Montag, 10. März, von Canakkale nach Troja und zurück und weiter nach Lapseki, 96 Kilometer, 913 Höhenmeter: „ Die Jagd hinter Troja“


Die morgendliche Sicht vom Hotelfenster über die Bucht ist grandios. Nebelschwaden aus dem Meer verzaubern den Hafen und aus dem Dunst der Stadt schauen nur die Spitzen der Minarette hinaus.

Ich habe richtig gut geschlafen und genieße mein üppiges Frühstück. Am Vorabend im Hamam musste ich feststellen, dass ich auf der Tour noch kein Gramm abgenommen habe, eher im Gegenteil, dass Essen war bisher einfach zu gut.

Auch heute Morgen ist wieder ein regionaler Sender und eine Zeitung beim Start anwesend und dokukentiert unseren Start in den Sonnenschein.

Heute schlagen wir zuerst einen Haken nach Süden in Richtung Troja und der mittlere Gegenwind auf den ersten 30 Kilometern stört uns überhaupt nicht, da wir die Strecke ja auch wieder zurück müssen.

Nach einem mittleren Anstieg kommt eine lange Abfahrt und wir kommen wieder in eine Ebene und rollen auf schmalen Straßen auf das sagenhafte Troja, dass nicht nur eine Städte ist ,sondern neun Städte übereinander. Und selbst diese neun Städte ließen sich aus sicht der Archäologen noch einmal in 64 Bauphasen unterteilen. Was wir sehen ist nicht so gut erhalten, wie einige Ausgrabungen in Griechenland, aber in seiner weite doch recht beeindruckend; auch scheinen wir die einzigen Touristen hier zu sein, die durch das Gelände pilgern. Vor unseren Augen liegt eine flache Ebene und etwa drei Kilometer weiter ist das Meer, die Dardanellen Straße. Der Wind und die Meerenge haben Troja reich gemacht, Schiffe mussten hier wochenlang vor Anker gehen und auf günstige Winde warten, da sie mit ihren starren Segeln nur in einen Richtung, nämlich vor dem Wind, segeln konnten. Natürlich nutzte Troja seine strategische Lage aus und zog daraus wirtschaftlichen Nutzen und so gab es wohl nicht nur einen trojanischen Krieg, sondern viele. Und nur einer ist durch die homerische Beschreibung bekannt geworden.

Vor unseren Augen erahnen wir das Lager der gewaltigen griechischen Armee, die die Stadt mehr als zehn Jahre belagerte und alle großen Helden seiner Zeit tummelten sich auf beiden verfeindeten Seiten im Streit um die Schönste der damaligen Zeit: Helena.

Doch genug Geschichte, auch in der Gegenwart gibt es noch genügend Streitmaterial für einen weiteren trojanischen Krieg. Die von Schliemann gefundenen Schätze, die nach Deutschland ins Museum kamen, im zweiten WK verschwanden und nun in Sankt Petersburg zu besichtigen sind sorgen dafür. Die Türken wollen den Schatz, weil er in der Türkei gefunden wurde, die Griechen, weil er zur griechischen Kultur gehört, die Deutschen, weil er hier erstmals registriert und katalogisiert wird, Schliemanns Erben in Australien, weil der Urgroßvater ihn ausgebuddelt hat und die Russen, weil er als Kriegskompensation rechtmäßig erworben wurde. Hoffen wir das der Streit auch weiterhin auf diplomatischer Ebene geführt wird.

In der Mittagspause halten wir noch einmal ein Gruppenplenum ab, da der Umgangston in der Gruppe ruppiger geworden ist und sich bei manchem Teilnehmer Eigenarten zeigen, die anderen nicht gefällt. So langsam sind wir mit unserer Tour im richtigen Leben angekommen, ich versuche dann aber alle noch einmal daran zu erinnern, dass wir hier etwas ganz Besonderes vorhaben und bisher ziemlich erfolgreich umsetzen und uns nicht in einem Kleinkrieg um Kleinigkeiten aufreiben sollten und die Anforderungen in einer großen Gruppe eben immer Zurückhaltung von allen Seiten fordert.

Danach wartet das nächste Highlight auf uns, Cesmi, unser türkischer Führer, stammt aus dem kleinen Dorf bei Troja und wir sind bei seiner Familie zu Gast. Dass seine Schwester die besten Spinatböreks in der Türkei herstellt ist keine Angeberei gewesen, wir alle können dies bezeugen!

Mit Rückenwind und Polizeischutz geht es zurück nach Canakkale, auf einem kleine Feldweg fahren wir durch blühende Obstgärten bis an den Stadtrand, wo wir auf deie Jugendgruppe des hiesigen Radvereins warten. Die erscheint dann auch mit sieben Fahrern zwischen 12 und 18 Jahren und wir geben die Strecke bis zum Ziel frei ohne Gruppenzwang.

Die Hälfte der Gruppe beschließt ein kleines Rennen zu wagen und irgendwann jagt eine Spitzengruppe mit drei Fahrern von uns und vier Fahrern der türkischen Junioren von dannen, mit 35 km/h die Berge hoch mit 70 km/h die Berge wieder herunter. Am Ende schnaufen wir alle und die Junioren mit ihren schnellen Flitzern hätten uns wohl platt fahren können, aber wir haben es ihnen auch nicht einfach gemacht. Das Abendessen ist ein fröhliche üppige Runde mit den Kids, vielen superguten Salaten und einer gebackenen Dorade und einer ganzen Menge Biere (nicht für die Radkids).

Eine Reaktion zu “Montag, 10. März, von Canakkale nach Troja und zurück und weiter nach Lapseki, 96 Kilometer, 913 Höhenmeter: „ Die Jagd hinter Troja“”

  1. Ortelt

    Hallo Tom,

    vielen Dank für die Reiseberichte und die Bilder. Ich hoffe die Stimmung in der Truppe hat sich schon gebessert. Hinweis: Die schwarze Schrift auf dem roten Grund ist elider schlecht lesbar.

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