1. Tag: Montag, der 30. Juli 2012

Unter sibirischer Sonne

Ankunft in Irkutsk, Räder schrauben und langer Stadtspaziergang, 7 km mit dem Rad ins Zentrum, sonnig bei 25 Grad

Wie schon in St. Petersburg strahlt die Sonne morgens um 8 Uhr in Irkutsk, aber es ist nicht glühend heiß, sondern angenehm frisch. Ich bin der erste unserer kleinen Gruppe und alle Flüge sind verspätet, letztlich gut für uns, denn so liegen die Ankünfte nicht so weit auseinander. Nachdem ich mein Rad ausgepackt und zusammengeschraubt habe, kommt dann eine Stunde später schon Michael aus der Schweiz, auch sein Rad kommt heil an und wir schrauben schnell. Ebenso wieder eine Stunde später stößt Dorothea zu uns und nur wenig später sind wir mit Martina und Wolfgang komplett. Die beiden nehmen dann unseren Minibus ins Hotel, wir anderen radeln schon mal die 7 km ins Zentrum, die Straßen sind nicht zu belebt, doch der verkehr rollt recht straff und zügig. Vorbei geht es an kleinen Holzhäusern in das klassizistische Zentrum.

Das Hotel „Angara“ liegt mehr als zentral, ist aber ein alter Sowjetbau. Glücklicherweise sind die Zimmer seit letztem Jahr renovier worden und die sowjetischen Hängebauchbetten sind ersetzt worden, letztes Jahr hatte ich darin kaum ein Auge zugetan. Doch jetzt sieht es recht angenehm aus, doch um etwas zu meckern, die Duscharmatur ist, wie so oft in Asien falsch belegt und es gibt nur eine einzige Steckdose und die ist weit vom Schreibtisch entfernt.

Aber wir sind ja nicht hier, um europäischen Hotelstandard zu genießen, sondern um Land und Leute kennen zu lernen und so treffen wir uns nach eine Stunde auf einen Kaffee und vertreiben die Müdigkeit und stürzen uns in die sibirische Metropole an der Angara. Für ihre lediglich 700.000 Einwohner macht die Stadt einen recht großen Eindruck, aber es gibt noch viele Stadtteile mit kleinen, niedrigen Holzhäusern. Im 17. Jahrhundert wurde die Stadt von Kosaken gegründet und ist ein Schmelzpunkt der Kulturen. Mit dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn und der Transsibirischen Traktes kamen die Russen zu den Kosaken. Auch die Nähe zur Republik Burjatien ist zu spüren und als Angelpunkt des russisch-chinesischen Handels mit Pelzen, Diamanten, Gold, Holz und Seide entwickelte sich die Stadt prächtig, auch Dank der Verbannungen durch den Zaren, mit denen intellektuelle Köpfe ins hinterste Sibirien gespült wurden.

Im Zentrum dominieren schöne Bauten aus dem späten 19. Jahrhundert, die sich mit netten Parks abwechseln. Gleich dem Hotel gegenüber gibt es mehrere Halfpipes, wo sich die größeren Kids und Jugendlichen zum Skateboarden und BMXen treffen und erstaunlich Kunststückchen vorführen, um den Mädels zu imponieren. Auch Lenin begegnet uns in den Parks zwei Mal und dann sind wir schon am Rande des Zentrums, wo die Holzhäuser beginnen. Die sind in recht unterschiedlichem Zustand. Einige der schönen Bauwerke aus dicken Holzstämme, die man in ganz Sibirien trifft, sind neu hergerichtet, aber vieles sieht sehr verfallen aus und einiges steht am Rande des Zusammenbruchs. Eine Englischlehrerin, die eigentlich aus Armenien stammt, erzählt uns, dass die Gebäude hier im Viertel alle so um die 100 Jahre alt seien, inzwischen hat man auch Wasserleitungen in die Höfe gelegt und im Winter wird elektrisch geheizt, was natürlich sehr teuer sei. Die Häuser dürften nicht abgerissen werden, aber die meisten Familien haben kein Geld für eine professionelle Renovierung der schönen Bauten und so verfallen die schönen Verzierungen um die Fenster und am Dach. Von dem Viertel, das ein wenig höher liegt, hat man einen schönen Überblick und es wehrt ein kühles Lüftchen in der sibirischen Sonne. Hoffentlich haben wir das schlecht Wetter in Deutschland zurück gelassen und können nun die zweite Hälfte des Sommers genießen.

Hinter dem Viertel gibt es einen riesigen „Chinamarkt“ mit reihenweise Blechbuden. Dort kann man die schöne neue Plastik- und Textilwelt zu kaufen, die Buden werden hauptsächlich von Chinesen aus dem Norden betrieben, alle Leute, die ich anspreche sind aus der Gegen um Ha’erbin. Dazwischen aber auch Händler aus den ehemaligen turkstämmigen Sowjetrepubliken. Durch die Marktstraßen nähern wir uns wieder dem Zentrum mit seinem alten Markt. In einer riesigen Halle gibt es dann alles an Lebensmitteln, was die Region und das Land hergibt. Fische aus dem Baikal in allen Varianten, Käse, Fleisch und Gemüse. Hier wollen wir dann morgen noch einmal her und etwas für ein Picknick an der Angara besorgen.

Jetzt treibt uns dann aber der Hunger doch in ein Restaurant in der Karl Marx Straße, denn bei aeroflot gab es im Flieger heute Morgen natürlich kein Frühstück. Die Preise in dem Lokal sind recht hoch, wie in Deutschland, und alles ist recht fleischlastig, aber lecker, wie der Omulfisch, die Nudeln oder die Suppen.

Danach bleibt uns nur noch zurück ins Hotel zu schlendern und nachdem ich letzte Nacht im Flieger nicht schlafen konnte brauche ich nicht einmal 5 Minuten, bis ich in dem zu warmen Zimmer eingeschlafen bin. Schön ist es wieder auf Reisen zu sein und wir haben den ersten Tag schon gut genutzt und haben eine interessante Runde durch die Stadt gedreht.

 

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