5. Tag: Mittwoch, der 6. Februar 2013

Tempel am Rande des Molochs

42 km Tagesausflug nach Co Loa, vorher Besuch bei Ho Chi Minh und am Abend Wasserpuppentheater bei Sonne bis 27 Grad

Heute muss es klappen mit dem Besuch beim Genossen Ho Chi Minh, zwar schaffen wir es wieder nicht, zeitig aufzubrechen, aber wir verzichten aufs Frühstück und fahren gleich zum Mausoleum. Dort warten schon jede Menge Leute, aber wir rücken schnell vor und nach 40 Minuten haben wir es geschafft und dürfen am Schneewittchensarg vorbei marschieren. Uniformierte wachen darüber, dass niemand einen Fotoapparat dabei hat und alle sich ordentlich benehmen. Ab und zu legt ein Wachsoldat die Finger auf die Lippen und ermahnt Schwätzer zur Ruhe.

Da lag er nun der alte Genosse, eigentlich hatte er eingeäschert werden wollen und man sollte seine Asche im ganzen geliebten Land verteilen. Aber er schaut noch recht frisch aus und ist in den letzten sechs Jahren, seitdem ich zum ersten Mal hier zu Besuch war nicht gealtert, im Gegensatz zu mir, allerdings bin ich auch noch am Leben.

Hinter dem Mausoleum liegt dann noch das Wohngebäude Onkel Hos, eher eine gemütliche kleine Holzvilla auf Stelzen, nicht zu vergleichen mit den Residenzen andere Herrscher oder Diktatoren. Ho Chi Minh war mit Sicherheit der bescheidenste unter den sozialistischen großen Vorsitzenden und er war glücklicherweise nicht lange genug am Ruder um große „Reinigungen“ durchsetzen zu müssen und bleibt deshalb wohl einer der sympathischsten Kommunisten überhaupt.

Wir mischen uns mit den Rädern unters Mopedvolk und reiben die Schultern mit Millionen von Vietnamesen, zumindest fühlt es sich so an. Das Individuum ist wie ein Fisch im Wasser und muss im Schwarm schwimmen, dann funktioniert das System. Und so kommen wir auch unbeschadet durch die Stadt und über die Long Bien Brücke, die nur für Radfahrer frei gegeben ist.

Auf der anderen Seite wird dann die Straße breit und wir empfinden den verkehr nicht mehr als sooooo anstrengend und rollen eine Stunde später in Co Loa ein.

Die Tempel hier sind weder gigantisch noch spektakulär, deshalb finden auch so gut wie keine Touristen den Weg hierher und wir sind alleine in den beiden Tempelanlage und genießen die Stille und Ruhe. 2000 Jahre Geschichte lassen sich eher erahnen, lediglich die tollen Holzkonstruktionen der Tempel haben fast 1000 Jahre auf dem Buckel und sind mit beeindruckender handwerklicher Geschicklichkeit errichtet worden.

Wir radeln noch eine Runde durch das beschauliche Dorf, unter dem wohl die Reste und Schätze einer Hauptstadt, die vor zwei tausend Jahren hier stand, für ewig verborgen bleiben werden. Heute leben die Bewohner von Landwirtschaft und es entstehen recht schicke Häuser auf dem historischen Grund.Nur ein Restaurant zu finden ist recht schwer, endlich haben wir einen Laden gefunden, aber der Besitzer erklärt uns in gutem Russisch, dass es erst abends etwas zu essen gibt. Schließlich bekommen wir auf dem Markt noch ein paar Snacks in Form von Fritten und einer Reissuppe.

Auf dem Rückweg nehmen wir eine Nebenstraße und probieren einen neuen Weg. Wir fahren durch hübsche Dörfer und finden auch eine Fähre, die uns ein Stück des Weges kürzt. Auf der anderen Seite dann auch wieder ein Dorf und noch einmal eine Tofumanufaktur. Hier kann ich dann gleich mein zwei Tage vorher erworbenes Wissen präsentieren und Frank und Katrin den Prozess erklären. Und natürlich dürfen wir vom frischen Tofu kosten und auch hier ist das Resultat wieder mehr als lecker.

Der Rückweg durch die Stadt ist wieder anstrengend, wir erreichen das Hotel gegen halb sechs, duschen und brechen gleich wieder auf in Richtung Zentrum, denn wir haben ja Karten fürs Wasserpuppentheater. Unterwegs gehen wir noch essen und dann ab ins Theater. 50 Minuten beobachten wir das treiben der bunten Holzfiguren, die vor eine Vorhang im Wasser von unten bewegt werden. Entwickelt haben diese alte Kunst die Reisfeldbauern, indem das Reisfeld einfach durch einen Vorhang zur Bühne wurde. Im Vergleich zu den Vorjahren hat man die Show besser durchgestylt und überarbeitet. Es wirkt alles sehr professionell und durch designt, hat aber ein bisschen an Charme verloren. Egal, wer nach Hanoi kommt, muss das gesehen haben, Katrin und Frank hat es überaus gefallen, ich fand es auch wieder gut, zumal wir Plätze in der ersten Reihe hatten.

Am Abend reicht die kraft noch für einen Kaffee um die Ecke, dann gehen wir schlafen, in der Hoffnung den Jetlag endgültig bis morgen zu bekämpfen, wenn wir dann „richtig“ radeln wollen und müssen.

 

 

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