Sonntag, 16. März, von Sivrihisar nach Ankara, 142 Kilometer, 922 Höhenmeter: „Mit Siebenmeilenstiefeln in die Hauptstadt“


Heute erwartet uns wohl unser bislang längster Tag, da wir eine Zwischenübernachtung gestrichen haben, die noch etwas unklar war und wir dafür lieber nach Ankara durchrauschen und uns somit einen zweiten und absoluten Ruhetag erarbeiten wollen.

Das Wetter spielt wunderbar mit, die Sonne steht golden am wolkenlosen Himmel, es ist fast windstill und wenn doch einmal eine leichte Briese trockene Land streicht, dann tut sie es in der richtigen Richtung. Glücklicherweise hatte ich mein Fahrrad noch vor dem Frühstück begutachtet und meinen platten Hinterreifen festgestellt, so dass ich diesen bis 8 Uhr schon geflickt habe. Am Vortage, wie auch heute, fand ich zwar das Loch im Schlauch, aber die Ursache im Mantel war nicht zu eruieren. Hoffentlich bleibt es dann bei dem morgendlichen Platten. Langsam bekommen wir auch die Mäntel in den Griff, die nach dem neuen Aufziehen immer eine kleine Beule erzeugen, mit Teflon eingesprüht und dann erst auf die Felge gelegt pumpen wir fast bis auf das doppelte des zugelassenen Druckes, dann gibt es einen leichten „Plöng“ und der Mantel sitzt perfekt auf der Felge.

Am Anfang geht es schööön bergab und vor uns liegt wieder die unendliche weite der anatolischen Hochlandes, sanfte geschwungene Hügel, über die sich die Straße fast geradlienig ihren Weg bahnt. Es ist ein wahrer Fahrspaß so zu fahren und dazu noch auf einer sechsspurigen Autobahn, auf der der Verkehr heute wenig anstrengend ist. Ein wenig weg liegr ein Ort, den wir nur streifen, Hoca Nasreddin, der Geburtsort des gleichnamigen türkischen „Til Eulenspiegel“. In Gedanken kommen die Geschichten auf, die ich in Berlin an der Hartnackschule immer meinen Schülern als Diktat gebe, „Nasreddin und seine sieben Frauen“und die Geschichte vom Kessel, der ein junges bekommt. Am besten gefällt mir die Spinatgeschichte, in der Nasreddin als Berater des Königs dem König nach dem Munde redet und den Herrscher bestätigt, dass Spinat doch das beste Gemüse der Welt sei. Nach zweiwöchigem Spinatgenuss beginnt der König jedoch den Spinat zu hassen und ruft aus: „Nehme diesen schrecklichen Spinat weg.“ Nasreddin bestätigt dann dem Herrscher auch wieder, das der Spinat ein scheusliches Gemüse sei, woraufhin ihn der König befragte, wie er denn so seine Meinung ändern könne. Nasreddin antwortet dann ehrerbietig: „Mein großer Herrscher, ich bin der Diener des Königs und nicht der Diener des Gemüses.“

Auf einem Denkmal sitzt der Nasreddin Hoca auf einem Standbild verkehrt herum auf einem Esel, leider kennt Cezmi die passende Geschichte nicht und nehme mir vor sie in Ankara im Internet zu recherchieren und werde sie dann noch hier erzählen.

Obwohl der Weg weit ist, die Landschaft wenig abwechslungsreich geht es wunderbar vorwärts, vielleicht ist es auch die Aussicht auf den Ruhetag. Gegen 13 Uhr zur Mittagspause haben wir schon mehr als 80 Kilometer weg und so gönnen wir uns etwas später noch eine lange Teepause. Dann erklimmen wir noch einmal einen Berg und kaum erreichen wir die Anhöhe, liegt da hinter ein unendliches Häusermeer, bis zum Horizont nur Ankara. Jetzt beginnt die eigentliche Schwierigkeit des Tages. In enger geschlossener Formation müssen wir durch die Stadt und durch den Verkehr, der mit jedem Kilometer expotential zunimmt. Doch alle sind mehr als diszipliniert, zu zweit neben einander, nicht zu schnell und nicht zu langsam, gleiten wir durch die breiten Straßen der Stadt. Das Polizeiauto hält uns die zu frechen Fahrer und Drängler vom Leibe und sorgt für eine nicht endende Grünphase. Diese letzten Kilometer sind wirklich für alle sehr anstrengend und kosten Nerven, aber nach 140 Kilometern stehen wir in schönster Abendsonne vor dem Hotel „Gap“ und eine wohlig warme Dusche erwartet uns und unter der merke auch ich, dass meine Beinchen nicht einfach so 140 Kilometer aus dem Ärmel schütteln.

Vor dem Abendessen, das wir im Hotel nehmen, diskutieren wir noch einmal die Ereignisse in Tibet und beschließen, nicht dazu Stellung zu nehmen. Einmal haben wir keine objektiven Informationen und zum anderen wollen wir zeigen, dass wir mit unserer Radtour zur olympischen Idee stehen und diese nicht politisieren wollen.

Auch ein freudiges Ereignis gilt es zu feiern, Ulli ist zurück und sprüht nur so von Energie und guter Laune. Auf denn zu neuen großen Taten, aber erst nach den verdienten Ruhetagen!

Eine Reaktion zu “Sonntag, 16. März, von Sivrihisar nach Ankara, 142 Kilometer, 922 Höhenmeter: „Mit Siebenmeilenstiefeln in die Hauptstadt“”

  1. Yorgos

    Warum es besser ist, rückwärts zu reiten
    Als Nasreddin Hodscha eines Tages zusammen mit einigen Freunden auf dem Weg nach Akschehir war, ritt er rückwärts auf seinem Esel. Seine Freunde fanden das sehr eigenartig und fragten ihn deshalb: „Hodscha, warum reitest du deinen Esel rückwärts?“
    Der erwiderte: „Das ist ganz einfach. Wenn ich richtig herum auf meinem Esel vor euch her reiten würde, dann wärt ihr beleidigt, weil ich euch den Rücken zukehre. Wenn ihr vor mir reiten würdet, wäre ich nicht zufrieden. Deshalb ist es ein Gebot der Höflichkeit, den Esel rückwärts zu reiten und euch ins Gesicht zu sehen.“

    Warum es besser ist, rückwärts zu reiten (II)
    Eines Tages setzte sich Nasreddin Hodscha verkehrt herum auf seinen Esel, nämlich mit dem Gesicht nach hinten. Die Menschen, die ihm begegneten, fragten ihn verwundert:
    „Hodscha, warum reitest du falsch herum auf deinem Esel?“
    Der Hodscha antwortete ihnen:
    „Das ist ganz leicht zu erklären. Ich möchte nicht in dieselbe Richtung schauen wie der Esel!“

    Viele Grüße

    Yorgos

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