Samstag, 22.3. von Corum nach Amasya, 96 Kilometer, 716 Höhenmeter: „Frühlingsanfang und die Legende von den unplattbaren Reifen“

„Es ist zwar bewölkt, aber es sind keine Wolken am Himmel.“ So beschreibt uns heute beim Frühstück Eckhardt das Wetter. Auf Deutsch soll das heißen Hochnebel in der Realität heißt es dann, dass wir wieder „griechische Verhältnisse“ haben. Gegen 10 Uhr hat sich der Hochnebel verzogen, die Sonne hat sich den gestrigen Frühlingsanfang zu Herzen genommen und gibt ihr Bestes. Die von Cezmi versprochene „ebene Strecke“ entspricht dem, was ich aus der Karte gelesen habe, am Anfang geht es zügig 400 Höhenmeter hinauf, dann biegen wir rechts ab und es geht auf eine wunderbare Nebenstraße und schon nach wenigen Kilometern wird klar, dies wird der schönste Tag, den wir bisher in der Türkei hatten. Das Wetter ist warm und mild, die Landschaft weit und grün, nicht mehr die trockene Ebene, links und rechts liegen kleine Dörfer und auf der Straße gibt es nur wenig Verkehr. Entsprechend gut ist die Stimmung, kein Zwang in der Gruppe zu fahren und wir machen viele Fotostops.

In Mezitözi eine erste Teepause an der Busstation und wegen des schönen Wetters wird die Eistruhe geplündert. Wir werden neugierig bestaunt und auch eine türkische Studentin, Emine aus Hamburg wartet mit ihrer Cousine auf ihren Bus nach Corun, wie versprochen natürlich ein Bild im Blog und viele Grüße.

Viele Grüße natürlich auch an alle die zu Hause bleiben mussten oder wollten, uns geht es gut und wir sind guter Dinge und wünschen euch ein wenig von unserer Sonne hier für den morgigen Osterspaziergang.

Vor dem heute geschlossenen „Müdürgülü“ (Amt) eines kleinen Dorfes mache wir wieder einmal Picknickpause, der Kocher glüht und ich bereite für die Mannschaft heißes Wasser und Tee, dazu viel Obst und Gemüse, frisches Brot und Wurst.

Weiter geht es kleine Hügel hinauf und hinunter und obwohl wir heute seit langem wieder einmal keine Rückenwindunterstützung haben sind wir am frühen Nachmittag vor Amasya.

Dann plötzlich zischt es an Rosemaries Vorderrad, ein Dorn hat sich durch den Mantel gebohrt, wir flicken und es zischt wieder, auf der anderen Seite noch ein Dorn. Das ist nach 15 Minuten erledigt und als wir aufsteigen wollen ist Huberts Vorderrad platt, ein Dorn! Damit hat es beide Hersteller „unplattbarer“ Reifen getroffen und die Bilanz ist wieder ausgeglichen und die Legende vom plattfussfreien Fahren fast gestorben. Aber zur Ehrenrettung der Firmen muss man sagen, dass die Reifen im Großen und Ganzen wenig störanfällig sind, bis auf meine Unglücksserie hat es kaum einen von uns bisher erwischt.

Am Eingang einer Schlucht formieren wir dann unsere Gruppe und rollen auf einer staubigen Piste stadteinwärts. Mir jeder Kurve zeigt sich ein wenig mehr Stadt. Am rechten Straßenrand windet sich eine 3000 Jahre alte in den Fels gehauene Wasserführung von den Hethitern und bereitet uns auf das 80.000 Einwohner zählende Städtchen vor. Was wir zu sehen bekommen überrascht uns, eine richtig chicke Altstadt, tausende von türkischen Wochenendtouristen, die auf der Promenade am Flussufer promenieren und eine in den Fels gehauene Festung thront über der Stadt, auch hethitisch? Wir werden es morgen Vormittag bei der Besichtigung erfahren. Am Hotel hält uns nichts, ohne einzuchecken, drehen die meisten von uns die Räder um und dann geht es noch einmal zurück ins Zentrum. Ich stürze mich mit der Kamera ins Gewühl, Männer und Frauen, Alte und Junge, Greise und Kinder, Kopftücher und Miniröcke, ein so buntes Leben zu beobachten war uns bisher in der Türkei verwehrt. Fotomotive über Fotomotive und kleine Gespräche, ein Englischlehrer unterhält sich mit mir und eine Studentin. Der heutige Tag gibt mir das, was ich vom Radreisen erwarte, fehlt nur noch ein türkischer Kaffee. Und auch das ist kein Problem, denn am Straßenrand der Uferpromenade gibt es davon zahlreiche und es ist gar nicht so einfach ein paar Plätze zu finden.

Ich fühle mich wohl, wie schon lange nicht mehr und mag gar nicht mehr so viel schreiben, seht euch einfach diese Bilder an, ein kleine Auswahl zu treffen, fällt mir schwer, deshalb gibt’s eine etwas größere und vielleicht kann ich nach diesem gelungenen Tag noch jemanden von meinen etwas schreibfaulen Radlern motivieren ein paar Zeilen für das „forumandersreisen“ Blog zu schreiben.

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