15. Tag: Freitag, der 11. Februar 2011

Tunnel, Irrwege und Fahrt in die Dunkelheit (Overkill I)

160 lange Kilometer von Ho Xa über Vinh Moc und am Meer entlang nach Hue, 451 hm bei idealem Radelwetter um 25 Grad und Rückenwind und Wolkendecke

Wir starten wieder zeitig, denn wir haben das Tunnelsystem von Vinh Moc noch in unser Programm aufgenommen, obwohl wir dadurch ein paar Kilometer mehr haben und so auf 130 km kommen könnten, aber der Abstecher lohnt sich.

Am Meer, nur wenige Kilometer von der Trennlinie, an der sich die vietnamesischen und amerikanischen Truppen gegenüberstanden befindet sich ein 3 km langes Tunnelsystem, in dem bis zu 300 Personen Platz und Schutz vor den massiven amerikanischen Bombardements fanden. Die engen in den lehmigen Boden getriebenen Gänge sind beängstigend schmal, kaum zu glauben, dass hier die Bevölkerung eines ganzen Dorfes über zwei Jahre lebte. Unter der Erde befinden sich kleine Wohnkammern von 2 mal 2 Metern für vier Personen, Brunnen und Toiletten, sowie eine winzige Kranken und Geburtenstation. Schon nach 100 Metern im Tunnel tut mir der Rücken weh von der gekrümmten Haltung und nach 20 Minuten wollen wir eigentlich alle nur schnell wieder an die frische Luft, so stickig ist es da unten und unsere Bewunderung der Kämpfer und Familien im „Untergrund“ kennt keine Grenzen.

Nicht weit weg vom Tunnelsystem in Vinh Moc gibt es einen netten kleinen Badeort, An Duc, hier werde ich für die nächste Tour eine Übernachtung planen, besser als in Ho Xa ist es hier allemal. Der Strand leuchtet sauber und ab und zu gibt es auf dem Meer ein kleines Fischerboot, die Straße geht hoch und runter über kleine mit Pinien bestandenen Hügeln. Leider kommen wir aber recht schnell auf die A1 und müssen uns 35 km den Highway mit den restlichen Nord-Süd-Verkehr Vietnams teilen, etwas Abwechslung von dem Lärm und Verkehr bieten lediglich die Städte Dong Ha und Quang Tri. In letzterer machen wir Mittagspause und beschließen wieder die Nebenstraße zu nehmen. Ich frage nach dem Weg und bekomme recht zufrieden stellende Antworten, aber wir werden doch schon einen Abzweig zu früh in die Landschaft geschickt und der Umweg durch nette kleine Dörfer kostet uns mehr als zehn Kilometer. Der zweite Fehler geht auf meine Kappe, ich verpasse den Abzweig nach rechts auf die parallel zur A1 führende Straße und wir landen direkt am Meer, was auch wieder sehr interessant ist, denn es geht durch Fischzuchtanlagen und Pinienwäldern mir schneeweißem Sand hindurch, allerdings sind so wieder 10 km futsch.

Als wir dann endlich die kleine Straße mit der Nummer 49 B gefunden haben ist es schon recht spät und wir haben noch immer 55 Kilometer vor uns und in knapp zwei Stunden wird es dunkel.

Die Strecke ist dafür grandios, das platte Land ist mehr als platt, an der Straße lösen sich kleine Dörfer und viele Reisfelder ab und in jedem Dorf gibt es drei oder vier kleine Tempel und es werden bald noch viele mehr sein, denn überall werden neue Tempelchen gebaut. Unterwegs treffen wir auf Horden von Schülern, die wohl heute den beginn des neuen Jahres in der Schule gefeiert haben, den die Mädchen sind alle im traditionellen Kleid, dem weißen Ao Dai (Ao Sai) unterwegs.

Als wir dann langsam die großen Seen erreiche wird es dunkel und so sehen wir recht wenig von den Fischern und den Booten und tuckern noch knapp zwei Stunden durch die frühe Nacht und sammeln 160 Kilometer bis Hue. Dort trudeln wir gegen 20 Uhr ein. Die geplante Herberge ist voll, aber gleich daneben bekommen wir unsere Zimmer, auch in ordentlicher Qualität. Wir sind alle ziemlich abgekämpft, obwohl es gegen Ende noch einmal richtig gut ging, während ich bei 130 km einen leichten „Hänger“ hatte.

Nach dem Duschen ist Fremdgehen angesagt, heute kein zähes Explosionshuhn und kein Wasserspinat, sonder zartes Lammcurry vom Inder um die Ecke. Wir sind direkt in der Touristenstraße, so dass es hier jede Menge Backpackervolks gibt, nachdem wir eine Woche langnasenfrei waren und der Anblick der vielen großen, kräftigen und oft mehr als wohl genährten Menschen inzwischen eher befremdlich vorkommt. Aber diese bringen halt auch solche Annehmlichkeiten wie Internet im Zimmer und saubere Betten oder gar indische Restaurants mit Pizza auf der Karte mit sich.

Doch wir hatten Glück im Pech, den ganzen Tag waren die Temperaturen angenehm und moderat, meistenteils hatten wir einen ordentlichen Rückenweg, im zweiten Teil der Strecke gab es keine einzige Erhebung und keinen Hügel mehr und wir sind haarscharf an der dicken Regenwolke vorbei geschrammt, außerdem sind wir alle am Abend so müde, dass die Augen von ganz alleine zufallen und morgen wird ausgeschlafen und dann gibt es ein mehr als geiles Frühstück!

Kommentare zum Tag:

Andreas: „Lieber 160 Kilometer auf dem Rad, als ein Kilometer mehr im Tunnel!“

Armin: „Tom ist immer für Überraschungen gut!“

Thomas: „Anstrengender Tag, aber viele tiefe Eindrücke gesammelt.“

Heino: „Beeindruckendes Höhlensystem, wunderschöne Landschaftsblicke und herausfordernde Streckenlänge“

Joachim: „Geile Landschaften, tolle Menschen, Eintauchen in die Geschichte des Landes,

gutes Training für den nächsten (Fahrrad-) Marathon!“

Icke: „Zweimal grandios falsch navigiert, aber soooo schöne Strecke!“

5 Reaktionen zu “15. Tag: Freitag, der 11. Februar 2011”

  1. Edith Kandorfer

    Alle Achtung … SUPER LEISTUNG !!!!!
    Bei Nacht „dort“ zu fahren, ist sicherlich nicht wirklich einfach und diese Kilometer !
    Ich war jetzt einen „Profivortrag“ von einem Jounalistenpärchen über Vietnam, sicherlich hatten sie tolle Bilder abwechselnd mit Filmeinspielungen, super HDMI Qualität ………. ABER, es ist tausendmal interessanter DEINE TOUR zu verfolgen!!! Ich teile deine Abneigung gegen Touri …… obwohl wir es trotzdem sind, egal auf welche Art wir ein fremdes Land bereisen !!!
    Schöne Reise noch …. lg Edith

  2. Edith Kandorfer

    Meine Söhne haben sich grad köstlich über mich amüsiert ….. Frauen sollten nicht soooooo gescheit daherreden bzw. schreiben ……
    Pech gehabt … also HD QUALITÄT … HDMI ist das Kabel für die Übertragung !!!
    Werde nie mehr solchiges von mir geben, wovon ich nichts verstehe !!!

  3. yeuem

    Nicht weit weg vom Tunnelsystem in An Durch gibt es einen netten kleinen Badeort, An Duc, hier werde …..

    An Durch – Tunnelsystem /// damit konnte ich nichts beginnen
    An Duc – Badeort /// das kenne auch nicht, wo soll das sein

    Das Tunnelsystem von Vinh Moc ist bestimmst weniger besucht und sehr interessant
    http://wikimapia.org/#lat=17.0742975&lon=107.1110827&z=18&l=5&m=b
    http://vi.wikipedia.org/wiki/T%E1%BA%ADp_tin:The_Structureplan_of_Vinh_Moc_Tunnels.JPG
    http://www.youtube.com/watch?v=oYypN1dOdQ8&feature=related
    http://www.youtube.com/watch?v=wXyvvzvtHNY&feature=related
    http://www.youtube.com/watch?v=nLHpl7z2Zxo&feature=related

    vielleicht lohnt auch ein Ausflug auf die Insel Dao Con Co
    https://www.youtube.com/watch?v=dNrDKbeW-pc
    http://vi.wikipedia.org/wiki/%C4%90%E1%BA%A3o_C%E1%BB%93n_C%E1%BB%8F

    in der Nähe gibt es auch so was wie einen Wildpark
    http://wikimapia.org/#lat=17.0587539&lon=107.0703506&z=14&l=5&m=b
    http://vi.wikipedia.org/wiki/R%E1%BB%ABng_nguy%C3%AAn_sinh_R%C3%BA_L%E1%BB%8Bnh

    Also eine Gegend wo man nicht so einfach vorbeifahren sollte. Steht auch seit Jahren schon auf meiner persönlichen Besucherliste. Man findet auch relativ viele Infos auf der Provinzseite von Quang Tri.

    Glaub das war der Friedhof
    http://www.youtube.com/watch?v=9IlhY8cuCHc&feature=related

    huhu – alles auf vietnamesisch – viel spass beim lesen

  4. tom

    Hallo Wolfgang,

    atürlich waren wir in den Tunneln von Vinh Moc! Danke für die Berichtigung, der Badeort An Duc ist wirklich winzig,
    nur vier oder fünf Hotels und ein paar Restaurants, aber schöne Pinienlandschaft rundherum.
    Unsere Tour ist schon 37 Tage lang und das Land ist verdammt lang, da scdhafft man es leider nicht alles zu sehen
    und noch mehr Bögen mit dem Rad zu schlagen.

    viele Grüße

    tomtomtofu

  5. yeuem

    Mal sehen wer es lesen wird, einfach eben nützliche Infos für die Leser und Bildung schadet nie. Oder für die Planung der nächsten Tour.
    Das Land ist verdammt lang – da kann man eben nicht lange verweilen. Vinh Linh lohnt aber für einen längeren Aufenthalt. Hoffe mal das man die Landschaft nicht zu sehr vergewaltigt mit Tourismus.

    Das Dorf An Đức, gehört zur Gemeinte xã Vĩnh Quang, im Distrikt huyện Vĩnh Linh. Ich hab noch kein Verzeichnis für alle Dörfer in Vietnam, keine lust das auch noch zu suchen. Vinh Linh hat wohl 22 Gemeinden, wie viel Dörfer, keine Ahnung.
    Die Tunnelanlagen gehören aber zur Gemeinde Xã Vĩnh Thạch in Vĩnh Linh.
    Das ganze läuft wohl unter Cửa Tùng (bay & beach) und geht bis zur
    Cửa Việt.
    Es wird ja auch von Seiten der Provinzregierung das Gebiet Taifun_sicher zu gestalten.

    http://www.skydoor.net/#3080/info
    http://www.skydoor.net/Du_Lich/Vi%E1%BB%87t_Nam

    Dann gut Luft in den Lungen auf der A1

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