35. Tag: Freitag, der 20. Mai 2011

Weiße Nächte und heiße Rhytmen

99 Kilometer von Staraja Russa nach Demjansk, ruhige Straße mit 30 km richtig gutem Asphalt, postsowjetisches Hotel und Disco unterm Bett, 150 hm bei angenhemen 18 Grad

Bevor wir heute die Stadt verlassen, sehen wir uns noch ein wenig um, auch in Staraja Russa gibt es einige schöne Kirchen und in den Straßen lange Reihen mit schönen Holzhäusern. Auch ein Dostojewski-Haus gibt es, hier hat der wichtigste russische Schriftsteller mit seiner Familie mehrfach seine Urlaube verbracht und Teile seiner Romane geschrieben. Am Rande des Zentrums befindet sich ein recht großer Sanatoriumsbereich mit mineralhaltigen Quellen.

Wir haben heute einen wunderbaren Radeltag, es ist mit bis zu 18 Grad recht angenehm warm und die Straße ist wenig befahren, allerdings auch recht mies mit vielen Löchern und holprigen Flicken. Es geht am Anfang erst einmal wirklich 40 Kilometer geradeaus durch den Wald, manchmal kann man die Straße über 2 bis 3 Kilometer einsehen.

In einem kleinen Dorf rasten wir vor einem kleinen Laden und dann geht es auf die zweite Hälfte. Hier wird plötzlich für 35 Kilometer der Asphalt super gut und es rollt sich wunderbar über leichte Hügel. Ab und zu kommt jetzt auch ein kleines Dorf mit ausschließlich Holzhäusern. Schon um halb vier sind wir in Demjansk einer postsowjetischen Kleinstadt. Es gibt ein mageres „Hotel“, das heißt in der zweiten Etage des zweistöckigen Baus gibt es genau vier Zimmer. Die Frauen bekommen die „Luxus-Suite“ und damit das einzige Badezimmer, für alle anderen gibt es eine Toilette auf dem Flur. Die Dusche wird nur gegen weitere Gebühr geöffnet. Allerdings ist es recht sauber im Hotel, wenn auch mehr als einfach.

Wie sich später zeigt machen wir am Nachmittag genau das Richtige, nämlich ein Schläfchen, im Ort ist eigentlich Nichts zu sehen oder zu tun. Neben Holzhäusern ein paar Betonzweckbauten und Wohnblocks, alles recht vermöhlt. Im „Zentrum“, also gegenüber einem grauen Platz mit Lenin-Statue nebeneinander drei mehr als gut sortierte Schnapsläden. Unten in der „Stolowaja“, also einem Imbiss-Restaurant sieht es nicht zu lecker aus und besorgen wir uns Wurst und Käse aus dem Laden, dazu haben wir noch Räucherfisch, den wir gestern erstanden haben und ein paar Biere und nutzen die „Suite“, um dort zu essen.

Nach den Bieren bin ich angenehm müde, werde aber recht schnell wieder wach, denn unten in der „Stolowaja“ donnert laute Discomusik und das die ganze Nacht, ich setze mich also an den Computer und schreibe meine Texte weiter und bearbeite Bilder, aber auch um 2 Uhr ist noch nicht Schluß mit dem ohropaxbrechenden Rhytmen. Von Michael Jackson bis russischem Schlager und Techno wird alles gespielt. Runtergehen und mittanzen geht auch nicht, denn die Etagendame hat die Zwischentür vom Hotelbereich, sowie die Hintertür versperrt. Man könnte sie wecken und hinausgehen, aber es gäbe dann keine Chance mehr wieder hineinzukommen.

Nachts wird es hier erst um 23 Uhr dunkel, in Nowgorod war es noch extremer, da ging die Sonne nur ein wenig unter den Horizont und es war die für die nächsten Stunden ein rötlicher Schimmer zu sehen, bevor es gen 4 Uhr schon wieder hell wird. Wenn ich 2014 hoffentlich wieder hier herkomme, dann fahren wir vielleicht doch bis nach St. Peterburg, um dort die „Weißen Nächte“ genießen zu können. Heute, fast schon eingesperrt im Hotel, war es jedenfalls nicht so sehr der Genuss.

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