4. Tag: Mittwoch, der 17.11.2010

Durchs Land der Vulkane

48 km von Tengchong nach Gudong, 587 hm bei ca. 20 Grad und Sonne, abends frostige 6 Grad

Morgens scheint wieder die Sonne und so ist es eine Freude, auf dem Rad zu sitzen, denn die Nacht war wieder recht kühl. Unser Hauptgepäck bleibt in Tengchong und für die nächsten zwei Tage haben wir nur die kleine Fahrradtasche dabei und es werden die kältesten Tage.

Wir verlassen die kleine sympathische Stadt und stürzen uns guter Dinge in die ersten Anstiege. Hier hat sich in den letzten fünf Jahren viel verändert, am Anfang gab es ein kleine asphaltierte Straße, dann eine Baustelle, dann eine tolle Piste und in diesem Jahr wird ein Vorort hochgezogen und die ersten 10 km der Straße wurden mit eine futuristischen Öko-Straßenbeleuchtung ausgestattet. Alle 50 Meter steht eine Laterne mit zwei großen Solarpanels und einem kleinen Windrad obendrauf, fast schon schade, hier nicht abends oder in der Nacht lang zu fahren.

Schon gestern sind und einige Vulkankegel aufgefallen, so auch heute wieder. Dampfen tun sie nicht mehr, dafür sind es schöne bewaldete Hügel und die Region lebt vom Tuffstein. Dieser wird zu Grabsteinen, Ziegelsteinen und flachen Platten zersägt und am Straßenrand befindet sich eine Steinschneiderei nach der anderen. Laut kreischen die bis zu 1,5m großen Sägen, wenn sie sich durch den Stein fressen.

Irgendwann erreichen wir den höchsten Punkt auf unserer heutigen Strecke und sind knapp über 2000 Meter hoch, danach gibt es nur noch sanfte Hügel und schöne Abfahrten.

Auf halber Strecke gibt es ein kleines Städtchen, in dem gerade Markttag abgehalten wird. Das Restaurant, in dem ich sonst immer gegessen habe, ist leider geschlossen, aber meine Gruppe macht auf dem Markt den ersten Kontakt mit chinesischen Keksen. Und dies ist auch eine chinesische Seite, die man hier im Land kaum erwartet, wunderbare Mürbeteigkekse. Der Markt ist interessant und vielseitig. Neben den Fleisch und Gemüseständen bietet ein chinesischer Heilpraktiker diverse getrocknete Schlangen, Insekten und Wurzeln an, das meiste sieht eher so aus, als ob man es nicht probieren möchte. Ebenfalls nicht probieren sollte man auf der anderen Seite den Dentisten, der in der Auslage die gezogenen Zähne seiner Opfer präsentiert, gezogen wird auf der Straße und gebohrt mit einem pedalgetriebenen Bohrer. In den größeren Städten allerdings entsprechen die Zahnärzte europäischen Standard, es gibt nur einen Unterschied, die Kliniken haben oft ein großes Fenster zur Straße und der Patient wird direkt im Schaufenster zur Erbauung der Passanten behandelt.

Auf den Vulkankegel haben wir dann keine große Lust, dorthin führen zahlreiche Treppenstufen hinauf und inzwischen ist die Sicht auch nicht mehr so großartig, denn es hat sich etwas zugezogen. Vielleicht haben wir in Gudong wieder Markttag und dann lohnt es sich dort zu schlendern.

Schon gegen 15 Uhr erreichen wir unseren Zielort, leider ist kein Markttag, aber das ruhige Städtchen hat auch seinen spröden Charme, die zeit scheint in den Straßen stehen geblieben, die Leute sitzen vor den Läden und trinken Tee und spielen Karten oder Mahjiong, einige arbeiten, aber auch eher gemächlich, die Gemüsefrauen warten auf ein paar Kunden, der Schuster nagelt an seinen Schuhen und die Näherei flickt Kerstins Jacke für ein Dankeschön. Ansonsten passiert auf der Straße nichts, es ist eher wie in einem amerikanischen Western, kurz bevor sich die rivalisierenden Gangs den Showdown liefern, aber außer sechs bunten Ausländern taucht niemand weiter auf der Straße auf.

Das Hotelzimmer verspricht eine sehr kühle Nacht. Drinnen ist es noch frischer als draußen, also ziehen wir schon 18 Uhr in eines der beiden Restaurants in der Hauptstraße. Vor dem Restaurant sitzend genießen wir die letzten Strahlen der Abendsonne und beobachten die einzige Ampel in der Stadt, die gelangweilt aller 30 Sekunden die Farbe wechselt. Eine Funktion hat das Ding nicht, denn es kommen nur wenige Autos, davon ignorieren 50 % der Fahrzeuge die Ampel komplett und fahren bei Rot, die anderen 50 % haben Glück und die Ampel steht auf Grün.

Das Essen ist phantastisch ordentlich und reichlich, wir haben uns einmal durch die Auslagen im Kühlregal gegessen und die Chefin ist extra noch mal zum Markt gelaufen, um Eier zu kaufen.

20.30 Uhr bleibt dann nix weiter übrig als in Richtung Bett zu schlendern, das warme Wasser funktioniert, allerdings muss man den Hahn vorher mindestens 20 Minuten laufen lassen. Mit zwei dicken Decken wird es dann auch kuschelig warm und hier in dem Städtchen, wo sich Fuchs, Igel, Hase, Hund, Katze und Mäuse „Gute Nacht“ sagen ist es auch mehr als still und ruhig.

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