Mittwoch, der 8. August 2012

Am Ende der russischen Welt

115 km von Ulan-Ude über das Kloster Ivolginsk nach Gusinoosersk , leichte Hügel mit 450 hm bei angenehmen 25 Grad und Sonne mit Wolken

Am Morgen verabschieden wir uns von Julia, die uns hier in Russland logistisch unterstützt hat, dann schwingen wir uns auf die Räder.

Langsam verschwindet die letzte größere russische Sztadt hinter uns und schon gleich inter der Stadt macht sich der Wandel in der Landschaft bemerkbar. Waren an den Vortagen noch Wälder vorherrschend, kommen wir nun mehr und mehr in Steppenlandschaft. Es gibt viele weite und freie Grasflächen und kaum noch Bäume, auch keine Birken. Dafür treibt der Wind die Wolken schnell am Himmel her und Sonne uns Schatten wechseln schnell. Ist am Ortsausgang der Verkehr noch recht straff, wird es sofort nach dem Abzweig des M55 Highways merklich ruhiger. Die M55 entschwindet unseren Blicken im Osten in Richtung Chita und Wladiwostok, auch eine Strecke, aus der man ein weiteres Radabenteuer machen könnte. Doch wir haben erst einmal Sehnsucht nach den Steppen der Mongolei, die nun im Süden vor uns liegen.

Die Kulturen gehen hier fließen ineinander über, dominieren in Ulan-Ude noch die Türme der russisch-orthodoxen Kirche, liegt 40 Kilometer hinter der Stadt das größte buddhistischen Kloster in Sibirien. Im Vergleich zu buddhistischen Anlagen in Tibet oder China ist das Kloster immer noch ziemlich klein, auch irritieren den Chinakenner die russischen Holzhäuser zwischen den Tempeln, in denen die Mönche wohnen. In den Tempeln dann da gewohnte Bild von Bodhisattvas und Buddhas. Besonders verehrt werden die Taras, denen zwei Tempel geweiht sind. Nur wenige Pilger ziehen ihre Runden um die Anlage und drehen die Gebetsmühlen, aber vor dem Tempelgelände gibt es eine stadionähnliche Anlage, wo zu Festivalzeiten ein buntes Leben toben wird. In einem Tempel läuft gerade eine Zeremonie, als wir noch ein wenig verweilen wollen, werden wir mit einer unwirschen Handbewegung gebeten weiter zu gehen. Mythen ranken sich um einen hohen Lama, der hier vor mehr 40 Jahren das Kloster geleitet hat. Seinen Sarg hat man in einem Tempel aufgebahrt und in Abständen von 10 Jahren immer wieder geöffnet, ohne das der tote Körper Anzeichen von Verfall gezeigt haben soll, aber den Sarg bekommt man als Tourist natürlich nicht zu sehen.

Um zur Straße nach Süden zurück zu kehren müssten wir einen Umweg von 14 Kilometern in Kauf nehmen oder eine meiner berüchtigten Abkürzungen probieren. Wir tun Letzteres und wir haben Erfolg, mit dem Ritt auf einem schmalen Feldweg durch bunte Wiesen finden wir einen schnellen Durchstich zur Straße zurück.

Anmutig führt unsere ruhige Straße seichte Hügel hinauf und hinunter, bis am Nachmittag dann der Schornstein des Kraftwerkes von Gusinoosersk am Horizont auftaucht. Die Stadt macht einen jämmerlichen Eindruck. Einst gab es hier metallurgische Industrie und Bergbau, heute ist ein großer Teilt der Bevölkerung ohne Beschäftigung oder schon weggezogen. Viele der abgewohnten Blocks aus den 70er Jahren stehen leer und verfallen. Auch unser Hotel ist ein Relikt aus dem Sozialismus, was die Ausstattung der Zimmer angeht, besonders das Badezimmer mit all seinen Provisorien ist ein spätsozialistisches Prunkstück, aber immerhin, das warme Wasser funktioniert. Wir drehen noch eine Runde durch den Ort und studieren den Verfall, die Ruine eines Betriebes und eines Stadions zeugen von besseren Zeiten. Heute würde der Ort sich lediglich noch als Endstation für russische politische Verbannte eignen, vielleicht sollt man Putin einen entsprechenden Vorschlag machen.

Das Abendessen im einzigen Lokal der Stadt, welches sich im Hotel befindet, ist recht ordentlich, danach haben wir keine Lust mehr zu weiteren Aktivitäten, schließlich haben wir auch 115 Kilometer in den Beinen.

 

 

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