Freitag, 4.April 2008, von Gori nach Tiblissi, 91 Kilometer, 667 Höhenmeter: „Übers weite Land nach Tiblissi“


Das morgendliche Wetter sieht etwas unentschlossen aus und es ist ziemlich frisch, gerade einmal 5 Grad zeigt das Thermometer, als wir gegen halb zehn aufbrechen. Noch einmal geht es die Stalinallee herunter, am so genannten „Reichstagsgebäude“ vorbei, dem Rathaus der Stadt, dass nach den Zweiten Weltkrieg von detschen Kriegsgefangenen gebaut wurde und eine etwas kleinere Kopie des Original in Berlin ist, inklusive der Glaskuppel. Davor steht nach wie vor Stalin und blickt vorwärts auf eine bessere Zukunft.

Gleich hinter der Stadt biegen wir von der Hauptstraße ab und fahren auf einer winzigen verkehrsfreien Straße durch kleine Dörfer. Wieder Bilder des Postsozialismus, einer riesige verfallene Bahnstation in der Mitte der Pampa, auf der seit Jahren kein Zug mehr gehalten hat, riesige verfallene Stallungen, überwucherte Denkmale. In den Dörfern fahren Busse, die eigentlich in ein Verkehrsmuseum gehören und die wenigen Fahrzeuge sind alles rostende Karossen sowjetischer Bauart. In kleinen Buden werden die Errungenschaften der modernen Welt und Lebensmittel verkauft und eine Werbetafel der Berliner „Schultheiß“ Brauerei hat es hierher über den ehemaligen Dorfladen geschafft. Auf der Straße werden wir von zwei rotnasigen Männern angehalten und müssen gemeinsam eine zwei Liter Flasche mit Bier eines lokalen Labels, dass wir gemeinsam leeren müssen. Weiter geht es durch die Schlaglochpiste, ab und zu drei Meter Asphalt zeugen von besseren Zeiten, zwischen den Dörfern ist die Piste mitunter so schlecht, dass wir auf den alternativen Fahrstreifen auf dem Feld ausweichen. Umso schöner ist die Landschaft und die zu neuem Leben erwachende Natur, reihenweise blühende Birnenbäume lassen hoffen, dass es in den nächsten Tagen wärmer wird.

Mittags rasten wir auf einer kleinen Anhöhe und haben ein kleines Picknick und einen großartigen Blick auf den kleinen Kaukasus südlich von uns. Nachmittags auf dem nächsten Hügel dann der große Schreck: Wo ist Helga? Vor einer Viertelstunde war sie noch hinten bei mir und hatte dann einen kurzen Abstecher ins Gebüsch gemacht. Gab es danach noch einen Abzweig? Ich fahre noch einmal zurück, ohne Erfolg. Achi braust noch einmal mit dem Jeep los und eine knappe halbe Stunde haben wir Helga wieder, es hatte wirklich noch einen Abzweig gegeben und die beiden Obstbauern, die Helga versucht hatte nach dem Weg zu fragen , waren nicht wirklich hilfreich.

Wenig später kommen wir auf die Haupstraße zurück und danach erreichen wir die alte georgische Haupstadt Mtskheta (ich kann dieses fast vokalfreie Wort nicht aussprechen). Dort gibt es eine Jahrhunderte alte Festung und Kirche, die wir besichtigen. Erst nach einigen Disskusionen dürfen wir die Kirche, die mehr als zehn Mal aufgebaut und wieder zerstört wurde, besichtigen. Der bärtige Wächter hatte e nicht gern gesehen, dass wir in unseren enganliegenden Radhosen, das heilige Gemäuer besichtigen, aber Achi kann von unserer Tour erzählen und dass es natürlich nicht möglich ist, immer eine zweite Kollektion Sachen dabei zu haben. In der Kirche gibt es mehrer kleine Bauten aus frühchristlicher Zeit und auch hier soll es ein Leichentuch mit dem Abdruck des Gesichtes von Jesu geben. Wie viel davon legend und wie viel davon Wahrheit ist, weiß niemand, denn die Wissenschaftler wollen den Steinsockel, der das Tuch beherbergen soll nicht öffnen.

Der Besuch in der Kirche erspart uns einen Regenguss und nun geht es auf die letzten Kilometer in Richtung georgische Hauptstadt, zwei ganzen Ruhetagen entgegen. Der Verkehr ist katastrophal dicht und chaotisch und wirklich nur zu ertragen, weil ein Polizeifahrzeug hinter uns fährt. Hier in Tiblissi sieht man schon wieder jede Menge großer und teurer Fahrzeuge auf der Straße, wer Geld hat tauscht sofort seinen Lada gegen ein teures japanisches oder deutsches Modell mit Stern ein. Wie in Batumi wird viel gebaut, es gibt postmoderne Verfehlungen, viele Baustellen, sozialistische Wohnblöcke aus den 70er Jahren, alte Jugendstilhäuser und auf jedem Hügel eine Kirche. Mit dem letzten Tageslicht erreichen wir unser Hotel und haben nicht viel Zeit zum Duschen, denn wir werden von einer kleinen Abordnung des Tourismusministeriums erwartet und zum Essen eingeladen. Wieder gibt es viel zu viele leckere Sachen und es ist schwer zu entscheiden ob nun der Rotwein oder der Weißwein besser ist und so trinken wir im Wechsel. Danach machen die letzten Munteren von uns noch einen Abstecher in die Altstadt und wir ziehen in eine Bar mit Livemusik. Ein wenig zu tanzen ist eine gute Abwechslung zum Radfahren und morgen können wir ja fast ausschlafen.

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