Dienstag, 24. Juni 2008, von Hami nach Xingxingxia, 196 Kilometer, 1143 Höhenmeter: „Längster Tag und Katastrophe“


Sehr zeitig und ohne Frühstück geht es heute los, erwartet uns doch der längste Tag der Tour. Da das einzige Hotel am einzigen winzigen Ort zwischen Hami und Xingxingxia nicht mehr existiert, müssen wir nun diese Doppeletappe fahren und uns erwarten knappe 200 Kilometer.

6 Uhr rollen wir dann auch durch die gerade erwachende Stadt und es ist angenehm frisch und es weht uns nur ein leichtes Lüftchen entgegen. Die ersten Kilometer geht es noch durch die kleinen Dörfer vor Hami, die Hauptsächlich vom Anbau der Hami-Melonen und Gemüse leben. Dann kommt ab und zu ein ödes Stück Land und nach guten 30 Kilometern erreichen wir die Hauptstraße und die Wüste beginnt nun.

Zu schreiben gibt es darüber nicht viel, denn es ist auch hier nur Dreckwüste und keine schöne Bilderbuch-Sandwüste, die uns hier begleitet.

Nach 65 Kilometern erlebe ich eine Überraschung, dort gab es noch vor einem Jahr eine Zeile mit gut 20 Restaurants und die sind nun alle weg, nix mehr da, nur eine für die zweite Autobahnspur platt gewalzte Fläche. Auf der anderen Straßenseite gibt es noch ein einzelnes Restaurant, etwas schlampig, aber die Nudelsuppe, die wir hier bekommen, ist in Ordnung und es gibt auch kalte Getränke.

Am Nachmittag haben wir dann sogar leichten Rückenwind, so dass nicht zu spüren ist, dass es die ganze Zeit bergan geht. Inzwischen hat sich auch die Gruppe ein wenig zersplittert und der Bus wartet aller 30 Kilometer und versorgt uns mit Wasser. Am Morgen war ich noch mit vorneweg gefahren, hänge mich nun aber hinten mit an die langsamsten Fahrer. Bei Kilometer160 hat Helga dann genug für heute und steigt in den Bus. Hubert, der auch noch mit hinten geblieben ist, und ich, wir jagen dann gemeinsam Ulli hinterher, den wir nach einer halben Stunde auch wieder vor uns sehen.

Das Wetter ist für uns sogar noch besser geworden, ab und zu gibt es eine kräftige Bö mit Rückenwind und so geht es weiterhin gut vorwärts, auch wenn inzwischen doch ab und zu ein etwas dickerer Hügel in der Wüste steht.

Dann passiert das große Unglück und keiner weiß mehr genau, wie es passiert ist, denn plötzlich liegt Ulli mitten auf der Straße und bewegt sich nicht mehr. Ich hatte gerade mit meinen Mp-3 Player neu programmiert und deshalb nichts beobachtet und Hubert und Monika waren kurz vor Ulli.

 Als ich Ulli ein paar Sekunden später erreiche erwacht er aus der Ohnmacht und gibt wenigstens ein paar Laute von sich, vor allem die Schulter sieht nicht gut aus und es scheint ihm alles weh zu tun. Wir befreien Ulli vorsichtigst vom Fahrrad ohne ihn groß zu bewegen und sperren die Straße, damit wir nicht noch alle von den großen Trucks überrollt werden. Ulli jammert vor allem über Schmerzen in der linken Schulter und im Brustbereich.

Inzwischen telefoniere ich unseren Doktor und den Bus heran, Ulli bekommt meine Packtaschen als „Kissen“ und kann so etwas bequemer liegen, der Rücken scheint nicht verletzt zu sein.

Alks wir Ulli den Helm abnehmen, merken wir, dass er noch großes Glück hatte, denn der Helm war an drei Stellen zerbrochen und die Sonnebrille komplett zerkratzt, aber an Ullis Wange gibt es nur ein kleine Schürfwunde. Auch seine Handschuhe und ein paar halbleere Wasserflaschen im Trikot haben ihn an Händen und Hüften vor schlimmeren bewahrt.

Inzwischen sind der Bus und der Doktor eingetroffen, Ulli kann schon wieder etwas reden und der Doktoir stellt sofort das gebrochene Schlüsselbein fest, der Oberarm ist sehr geschwollen und Rippen könnten gebrochen sein, keine Lebensgefahr also, aber ein Fall fürs nächste Krankenhaus.

Erst einmal bringen wir Ulli vorsichtig auf den Bus und schicken diesen bis zu unserem Übernachtungsort.

Die letzten 30 Kilometer machen wir uns natürlich alle große Sorgen und plagen uns noch einmal 400 Höhenmeter hinauf. Außerdrem scheint noch etwas mit der Übernachtung schief zu laufen, sagt mir der Busfahrer am Telefon. Im Hotel will der Verwalter dann nichts von meiner Bestellung gewusst haben, relativ schnell stellt sich heraus, dass sein Kollege den Anruf angenommen hat und uns erst einmal ins nächste Guesthouse verlegt hat.

Die Übernachtung in Xingxingxia ist mehr als einfach, es gibt genügend Zimmer, in denen es aber nichts außer zwei oder drei Betten gibt. Wasser gibt es in einem Fass im Hot und die Toilette befindet sich außerhalb des Geländes.

Beim Abendbrot im Restaurant um die Ecke organisiere ich Ullis weiteren Transport nach Dunhuang und ich weise die Gruppe für die nächsten beiden Tage so ein, dass sie ohne mich zurecht kommen können.

Gegen 22.30 verlassen dann Ulli, ich und Eckhardt, der uns noch begleiten will, Xingxingxia in Richtung Dunhuang. Die Straße ist sehr holprig, aber Ulli klagt nicht, was vielleicht auch an dem starken Schmerzmittel liegt, welches der Doktor ihm noch gegeben hat.

Hinten sitzen Eckhardt und ich auch ziemlich gequetscht, so dass an Schlaf nicht zu denken ist und wir nähern uns quälend langsam Dunhuang. 3 Mal müssen wir kurz Pause machen, da unsere Rücken und Sitzflächen schmerzen und alles weiter ist dann im Eintrag für den morgigen Tag zu lesen.

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