Archiv: 2011 Berg Tempel Tankhas

27. Tag: Freitag, der 21. Oktober 2011

Freitag, den 21. Oktober 2011

Der fröhliche Tibeter

57 Kilometer von Linxia über die Bingling Grotten nach Liujiaxia, 558 hm und eine Fähre über den Stausee, leider etwas trübe bei 14 Grad

Am Morgen ist es wieder recht frisch, so um die 6 Grad, aber das sind wir ja gewöhnt und gleich hinter der Stadt geht es einen straffen Hügel nach oben aus der Stadt heraus. In einem der ersten Dörfer an der Straße stoppen wir dann noch für eine Nudelsuppe und nebenan befindet sich gleich der Schlachter, die Straße ist getränkt vom Blut, vier Schafe hängen am haken zum ausbluten und der Boden ist glitschig und rot vom Blut. In einer Gasse stehen noch 8 oder 10 Schafe und warten stoisch auf ihre Hinrichtung. Der Metzger greift sich das vorderste Schaf, dann werden die Beine zusammengebunden, der Kopf über einen Trog gehalten und dann setzt er kurz das messer an die kehle des Tieres, welches noch einmal kurz zuckt und dann in sich zusammen fällt, dabei werden die Augen langsam glasig und erstarren. So nahe habe ich das vorher auch noch nicht erleben können und auf die Nudelsuppe mit Lammfleisch habe ich danach kaum noch Appetit.

Bis zum Liujiaxia-Stausee hügelt sich die Straße wieder duurch kleine Moslemdörfer in vollem „Maisschmuck“. So wie schon am gestrigen Tag sind an allen möglichen und unmöglichen Stellen die Maiskolben zum Trocknen aufgehängt.

Dann liegt der See zu unserer rechten weit unten. Leider ist es heute wieder sehr trüb, so dass man ihn eignetlich nur erahnen kann. Unten ist ein Fähranleger und ein paar Buden verkaufen Instant Nudelsuppen und Getränke. Auch warten kleine Schnellboote auf Touristen, die zu den bekannten Bingling Grotten fahren wollen. So wir natürlich auch. Wir parken unsere Räder hier zwischen und nehemen in einem der kleinen Boote Platz. Die Preisverhandlung nimmt eine Weile in Anspruch, satte 40 Euro kostet uns die Überfahrt trotzdem noch. Dann heult der Motor und mit erstaunlicher Geschwindigkeit fliegt das Boot zum anderen Ufer, welches sich nur erahnen lässt, Nach 20 Minuten biegt dann das Boot in einen Seitenarm des Sees ein und es geht durch eine spektakuläre landschaft, denn links türmen sich imposante Sandsteinformationen vielleicht 200 Meter in die Höhe. In der nächsten Biegung dann der Bootsanleger und wir sind am Eingang zu den Grotten. Außer ein paar Touristen buden ist heir nicht viel los und die Straßenhändler stürzen scich natürlich mit viel Freude und Energie auf die ankommenden fünf Touris. Am Ticketstand gibt es dann neuen Ärger, draußen steht dran, dass Rentner zum halben Preis reinkommen, das soll aber nicht für Ausländer gellten. Nach einer fruchtlosen Diskusion knalle ich dann das passende Geld auf den Tresen und wir gehen ohne Tickets rein, wenig später kommt ein Beamter in blauer Uniform und trägt uns die Tickets nach, für die Renter natürlich die verbilligten. Geht doch, oder?

Die Bingling Grotten gehören zu einer ganzen Gruppe von buddhistischen Höhlen entlang der Seidenstraße. Die bekanntesten sind die Grotten in Dunhuang und am imposantesten ist wahrscheinlich der Maijishan.

Die erste Grotte hier wurde schon vor 1500 Jahren während der Jin Dynastie in den Sandstein gegraben, die meisten Grotten stamme aber aus späteren Zeiten und die schönszten Skulpturen sind aus der Song Zeit. leider sind die Aufpasser wie die Geier und setzen das Fotografiertverbot durch, und werden erst von uns abgelenk, als endlich eine Gruppe von Chinesen kommt und alle ihre Handys zücken. Als wir vorne zum großen Buddha kommen ist die Enttäuschung groß, denn der ist wegen Konstruktionsarbeiten verhüllt und das schon seit zwei Jahren! Das ist schon eine Sauerei, da die Ticketpreise in China fast schon europäisches Niveau erreicht haben. So ist es dann doch recht dürftig, die Buddhafiguren sind wegen des weichen Sandsteins oft schon recht verwittert und ein Teil der Grotten um die große Maitreafigur sind überhaupt nicht zugängig. Wir überlegen kurz, ob wir noch mit einem Touristenfahrzeug das tal hinauf fahren um weitere Höhlen zu sehen. Trotz der knappen Zeit machen wir das dann und das war kein fehler. Nicht das dort noch einmal spektakuläre Höhlen zu sehen sind, nein, es gibt nur ein kleines Kloster mit einem fröhlichen buddhistischen tibetischen Mönch, der uns durch sein kleines Heiligtum führt. Für eine kleine Spende liest, singt, und klingelt er ein kleine Zeremonie für uns und bläst lange ins Muschelhorn. Dabei hat er überaus gute Laune, vor allem, als er erfährt, das wir gerade aus den tibetischen Regionen gekommen sind, in denen er zu Hause ist. Nun versucht er uns ein tibetisch tiefes Kehlkopf gesungenes „Omanipatmehum“ beizubringen und fährt dann mit dem Fahrzeug noch mit bis zum Bootsanleger. Unterwegs flirtet er dann noch ein wenig mit einer Nonne, die wir per Anhalter auch noch eingeladen haben, die aber nach ein paar Biegungen wieder aussteigt und in einen abseits gelegenen Tempel weiter zieht.

 

Wir gondeln mit dem Schnellboot zurück aufs andere Ufer, aber nur um unsere Räder schnell auf die gerasde ankommende Fährte zu bringen, dann geht es wieder zum gegenüber liegenden Ufer, aber ein paar Kilometer weiter nördlich.

Das Hotel heute ist wieder einmal ohne Heizung, dafür aber das Abendessen grandios auf der anderen Seite des gelben Flusses, den wir heute Abend wieder erreicht haben. In einem kleinen Sichuan Laden bekommen wir ein seperates Zimmer und haben heute wieder einmal nicht moslemisches Essen auf dem Tisch, das heißt also Schweinefleisch und eine größere Auswahl an Gemüse.

 

26. Tag: Donnerstag, der 20. Oktober 2011

Donnerstag, den 20. Oktober 2011

Zurück ins Land der Hui

104 Kilometer von Xiahe nach Linxia, nur 100 hm hoch, dafür 936 hm runter, halbsonnige 5 bis 17 Grad

Heute verlassen wir nun leider die tibetisch geprägten Regionen der Provinz Gansu und kommen zurück ins Land der Hui Minorität. Dorthin führt uns dann ein langer, nicht all zu steiler Ritt nach unten durch ein mal mehr oder weniger weites Tal. Und gerade weil das Wetter nicht zu schön ist und die Nebel sich aus den Niederungen nur langsam auflösen, sind die Sichten auf die rundum liegenden Berge noch schöner. Zwar gibt es keine Schnee bedeckten Gipfel mehr, aber die im Nebel liegenden Felsen und Gipfel sind auch rech imposant. Auf den ersten 20 Kilometern liegen dann noch zwei tibetische Klöster und ab und zu sieht man noch einen Stupa oder in den Dörfern über den Häusern eine tibetische Fahne wehen, dann kommt ein über die Staße gebauter Torbogen und die Autonomische Tibetische Region liegt hinter uns.

Ein wenig später öffnte sich dann das Tal und eine weite fruchtbare Ebene liegt vor uns, mit vielen kleinen Dörfern. Die bauern holen gerade die Maiskolben von den feldern. Das geschieht hier nicht,  wenn die Pflanzen noch grün und die Kolben saftig sind, sondern die Bauern nutzen die trockenen Tage im Oktober, die gelben Kolben noch am Stengel vortrocknen zu lassen. Dann werden sie erst geerntet und kommen zum weiteren trockenen auf die Dächer oder auf die Tenne. Auch werden sie in dicken Trauben an Bäume gehängt, wenn der Platz nicht ausreicht oder an einer Häuserwand gestapelt.

Überall aus dem Dunst ragen heute Minarette der Moscheen. „Qing Zhen“ heißt der Islam auf Chinesisch, „Grüne Wahrheit“ bedeutet es und ensprechend sind viele der spitz aufragenden Türmchen auch in Grün gehalten. Oder aber in Gold und prächtig und protzig wie ein Tempeldach.

Auf den Märkten findet man deshalb natürlich auch keine augehängten Schweinehälften mehr, sondern lange Reihen von abgehäuteten Schafen, die hier abhängen und zum Verkauf angeboten werden. Ebenso in den Restaurants findet man natürlich hauptsächlich Rind und Hammel auf der Karte und die Moslems ziehen ebenso eine Portion Nudeln einer Schale Reis vor.

Schon am frühen Nachmittag fahren wir in Linxia ein und so bleibt zeit für einen langen Spaziergang durchs Zentrumn der Stadt und einen Bummel über den belebten Markt. Hier werden wir dann von der Straße weggefangen, von der 13 jährigenTochter eines Antiqitätenhändlers. Was erst wie eine Verkausshow begann, endete aber dann in einer Einladung zum Tee trinken. Aus dem kleinen Verkaufsraum werden wir nach hinten ins Wohnhaus geführt. Dort ist es groß hell und modern und in den Schränken sind antike Kunstwerke ausgestellt. Ohne Angst wird die Vase aus der Song Dynastie aus dem Regal geholt und einmal herum gereicht, mit etwas zitternden händen bin ich schnell bemüht das 1000 Jahre alte wunderschöne Keramikgefäß wieder dem Besitzer in die Hand zu drücken, weniger Scheu habe ich bei dem Spiegel aus noch älteren Zeiten, eine blank polierte Messingplatte ohne Glas. Wir schlürfen unseren „Ba Bao Cha“ einen Tee, der ausnahmsweise in China auch Zucker enthält, sowie verschiedenen getrocknete Früchte und bei Touristen immer gut ankommt, nicht nur wegen des geschmacks, sondern wegen der optisch schönen Präsentation in einer kleinen Deckeltasse in der oben dann eine getrocknete Frucht namens „Drachenauge“ schwimmt.

„Die zur Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae) gehörende Longan sind enge Verwandte der Litschi und gedeihen auf bis zu 20 m hohen, immergrünen Bäumen mit sehr dichten Kronen. Die 30 – 50 cm langen Blütenstände erscheinen auf den jungen Trieben und tragen kleine, gelbliche bis bräunliche Blüten. Auch die Frucht ist der Litschi sehr ähnlich, jedoch etwas kleiner und mit glatterer Oberfläche. Die Schale ist sehr brüchig, sie lässt sich meist einfach aufknacken. Das Fruchtfleisch ist elfenbeinfarben, weiß oder rosa und Samenkern hin dunkler gefärbt.“

Zum Abschluss werden wir noch im ganzen Haus herum geführt und bewundern die moderne Einbauküche, wo die Frau des Hauses gerade den Nudelteig fürs Abendessen knetet. Im Hof stehen überall gut gepflegte Bonsais und die Granatäpfel am schon wintertrockenen baum sorgen für zusätzliche Akzente.

Zum Abendessen gehen wir heute einfach nur über die Straße, dort befindet sich ein kleiner Nachtmarkt mit zahlreichen Grillständen. Da die Grillstände auch von Moselms betrieben werden gibt es dort natürlich keinen Alkohol, das Bier wird dafür drei Stände weiter verkauft und man kann es natürlich auch am Moslemstand trinken, zu den scharf mit Chili abgewürzten Fleischspießchen ist das einfach notwendig. Das Ganze ist sehr lecker, nur die Vegetarier haben etwas zu leiden, denn für die bleibt nur wieder eine Nudelsuppe und gegrilltes Brot.

25. Tag: Mittwoch, der 19. Oktober 2011

Mittwoch, den 19. Oktober 2011

Pilgerleben II

Noch ein Ruhetag in Xiahe und noch einmal ein ruhiger Rundgang durchs Labrang Kloster, Besteigung der Hügel rund ums Kloster, meditativer ruhiger Tag bei trüben 14 Grad und nachmittags Regen

Es scheint, dass die Pilger sehr wetterabhängig ihre runden drehen, gestern war es mehr als belebt auf dem Rundgang und heute ist fast nix los. Die Sonne hat sich hinter dichten grauen Wolken versteckt und ab und zu nieselt es. Der Wetterbericht für Lanzhou stimmt mich nicht sonderlich optimistisch.

Zum Fotografieren der Gesichter ist es heute jedoch optimal, die starke Hochgebirgssonne kann keine dunklen schwarzen Schatten werfen, dafür muss man halt die ISO-Zahl etwas hochschrauben.

Zum Frühstück kehren wir in einem typischen Backpackerladen ein und dort gibt es natürlich dann auch Bananapancake und Yoghurt mit Früchten, der Lhasa Kaffee stellt sich dann als ein eher indisches Teegetränk heraus, trotzdem aber lecker.

Von den Hügel rund um das Kloster hat man eine hervorragende Sicht über das ganze Tal. Zwischen den Tempeln liegen, in gleichmäßige Quadrate aufgeteilt, die Wohnhöfe der Mönche. Die goldenen Dächer glänzen heute nicht im gleißenden Sonnenschein, sondern passen sich der herbstlichen Landschaft rundherum an.

 

Hinter dem Tempel liegt ein Kloster für die Novizen, hier sind sogar lange haare erlaubt, die die jungen Mönche zu einem Zopf geflochten und unter einem Tuch verdeckt um den Kopf gerollt haben. Es läuft gerade eine zeremonie für eine Pilgergruppe und nur mit Mühe dürfen wir in einer Ecke Platz nehmen und den Singsang beobachten. Danach, die Prozession ist nicht nicht zu Ende, werden wir recht mürrisch und unhöflich nach draußen gekehrt.

Hinter dem letzten Tenpel gibt es nichts Städtisches mehr, müde Hunde bewachen die festungsgleichen Höfe, an einigen Häusern wird noch gewerkelt, um einen Wassergraben oder eine Wand vor dem Winter fertig zu stellen. Ganz hinten im Dorf stehen zwei Yakkälbchen auf einer trockenen Weide, die beiden Tiere sind noch nicht mal eine Woche alt und haben keinerlei Angst und scheu vor der Welt und mir.

Auf dem Rückweg begegenen wir noch dem ein oder anderen Pilger, ich will eine frau befragen, wieviel Zeit sie für die Hardcore- Umrundung des Klosters benötigt, aber sie lacht mich nur an und versteht kein Wort Chinesisch, schade. Aber sie posiert gerne fürs Foto, es ist die Dame mit den „Holzschuhen“ an den Händen. Als wir wieder weg sind wirft sie sich wieder der länge nach hin, spricht ein kurzes Gebet, steht auf und wirft sich wieder hin. Ich versuche nachzurechnen, also die Frau ist 1, 70m groß und schafft zwei Körperlängen pro Minute, der Rundweg beträgt 6 Kilometer plus zwei Kilometer für die Umrundungen der inneren Tempel, dabei kommt sie auf 4705 Niederwefungen, wofür sie dann fast 40 Stunden effektiv und ohne Pause unterwegs ist. Wenn sie jeden Tag also 10 Stunden ihren Weg fortsetzt, ist sie also 4 Tage für eine Runde unterwegs…..danach ist der Geist definitiv von jeglichem bösen Gedanken befreit.

 

Zurück in der Stadt treffen wir auf zwei deutsche Radler aus Hamburg. Johanna und Andreas sind seit März unterwegs und haben als „Wessis“ natürlich die südliche Route gewählt. Mit massiv viel Gepäck haben sie sich durch die Türkei und Kirgsien bis nach China durchgestrampelt und wollen weiter nach Süden und dann nach Vietnam. Viel Glück und viel Spaß, ihr Abenteuer ist nachzulesen auf: www.cycle-the-world.de

Wir starten dann morgen auf unsere letzten drei tage in Richtung Lanzhou und kehren Tibet und den tempel und den Tankhas den Rücken, wieder geht es vor allem durch moslemisches Hui- Land und dann bald nach Hause, für meine Truppe ist es ein „Schon“, für mich nach mehr als 6 Monaten ein „Endlich“.

24. Tag: Dienstag, der 18. Oktober 2011

Dienstag, den 18. Oktober 2011

Pilgerleben I

Ruhetag in Xiahe und Besichtigung des Labuleng Klosters, ein Runde im Strom der Pilger an den langen Reihen der Gebetsmühlen entlang

Xiahe ist kein zu große Städtchen, ca. 100.000 Menschen wohnen hier. Als wir gestern von Osten eingefahren sind, haben wir zuerst den chinesischen teil der Stadt durchquert, hier tobt der Bauboom, zahlreiche Hochhäuser entstehen und die Stadt gleicht allen anderen chinesischen Boomkreisstädten. Im alten zentrum finden sich dann ein paar moderne Hotels und geschäftsbauten, aber schon in der zweiten Reihe dominieren die tibetischen Häuser und am westlichen Ende befindet sich dann das Labulen Kloster oder auf Tibetisch auch Labrang Kloster. Traurige Berühmtheit hat es 2008 im März erlangt, als hier nach ersten Ausschreitungen Proteste ausbrachen, inzwischen ist aber wieder Ruhe eingekehrt ins Alltagsleben der Stadt und seiner zahlreichen Pilger.

Das Labrang Kloster ist eines der sechs großen Klöster der gelmützen Sekte, gegeründer von Tsongkhapa, dessen Führungsfigur der Dalai Lama ist. gegeründet im Jahre 1709 beherbergte das Kloster Anfang des 20. Jahrhundert 2000 Mönche und war eine der größten tantrischen Universitäten des Reiches. Inzwischen gibt es wieder fast 1000 Mönche, die den großen Komplex bewirtschaften und mehrere zehntausend Pilger aus allen Teilen des landes finden sich ein.

Am Morgen hatten wir ein weißes Wunder erlebt, es schneite, als ich um 7 Uhr einen verschlafenen Blick aus dem Fenster warf. Jegliches hat seinen Sinn, dachte ich bei mir, denn eigentlich hätten wir heute über den letzten 3000er Pass klettern müssen, was uns aber erspart blieb, da wir ja gestern im Grasland keine Herberge gefunden haben. Nach dem lausigen Frühstück im Hotel kommt dann aber langsam die Sonne heraus und wir spazieren die 2 Kilometer westlich bis zum Kloster. Es ist noch ein wenig früh und so ziehen noch nicht zu viele Pilger ihre Kreise. Außen um den Komplex befindet sich ein vielleicht 5 oder sechs Kilometer langer Barkhor, der an drei Seiten lange überdachte Wandelgänge mit unendlich vielen Gebetsmühlen beherbergt. Hier rasen die Pilger in Höchstegeschwindigkeit vorbei, in der linken Hand den Rosenkranz und mit der rechten Hand die Gebetsmühlen drehend murmeln sie ihr „Omanipatmehum“ vor sich hin. Der Klang der Gebetsmühlen ist ähnlich meditiativ, manche Knarren oder Grollen oder Quietschen. Auf dem Rundweg liegen die Eingängen zu allen Tempeln der Anlage. Hier biegen dann die Pilger ab und drehen auch ihre Runden um die inneren Heiligtümer. Leider ist es nicht erlaubt im Inneren der Tempel zu fotografieren und auch zu den Zeremonien der Mönche werden die Touristen, als auch die Pilger rausgekehrt und man hört die Gesänge der Sutras nur durch die Türen.

Große Schilder in Englisch gehalten, weisen uns darauf hin, nicht zu spucken, nicht zu lärmen und nicht zu fotografieren. Nachdem wir in den letzten zwei Wochen keine einzige Langnase getroffen haben, sind wir nun wieder zurück auf den gängigen Touristenrouten, aber im Momnet ist nicht die Hauptsaison und so haben wir lediglich eine einzige Gruppe von Franzosen getroffen.

Aber es ist auch gar nicht so wichtig in den finsteren, nur durch Butterlampen beleuchteten Tempeln zu fotografieren, denn das eigentlich fasznierende Pilgerleben spielt sich davor ab. Vertieft in ihre Umrundungen und Gebete macht es Freude, die Gesichtervielfalt der Tibeter zu studieren. Läuft ein Fotomodell zu schnell vorbei, dann wartet man einfach, bis die alte Frau oder die Familie oder der Mönch eine weitere Runde um den Tempel absolviert hat und wieder im Sonnenlicht auftaucht.

Am westlichen Ende des Tempelbezirks warten die Weihrauchverkäufer, die Äste eine Nadelgehölzes, meist Wachholder, verkaufen, welches in einem großen Ofen verbrannt wird und dicke weiße Rauchschwaden in den Himmel schicken.

Dann geht es an der hinteren Klosterfront wieder zurück, hier drängen sich die Pilger dicht an dicht und auch hier gibt es noch einige kleine Tempel in denen sich alles staut, denn die Gebetsmühlen sind in dem schmalen Gang auf beiden Seiten angebracht und nun wird es doppelt so eng. Leider ist das Licht katastrophal schlecht, aber einige gute Schnappschüsse gelingen mir doch im Gedränge.

Nach einer Rund sind wir recht müde vom vielen Sehen und ziehen in ein kleines Restaurant mit Dachterrasse und gutem Blick übers ganze Kloster ein. Das Essen ist recht pasabel, der Yak auf unserem Teller erstunlich saftig und nicht zäh.

Der Nachmittag endet dann recht gemütlich mit einem Bummel in der Stadt und einem recht guten Feuertopfessen. dabei diskutieren wir, was wir mit dem gewonnenen Tag machen und einigen uns auf etwas Freiheit, so hat jerder noch einmal die Möglichkeit, das geschäftige Treiben im tempel zu genießen oder auf die umliegenden Berge zu klettern.

 

23. Tag: Montag, der 17. Oktober 2011

Montag, den 17. Oktober 2011

Über den letzten Pass

90 Kilometer von Tongren bis ins Grasland plus 30 km Transfer nach Xiahe, 1600 hm bei sonnigen -2 bis 15 Grad, zwei Pässe und wunderschönes Grasland auf einsamer Straße und 20 km Piste

Morgens zeitig ist es mehr als eisig, deshalb wähle ich am Anfang eine Route in der aufgehenden Sonne. Leider segelt die Gruppe vor mir am Abzweig auf die Hauptroute vorbei und Angela und mir bleibt nichts anderes übrig als hinterherzufahren. Fast wie erwartet gibt es keinen weiteren Weg über den Fluss, erst viel weiter unten und das kostet uns 10 Kilometer Umweg und noch 100 hm zusätzlich und damit natürlich eine gute Stunde Zeit. hoffentlich fehlt uns die nicht am Abend.

Eine gute Nudelsuppe gibt uns Kraft für die letzten großen Pässe auf der Tour und dann geht es zwei Kilometer durch schlechte Baustelle, danach haben wir eine mehr als ruhige, neu ausgebaute Straße ganz für uns alleine. Jeder Pass ist ein anderes Erlebnis. Heute geht es erst durch kleine tibetische Dörfer. Auch hier wieder jedes Haus eine kleine Festung aus Lehm, dazwischen große Schober mit zum trocknen aufgehängtem Stroh. Dann geht es durch ein recht gut bewaldetes Gebiet in einer schmalen Schlucht nach oben, nicht sonderlich spektakulär, aber sehr schön heimisch, durch die vielen Wälder. Oben öffnet sich das Tal und wir erreichen eine weite Grasebene. Nur ganz weit am Horizont Gebirgszüge mit Schneekappen, sonst nichts als herbstbraunes Grasland. Und ein tibetischer Marktflecken. Dort wird emsig Handel getrieben und es gibt wieder ein idyllisch gelegenes Kloster. Die einzelnen Tempel bleiben uns zwar verschlossen, aber vom Dach des Haupttempels hat man einen sehr schönen Ausblick.

 

Dann heißt es noch einmal kämpfen, die Straße hat sich leider wieder in eine Baustelle verwandelt und durch den Staub geht es noch einmal knappe 500 hm nach oben bis auf 3650 Meter über dem Meer und auf der anderen Seite wieder unendlich Weite. Oben flirten wir ein wenig mit den Mädels von der Baustelle. Die drei jungen Frauen haben nicht viel zu tun, aller 15 Minuten kommt ein Bagger und sie müssen nur die Drahtketten durch die Hohlblocksteine ziehen, zwei Minuten später beginnt die nächste „Pause“ von 15 Minuten. Wir teilen unsere Kekse und machen Bilder von unseren vermummten Gesichtern.

 

Leider zieht sich die Baustelle noch viel weiter, so dass es nichts aus einer zügigen Abfahrt wird und die Sonne schon recht niedrig steht, als wir den Abzweig zu den Jurtencamps erreichen. Die Aussagen der Lokals können sich nicht stärker widersprechen. Dort gibt es Übernachtungen, dort gibt es nur im Sommer Übernachtungen und dort gibt es nie Übernachtungen, es ist zum Mäuse melken! Die Polizei im Ort bestätigt leider die letzte Aussage und auch in dem kleinen Kreuzungsdorf sieht es mehr als mies aus, es gibt eine Herberge mit zwei Zimmern. In einem Zimmer sind auf 15 Quadratmetern 5 Betten um einen Kanonenofen postiert, in den zweiten Zimmer gibt es nur ein schäbiges „Doppelbett“ von 1,2 m Breite, also müssen wir weiter, aber nicht auf dem rad, denn die Sonne steht nur noch ein paar Zentimeter über dem Horizont und es wird schnell und merklich kälter. Die halbe Gruppe bleibt deshalb im Dorf und unser Fahrer Pang heizt mit der anderen Hälfte die 30 Kilometer bis Xiahe, wo eine angemessene drei Sterne Herberge schnell gefunden ist. Nach 95 Minuten sind wir alle wieder beisammen und ziehen zum Abendessen, aber das Lokal ist nicht so toll und nicht beheizt, im Gegensatz zu den überheizten Zimmern in denen wir heute schlafen dürfen. Der Transfer hat aber auch seine guten Seiten. Wir haben somit hier in Xiahe einen weiteren Ruhetag und noch einmal die Möglichkeit im größten tibetischen Kloster außerhalb der eigentlichen Provinz Tibet das Pilgerleben mitzuerleben, doch davon dann morgen.