16. Tag: Mittwoch, der 19. Juni 2013

Die Radfahrerfänger von Tavildara

55 Kilometer von „Blue Lake“ bis Quala-i-Hussein, 1200 Meter hoch und 800 Meter runter, weiter auf Holperpiste

Morgens werfen wir den Kocher immer noch einmal an, um Wasser für den Kaffee zu machen. Richtigen Kaffe haben wir eigentlich auf der ganzen Tour noch nicht bekommen, obwohl es zu Sowjetzeiten eine richtige Kaffeetradition im ganzen Lande gab. Da gab es nach jeder Mhalzeit eine Tasse mit superfein gemahlenem Arabica Mocca, der einen wieder auf die Beine gebracht hat. Heute gibt es nur noch Nescafé und meist in der Variante “ tri w odnom“, „Drei in eins“, also schon mit Zucker und Milchpulver. Das ist natürlich nicht unbedingt ein Hochgenuss, aber um die Augen auf und den Kreislauf in Gang zu bekommen reicht es.

Auch wieder am Anfang ist es ordentlich hügelig. Dafür ist die Landschaft sehr schön. Wo etwas mehr Wasser von den Bergen kommt, gibt es recht nette Dörfer und viele schöne Blumenwiesen. In den Dörfern findet sich meist ein kleiner Laden, das Angebot ist nicht umwerfend, aber wir bekommen Nudeln für die nächste Abendmahlzeit, Limonade oder Cola, ein paar Kekse und Tomaten. Um Schokolade mitzunehmen ist es noch zu heiß, das wird erst interessant, wenn wir dann richtig mitten im Pamir sind.

Obwohl die Dörfer hier nicht ärmlich aussehen, ist die Welthungerhilfe hier recht gut engagiert oder eine andere Organisation. Eigentlich findet man in fast jedem Dorf eine Tafel, wer sich hier für eine Wohnsiedlung, ein Schulgebäude, einen Brunnen oder eine Wasserleitung  engagiert hat.

Gegen Mittag erreichen wir den Abzweig in das Städtchen Tavildara. Wir überlegen kurz dort hineinzufahren, aber unsere Einkäufe hatten wir schon erledigt und im Ort gibt es bestimmt keine Teestube, in der man ein Schläfchen machen kann, also weiter. Nach drei Kilometern kommt noch einmal ein Dorf mit einer kalten Quelle. Als wir dort unsere Flaschen auffüllen, werden wir von den Kindern des nächsten Hauses heran gewunken und von der Familie auf einen Tee eingeladen. das bedeutet, dass dann sofort noch Kekse, frisches Brot, selbst gemachter Quark aufgefahren wird.

Wie wir schnell erfahren sind wir nicht die ersten Radler hier, an der Quelle hält wohl so jeder an und die Kids winken dann die Leute zum Haus. Stolz zeigt uns die Familie das Fotoalbum mit Radlern aller Nationen und erzählen uns vom Leben hier. Eigentlich möchte die Familie lieber in Duschanbe wohnen, aber sie haben noch die Felder hier in den Bergen und die kann die Mutter nicht allein bewirtschaften. Dazu kommen noch 2 Kühe, ein Esel, acht Schafe und neun Hühner. Der Hausherr zeigt uns stolz sein Diplom als Landwirt, würde aber doch lieber als Taxifahrer in der Hauptstadt fahren. Außerdem nerven die Konflikte aller zwei Jahre, dann kommt die Armee von der einen Seite und die radikalen Moslems von der anderen Seite, Panzer, Gewehre und Hubschrauber und man kann nicht mehr aus dem Haus gehen. im Hof steht noch ein Moskvitsch-Wrack mit  einem schönen Einschuss der letzten Auseinandersetzungen.

Als wir uns dann verabschieden wollen, sollen wir noch über Nacht bleiben, aber wir wollen noch ein Stück weiter in die Berge. Geld lehnt die Familie Nasarow ab, na hoffentlich habe ich im nächsten Jahr Gelegenheit, die gemachten Fotos vorbei zu bringen.

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