4. Tag: Freitag, der 7. Juni 2013

Auf den Spuren des Emirs

noch ein Tag in Buchara, Besuch des Sommerpalastes des letzten Emirs, Plovgenuss und schlechte Nachrichten bei Sonne und schon bis 35 Grad

Eigentlich hatten wir heute Morgen nun aufs Rad steigen und die ersten Kilometer unserer Tour in Richtung Pamir hinter uns bringen wollen, doch Dank der russischen Airline „Rossya“ sind unser Gepäck und die Fahrräder immer noch auf Reisen. Es soll angeblich heute Abend in Samarkand eintreffen, so die letzte telefonische Auskunft.

Wir nehmen es nicht so tragisch, denn Buchara ist ein nettes Städtchen und es gibt immer noch etwas zu entdecken. Per Marshrutka Minibus machen wir uns dann auf den Weg zum Sommerpalast des Emirs, der etwas außerhalb liegt. Die Konversation im Bus ist etwas schwierig, denn es gibt immer weniger Leute, die Russisch sprechen. Zu Zeiten der Sowjetunion war Russisch die Amtssprache, nach dem Zerfall des Landes und der Unabhängigkeit hat dann faktisch niemand mehr Russisch gelernt, erst in den letzten Jahren hat man die Sprache wieder in den Unterricht aufgenommen. So kann man hauptsächlich mit älteren Menschen kommunizieren oder mit den Kindern.

Der Sommerpalast des Emirs ist eine kitschige Mischung aus russischer und zentralasiatischer Architektur. Hauptsache ausgefallen und teuer war auch damals des Herrschers Motto. Vor allem bei der Innenarchitektur wurde nicht gespart und die Zimmer und Säle mit tollen Fresken und Motiven versehen. Staunend läuft man durch die Räume und bestaunt die leicht verblichene Pracht. Im Garten dudelt traditionelle Musik und eine Gruppe von Kindern tanzt dazu, ab und zu greifen zwei Damen zum Mikrofon und singen lange Balladen zu den scheppernden Bässen. Leider ist alles viel zu laut, um es genießen zu können, den tanzenden Kids gefällt es aber sehr wohl.

Im hinteren Teil des Parks gibt es einen großen Pool, hier badeten die Konkubinen des Emirs. Selbiger saß auf einem Turm am Pool und beobachtete das bunte Treiben. Angeblich soll er dann einen Apfel der Dame zugeworfen haben, die er dann als nächtliche Begleitung auserkoren hatte, so erzählt jedenfalls eine Reiseleiterin einer deutschen Gruppe. Ich habe da so meine Zweifel, ob der etwas schwergewichtige letzte Emir solch ein guter Werfer war. Auch ist es fraglich, ob die vom aus 30 Metern Entfernung getroffene Konkubine dann auch die Richtige und nach dem Obstbewurf auch noch willig war. Mir geht schon wieder die Phantasie durch, vielleicht hat die Dame dann ja auch den Apfel zurückgeworfen.

 Wieder geht es mit dem Bus zurück in die Stadt zum Basar und wir kommen endlich zu unserem ersten und sehr leckeren Plov, dem usbekischen Nationalgericht. Eigentlich könnte man sich den Plov nicht „überessen“, denn es gibt unzählige Varianten, jede Region hat ihre eigenen Abwandlungen und vielleicht sogar jeder Koch. Traditionell wird der Plov von Männern gekocht, er gilt als Potenz steigernd und Lust anregend, in Tashkent ist immer Donnerstagabend Plovzeit und danach geht wohl die Post ab. Ein gutes Rezept für Plov werde ich dann auch auf meiner tomtomtofu Seite veröffentlichen und noch ein paar mehr Infos zu diesem leckeren Gericht. Mein erster Nachkochversuch in Berlin war noch kein super Erfolg, aber doch recht viel versprechend.

Im Plovrestaurant geht es ganz amüsant zu. Schön zu sehen ist, dass sich die konservativen Moslems im Land bis jetzt nicht durchsetzen können. So sind die meisten Frauen nicht verpackt und viele tragen ihre tollen langen Haare offen sichtbar, andere tragen nur ein leichtes schickes Kopftuch. Überhaupt scheinen die Frauen recht selbstbewusst zu sein, neben uns am Tisch sitzen drei Damen beim Plov und einem gezapften Bier und haben eine angeregte Unterhaltung.

Noch einmal bummeln wir durch das alte Zentrum Bucharas, aufgefallen ist uns dann noch ein kleiner Handwerksbetrieb, der Handpuppen herstellt, auch eine alte Kunst. leider gibt es in der ganzen Stadt keine Aufführung mit den Puppen. Die 30 cm großen Figuren zeigen Personen aus dem Alltag, den Emir und sein Gefolge, Ali Baba und die 40 Räuber, sowie andere Gestalten aus 1000 und einer Nacht. Dass einige Puppen Politkern ähneln ist vom Künstler gewollt.

Ebenfalls überall im Zentrum gibt es Studios von Miniaturmalern. In mühevoller Kleinarbeit entstehen wunderbare kleine Kunstwerke, ebenfalls mit Motiven aus orientalischen Märchen und Sagen und Mythen aus der Geschichte. Die haarfeinen Details sind beeindruckend und wir sind schon wieder versucht hier Gepäck zuzuladen, aber wir haben ja noch eine harte Radtour vor uns und wollen keine Bildergalerie über 4000er Pässe schleppen.

Und es gibt noch eine schlechte Nachricht, der von uns anvisierte Grenzübergang in Pendschikent ist geschlossen. Es gibt nur noch einen Grenzübergang weiter im Norden und einen im Süden, beides bedeutet doch einen ziemlichen Umweg von 250 Kilometern. Alles Mögliche hatte ich vorher noch einmal recherchiert, vor allem die Sicherheitslage im Pamir an der afghanischen Grenze und eventuelle Ausweichrouten, falls es, wie im letzten Jahr, zu Unruhen am Pamir-Highway kommen sollte. Das aber die Hauptverbindungsstraße in nachbarliche Tadschikistan gekappt wird, damit hatte ich nicht gerechnet. Im Moment ist das aber auch noch nicht unser Problem, denn wir haben ja noch nicht einmal die Räder und hoffen auf den morgigen Tag in Samarkand.

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