Samstag, der 24. Mai 2008, von Tash Kumyr nach Karaköl, 55 Kilometer, 1070 Höhenmeter: „Grand Canyon“

Der neue Tag beginnt in den schönsten Farben, doch jetzt zweigt sich wirklich erst, wie das Unwetter getobt hat. Der Wasserspiegel im Staudamm ist gut 15 oder 20 Zentimeter gestiegen und unsere Wiese mit Schlamm komplett überflutet.

In Roberts Zelt beträgt der Wasserstand noch gute 10 Zentimeter, in der Mitte schwimmt der Packsack des Zeltes, rund um das Zelt ist das Wasser abgelaufen. Robert kann also ohne zu lügen behaupten, sein Zelt ist wasserdicht, zumindest von unten.

Hinter Marlies hat die Schlammwelle einen 50 Zentimeter hohen Haufen aus Dreck und Kuhmist angespült. So gehe ich von Zelt zu Zelt und sehe mir die Schäden an.

Dieters Zelt macht einen jämmerlichen Eindruck, die Schlamm und Dreckwelle ist einmal direkt hindurch gegangen und hatte einige Sachen hinaus gespült, unter anderem auch seinen Fotoapparat, der natürlich hinüber ist.

Eckard ist gerade dabei, einige Sachen zum trocknen auszulegen, er scheint ganz gut davon gekommen zu sein. Direkt neben dem Zelt ist aber eine Welle aus Schlamm und Dreck heruntergekommen. „Wenn du nur drei Meter weiter links gestanden hättest“, sage ich zu Eckhard, „hätte es richtig schlecht ausgesehen“. Eckhard dreht sich mürrisch zu mir herum und sagt: „Ich habe drei Meter weiter links gestanden!“

 

Unsere Abfahrt ist natürlich erst einmal um ein paar Stunden verschoben. Die Zelte werden im See gesäubert und überall liegen Sachen zum Trocknen aus. Zum Glück liegen heute nur 60 Kilometer vor uns, so dass ein zeitiger Aufbruch nicht notwendig ist. Noch mehr Glück haben wir mit dem heutigen Wetter, denn die Sonne scheint den nächtlichen Wassereinbruch wieder wettmachen zu wollen.

Gegen 11 Uhr sind wir dann halb trocken und können aufbrechen. Den ganzen Tag geht es durch einen wunderschönen Canyon am Fluss entlang. Doch die Straße ist nicht flach, sondern in dem engen Tal geht es immer wieder ein paar hundert Meter steil nach oben und auf der anderen Seite wieder hinunter bis fast ans Wasser, so dass man effektiv nicht einen Höhenmeter gut macht. Bis zum Abend sammeln sich dann gut 1000 Höhenmeter an, unser Hotel liegt aber gerade einmal 50 Meter höher als der Zeltplatz.

Nicht nur wir haben unter dem harten Gewitterregen gelitten, gleich nach ein paar Kilometern, an einer steilen Stelle ist die Straße verschüttet. Schon sind einige Planierraupen am Werk, um den Schaden zu beheben, aber erste einmal staut sich der Verkehr und besonders die Lkws haben einige Probleme über den Schutthaufen zu kommen, aber mit den Rädern sind wir natürlich schnell durch. Zu unserem Vorteil ist allerdings, dass der Brummiverkehr in den nächsten Stunden nicht in der gewohnten Dichte verkehren wird.

Die Trucks, die sich hier stauen kommen fast ausschließlich aus Deutschland, viele Lidl Transporte sind unterwegs, ein Lkw eines Möbelhauses in Berlin-Spandau und ökologisch angebautes Gemüse aus Thüringen scheinen hier auf den Straßen zu rollen. Auf einem der Trucks steht dann ein wenig traurig unter der deutschen Werbung für ein Fuhrunternehmen auf Russisch: „Will nach Deutschland nach Hause zurück.“

An zwei Stellen ist der Naryn-Fluss hier im Canyon angestaut und es gibt große Wasserkraftwerke. Kirgisien deckt seinen gesamten bedarf an Elektroenergie aus Wasserkraft und exportiert dazu noch in die Nachbarländer. Für uns ergibt sich dadurch eine grandiose Straße in einer grandiosen Landschaft. Immer dicht an den berg geschmiegt geht die Straße nach oben und nach unten. Rechts geht es steil den hang hoch n die Bergketten und links fällt der hang bis zu 100 Meter steil zum See hinab.

Nach Karaköl müssen wir dann noch einmal einen steilen Stich von 200 Höhenmetern hinauf und erreichen dann ein kleines Dorf mit einem schnuckeligen Hotel. Leider gibt es wieder einmal zwei Zimmer zu wenig, so dass wir ein paar Leute zusammen legen müssen und Volker und ich schlafen im Wohnzimmer der einzigen „Suite“ auf dem Boden, da die Sofas zu weich sind. Auch die Zimmerverteilung zieht sich fast zwei Stunden in die Länge, da die Angestellte noch mit alter Sowjetmentalität ausgestattet ist und nicht im Geringsten darauf vorbereitet, gleichzeitig alle Zimmer des Gebäudes zu verteilen. Volker fragt mich, ob man mit der chinesischen Methode etwas erreichen könne, nämlich die Frau einmal richtig zusammen zu schreien, was ich verneine, dann bekämen wir bis um 20 Uhr keine Zimmer und wir fassen uns weiter in Geduld.

Während dessen kocht draußen die Crew schon das Abendessen, doch nach der letzten Gerwitternacht sind alle immer noch aufgekratzt und so kommen wir ziemlich spät ins Bett.

 

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