Freitag, 23.Mai 2008, von Jalalabad bis zum See hinter Tash Kumyr, 138 Kilometer, 820 Höhenmeter: „Sonnenschein und Gewittersturm“

Um 7 Uhr gibt es leckeres Frühstück auf dem „Vierbeiner“ vor dem Haus. Inzwischen wird das ganze Gepäck so sortiert und gepackt, dass der Minibus komplett gepäckfrei ist und eventuellen Ausfällen zur Verfügung steht. Rene, dem es wieder ein Stück besser geht, sitzt natürlich heute im Bus und ist natürlich ganz geknickt.

Aus der Stadt heraus ist natürlich wieder mächtig viel Verkehr, aber wir biegen dann auf eine breite Landstraße ein, so dass wir nicht mehr in der Gruppe fahren müssen. Wie erwartet, dann auch die ersten Anstiege und wieder einmal leuchten in der Ferne die Eisgipfel, diesmal schon des Tienshan Gebirges, welches sich bis nach China zieht.

Doch erst einmal strampeln wir einige schöne sanfte grüne Berge hinauf, wo es nur noch ein paar Hütten für die Schäfer und ihre Familien gibt, erst auf der anderen Seite im Tal liegen wieder größere Dörfer und Siedlungen und es gibt viel Landwirtschaft. Es ist ein bisschen trüb und angenehm frisch und bis Mittag noch nicht ganz so heiß, wie in den letzten Tagen.

 

Viele Denkmale aus den sozialistischen Zeiten sind noch erhalten und nicht so radikal abgeschafft worden, wie in den Ländern vorher und vielleicht ist dieser nicht so radikale Schritt und die neue Kooperation mit dem chinesischen Nachbarn dem Lande recht gut bekommen, zumindest habe ich einen solchen ersten Eindruck.

Gegen Mittag fahren wir einen Bogen und sind faktisch wieder im Fergana Tal, natürlich aber auf der anderen Seite der Grenze zu Usbekistan, die nur einen Steinwurf entfernt liegt. Und die Stadt Andishon, in der wir vor vier Tagen geschlafen haben ist auch nur ein paar Kilometer entfernt.

Ich habe heute wieder einen richtig guten Fototag und die Motive lauern nur so links und rechts der Straße oder gar auf dem Weg. Bei einer kleinen Pause treffen wir auf ein Mädchen, das aussieht wie das Sams, mit lauter grünen Punkten im Gesicht. Windpocken, sagt der Doktor, angemalt mit Buntstiften zur Desinfektion.

Am Nachmittag zieht sich der Himmel vor uns zu. In den Bergen weiter hinten schiebt sich ein Gewitter mit dicken Regenwolken von links nach rechts. Bewusst fahren wir etwas langsamer und bekommen dadurch nur einige kleine Schauer ab, der Hauptteil ist ein paar Kilometer vor uns nieder gegangen und färbt nun die kleinen Bäche schmutzigbraun. Vor einem Tunnel ist die Straße zentimeterdick mit braunem, lehmigem Dreck überflutet, der sich überall am Rad festsetzt und beim Schalten beginnt es zu Knirschen.

Dafür ist die Luft etwas abgekühlt und es wird ein wunderschöner klarer Abend, als wir den Stausee am Naruin Fluss hinter Tash Kumyr erreichen. Unten am See, auf einer sehr schönen Wiese steht dann auch schon unser Truck und wir befinden uns auf einem der schönsten Lagerplätze der Tour. Eine grüne Wiese, sanft zum See abfallend, türkisgrünes, klares, sauberes Wasser und eine tolle Bergkulisse rundherum und die untergehende Sonne. Samt den Rädern springen wir alle ins Wasser und sind guter Laune, als wir dann beim Abendessen sitzen und es ist wohl seit langem wieder einmal ein Abend ohne unsere typischen Diskussionen.

Als wir dann in den Zelten verschwinden wetterleuchtet es mächtig hinter der nächsten Bergkette und dicht Wolken quellen über den Kamm. Eigentlich hatte ich mein Überzelt gar nicht aufbauen wollen, doch nun komme ich gerade noch rechtzeitig dazu, bevor die ersten dicken Regentropfen fallen. Und schon drei Minuten später gießt es wie aus Eimern, der Wind zerrt und zottelt an den Zelten herum und es ist taghell von dem Blitzen, die sich ununterbrochen entladen. Schon nach ein paar Sekunden beginnt es in meinem Zelt zu tropfen, die Nähte in meinem alten Zelt halten dem hohen Wasserdruck einfach nicht mehr stand, also packe ich alle meine Sachen in die wasserdichten Packtaschen und meinen Schlafsack noch dazu und warte ab, was weiter passiert. Inzwischen sitze ich wie auf einem Wasserbett, denn das Wasser strömt unter dem Zelt hindurch und auf der Seite, auf welcher der Wind das Zelt ans Innenzelt drückt bildet sich eine große Wasserpfütze.

Eine halbe Stunde tobt das Unwetter mit unglaublicher Stärke, es ist als ob rund um mein Zelt mehrere Leute ständig eimerweise Wasser über mein Zelt kippen und ich denke, dass es den anderen nicht anders ergeht.

Nach einer halben Stund hört es genauso schnell wieder auf zu regnen, wie es auch begonnen hat und ich beginne eine Runde über den Zeltplatz. Zwei Zelte stehen in einem großen See in einer Senke mit gut 15 Zentimeter Wasserstand, bei Richard hat der Wind das Überzelt weggeblasen. Dieters Zelt ist auch von allen Seiten gut durchspült worden und sieht jämmerlich wackelig aus und so geht es der Reihe nach weiter. Lediglich zwei Zelte sind nur mit ein wenig Feuchtigkeit davon gekommen. Sechs Zelte sind komplett „abgesoffen“, und auch im Truck steht eine Wasserpfütze.

Mein Zelt steht zwar auch fast komplett im Wasser, aber alle meine Sachen sind trocken verpackt, ähnlich geht es Volker und so fangen wir mit den Aufräum- und Umsiedlungsarbeiten an.

Zuerst wird das Ersatzzelt aufgebaut, in welches dann die Andre und Heike ziehen, Rosemarie und Helma wollen nicht wieder in ein Zelt zurück und im Auto schlafen. Dieter zieht um zu Rene und so weiter. Gegen 0.30 Uhr haben wir dann alle unsere Leute so weit, dass sie irgendwie wieder schlafen können.

Ich stelle mein Zelt an eine trockene Stelle und dann trinken Volker und ich mit Akyl und der Mannschaft noch einen Wodka, bevor auch ich dann endlich in meinen Schlafsack kann.

 

Einen Kommentar schreiben