95. Tag: Donnerstag, der 19. Juli 2011

Eine Nacht im Puff

68 km von Tscheremchowo nach Usolskoje Sibirskoe, 286 hm bei Sonnenschein bis 28 Grad, viel Verkehr

Der Morgen verspricht einen schönen Tag und es sind nur noch 160 Kilometer bis nach Irkutsk. Langsam lichten sich die Nebel und meine Gedanken sind schon in Irkutsk, meine Freundin ist gestern dort angekommen. Aber wir wollen erst morgen in die Stadt, also haben wir zwei angenehme Etappen vor uns. Das die Stadt näher rückt erkennt man auch daran, dass der Verkehr dichter wird. Mitunter rauschen wieder ganze Kolonnen an uns vorbei. Auch Radfahrer sehen wir wieder einmal, erst kommen uns zwei Pulks an Rennradlern entgegen und eine halbe Stunde später, als wir ein Päuschen machen rauschen sie in Richtung Irkutsk wieder an uns vorbei.

Nach 68 Kilometern in Usolskoje Sibirskoje kommen wir an einem Motel vorbei, die Gruppe will dort schon Schluss machen. Ich wäre ganz gerne noch weiter gefahrten, denn es bläst ein seichter Rückenwind und so könnten wir morgen wirklich nach einem 2 Stunden Ritt in der Stadt sein. Aber Gerhard und Barbara haben ein wenig Magengrummeln und so bleiben wir. Ich beschließe dann, den Nachmittag für einen intensive Fahrradwartung zu verwenden. Barabara und Gerhard halten einen erholsamen Nachmittagsschlaf und Mirjam und jacky assistieren mir bei der Wartung. Wir tauschen die Mäntel von vorn nach hinten und umgekehrt, so lassen sich noch mehr Kilometer aus dem Material herausholen. Bei guter Pflege lässt sich ein Mantel bis zu 15.000 Kilometern fahren, meine hintere Decke habe ich mit Klebeband am weiteren ausreißen gehindertt und fahre sie nun vorne, ohne irgendwelche Probleme. Natürlich werden mit jedem 1000 Kilometern auch mehr Plattfüße auftreten.

Auch die Ketten werden wieder einmal gewechselt. Bei den Rädern kommt jetzt wieder die erste Kette drauf, auch so lassen sich ein paar tausen Kilometer herausholen. Shimano empfiehlt eineLebensdauer von Kette und ritzelpaket von maximal 4000 km, mit etwas System und einer zweiten kette kann man auch daraus mehr als 15.000 km machen. Das hören aber die Fahrradfirmen und auch die Radhändler nicht gern! Zum Schluss wechsele ich noch ein paar Bremsbeläge, auch diese sind jetzt bis auf den letzten Zehntelmillimeter runtergefahren.

Das Essen im zugehörigen Lokal ist mehr als lausig, es gibt nur noch Reste von einem eh laschen Angebot, das kommt dann, wie üblich, in die Mikrowelle. Wir enden also bei bäckerlastigen Bouletten mit lausigem Kartoffelpüree, ich setze mich danach noch an den Computer und die anderen verschwinden schon im Bett; und jetzt wird es erst richtig interessant, denn vor dem hotel haben sich einige Damen in kurzen Röckchen und offenherzigem Oberteil postiert und auch einige ähnliche Damen scheinen direkt im Hotel zu „arbeiten“. Die männliche Kundschaft ist meit ziemlich übel aussehend und so alkoholisiert, dass es tendenziell für die Damen ein eher leichterer Job ist, die Herren auzunehmen. Trotz der angetrunkenen Kundschaft läuft das Tagresgeschäft eher ruhig ab und wir sind mit unseren drei Zimmern in einem Nebengebäude und somit auch etwas weg vom Schuss.

Seit den wenigen Prostituierten, denen wir in Litauen an den Straßen begegnet sind, ist es hier das erste mal, dass man vom bewegten Nachtleben etwas mitbekommt. In den meisten anderen Hotels in denen wir abgestiegen sind, mit den strengen Etagendamen, ist auch ein horizontal gewerblicher Betrieb schlecht durchzuführen gewesen.

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