal, schöne Aussichten sind rar. Dafür treffen wir erstmals auf eine Radlerin, Tamara aus der Schweiz kommt uns entgegen und wir tauschen ein paar Informationen zur Strecke aus. Eigentlich sind wir überrascht, nur so wenig Radfahrer zu treffen, nachdem im Hotel in Duschanbe ein halbes Dutzend Räder herumstanden und alle über den Pamir wollten.

In der schönsten Mittagshitze knackt es dann in meinem Hinterrad und ein Speiche ist gebrochen. Die Reparatur geht recht zügig, da ich den Block nicht runter holen muss, ärgert mich aber doch. Seit dem ich wegen eines beknackten Brandenburger Autofahrers meine hintere Felge wechseln musste, gibt es ab und zu Probleme. In Thailand hatte ich innerhalb von zwei Tagen fünf Speichen zu wechseln, dann war wieder Ruhe im Hinterrad. Aber wenn man zum Händler geht und sagt, sorry, aber das Rad ist nicht richtig eingespeicht und damit schon 30 km gefahren ist, hält der einen für verrückt, trotzdem ist etwas mit der Felge nicht in Ordnung!

 Erst vor Rushon, als sich der Fluss, durch ein natürliches Hindernis anstaut und zum See wird, gibt es auch weniger Hügel und die Straße wird ein wenig besser, inzwischen überwiegen die asphaltierten Straßenanteile fast. Dafür pfeift uns dann der Wind ein wenig entgegen. Vor Rushon wird das Tal dann weiter und überall gibt es Felder und Felder und es wird wieder Grün.

Am späten Nachmittag sind viele Kinder unterwegs, entweder um das Vieh von der Weide nach Hause  zu treiben oder sich zum Fußball zu treffen. Wir haben ein paar nette Begegnungen am Rande des Fußballplatzes.

Einen schönen Zeltplatz können wir nicht finde, dafür gibt es aber einen netten Homestay, der Opa der Familie spricht leidlich Englisch, die Tochter , die selbst schon zwei Kinder hat, dagegen richtig gut. Lediglich als Doro vor dem Abendessen noch einmal Bescheid sagt, kommt es zu einem schönen Dialog: „I’m  Vegetarien.“ versucht Doro zu erklären und Opa schaut sie nachdenklich an und erwidert: „Sorry, I don’t know this country.“ Natürlich ließ sich das Problem noch klären und wir bekamen unsere Nudeln mit einer fleischfreien Soße, aber auch Opa beschäftigte sich noch einmal mit dem Problem und kommt mit dem Wörterbuch vorbei. Auch wenn dann der Begriff geklärt werden konnte, so ist es für einen Tadschiken wohl unvorstellbar, dass es Leute gibt, die kein Fleisch essen wollen: „Nur Gemüse, ein bisschen wie eine Kuh.“ Auch wenn das Essen lecker und fleischfrei war, grummelt es ordentlich in meinem Bauch und ich kann nicht so gut schlafen, wie ich eigentlich müde bin.

18. Tag: Freitag, der 21. Juni 2013

Dienstag, den 30. Juli 2013

An der afghanischen Grenze entlang

91 Kilometer von Khalaikum zum Vanj-Abzweig, 1200 hm hoch und 900 hm wieder runter, Sonne bei 35 Grad, schlechte Piste und recht öde Strecke

Mit dem Frühstück um fünf Uhr hat es beim Homestay nicht geklappt, aber wir sind trotzdem nicht zu spät wieder auf der Straße. Um 6 Uhr verlassen wir das kleine Städtchen Khalaikum und freuen uns noch ein paar Kilometer über den recht ordentlichen Asphalt, doch lange währt die Freude nicht, es gibt immer wieder richtig schlechte Abschnitte.

Unten im Tal rauscht jetzt der Pani-Fluss entlang, dessen reißende Flut dunkelbraun das Tal herunter rauscht. Vermutlich ist das Wasser aber nicht schmutzig, sondern lediglich von Sedimenten gesättigt. Auf der anderen Seite des Flusses befindet sich Afghanistan. Vor 20 Jahren gab es da nur einen schmalen Trampelpfad und man sah nur Leute zu Fuß und ab und zu auf Eseln. Heute wird in Afghanistan Moped gefahren und der schmale Weg hat sich schon fast auf einen Meter Breite gemausert und scheint fast besser ausgebaut zu sein, als unsere Straße hier. Ab und zu sieht man dann auf der anderen Seite einen Bagger stehen, der den Weg frei hält. Damals, vor 20 Jahren, hatte jeder Afghane ein Gewehr auf dem Rücken, davon ist heute nichts mehr zu sehen. Ebenfalls hatte ich vor allem armselige Steinhütten in Erinnerung, dafür stehen jetzt auf der anderen Seite eher schicke und relativ neue Gebäude, ordentlich mit Fenstern und die Gärten und Felder scheine auch besser gepflegt, als hier auf der tadschikischen Seite.

Doch irgendwann gibt es auf beiden Seiten des Tales kaum mehr etwas Grün. Das Tal ist tief eingeschnitten und trocken und auf der afghanischen Seite gibt es den vielleicht einen Meter breiten Weg und hier die schlechte Straße. Am Fluss entlang zu fahren kann manchmal ein Vergnügen sein, ist es hier aber nicht, denn die Piste hügelt ordentlich vor sich hin. immer wieder geht es kurze bissige Anstiege 50 Meter nach oben und danach gleich wieder runter und das pausenlos und den ganzen Tag. So sammeln wir heute 1200 Höhemeter zusammen, aber unsere abendliche Übernachtung liegt nur 300 Meter höher als Khalaikum. dazu ist es dann auch wieder echt heiß und das Thermometer steigt wieder einmal auf 35 Grad. Zuviel Verkehr gibt es nicht, aber die LKW, die sich dann doch hier durch quälen, stauben uns ordentlich ein. Mitten im Staub bricht dann bei mir wieder einmal eine Speiche. Die Reparatur geht zwar recht schnell, nervt aber in der Mittagshitze, zumal es weit und breit keine Teestube gibt.

So warten wir die größte Hitze im Schatten eines großen Baumes ab, wenigstens gibt es Getränke in einem kleinen Laden, die wir im Bach kühlen können. der Nachmittag ist dann auch nicht viel vergnüglicher und als wir endlich den Abzweig zum Vanj-Tal erreichen kommt auch noch sandige Piste dazu. Am Checkpoint gibt es keine Probleme und wir bleiben dann gleich an der nächsten Teestube. Leider ist das Angebot magerer als erwartet, die Zimmer stickig, es gibt keine Möglichkeit zu Duschen oder sich vernünftig zu waschen und zu guter Letzt kommen dann am späten Abend noch jede Menge LKW, die Fahrer machen ordentlich Krach und kaum sind diese dann eingeschlafen, starten die LKW, die schon eher eingetroffen waren wieder, so dass diese Nacht hier keine Erholung war. Aber in der trockenen Landschaft herum hatte es während der letzten 20 Kilometer auch keine vernünftigen Zeltplatz gegeben.